Was macht mein*e Dozent*in eigentlich beruflich? – Sebastian Domsch

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich beruflich? – Sebastian Domsch

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich sonst so beruflich?
Diese Frage haben wir uns in letzter Zeit in der Redaktion häufiger gestellt.
Als Student*in vergisst man manchmal, dass die Lehre nur einen Aspekt der Uni ausmacht. Und selbst wenn man ahnt, womit sich der*die ein*e oder andere Dozent*in und seine*ihre Arbeitsgruppe in dem eigenen Studienfach beschäftigen, so bleibt es oft bei dieser groben Idee. In den Arbeitsalltag anderer Fakultäten oder sogar Institute erhält man selten einen Einblick.

Wir fragen nicht mehr nur uns:
„Was macht mein*e Dozent*in eigentlich sonst so beruflich?“,
sondern fragen diese einfach selbst.
Heute stellen wir die Forschung von Prof. Dr. Sebastian Domsch aus der Anglistik und Amerikanistik vor.

Foto: Till Junker, Pressestelle Universität Greifswald

Wie erklären Sie fachfremden Personen Ihre Forschung?
Meine Forschung ist recht vielfältig und bezieht viele Gebiete ein, von der Institutionalisierung der Literaturkritik seit dem späten 17. Jahrhundert bis hin zu Erzählformen im gegenwärtigen Computerspiel, ich kann also etwas betrügen und die Antwort an mein jeweiliges Gegenüber anpassen. Meinem dreijährigen Sohn kann ich sagen, dass ich anderen Leuten beibringe, große und schwere Bücher zu lesen – aber im Moment lerne ich ohnehin viel mehr von ihm, zum Beispiel darüber, wie die Bauprinzipien, nach denen wir Erzählwelten konstruieren und Geschichten erzählen, überhaupt erst einmal entwickelt werden. Und damit sind wir dann schon bei einem Bereich meiner Forschung, der sehr speziell und (hoffentlich) doch erklärbar ist: Wer macht eigentlich die Regeln, nach denen Erzählen funktioniert? Wem gehört eine Geschichte, eine erfundene Figur, eine fantastische Welt? Oder anders gefragt: Wenn J.K. Rowling in einem Interview sagt, dass Dumbledore schwul ist, stimmt das dann, auch wenn es in keinem der Romane steht?

Warum ist das, was Sie forschen so interessant/wichtig?
Erzählen als Kulturpraktiken zu verstehen ermöglicht uns, einen ganz großen Boden zu schlagen von den Anfängen mündlicher Erzähltraditionen etwa bei den Ureinwohnern Amerikas bis zu unserer gegenwärtigen Franchise-Welt, in denen einerseits das Mythenbilden spätkapitalistisch durchkommerzialisiert ist und sich andererseits digital ermächtige Rezipienten zunehmend als Teil einer Partizipationskultur verstehen und ihre Rechte einfordern – man denke etwa an die fangeleiteten Kulturkriege, die seit der Übernahme von Star Wars durch Disney ausgebrochen sind. Noch nie wurde so viel über die Regeln und Machtverhältnisse des Erzählens geredet, die mich in der Forschung interessieren, und die immer schon bestanden haben, wenn auch eher implizit.

Welches Forschungsprojekt war Ihr interessantestes?
Natürlich immer die aktuellen! Aber auch darüber hinaus ist das natürlich immer eine Frage der Perspektive. Interessant für wen? Ein Teil unserer Aufgabe als Forscher ist es ja gerade, das Interessante aus einem Forschungsgegenstand herauszukitzeln, und nicht immer bereits da anzusetzen, wo das Interesse bereits offensichtlich ist. Insofern fand ich es wahnsinnig spannend sechs Jahre zu forschen und nachzuzeichnen, wie sich im 18. Jahrhundert die Debatte darüber entwickelt, wer eigentlich das Recht hat, über Literatur zu urteilen, und ich hoffe, dass ich dieses Interesse in meiner Habilschrift ansteckend formuliert habe, aber es ist natürlich offensichtlicher spannend, drei Jahre Computerspiele zu spielen, um dann ein Buch darüber zu schreiben.

Wurde schon viel in diesem Forschungsbereich geforscht?
Erzählen ist spätestens seit Mitte des letzten Jahrhunderts für die Philologien zentral. Seit etwa 2000 verschiebt sich das Interesse hin zur Fragen nach der mental-kognitiven Verarbeitung von Erzählung, in der auch meine Forschung angesiedelt ist. Ansonsten sind die Game Studies ein rapide anwachsendes Feld, das vor 2000 noch gar nicht existiert hat, und auch Comics beanspruchen einen immer größeren Bereich in der akademischen Welt.

Können Sie Ihre Forschung in die Lehre einfließen lassen?
Ich finde es sehr wichtig, Studierende einerseits an neuesten theoretischen Entwicklungen teilhaben zu lassen, vor allem aber auch Wissen als etwas nicht immer schon vollkommen Abgeschlossenes zu präsentieren; dieses Gefühl, dass man es nur mit klassischen Texten oder Themen zu tun hat, über die schon alles gesagt wurde, und zu denen man nur noch die „richtigen“ Antworten herausfinden oder lernen muss. Ich adaptiere daher regelmäßig eigene Forschungsprojekte für die Lehre, gern auch in einem Stadium, in dem ich selbst noch keine feste Hypothese entwickelt und zu Ende verteidigt habe. In diesem Sinne habe ich zum Beispiel Seminare gehalten über Erzählen und Wissen, über Kulturapokalypsen, Erzählwelten als Kulturpraktik, Comics und über die diskursive Formation von Terrorismus in der amerikanischen Kultur.

Was hat Sie dazu bewogen in diese Forschungsrichtung zu gehen?
Ich war schon immer ein Büchernarr und – wenn ich das im Nachhinein so abstrakt analysieren darf – begeisterungsfähig, wo immer kulturelle Bedeutung generiert wurde, also da, wo die Dinge oder Zeichen auf ein „mehr“ hinweisen, das in ihnen verborgen liegt – eine Geschichte dahinter, ein Geheimnis das entdeckt werden möchte. Dass diese Bedeutung nicht einfach „out there“ ist, wie eine geheime Wahrheit, nach der Verschwörungstheoretiker suchen, sondern immer etwas artifiziell Geschaffenes – das hat mich nie gestört, denn genau darum geht es doch. Wo Naturwissenschaftler zu zeigen versuchen, wie die Welt ist, und Philosophen und Theologen, was sie bedeutet, interessieren wir Literaturwissenschaftler uns dafür, welche Bedeutungen zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Menschen behauptet wurden, und wie diese Behauptungen funktionieren. Und das können wir machen, indem wir großartige Gedichte und Romane lesen, ins Theater und ins Kino gehen, fernsehen, oder einfach Computer spielen.

Letzte Woche haben wir die Forschung von Michael Seyfarth vorgestellt. Guckt mal hier rein!
Beitragsbild: Magnus Schult, in Zusammenarbeit mit der moritz.familie

Arndt soll die Uni verlassen?

Arndt soll die Uni verlassen?

Das Rubenowdenkmal hat eine Restaurierung nötig. Warum nicht gleich den einstigen Namengeber der Uni gleich mit wegrestaurieren?

Jonas Nasem, unser Jurastudent, hat sich auf die Suche nach Machenschaften in der Uni gemacht und ist auf einen Skandal getroffen! Ernst Moritz Arndt soll womöglich komplett der Uni verwiesen werden!

Das Rubenowdenkmal kann dem Greifswalder Wetter nicht trotzen. Es ist innen hohl und mit sehr filigraner Einzelarbeit gebaut – etwas zu filigran für die ständige Wetterbelastung durch Regen und Wind. Deswegen wird es bald eingepackt und zum Restaurator gebracht. Aber womöglich findet ein Bewohner des Denkmals seinen Weg nicht mit zurück vor das Hauptgebäude unserer Universität.

Neben vier Monarchen, denen die Uni Greifswald großen Dank schuldet, sitzen vier Vertreter der Ursprungsfakultäten auf den Ecken des Denkmals, u.a. Ernst Moritz Arndt als Vertreter für die Philosophische Fakultät. Arndt war 1801 Privatdozent an unserer Uni geworden und unterrichtete Geschichte und Philologie. Er selbst studierte schon u.a. an der hiesigen Universität und habilitierte hier.

Nun scheint die Arndt-Ära der Uni Greifswald beendet. Nachdem die Uni den Beinamen seit dem 1.06. 2018 offiziell abgelegt hat und der Name langsam von den offiziellen Schildern verschwindet, scheint es sich ausge“arndt“ zu haben. Nun wohl auch auf dem Rubenowplatz.

Statt Arndt soll Caspar David Friedrich die Philosophische Fakultät auf dem Denkmal vertreten. Schließlich gehört die Kunstwissenschaft auch zur Philosophischen Fakultät und Friedrich bekam 1790 immerhin ein paar Zeichenstunden beim Greifswalder Universitätsbaumeister und akademischen Zeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp.

Setzt Euch also zur Feier seines 250. Geburtstages und Arndtjahres nochmal im Sonnenschein auf den Rubenowplatz und lächelt Ernst Moritz Arndt bis auf weiteres ein letztes Mal frech zurück.

Was ein spannender 1. April!

Wer wirklich mehr über Ernst Moritz Arndt lernen will, sollte das Theaterstück des StuThe am Freitag und Samstag (5. und 6.04.) um jeweils 20:15 Uhr nicht verpassen! In einem Dokumentartheater folgt die Theatergruppe Arndts Spuren … „bis auf die Bühne“. Diesmal im Hörsaal der Alten Frauenklinik in der Wollweberstraße 1. Eintritt kostet 8€ bzw. 5€ für Studierende.

Beitragsbild: Archiv webmoritz.

Badespaß im Theater Greifswald

Badespaß im Theater Greifswald

Gutes Wetter, laute Musik, reichlich Alkohol und viel nackte Haut – bei ausgelassener Stimmung wird im kleinen Ostseestädtchen Greifswald sauniert und anschließend nur in Handtüchern gekleidet das Tanzbein geschwungen. Nichts lässt zu diesem Zeitpunkt erahnen, welche Wendung dieses idyllische Treiben erwartet.

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Plastikfreies Badezimmer – Aber wie?

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Die Redakteur*innen der moritz.medien haben sich schon immer einen Kopf um unsere Umwelt gemacht und darüber berichtet. In unserer neuen Kolumne erzählen wir euch, was wir über das Thema Nachhaltigkeit denken und geben euch viele hilfreiche Tipps, um euer Leben (noch) nachhaltiger zu gestalten. (mehr …)

Folge 25 – Good Bye Queen Mom

Folge 25 – Good Bye Queen Mom

2016 ist etwas beinahe Unvorstellbares und Historisches passiert: Großbritanniens Volk hat im Rahmen eines Volksentscheids den Austritt aus der EU in die Wege geleitet.

Im Moment kommt man eigentlich gar nicht am Thema vorbei. Manche Leute sind sich nicht mal sicher, ob das nicht vielleicht doch ein außer Kontrolle geratener Scherz der Brit*innen war.
Da Ihr sicher noch nicht genug über dieses Thema gehört habt, reden wir in diesem Podcast darüber.

Und wie immer an dieser Stelle noch einmal die E-Mail-Adresse, unter der Ihr uns für Anregungen und Feedback erreichen könnt: web-podcast@moritz-medien.de.

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich beruflich? – Sebastian Domsch

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