Über zwei Türen steht „Sammlung“, doch dahinter befinden sich Labore. Über einer Tür steht „Bibliothek“, doch hier ist die Sammlung aufbewahrt – die Anatomische Sammlung der Universität Greifswald. Eine Führung.
Das Haus ist im Stil einer antiken römischen Villa gebaut worden. Zum 400-jährigen Jubiläum der Universität wurde es 1856 offiziell eingeweiht. Es ist die Anatomie der Universität Greifswald. Immer wieder wurde sie umgebaut, erweitert und renoviert. Einige Bewohner*innen des Hauses haben schon viel mehr gesehen als das, denn hinter der großen Fensterfront befindet sich die anatomische Sammlung. Sie ist geteilt in die human-anatomische und die vergleichende anatomische Sammlung, verglichen werden hier Tiere: Skelette, Organe, Muskelgewebe. Mehrere Mediziner*innengenerationen haben hier ihre Fingerabdrücke an den Präparaten hinterlassen. Die meisten Präparate stammen noch aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, danach kam kaum etwas neu dazu, erzählt Prof. Dr. Koppe. Er selbst hat in Greifswald studiert und lehrt seit 1998 an der Uni. Zu Lehrzwecken wird die Sammlung kaum noch genutzt. Doch zusammen mit Frau Deutsch zeigt Herr Koppe die Sammlung gerne interessierten Studierenden – nach Anmeldung.
Herr Koppe berichtet begeistert von den Präparaten und ihrer Herstellung. Zu einem Präparat von einem Unterkiefer, bei dem die Arterien gut zu erkennen sind, erklärt er zum Beispiel: „Die Arterien sind nach dem Tod des Menschen blutleer und können deswegen mit einer bestimmten Paste aufgefüllt werden.“ Seit Ende des zweiten Weltkriegs dürfen in Deutschland nur noch Körperspender*innen präpariert werden. Körperspender*innen sind Menschen, die ihren Körper nach ihrem Tod der Anatomie zur Verfügung stellen. Das war nicht immer so. Die hier ausgestellten, menschlichen Präparate sind nicht freiwillig zur Verfügung gestellt worden. Seit Ende des Mittelalters bis Mitte des 19. Jahrhunderts durften Hingerichtete, Selbstmörder*innen, unbekannt Totaufgefunde und Menschen ohne Angehörige präpariert werden. Heute ist das nicht mehr so. In Greifswald kostet das Körperspenden Geld. Die Körperspender*innen müssen vor ihrem Tod 1000 Euro bezahlen und sie dürfen nur von einem Bestattungsunternehmen in die Anatomie gebracht werden. Nach dem Tod werden die Menschen erst ein Jahr lang von innen und außen konserviert und dann ein bis zwei Jahre lang von Studierenden präpariert. Warum Herr Koppe selbst „nur“ Organspender, aber kein Körperspender ist, erklärt er einfach: Es sei emotional seinen Kolleg*innen nicht zumutbar, ihn zu präparieren. Passenderweise kommt ein junger Kollege vorbei und bestätigt das: „Ich würde Sie ungern präparieren wollen.“ Das könne man nicht verkraften. Die Familie Meckel aus Halle soll aber genau das gemacht haben: Die Familienangehörigen haben sich gegenseitig präpariert und an Geburtstagen ihre Verwandten sozusagen „besucht“. Herr Koppe findet das eher unkollegial und sagt ehrlich, dass Anatomie-Profs, die sich als Körperspender*innen zur Verfügung stellen, meist sofort kremiert werden.
In der zweiten und dritten Etage ist die vergleichende anatomische Sammlung. Hier können Tiere, wie der Name schon verrät, miteinander verglichen werden. Die meisten Ausstellungsstücke stammen von Expeditionen ehemaliger Anatomie-Profs oder aus Tierparks, z. B. dem Berliner Tierpark. Hier stehen auch zwei sehr beeindruckende Giraffenskelette, die die Motivation hinter dem Sammlungsbesuch des webmoritz. waren. Die Giraffenschädel zwinkern einem nämlich fast schon durch die Fenster der Anatomie nach draußen zu. Herr Koppe blüht in der Erklärung der unterschiedlichen Tierschädel sehr auf: Besonders einen Elefantenschädel erklärt er ausführlich. Elefanten wächst nämlich fünf bis sechs Mal im Leben auf den Kieferseiten jeweils ein Zahn nach und wenn der letzte ausfällt, können sie nichts mehr fressen und sterben. Auch sind einige Walskelette in der Sammlung ausgestellt – die meisten davon sind im Bodden gestrandet.
Ein Thema, über das Herr Koppe etwas bedachter spricht, sind Schädel aus Java, einer Insel, die jetzt zu Indonesien gehört. Die Universität Greifswald gehe eigentlich sehr selbstkritisch mit Sammlungsstücken aus Kolonialzeiten um, 2017 wurden drei Schädel aus Namibia zurückgegeben. Doch für die Schädelsammlung aus Java scheint sich noch niemand zu interessieren oder sie zurückzuverlangen. Herr Koppe und sein Team wollen sich in einem Projekt mit der Anatomie in Rostock engagieren, um angemessen mit den Schädeln umgehen zu können. Es soll klar werden, dass sich die Anatomie der Universität Greifswald über den Ursprung der Schädel bewusst ist. Wenn möglich, sollten sie aber zurückgegeben werden.
Nach zwei sehr informativen Stunden muss Herr Koppe wieder zurück in sein Büro, er nehme sich aber gerne die Zeit, Interessierten die Sammlung ausführlich zu erklären – normalerweise aber eher nur für eine Stunde. Die menschliche Anatomiesammlung wird sonst nicht so detailliert beschrieben, denn einige gruseln sich doch etwas vor den menschlichen Präparaten.
Svenja und Tom schauen den Fachschaftsräten Medizin und Nordistik unters Dach.
Timestamps:
00:00:00 – 00:04:20 Intro – Es wird wieder dunkel, nass und kalt, der Greifswalder Herbst kommt 00:04:20 – 00:23:20 9. ordentliche StuPa-Sitzung – Wahl, Wahl, Wahl und Weber 00:23:20 – 00:27:17 Vorstellung Fachschaftsrat – Was ist das und was machen die? 00:27:17 – 00:50:28 FSR Medizin – Fachschaftsrat und Studierende leben von Interdisziplinalität 00:50:28 – 01:02:15 FSR Nordistik – Lucia, Midsommer, liebe Lehrende 01:02:15 – 01:04:55 Outro – Das wird ein cooles Projekt werden
Ihr habt Fragen oder Anregungen? Dann schreibt uns einfach einen Kommentar oder eine Mail an: web-podcast@moritz-medien.de
Seit über einem Jahr lebe ich nun schon in Greifswald. Ich bin keine frisch Zugezogene mehr. Die Großstadt, die ich für Greifswald verlassen habe, kommt mir sehr weit entfernt vor. Heute weiß ich, dass in Greifswald alles kleiner, ruhiger und nahbarer ist. Die Stadt ist eine kleine Idylle. Aber gefällt mir diese Idylle, wo alles so perfekt zu sein scheint?
Vor genau einem Jahr schrieb ich den Artikel „Eine kleine Review zu meinem neuen Heimathafen Greifswald“. Das scheint so lange her, aber auch gerade erst wie gestern. Nun schreibe ich auch schon seit einem Jahr für den webmoritz.. Wie erging es mir in diesem einen Jahr? Konnte sich Greifswald als mein neuer Heimathafen bewähren? Blieben meine Freundschaften erhalten? Und wie lief das digitale Semester für mich? Was bedeutet mir heute die Stadt, die mir vor einem Jahr noch fremd war?
Die Erstiwoche der anderen
Sehnsüchtig beobachte ich das Treiben am Hafen und auf dem Markt. Dort sind so viele (vor allem junge) Menschen. Menschen, die jetzt ihr Studium beginnen werden. Menschen, die eine ,,richtige“ Erstiwoche erleben dürfen. Ganz ehrlich, ich bin schon etwas (sehr) neidisch. Sie scheinen alle so aufgeregt und glücklich zu sein, dass sie ein neues Kapitel ihres Lebens aufschlagen können. Okay, vielleicht liegt das auch an dem bereits getrunkenen Alkohol, dass alle so glücklich wirken. Der Schein trügt oft.
Aber warum bin ich eigentlich so neidisch auf die Neuankömmlinge?! Vor einem Jahr schrieb ich in meinem Artikel:
,,Sie wurde ganz verantwortungsvoll an die Corona-Maßnahmen angepasst: Alkoholverbot, Masken tragen bei den Veranstaltungen, sich für diese vorher anmelden oder sie online wahrnehmen.“
Das hat die Stimmung damals etwas gedämpft. Aber der eigentliche Grund, warum ich neidisch bin, ist, dass alle so viele Kontakte knüpfen können. Klar, das konnte ich auch. Aber halt in einer abgeschwächten Form. Die Erstis scheinen alle so freudig erregt und das beneide ich.
Dort studieren, wo andere Urlaub machen
Diesen Spruch lese ich so oft. Sowohl in der Stadt, als auch in der Uni. Und jedes Mal stolpere ich darüber. Denn ich verstehe nicht, warum Leute hier Urlaub machen wollen?! Die Innenstadt ist wunderschön, das Fischerdorf Wieck und die Klosterruine Eldena auch. Einen Tages- oder Wochenendtrip würde ich auch vorschlagen, aber war es das nicht im Grunde schon?! Vor einem Jahr schrieb ich:
Die Universität formt die Stadt. Die Stadt formt wiederum das Leben der Studierenden. Ein ewiger Kreislauf, den niemand durchbrechen kann. (…) Die Gebäude der Universität und die Stadt bilden eine wunderschöne Symbiose.
Dem würde ich auch heute noch zustimmen. Aber genau das stört mich manchmal. Es ist meistens sehr voll in der Innenstadt. Ältere Menschen, die die Cafés besetzen, Studierende, die von dem einen zum nächsten Seminar hetzen, Kinder, die von der Schule kommen und Tourist*innen, die große Gruppen bilden. Na ja, ich lebe dort, wo andere Urlaub machen.
Mein erstes Winter- und Sommersemester: Freizeit, Spaß und Spiel adé
Ich studiere jetzt. Das schon seit einem ganzen Jahr. Vor allem während des ersten Semesters war ich maßlos davon überfordert. Hobbys, die kamen viel zu kurz. Ich stand eine Zeit lang jeden Morgen um 5 Uhr auf, um all meine Aufgaben für die Uni zu schaffen.
Das Wintersemester begann noch ein wenig im Präsenz-Unterricht. Das Sommersemester endete rein digital. Und heute? Heute bin ich davon überfordert, so viele Menschen in einem Raum zu sehen. Am liebsten würde ich wegrennen. Manchmal habe ich ein wenig Angst vor den ganzen Leuten, die wieder Augenkontakt mit mir aufbauen können.
Sowohl mit dem Fahrrad, dem Domcenter als auch dem Küstenkind konnte ich mich noch nicht so recht anfreunden.Trotz meiner fehlenden Liebe zum Rad, bin ich nicht auf der Stelle stehengeblieben. Die erste eigene Wohnung, eine Beziehung, ein Jahr webmoritz. und einen Job mehr sind dazu gekommen.
Alte Freundschaften
,,Ich bin zufrieden und dankbar für diejenigen, die jetzt ein Teil meines Lebens sind, die ich hier durch die Universität gefunden habe oder auch Freund*innen, die ich aus der Heimat mitbringen konnte.“
Dem kann ich nur zustimmen. Um ehrlich zu sein, viele neue Freundschaften sind nach dem ersten Monat auch nicht mehr dazu gekommen. Manche Freundschaften sind enger geworden, andere sind auseinandergedriftet. Und wiederum andere könnten durch die Präsenz-Lehre wieder stärker werden.
Mein Fazit zu einem Jahr Heimathafen
Diese Review ist eindeutig kritischer und weniger positiv geworden als der Artikel von vor einem Jahr. Ich kann Greifswald und das Studium bloß nicht mehr durch die Rosa-Rote-Brille sehen. Heute fallen mir Fehler an der Stadt auf, die ich damals nicht sah. Jedoch finde ich das überhaupt nicht schlimm, denn mein Zuhause ist Greifswald. Manchmal ist mir hier alles zu eng und zu viel. An anderen Tag ist es mir zu weit und zu wenig. Und ab und zu ist einfach alles genau richtig, so wie es ist. Hier habe ich meine Freunde und die Universität. Vielleicht denke ich in ein paar Jahren, dass Greifswald nicht mehr der Ort ist, an dem ich mich angekommen fühle. Aber dann ziehe ich weiter. Und das fände ich okay. Denn heute bin ich hier, hier in Greifswald. Und diese kleine Idylle mag ich sehr gerne.
PS: Falls ihr den Artikel schon kritisch fandet, hört mich mal über meine Geburtsstadt lästern ;).
Ein neues Semester startet und damit brechen auch hier neue Zeiten an. In einer neuen Reihe betrachten wir die Aufgaben des heimlichen Stars der Hochschulpolitik: dem Fachschaftsrat. Gerade für die Studierenden sind die Fachschaftsräte der erste Ansprechpartner und Veranstalter vieler Partys. Um diese Arbeit zu würdigen und bekannter zu machen, möchten wir hier so viele Fachschaftsräte wie möglich vorstellen. Dabei fangen wir dieses Mal mit dem FSR Medizin und Nordistik an.
Natürlich ist auch dieses Mal die StuPa-Nachbesprechung mit dabei. Neben einigen interessanten Wahlen wurde erneut das Thema Professor Weber auf den Tisch gebracht. Leider ist die Besprechung dieses Mal ein wenig kürzer geworden, da wir digital aufnehmen mussten und deswegen der Gesprächsflow etwas abhanden gekommen ist. Aber beim nächsten Mal mit es definitiv wieder besser. 😉
Auf dem ersten Regionalmarkt letzten Samstag war wirklich für jede*n etwas dabei! Von 8 bis 13 Uhr boten am 16.10.2021 auf dem Greifswalder Marktplatz verschiedene Lebensmittelhersteller*innen aus der Region Vorpommern Ihre Produkte an. Die eigentlich angedachte Regionalproduktmesse konnte aufgrund von Corona nicht wie gewohnt im Pommerschen Landesmuseum stattfinden, weswegen der Regionalmarkt ins Leben gerufen wurde.
Die Highlights
Für alle Käse-Fans war bestens gesorgt, wobei die mobile Käserei sicherlich ein Highlight war, da man dort bei der Herstellung von Käse zusehen konnte. Des Weiteren konnte man auf dem Markt riesige Käseblöcke bestaunen. Bei den Fleischständen sprangen einem vor allem die vielen Wild-Spezialitäten ins Auge. So gab es beispielsweise Wild- und Hirschsalami oder auch Hirsch-Knacker. Auch alle Liebhaber*innen von Brotaufstrich wurden hier fündig, und zwar nicht nur mit herkömmlichen Aufstrichen, sondern auch mit Besonderheiten wie schwarzen Nüsse von Natürlich Büttners aus Greifswald. Für alle Senf-Fans war die Senfmühle Schlemmin sicherlich ein Highlight. Außerdem konnte man einer Frau beim Wolle spinnen zusehen.
Aber man hat nicht nur Produkte gefunden, nach denen man gesucht hat, sondern man wurde auch überrascht. So gab es zum Beispiel verschiedene Probiotika aus Stralsund, Speckmarmelade von Natürlich Büttners, und sogar Eis konnte man zu dieser Jahreszeit von Bodden Landeis probieren. Wer Durst oder Hunger bekommen sollte, für den war auch gesorgt. Passend zur Jahreszeit konnte man beispielsweise einen Pumpkin Spice Latte trinken.
Wer diesen Regionalmarkt verpasst hat, sollte, falls es wieder einen Regionalmarkt geben wird, beim nächsten Mal auf jeden Fall vorbeischauen und sich von den verschiedenen Leckereien überraschen lassen.
Seit Beginn dieses Jahres erhalten alle Inhaber*innen des Kultur- und Sozialpasses (KuS) neben den Rabatten für kulturelle Einrichtungen auch einen Greifswaldgutschein in Höhe von 50 Euro. Was hinter dem Pass und dieser besonderen Gutscheinaktion steckt, wie ihr dort herankommt und wie viel Wartezeit ihr einplanen müsst (Spoiler: sehr, sehr viel), erfahrt ihr in diesem Artikel.
Bestimmt wurdet auch ihr im ersten Semester umworben, euch umzumelden. Wir Studis bekommen damit eine hohe Umzugsprämie von inzwischen 200 Euro ausgezahlt und auch die Universität erhält eine Wohnsitzprämie vom Land, die der Lehre zugutekommen soll. Was an einigen vorbeigeht: Alle Studierenden mit Erstwohnsitz in unserer Hansestadt können einen Kultur- und Sozialpass (KuS) beantragen, der in vielen Einrichtungen und Betrieben Greifswalds Vergünstigungen gewährt. Anfang des Jahres hat die Bürgerschaft außerdem beschlossen, dass alle Personen, die einen KuS beantragen dürfen, aufgrund der Pandemie zusätzlich Anspruch auf einen Greifswald-Gutschein in Höhe von 50 Euro haben.
Erschwingliche Kultur und fünf Greifswaldgutscheine
Das Ziel des KuS ist es, auch Personen mit geringen finanziellen Mitteln die Teilhabe an Greifswalder Kulturangeboten zu ermöglichen. Auf der Website der Stadt findet ihr eine Liste mit den Vergünstigungen aus dem Jahr 2020. Diese gelten zum Beispiel für den Verkehrsbetrieb, das Freizeitbad und das Theater. Für einige der Angebote gibt es übrigens bereits einen Studierendenrabatt, der aber teilweise geringer ist, als der KuS-Rabatt.
Warum sind nicht alle Studis längst im Besitz dieses Passes, der sie an jeder Ecke sparen lassen würde? Auch an mir ist diese Vergünstigung, die mich bestimmt animieren würde, mehr kulturelle Veranstaltungen und Möglichkeiten wahrzunehmen, vorbeigegangen. Ich begebe mich also im Juli auf Mission, mir einen Pass ausstellen zu lassen. Über die Website der Stadt finde ich heraus, dass der KuS aus aktuellem Anlass nur schriftlich angefordert werden kann. Normalerweise ist es auch möglich, ihn direkt vor Ort im Stadthaus zu beantragen. Für die schriftliche Beantragung steht auf der Website ein zweiseitiges Formular bereit, das die typischen Eckdaten wie Adresse und Telefonnummer abfragt. Außerdem muss ich ankreuzen, ob ich die Voraussetzungen erfülle, in diesem Fall also Student*in mit Hauptwohnsitz in Greifswald bin. Als Studierende muss ich noch meine Studienbescheinigung beifügen und eines meiner vorteilhaften Passbilder beilegen. Insgesamt ist der Antrag also eine Sache von fünf Minuten – denke ich zu diesem Zeitpunkt. Und ab geht die Post!
Wartezeit: lang
Zwei Monate später halte ich leider immer noch keinen Pass in meinen Händen. Auch im Freund*innenkreis höre ich ähnliche Berichte. Daher schreibe ich als Privatperson eine Mail an das Ordnungssamt und bekomme eine Woche später eine Antwort per Post – wie man E-Mails im 21. Jahrhundert nun mal beantwortet. Aufgrund der hohen Nachfrage sei das Amt zur Zeit überlastet und die Ausstellung des Passes dauere daher etwas länger. Hätte man sich das nicht denken können, als man beschlossen hat, einen 50 Euro Gutschein mit dem Kultur- und Sozialpass auszuhändigen? Ich hake also als webmoritz.-Redakteurin noch einmal nach.
Nach zweieinhalb Wochen erhalte ich eine Antwort auf meine Fragen (diesmal immerhin per E-Mail), „da die Personalsituation im Amt für Bürgerservice und Brandschutz nicht nur wegen Krankheit, sondern auch wegen der Vorbereitung der Wahlen schwierig ist“. Dieses Jahr haben bis Ende August knapp 1.400 Menschen den KuS beantragt, also etwa 400 Menschen mehr, als im ganzen Jahr 2020. Davon waren übrigens nur 88 Personen Studierende. Der Anstieg ist erst mal nicht überraschend, finde ich, bei einem zusätzlichen Lockmittel wie dem Greifswaldgutschein war ja mit einer erhöhten Anfrage zu rechnen, oder? Auch auf diese Frage bekomme ich eine, mehr oder weniger zufriedenstellende, Antwort:
„Aufgrund der enormen Anzahl der hier eingehenden Anträge sowie der derzeitigen Personalsituation ist es nicht möglich die eingehenden Anträge auf einen Kultur- und Sozialpass zeitnah zu bearbeiten. Daraus resultierend kommt es leider zu längeren Bearbeitungszeiten.“
Andrea Reimann, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadt Greifswald
Sonst, so das Amt, dauere die Bearbeitungszeit nur zwei Wochen und „grundsätzlich“ seien 8 Stellen für die Angelegenheiten rund um Wohngeld/Wohnberechtigungsscheine und für die Bearbeitung der Anträge auf Ausstellung eines Kultur- und Sozialpasses gegeben. Das müssen ja wirklich frappierende Personalumstände sein, wenn ich jetzt schon inzwischen knapp drei Monate auf den Pass warte. Ich frage mich auch, wie lange man warten müsste, wenn mehr als 88 der Studierenden mit Erstwohnsitz diese Möglichkeit wahrnehmen würden. Die frustrierte Mutmaßung, die ich aus meinem Bekanntenkreis höre, die Stadt wolle die geplante Gesamtfördersumme von 150.000 Euro nicht bereitstellen, weist die Stadtverwaltung entschieden zurück.
„Die Antragsabarbeitung hängt an verschiedenen Faktoren, die den Bearbeitungszeitraum – auch zum Bedauern der Stadtverwaltung – ggf. verlängern können. So gibt es Personalengpässe […] und ebenfalls die Nachwirkungen der Wahl, zu deren Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung auch Kollegen aus dem entsprechenden Bereich eingesetzt wurden. Die Stadtverwaltung hat – wie die Antragsteller auch – ein Interesse an einer zügigen Antragsbearbeitung; andere Mutmaßungen entbehren jeder Grundlage.“
Franziska Vopel, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadt Greifswald
Wartezeit: immer noch lang
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels habe ich übrigens immer noch keinen Kultur- und Sozialpass. Immerhin ist der Pass, falls ich ihn eines Tages bekommen werde, nicht mehr nur bis Ende des jeweiligen Jahres gültig, sondern ab Ausstellung genau ein Jahr. Vielleicht kann ich ja dann nächsten Sommer endlich ermäßigt in den Tierpark gehen oder günstiger Bus fahren. Oder mir von dem Greifswaldgutschein den Tee nachkaufen, den ich jetzt trinken werde, während es heißt: abwarten.