von Lilli Lipka | 30.11.2021
Bereits zum zweiten Mal gestaltet die Greifswalder Initiative verquer ihren aktivistischen Adventskalender, den man auf ihrer Website entdecken kann. Auf was ihr euch hinter den 24 Türchen freuen könnt, erfahrt ihr hier.
„Adventsäktschn in Greifswald“ ist der Titel, der den Adventskalender auf der Website des Projekts verquer ziert. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Initiativen und Organisationen aus Greifswald wurde hinter jedem Türchen des digitalen Kalenders eine besondere Aktion oder ein spannendes Angebot versteckt, um „eine schöne, aktivistische und gerechte Vorweihnachtszeit“ zu bescheren.
Die Initiative verquer steht für vielfältige Bildung in Vorpommern ein. Etwa 40 Personen engagieren sich in dem Team für eine globale Perspektive und mehr Gerechtigkeit. Dafür stellt es verschiedene Projekte auf die Beine, etwa eine eigene Radiosendung zu verschiedenen Themen, Weiterbildungsangebote – oder eben einen aktivistischen Adventskalender.
Vor einem Jahr wurde dieser besondere Adventskalender ins Leben gerufen, dieses Jahr verspricht verquer eine kleine Neuerung:
In diesem Jahr läuft das ein bisschen anders als im letzten Jahr und ihr habt nicht nur die Möglichkeit, sondern werdet von uns sogar ausdrücklich dazu eingeladen, zu luschern. Also euch schonmal anzuschauen, was es hinter den anderen Türchen so zu entdecken gibt. Manchmal werdet ihr nichts finden, aber in den meisten Fällen verraten wir euch schon, was wir mit euch vor haben.
verquer
Auf der Website von verquer könnt ihr also schon jetzt einmal das ein oder andere Türchen angucken und die aktivistische Adventszeit einläuten.
Beitragsbilder: Jan Romero auf Unsplash und verquer
von Maret Becker | 26.11.2021
Die Bundes-und Landtagswahl ist schon wieder etwas länger her. Bis vor Kurzem befand sich die Bildung der neuen Bundesregierung noch in der „Findungsphase“. Aber jetzt gilt „Butter bei die Fische“: Der Koalitionsvertrag steht fest. Mecklenburg-Vorpommern hingegen war schon etwas weiter. Den neuesten Stand erfahrt ihr hier.
So eine Regierungsbildung kann ganz schön lange dauern. Über die damaligen Wahlergebnisse berichtete ich schon – schließlich waren die Wahlen schon am 26. September. Damals waren noch Semesterferien, heute steht bereits der Weihnachtsmarkt. Es wurde schon gemunkelt, dass Angela Merkel doch noch die längste Regierungszeit als Kanzlerin innehaben könnte (Dauer ihrer Kanzlerschaft: 5.862 Tage, Helmut Kohls: 5.870 Tage). Doch es kommt (anscheinend) anders.
Nach der Wahl ist vor der Regierung in MV
In MV ging alles etwas gesitteter und schneller zu. Den Entwurf für den Koalitionsvertrag bekamen wir schon am 08. November zu Gesicht.
Das Wichtigste aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und Linke:
- Der Frauentag (08.03.) soll ein Feiertag in MV werden.
- Sie versprechen eine Verbesserung der Kitas, Horten und Schulen.
- Es soll zum Ausbau erneuerbarer Energien kommen.
- Es steht die Entwicklung zu einer klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft an.
- Die wichtige Rolle intakter Moore wird für den Kampf gegen den CO₂-Ausstoß hervorgehoben.
- Hier kommt ihr zur Koalitionsvereinbarung, um genauer nachzulesen, was die Parteien erreichen wollen.
Beide Parteien stimmten dem Koalitionsvertrag zu.
Die neue Landesregierung in MV ist rot-rot:
- Manuela Schwesig, SPD: Ministerpräsidentin
- Till Backhaus, SPD: Landwirtschaftsminister (Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft und Umwelt)
- Stefanie Drese, SPD: Sozialministerin (Ministerin für Soziales, Gesundheit und Sport)
- Bettina Martin, SPD: Kulturministerin (Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten)
- Heiko Geue, SPD: Finanzminister
- Reinhard Meyer, SPD: Wirtschaftsminister (Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus, Arbeit, Verkehr, Energie und Landesentwicklung)
- Christian Pegel, SPD: Innenminister (Ministerium für Inneres, Bauen und Digitalisierung)
- Simone Oldenburg, Die Linke: Bildungsministerin; stellvertretende Ministerpräsidentin
- Jacqueline Bernhardt, Die Linke: Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz
Nach der Wahl ist vor der Regierung in der Bundesrepublik Deutschland
Der Koalitionsvertrag steht. Zumindest der Entwurf (Stand: 24.11.). Die Minister*innenposten scheinen bereits klar zu sein. Es kommt (anscheinend) zu einer Ampel-Regierung (SPD, FDP und Grüne).
Das sind die wichtigsten Fakten aus dem Koalitionsvertrag:
- Bis 2030 soll „idealerweise“ der Kohleausstieg gelingen.
- Der Mindestlohn soll auf 12 Euro pro Stunde steigen.
- Das Wahlalter soll auf 16 Jahre gesenkt werden, was Bundes- und Europawahlen angehen.
- Das „Transsexuellengesetz“ soll abgeschafft werden.
- Cannabis soll in lizenzierten Geschäften zu Genusszwecken verkauft werden dürfen.
- § 219a StGB (Werbeverbot für Abtreibungen) wird gestrichen.
- BAföG soll „elternunabhängiger“ werden.
- Hier könnt ihr alles Wichtige aus dem Koalitionsvertrag nachlesen.
Die Verteilung der Ministerien:
SPD
- Kanzleramt
- Inneres und Heimat
- Verteidigung
- Bauen
- Arbeit und Soziales
- Gesundheit
- Wirtschaftliche Zusammenarbeit
Die Grünen
- Wirtschaft und Klimaschutz
- Auswärtiges Amt
- Familie
- Ernährung und Landwirtschaft
- Umwelt und Verbraucherschutz
FDP
- Finanzen
- Justiz
- Verkehr und Digitales
- Bildung und Forschung
Welche Personen die jeweiligen Ministerien führen werden, wird noch bekannt gegeben. So gut wie fest stehen allerdings:
- Olaf Scholz (SPD) als Kanzler
- Robert Habeck (Die Grünen) als Vizekanzler
- Christian Lindner (FDP) als Finanzminister
Endlich kamen die Ampelparteien zu „Butter bei die Fische“. Aber so endgültig steht doch noch nicht alles fest. Die SPD und FDP müssen auf ihren Parteitagen noch den Koalitionsvertrag durchbekommen und Die Grünen bei einer Mitgliederbefragung. Vielleicht kann „Mutti Angi“ doch noch Kohl überholen, was ihre Amtszeit als Kanzlerin angeht, falls Olaf Scholz nicht am 10.12. als Kanzler vereidigt werden sollte.
Ob man sich über die Koalitionsverträge und die Regierungen freuen kann oder nicht, bleibt jedem Menschen selbst überlassen. Dennoch ist die neue Regierung in MV schon im Einsatz und versucht die vierte Corona-Welle zu beherrschen. Die neue Bundesregierung braucht noch etwas, um sich zu finden. Es bleibt also weiterhin (zumindest ein wenig) spannend.
Beitragsbild: Mika Baumeister auf Unsplash
von Leonie Vogelsang | 17.11.2021
Dear Future Children – ein Film, der bewegt. Und ein Film, der zum Nachdenken anregt und lange nachwirkt. So sehr, dass ich auch jetzt, mehrere Wochen, nachdem ich den Film im STRAZE-Kino bei seiner Premiere in Greifswald angeschaut habe, noch das große Bedürfnis habe, einen Artikel über ihn zu schreiben und ihn anderen Menschen weiterzuempfehlen.
Der Dokumentarfilm handelt von drei jungen Aktivistinnen, die in drei unterschiedlichen Protestbewegungen in drei verschiedenen Ländern kämpfen. Er begleitet Pepper aus Hongkong, Hilda aus Uganda und Rayen aus Chile bei ihrem Kampf gegen die von Peking beeinflusste Regierung unter Carrie Lam, bei den Protesten in Chile gegen soziale Ungleichheit im Land und in Uganda bei den lokalen Fridays-for-Future-Protesten und Aktionen für Klimagerechtigkeit und Naturschutz. Dabei stoßen die drei und ihre Mitstreiter*innen teils auf sehr ähnliche und teils auf sehr unterschiedliche Probleme und Gefahren und innere wie äußere Konflikte. Diese reichen von Resignation in der Politik wie im Denken und Handeln der Menschen, weil einfach nicht genug passiert, bis zu direkten körperlichen Gefahren durch brutale Vorgehensweisen der Polizei. Was sie gemein haben ist der Kampf für eine bessere Zukunft und der Wille, etwas mit viel Mut und Einfallsreichtum zu verändern. Dafür sind sie auch bereit viel aufzugeben, wie ihre eigene Gesundheit, ihre Freiheit oder den Platz für andere Aktivitäten in ihrem Leben.
Vielleicht kennt ihr das: Ihr schaut einen Film, der euch in irgendeiner Weise berührt und ihr denkt danach: Ab jetzt werde ich mein Leben ändern und mich mehr engagieren oder mehr reisen oder meinen Alltag bewusster und aktiver gestalten … Aber sobald ihr aus dem Kino zu Hause ankommt oder euren Fernseher ausschaltet oder den Laptop zuklappt, denkt ihr nicht mehr weiter über den Film nach. Oder vielleicht begleitet euch der Film sogar noch für ein paar Tage, aber spätestens dann habt ihr ihn meistens vergessen und seid wieder in eurem Alltag – bis zum nächsten Film, der euch in irgendeiner Weise wachrüttelt.
Anders war das für mich und für die anderen Menschen, die den Film mit mir geschaut haben. Nach dem Film sitze ich erst einmal 30 Minuten schweigend einfach nur da und lasse nachwirken, um das gerade Gesehene zu verdauen. Und ich schaffe es in meinem Alltag immer wieder Bezüge zu dem Film herzustellen, bei den verschiedensten Themen. Immer wieder ploppt die Erinnerung an den Film in meinem Kopf auf und ich habe das große Bedürfnis, über den Film zu reden und anderen Menschen davon zu erzählen. Das liegt wohl an dem Thema, das der Film behandelt, aber vor allem auch an den Gefühlen, die er in einem auslöst: Wut, Angst, Ohnmacht, Trauer. Das mag jetzt womöglich abschreckend klingen – soll es aber gar nicht, denn was der Film genauso auslöst ist: Hoffnung, die Erkenntnis, was für unglaublich starke und beeindruckende Menschen es da draußen gibt, die für ihre Sache kämpfen, und die ihre Ziele sogar – zumindest teilweise – erreichen. Das macht Mut mitzukämpfen, sich für etwas einzusetzen, das einem wichtig ist!
Nach dem Film hatte ich viele offene Fragen, wie auch viele der anderen Menschen, die den Film mit mir gemeinsam geschaut haben. Dabei hat uns sehr das Nachgespräch mit dem Regisseur Franz Böhm geholfen, der für die Premiere in der STRAZE nach Greifswald gekommen ist. Hier sind ein paar der interessantesten Fragen zusammen mit seinen paraphrasierten Antworten.
Warum heißt der Film überhaupt „Dear Future Children“?
Der Titel des Films stammt von einem Brief, den Hilda an ihre zukünftigen Kinder geschrieben hat. Die Szene, in der sie den Brief vorliest, ist zwar nicht mehr im Film selbst enthalten, war aber Inspiration für dessen Titel. Er beschreibt auch einen Kernpunkt, warum alle drei Aktivistinnen auf die Straße gehen und für ihre Sache kämpfen. Sie denken dabei immer an ihre zukünftigen Kinder, für die sie eine bessere Welt schaffen wollen, in der man gut aufwachsen und leben kann.
War es Zufall oder Absicht, dass alle drei Aktivistinnen Frauen sind?
Das war tatsächlich Zufall. Bevor sich für eine Person in der Protestbewegung entschieden wurde, wurden von den wichtigen Akteur*innen Profile erstellt mit allen relevanten Informationen über die Personen, ihr Leben, ihre Persönlichkeit und ihre Stellung in der Bewegung. Als es zur Abstimmungsentscheidung kam, welche drei Menschen man filmen möchte, wurden die Informationen über Alter, Geschlecht und Name aus dem Informationsblatt gelöscht, damit niemand davon beeinflusst wird. Es ist allerdings auch passend, dass alle drei Aktivistinnen Frauen sind, weil auch die Protestbewegungen, in denen sie mitkämpfen, vor allem weiblich geführt sind.
Wie sind die Macher*innen des Films an die Drehgenehmigungen für z.B. Hongkong gekommen?
Der Film stellt sicherlich keine Position dar, die zum Beispiel die Regierung Chinas gerne sieht. Für die Erhaltung der Drehgenehmigungen wurde deswegen etwas getrickst. Zum Beispiel wurde für Hongkong behauptet, dass das Team gerne einen Film über Hongkong als Reiseziel für Westeuropäer drehen und dabei die schönen und besonderen Seiten der Stadt darstellen will, um mehr Tourist*innen auf diese Stadt aufmerksam zu machen.
Haben die Dreharbeiten und die Veröffentlichung des Films Nachwirkungen für das Filmteam gehabt?
Natürlich waren schon alleine die Dreharbeiten eine Gefahr, da sie an vorderster Front von Protestbewegungen stattfanden, bei denen die Polizei sehr brutal vorgeht. Aber auch nach den Dreharbeiten gab es noch Nachwirkungen für das Filmteam. Gerade von chinesischer Seite gab es sehr viele Drohungen, darunter auch Morddrohungen. Es wurden auch sehr persönliche Informationen herausgefunden und gegen die Macher*innen des Films verwendet, wie beispielsweise der Wohnort naher Verwandter. Das Team konnte sich aber ein gutes Sicherheitsnetzwerk mit Hilfe von Bekannten und Freund*innen aufbauen, die sich in solchen Sachen auskennen. Kommunizieren tun sie untereinander nur mit höchster Sicherheit in der Verschlüsselung.
Am Donnerstag, den 25.11.21 um 20:00 Uhr, wird der Film noch einmal von Fridays for Future in Greifswald im Hörsaal 1 in der Rubenowstraße 1 gezeigt. Ich kann wirklich jedem*r nur empfehlen, sich den Film anzusehen!
Beitragsbild: © NIGHTRUNNER PRODUCTIONS & SCHUBERT FILM
von Julian Schlichtkrull | 15.11.2021
Dass die Arbeitsbedingungen an den Kliniken Deutschlands zunehmend schlechter werden und es gleichzeitig vermehrt an Personal mangelt, ist nicht erst seit der Coronapandemie bekannt. Zwar hat die Notlage der letzten anderthalb Jahre auch der breiteren Öffentlichkeit einen Eindruck von der Situation in den Krankenhäusern geboten, doch die Politik scheint demgegenüber den Blick abzuwenden. Jetzt sollen neue Tarifverhandlungen sogar zu einer Herabgruppierung der Mitarbeitenden des Gesundheitswesens in eine niedrigere Entgeltgruppe führen. Die Antwort: Warnstreiks.
„Nach dem Klatschen kommt die Klatsche“, heißt es auf Flyern, die die Gewerkschaft vor dem Warnstreik am vergangenen Montag verteilt. Die ersten Demonstrierenden versammeln sich am 8. November schon gegen 6 Uhr vor dem Universitätsklinikum, wo der Streikzug beginnt. Nach einer Kundgebung auf dem Berthold-Beitz-Platz geht es für eine zweite Kundgebung gemeinsam zum Marktplatz und anschließend wieder zurück zur Klinik. Insgesamt über 200 Streikende kommen zusammen, die mit Trillerpfeifen und Rasseln, selbst gestalteten Plakaten und dem lauten Rufen ihrer Forderungen auf sich aufmerksam machen. Gleichzeitig legen auch Mitarbeitende in anderen Städten wie Lübeck, Essen, Köln oder Münster ihre Arbeit nieder. Die aktuelle Lage des Gesundheitswesens ist ein nationales Problem.
Die Frage des Streiks ist keine leichte, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Berufen betrifft eine Arbeitsniederlegung im Krankenhaus direkt andere Menschenleben. Deshalb wurde im Vorfeld über eine ganze Woche hinweg eine Notdienstvereinbarung ausgehandelt, damit keine lebensnotwendige Arbeit zurückgestellt werden oder gar ausfallen muss. Doch ein Streik scheint unvermeidlich. Bereits zwei Mal kamen in Potsdam die Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zusammen, um über die Verteilung von Gehältern zu verhandeln. Der Vorschlag der TdL sieht eine Neustrukturierung des Arbeitsvorgangs bei der Berechnung vor, nach der verschiedene Arbeitsgruppen des öffentlichen Dienstes aus der Entgeltgruppe 9a in die Entgeltgruppe 6 herabgestuft würden. Darunter auch das Krankenhauspersonal der Unikliniken. Zudem wird das Problem der Personalengpässe vom TdL-Verhandlungsführer Reinhold Hilbers (CDU) abgestritten. Die derzeitige Belastung sei lediglich ein vorübergehender Umstand unter der Pandemie, einen Fachkräftemangel gäbe es allenfalls in „Spezialbereichen“. Und: Würden die Gehälter weiter erhöht werden, müsse man zum Ausgleich Arbeitsplätze abbauen.
„Die Äußerungen des Herrn Hilbers zeigen, dass er von der Realität in den Kliniken null Ahnung hat. Wer den Fachkräftemangel und die enorme Arbeitsverdichtung einfach leugnet, treibt die Menschen weiter aus dem Beruf. Wir werden ihn nicht nur mit guten Argumenten, sondern auch mit Aktionen vom Gegenteil überzeugen.“
– Sylke Kiel, Gesundheits- und Krankenpflegerin am Uniklinikum Jena; vom ver.di-Flyer „Arbeitgeber, geht’s noch?“
Dabei arbeiten viele Stationen bereits jetzt an der Personaluntergrenze, wenn sie überhaupt eingehalten werden kann. Vor allem dort, wo eine hohe Arbeitsbelastung und eine große Unplanbarkeit zusammenkommen, fehlen meist die notwendigen Mitarbeitenden. Ist eine Station beispielsweise nicht voll ausgelastet, wird oft auch mit weniger Pflegepersonal gerechnet, doch gerade in Bereichen wie der Notfallversorgung kann sich die Menge an Patient*innen jederzeit ändern. Durch reduzierte Bettenanzahlen und zunehmend verkürzte Liegezeiten kumuliert sich außerdem die Akutpflege, und das bei einer immer älter werdenden Patient*innenschaft, die ohnehin mehr Pflege benötigt. Und fällt eine Arbeitskraft aus – ein nicht allzu geringes Risiko bei den derzeitig steigenden Corona-Inzidenzen – ist oft niemand da, um die freigewordene Schicht zu besetzen, denn die anderen Pfleger*innen haben bereits ihre Arbeitsgrenze erreicht und ein hohes Pensum an Überstunden angesammelt.
Andere Forderungen der Streikenden umfassen einen eigenen Verhandlungstisch „Gesundheit“ in den Tarifverhandlungen, eine Erhöhung der Zeitzuschläge für Samstagsarbeit und Wechselschicht sowie eine größere Schichtzulage, als Inflationsausgleich monatlich 300 Euro mehr für alle Beschäftigtengruppen der Universitätsmedizin Greifswald sowie 100 Euro mehr für Azubis, Studierende und Praktikant*innen und eine Übernahme aller Azubis nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung. Und, das ist wohl die wichtigste Forderung, egal von welcher Station die Streikenden kommen: Anerkennung und Wertschätzung.
Um diese Ziele zu erreichen, sollen vor der dritten Verhandlungsrunde mit der TdL am 27. und 28. November noch weitere Streiks folgen. Denn auch hier könnte Corona einen Strich durch die Tarifrechnung machen: Steigen die Zahlen an Infizierten weiterhin so wie in den letzten Wochen, wären weitere Streiks im Dezember unverantwortlich, sowohl den Streikteilnehmenden als auch den Patient*innen gegenüber. Daher soll die verbleibende Zeit genutzt werden, um möglichst viel Druck aufzubauen. Morgen, am Dienstag, dem 16.11.2021, möchte man sich daher wieder vom Beginn der ersten Frühschicht (gegen 6 Uhr) bis zum Ende der letzten Spätschicht (gegen 22 Uhr) versammeln und auf die Notsituation aufmerksam machen. Dieses Mal wird auch Unterstützung aus anderen Berufsfeldern erwartet, wie zum Beispiel aus dem Straßenbau, denn die Tarifverhandlungen mit der TdL betreffen alle Bereiche des öffentlichen Dienstes, von Kitas und Schulen über die Polizei bis eben zum Gesundheitswesen. Die Botschaft soll deutlich gemacht werden: Wertschätzung darf in Zukunft nicht nur auf ein Klatschen reduziert bleiben.
Weitere Informationen für euch:
Flugblatt „Arbeitgeber, geht’s noch?“ von ver.di
Über die Forderungen und Verhandlungen der Tarifrunde 2021
Presseinformation der TdL nach der ersten Verhandlungsrunde
Beitragsbild: anonym