von Allan Kant | 11.03.2023
Seit Ende Februar sucht der Landkreis Vorpommern-Greifswald eine Unterbringungsmöglichkeit für mehrere hundert Geflüchtete. Diese werden dem Landkreis wie in allen deutschen Kommunen vom Bund zugewiesen. Die Kommunen müssen dann deren Unterbringung organisieren. Die Überlegungen des Kreistags gingen mit mehreren Demonstrationen und Gegendemonstrationen einher, die teilweise unangemeldet stattfanden und am 27. Februar im Ostseeviertel heftig eskalierten. Aufgrund dieses eskalierten Protests und Uneinigkeiten der politischen Entscheidungsträger*innen wird weiter nach der bestmöglichen Lösung gesucht.
Erst fünf Tage vor den Protesten, am 22. Februar, wurde von Landrat Michael Sack (CDU) bei einer Pressemitteilung angekündigt, dass man nun kein Containerdorf in Pasewalk mehr plane, sondern eines in Greifswald entstehen solle. Darüber war zuvor nicht öffentlich diskutiert worden. Stattdessen war eine Geflüchtetenunterkunft für etwa 300 Personen in Pasewalk angezielt worden, weshalb die dortige Stadtverwaltung ebenfalls am 22. Februar beschloss, sich bei ihrer nächsten Sitzung Anfang März 2023 damit näher zu befassen. Schon hierbei kam es zu heftigen Protesten vor dem Pasewalker Rathaus, an denen rund 200 Personen teilnahmen. Dabei musste die Polizei nach eigenen Angaben das Rathaus vor den Demonstrierenden schützen. Im Vorfeld waren 1600 Unterschriften gegen die Unterkunft gesammelt worden.
Nachdem der Landtag bereits im Herbst letzten Jahres die Herrichtung der leerstehenden Kita „Zwergenland“ verhindern konnte – diese war bereits in der Umsetzung und wurde ohne Mitrede der Stadt Greifswald abgebrochen – sucht man wieder nach Lösungen für die sich zuspitzende Geflüchtetenkrise. Auch in diesem webmoritz-Artikel nachzulesen.
Planung für ein Containerdorf in Greifswald
Dieser Plan wurde nach Landrat Sacks Pressemitteilung aufgegeben. Anstatt dessen sollte ein Containerdorf für 500 Geflüchtete auf einem freien Grundstück im Greifswalder Stadtteil Ostseeviertel entstehen. Bei seiner Pressemitteilung hatte Landrat Sack erklärt, dass ein genauer Zeitplan noch nicht vorhanden sei, das Projekt aber so schnell wie möglich durchgeführt werden solle. Der Kreistag solle daher am 27. Februar über den Erwerb von Containern beraten.
An diesem Datum fand in Greifswald eine Sitzung der Ortsteilvertretung des Ostseeviertels in einer Schule in der Nähe des Grundstücks, auf dem das Containerdorf entstehen soll, statt. Auch der Greifswalder Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Bündnis 90/Die Grünen) war dort kurzfristig anwesend, musste aber aufgrund eines anderen Termins vorzeitig gehen. Zeitgleich protestierten im Ostseeviertel an dem Ort, der für das Containerdorf vorgesehen war, etwa 500 Demonstrierende unangemeldet dagegen. Durch vorherige Protestaufrufe im Internet wusste die Polizei von der Demonstration, obwohl sie nicht angemeldet war. Die Demonstrierenden versammelten sich auch vor der Schule, in der die Ortsteilvertretung tagte. Beim vorzeitigen Verlassen des Gebäudes wurde Oberbürgermeister Fassbinder von der Polizei auf deren Empfehlung hin durch einen Hinterausgang zu seinem Auto eskortiert. Sie gibt an, dass eine Kette von Beamten notwendig gewesen sei, um ihn zu schützen. Kurzzeitig sei die Situation sogar „gefährlich“ für ihn gewesen. Die Demonstrierenden hätten ihn ausgebuht und aggressiv versucht, zu ihm zu gelangen und ihm ihre Kritik und Wut aufzuzeigen. Nach eigenen Angaben musste die Polizei physische Gewalt anwenden und Schlagstöcke einsetzen, um Oberbürgermeister Fassbinder zu schützen. Vor der Demonstration hatte es im Internet auch Aufrufe gegeben, zum Protestieren vor sein Haus zu ziehen. Nach vorläufigen Angaben der Polizei waren unter den Demonstrierenden mindestens 20 Menschen aus der rechtsextremen Szene. Zeitgleich mit den Protesten fand eine angemeldete Gegendemonstration mit etwa 50 Personen gegen Rassismus statt. Nach deren Ende kam es zu verbalen Angriffen einiger Gegendemonstrant*innen auf die Demonstrierenden gegen die Geflüchtetenunterkunft. Als Reaktion darauf griffen zwei von ihnen einen Gegendemonstranten physisch an. Die Polizei verhinderte weitere Eskalationen. Nach ihren Angaben bestehen Ermittlungen wegen einer Widerstandshandlung gegen die Schutzmaßnahmen für Oberbürgermeister Fassbinder, Anzeigen wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und das Zünden von Pyrotechnik sowie eine Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung.
Die Ortsteilvertretung war bei der Sitzung einstimmig gegen die Geflüchtetenunterkunft, kann jedoch nur Empfehlungen aussprechen. Sie sei grundsätzlich für Hilfen für Geflüchtete, aber gegen die Größe und Lokalität der Unterkunft, auch aufgrund der Nähe zur Schule, argumentierte sie. Oberbürgermeister Fassbinder kritisierte in Interviews die Kurzfristigkeit des Beschlusses vom Landkreis. Der Kreistag stimmte am 27. Februar mit einer knappen Mehrheit für eine Dringlichkeitsvorlage, um der Stadt Greifswald rund neun Millionen Euro für das Projekt zu geben. 25 Abgeordnete stimmten dafür und 19 dagegen; es gab zehn Enthaltungen. Bei der Debatte hatte es heftige Kritik an den Plänen durch die Fraktionen von „DIE LINKE“ und der SPD. Landrat Sack argumentierte dagegen, es sei kein freier Wohnraum für “dezentrale Lösungen“ vorhanden und der Kreistag habe sich mit großer Mehrheit gegen Unterbringung in Sporthallen und Schulen entschieden. Außerdem habe die Stadt Greifswald im Kreis Vorpommern-Greifswald bislang nicht die meisten Geflüchteten aufgenommen.
Suche nach alternativen Lösungen und weitere Proteste
Aufgrund der breiten Kritik tagte am 2. März der Greifswalder Hauptausschuss, um alternative Unterbringungsmöglichkeiten zum geplanten Containerdorf im Ostseeviertel zu finden. Das war im Vorfeld von Lokalpolitiker*innen aller Parteien für die Zentrierung der Geflüchteten an einem Ort kritisiert worden. Oberbürgermeister Fassbinder hatte daher drei alternative Standorte für Unterkünfte für bis zu 200 Geflüchtete vorgeschlagen. Landrat Sack hatte die Eskalationen am 27. Februar hart verurteilt und angegeben, dass Kreistag und Stadtrat kooperieren würden, um eine Lösung zu finden.
Während der Tagung kam es erneut zu Protesten. Es fanden mehrere Demonstrationen auf dem Greifswalder Marktplatz statt: zwei angemeldete mit insgesamt 300 Teilnehmenden für die Aufnahme von Geflüchteten und eine unangemeldete mit 750 Personen gegen das geplante Containerdorf. Die Polizei ließ auch die unangemeldete Demonstration gewähren. Trotz der aufgeladenen Stimmung waren die Proteste zwar laut, aber zumindest weitestgehend friedlich.
Beitragsbild: Jan Hilgendorf
von Maret Becker | 04.03.2023
In Mecklenburg-Vorpommern haben wir an diesem 8. März das erste Mal frei. Der 8. März ist in unserem Bundesland nämlich ein gesetzlicher Feiertag. Aber nicht nur das! Es ist ebenso der feministische Kampftag, auch Frauentag genannt. Und in unserer Stadt werden diesbezüglich erstaunlich viele Veranstaltungen stattfinden. Und das schon vor dem Feiertag. Welche das sind, erfährst du in diesem Artikel.
Im letzten Jahr organisierte die Greifswalder Aktionsgruppe Neonlila in Greifswald die Aktionen zum feministischen Kampftag. Dieses Jahr beteiligt sich auch die Stadt Greifswald selbst, Aktionen hinsichtlich des 8. März zu organisieren. In der Pressemitteilung vom 2. März wird Claudia Kowalzyck zitiert. Sie ist die Beauftragte für Gleichstellung, Familie und Senioren der Stadtverwaltung und gibt Antwort darauf, warum der 8. März so wichtig ist: „Der Aktions- und Feiertag bietet die Chance, darüber nachzudenken, was konkret getan werden kann, um einer wirklichen Gleichberechtigung näher zu kommen. Er bietet insofern den Rahmen für Mahnung, Erinnerung, Sichtbarkeit und Wertschätzung für die Gleichberechtigung von Frauen. Abgesehen davon engagiert sich die Universitäts- und Hansestadt Greifswald nicht nur am 8. März für eine gleichberechtigte Gesellschaft, unabhängig vom Geschlecht.“ Das vielfältige Angebot an Veranstaltungen und Aktionen in Greifswald zeigt, wie wichtig den Initiativen, Vereinen und Einrichtungen der 8. März ist. Hoffentlich ist auch etwas für dich dabei!
DIE Demonstration
Führungen
- Was? Führung mit „Margarethe Friedrich“ – Schwägerin von Caspar David Friedrich erzählt von ihrem Leben in der Seifensiederei um 1809
- Wann? Mittwoch, 8. März 2023, 11 Uhr
- Wo? Caspar-David-Friedrich-Zentrum
- Anmeldung? Dienstag bis Samstag zwischen 11 und 17 Uhr, telefonisch unter 03834/884568, persönlich im Caspar-David-Friedrich-Zentrum oder per E-Mail unter zentrum@caspar-david-friedrich-gesellschaft.de
- Eintritt? 8 Euro
Partys
- Was? Die große Frauentagsparty – mit Buffet, Strip-Show & DJ
- Wann? Mittwoch, 8. März 2023, 18 Uhr
- Wo? Kulturbahnhof
- Anmeldung? Reservierungen/Ticketverkauf im Kulturbahnhof, per E-Mail unter reservierung@kuba-hgw.de oder telefonisch unter 03834/8359185
- Eintritt? 35 Euro
Filme
- Was? Street Heroines
- Wann? Montag, 6. März 2023, 20 Uhr
- Wo? STRAZE
- Eintritt? 5 Euro
Weiteres
Das war nur eine Auswahl der vielfältigen Veranstaltungen, die in Greifswald anlässlich des 8. März stattfinden. Auf der Homepage der Stadt und auf dem Instagram-Account von Neonlila findet ihr weitere Veranstaltungen.
Beitragsbild: Natalie Hua auf unsplash
von webmoritz. | 21.02.2023
Die vorlesungsfreie Zeit hat uns alle in die Bibliotheken gezwungen. Wir verstecken uns hinter Bücherstapeln und Laptopbildschirmen. Doch da kommt er, der kleine Lichtblick am Dienstagabend: Das Studierendenparlament kehrt zurück in den Hörsaal 1 am Ernst-Lohmeyer-Platz 6. Start ist wie immer um 20:00 Uhr c.t. Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme vor allem von Seiten der StuPist*innen.
Das Drucksachenpaket könnt ihr, wie gewohnt, unter dem hinterlegten Link betrachten. Es besteht jedoch auch nur aus 2 Seiten.
Die Tagesordnung sieht wie folgt aus:
TOP 1 Begrüßung – wie immer sagen sich alle „Hallo“
TOP 2 Formalia – das Protokoll der letzten Sitzung wird abgestimmt
TOP 3 Berichte – es herrscht keine Berichtspflicht, wer dennoch etwas loswerden möchte, kann dies tun
TOP 4 Fragen und Anregungen aus der Studierendenschaft – falls ihr Fragen oder Anregungen habt, schreibt sie in die Kommentare oder per Mail an uns.
TOP 5 FA Besuch im Litauischen Kulturinstitut und Litauischen Gymnasium in Lampertheim – hierbei geht es um einen Antrag auf Projektförderung. Dieser kann im Studierendenportal eingesehen werden.
TOP 6 Wahlen AStA – bisher liegen keine Bewerbungen vor. Eine Bewerbung ist auch noch während der Sitzung möglich. Hinter den Links findet ihr die Ausschreibungen.
— 6.1 Referent*in für politische Bildung und Antifaschismus
— 6.2 Referent*in für Digitales
TOP 7 Wahl stellv. Prüfer*in für rechnerische und sachliche Richtigkeit
TOP 8 Neufassung der VV-Beschlüsse – ja, hier sind wir auch gespannt, was auf uns zu kommt…
TOP 9 Fachschaftsrahmenordnung (2. Lesung)
TOP 10 SÄA Sozialdarlehensordnung (2. Lesung)
TOP 11 Finanzordnung der Studierendenschaft der Universität Greifswald (2. Lesung)
TOP 12 Satzung zur Arbeit von Gremien und Organen der Studierendenschaft der Universität Greifswald (2. Lesung)
TOP 13 Sonstiges
Hier beginnt ab 20:15 Uhr der Liveticker
Hallihallo liebe Lesende da draußen! Wir begrüßen euch bei diesem lauen Winterabend zur 16. ordentlichen Sitzung des Studierendenparlaments. Heute tickern Jan-Niklas, Juli, Adrian, Lilly, sowie Leo, Caro und Clara vom moritz.magazin und (Sch)Laura.
Wo ist denn das StuPa?
Adrian, Chefredaktion webmoritz.
Wir sind verwirrt, denn bisher sind hier vor allem die AStA-Referent*innen und wir, die moritz.medien, anwesend. Der Rest lässt noch auf sich warten.
20:19 Uhr
Aktuell sieht es noch mau aus mit der Beteiligung, weswegen sich der Sitzungsbeginn noch etwas verschiebt. Es fehlen noch zwei Stimmen. Letztes Mal haben zu der Zeit noch mehr gefehlt. Ist das hier ein gutes oder schlechtes Zeichen ? Also mit den zweiten Lesungen wird es bestimmt nichts, für die werden ja noch mehr Stimmen benötigt.
Guck mal, manche waren noch nie hier!
(Sch)Laura nach einem Blick auf die Anwesenheitsliste, die vorne gezeigt wird
20:26 Uhr
Es passiert was.
TOP 1 – Begrüßung
Inti eröffnet die Sitzung. Es sind 10 stimmberechtigte Stupist*innen da. Er freut sich auch über die rege Beteiligung der moritz.medien und des AStA. (sind doch immer gerne hier 😀 )
20:26 Uhr
TOP 2 Formalia
Es sind 10 stimmberechtigte Stupist*innen anwesend. Es gibt keine Stimmübertragungen.
Lukas fragt, ob es vielleicht Anregungen und Fragen aus der Studierendenschaft gibt.
Ja, das soll bitte gemacht werden.
Jada (AStA-Referent für Internationales & Antirassismus) möchte gern berichten.
Aber möchte ich das in den Medien haben
Jada noch leicht unsicher
TOP 3 Berichte
Jada berichtet, von weiteren Gruppen, mit welchen es sich zu solidarisieren lohnt. Es geht um ach keine Ahnung
Es wurde schon die Frage gestellt, wie und ob sich mit Frauen im Iran solidarisiert werden soll und kann.
Des weiteren möchte er die Erdbeben in Syrien und der Türkei thematisieren.
Jada hat geschaut: Auch wir haben Studierende aus der Türkei und Syrien. Vermutlich sind also auch Studierende aus Greifswald von den Folgen des Erdbebens betroffen.
Gestern in der AStA-Sitzung wurde bereits rege über die Entscheidung diskutiert, ob die Berechtigung besteht, sich zu solidarisieren. Das hätte unter anderem heute beschlossen werden sollen (vor allem mit Hinblick auf die Aktualität) – schade, dass das nicht geht.
Es ist nicht klar, ob dies mit dem Landeshochschulgesetz vereinbar ist.
Schade, dass wir heute nicht beschlussfähig sind, da wir hier aktuelle Themen haben, zu denen es sich lohnt auszutauschen.
Jada
Am 24. Februar jährt sich der Beginn des Krieges in der Ukraine. Es gab zahlreiche Beratungsgespräche mit ukrainischen und russisch-sprechenden Studierenden.
Bis zur nächsten StuPa-Sitzung möchte Jada etwas dazu formulieren.
Jens hat auch noch ein Anliegen, der heute mal zu besuch ist.
Es geht um den abschließenden Bericht der Wahlleitung. Die Wahl wurde planmäßig durchgeführt, auch die Nachwahl für den FSR Physik.
Die Ergebnisse wurden fristgerecht veröffentlicht.
Alles in Allem: Die Wahl lief insgesamt ziemlich gut und erfolgreich.
Kümmert euch drum, dass das im nächsten Jahr jemand macht, weil ich werde es nicht mehr machen können
Jens über die Wahlleitung
Nachdem es keine weiteren Berichte und Beiträge gibt, bedankt sich Inti bei den Redner*innen und schließt Inti final die Sitzung um 20:32Uhr.
In genau einem Monat ist dann die nächste Sitzung. Habt eine schöne vorlesungsfreie Zeit!
Wir verabschieden uns auf eine Brause in ein Greifswalder Etablissement. Bis in vier Wochen!
via GIPHY
von Allan Kant | 09.02.2023
Der Teil des historischen Pommerns, in dem auch Greifswald liegt, stand während des gesamten 18. Jahrhunderts unter schwedischer Herrschaft. In diese Zeit fällt außerdem eine wichtige Epoche der europäischen Geschichte – die Aufklärung. Die Kontroversen ihrer Anhänger*innen und Gegner*innen in Kombination mit der fremden Herrschaftsgewalt prägten auch die Universität Greifswald.
Ein wesentliches Ziel der Aufklärung bestand darin, eine auf Vernunft und Freiheit ausgelegte Staats- und Gesellschaftsordnung zu schaffen. Damit stellte sie eine Reaktion auf die Konfessionskriege zwischen Katholik*innen und Protestant*innen im 17. Jahrhundert und die seit dem Mittelalter bestehende Ständegesellschaft dar. Deren Einteilung in Geistliche, Adelige und Bürger*innen, wurde von Letztgenannten durch die Steigerung des allgemeinen Bildungsniveaus zunehmend kritisch hinterfragt.
Konflikte an der Universität Greifswald
Innerhalb der Universität ergaben sich bei der Besetzung von Professuren immer wieder Konflikte zwischen dem Senat und der schwedischen Regierung. Obwohl der Senat als einzige Instanz die Befugnis besaß, diese Stellen zu besetzen, versuchte die schwedische Regierung mehrfach Einfluss zu nehmen, um Dozierende mit aufklärerischen Ideen einstellen zu lassen. Senat und Dozierende sahen dadurch die Autonomie der Universität gefährdet, welcher per Gesetz eine eigene Gerichtsbarkeit zugesichert worden war, die also von der Regierung Pommerns – der vorherigen herzoglichen wie auch der neuen schwedischen – unabhängig war. Hinzu kamen vermutlich, zumindest teilweise, konservative Gesinnungen und eine grundsätzliche Ablehnung einer fremden, also nicht pommerschen, Regierung in Pommern.
Ein Beispiel für diesen Autonomiestreit ist die Berufung des pro-aufklärerischen Konrad Friedlieb an die Universität Greifswald. Die schwedische Regierung versuchte mehrmals Einfluss auf die Universitätsleitung zu nehmen, ihn als Dozierenden einzustellen, und war damit schließlich trotz Widerständen innerhalb des Kollegiums erfolgreich. Am Ende des 17. Jahrhunderts ernannte die Regierung zudem mehrere Naturrechtler, also Aufklärer, die sich mit allgemeinen Rechten – im heutigen Sinne „Menschenrechten“ – befassten. Hiergegen hatte vor allem der Theologe Johann Friedrich Mayer vorzugehen versucht.
Moderne Wissenschaft
Im Jahr 1763 wurde der Botanische Garten mit dem Ziel naturwissenschaftlicher Forschungsbeobachtungen errichtet. Das stellte einen klaren Bruch mit den bisher üblichen Forschungsmethoden dar, die ausschließlich in theoretischer Untersuchung der Natur und primär auf der Grundlage antiker Bücher bestanden. Nun sollten durch den Botanischen Garten eigene Untersuchungen am lebenden Objekt die Forschungsmethode bilden. Das entspricht der Grundlage heutiger empirischer Forschung.
Zwölf Jahre später wurden durch König Gustav III. von Schweden weitere Änderungen des Lehrbetriebs in diese Richtung beschlossen. Dazu wurde im Fangelturm – am heutigen Hansering, direkt am Ryck gelegen – ein Observatorium für astronomische Beobachtungen eröffnet. Zusätzlich wurden ein Medizinkolleg für praktische medizinische Lehre (anstelle des Lesens antiker medizinischer Texte), sowie die Stelle eines Zeichenmeisters eingerichtet. So wurde weitere empirische Forschung ermöglicht.
Ergebnisse
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass an der Universität Greifswald im Zuge der Aufklärung während der schwedischen Herrschaft über Vorpommern einige heftige Kontroversen bestanden. Dennoch konnten sich einige aufklärerische Entwicklungen durchsetzen. Diese wirken sich teilweise bis heute auf Grundlagen der Lehre an der Universität Greifswald, beziehungsweise an modernen deutschen Universitäten grundsätzlich aus. Empirische praxisorientierte Forschung ist heute im Lehrbetrieb naturwissenschaftlicher und medizinischer Fächer grundlegend, obwohl auch weiterhin zusätzlich theoretisches Wissen vermittelt wird. Aber ein naturwissenschaftliches oder medizinisches Studium ohne Praxisanwendung ist heute unvorstellbar. Wenn ihr euch weiterhin für das Thema interessiert und gerne mehr darüber erfahren möchten, kann ich euch folgende Quellen ans Herz legen, die ich verwendet habe:
diese Bücher:
Schubel, Friedrich: Universität Greifswald (Mitteldeutsche Hochschulen Bd. 4), Frankfurt am Main 1960, S. 34-41
Wilhelmus, Wolfgang et al.: Universität Greifswald 525 Jahre, Berlin (DDR) 1982, S. 18-22
sowie diese Internetquelle:
Studyflix. Aufklärung (Epoche): https://studyflix.de/deutsch/aufklarung-epoche-3524.
Beitragsbild: Laura Schirrmeister