DVD: Davon abzusehen

Paul McGuigans „Lucky # Slevin“

Drehbuchautor Jason Smilovic legt den Figuren in diesem Thriller Gespräche über Filmfiguren und -klassiker in den Mund und stellt seine filmischen Vorlieben in Bild dar: Alfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ weist mit der Hauptfigur des für einen Geheimagenten gehaltenen Roger Thornhill viele Parallelen mit dem von Josh Hartnett gespielten Protagonisten Slevin auf.

Der junge Mann ist zur falschen Zeit am falschen Ort und muss für die Wettschulden eines Anderen aufkommen. Doch seine Taschen sind leer. Slevin gerät somit zum Spielball der verfeindeten Verbrecher „Der Boss“ und „Der Rabbi“. Deren  Rollenzuweisung wird aber nicht angenommen und der Spieß umgedreht.
Das Ensemble mit Bruce Willis, Morgan Freeman und Ben Kingsley besticht routiniert in den ab der ersten Minute vorherzusehenden Handlungswendungen. Der Sehspaß bleibt dabei aber auf der Strecke. Ohne Überraschungseffekt kann eine Kopie britischer Gangsterfilme á la Guy Ritchie nicht gelingen. Im Zusatzmaterial der DVD wird eine unglaubwürdige, weil gespielte Gute-Laune-Simmung am Set konstruiert, so dass sich „Lucky # Slevin“ nur als Einwegunterhaltung anbietet. Die richtigen Filme zu sehen, heißt halt lange noch nicht, diese auch zu verstehen und gute Drehbücher abzuliefern.

Geschrieben von Björn Buß

DVD: Auf der Flucht vor dem Menschsein

Werner Herzogs „Grizzly Man“

Regisseur und Dokumentarfilmer Werner Herzog hat während seines langjährigen Filmschaffens oft selbst mit den Widrigkeiten der Natur gerungen und dabei auch so manche menschliche Bestie gebändigt („Mein liebster Feind“). Da erscheint es irgendwie passend, dass er sich nun des Vermächtnisses eines anarchistisch-egozentrischen Bärenfilmers angenommen hat, der bei dem Versuch, seinen „Seelentieren“ nahe zu sein, die unsichtbare Grenze zwischen Mensch und Tier aus den Augen verliert.

In dreizehn Sommern lebte Amateur-Tierfilmer Timothy Treadwell unter den nordamerikanischen Grizzly-Bären und drehte dabei über 100 Stunden Videofilm zusammen – bis ihn die Bären schließlich auffraßen. Dieses Material hat Herzog nun in einem eigenen Dokumentarfilm verarbeitet.
Beeindruckend offenbart die Collage aus filmischen Selbstinszenierungen Treadwells und nachträglichen Interviews Herzogs die naiv-drängende Selbststilisierung und den schleichenden Realitätsverlust einer Persönlichkeit. Treadwell wollte die Bären nicht nur schützen und filmen. Er wollte ein Teil von ihnen sein. Die amateurhafte Authentizität der Naturaufnahmen des „Grizzly Man“ erschafft ein intensives, unvergleichliches Filmerlebnis, welches auf faszinierende wie verstörende Weise dokumentiert ,wie Treadwell physisch und psychisch die überlebenswichtige Distanz zu seinen „Hauptdarstellern“ verliert.
Die Gestalten der „zivilisierten“ Außenwelt reagieren auf Herzogs Befragungen zum Treiben des Aussteigers zumeist mit Unverständnis oder Missgunst – vielleicht ist es aber auch Neid. Denn bei den Bären – auch das macht der 100 Minuten lange Film spürbar – fand Timothy Treadwell den Sinn seines Lebens, etwas, was man in der Menschenwelt, aus der er floh, immer seltener zu finden glaubt.   

Geschrieben von Johannes Kühl

Seemann, mach die Leinen los!

„Ich wollte unbedingt ans Meer.“ Diese Aussage stammt zumeist von Erstsemestlern, die sich Greifswald zum Studieren ausgesucht haben. An den Strand gehen, die Füße ausstrecken und romantische Lieder pfeifen macht bestimmt Spaß. Aber wird das nicht irgendwann langweilig?

Ist es nicht interessanter, den Bodden auf eigene Faust zu erkunden? Das dachte sich auch Peggy, die vor zwei Jahren im Sommer einen Segelkurs des Hochschulsports besuchte. Zu Beginn musste sich die  Medizinstudentin rechtzeitig anmelden, denn jedes Jahr sind die 80 freien Plätze blitzschnell ausgebucht. Wer hier zu spät kommt, kann sich im Winter immer noch für einen Theorieseminar einschreiben. Mit Vorkenntnissen im Hinterkopf fällt das Segeln nämlich umso leichter. „Die kleinen Boote waren am Anfang ganz schön kippelig. Als wir uns aber daran gewöhnt hatten, machte es riesigen Spaß“, beschreibt sie ihre Erfahrung. Einmal wöchentlich kam Peggy zum Uni-Bootshaus in Eldena, um sich Knoten, Manöver und das Steuern beibringen zulassen. Am Ende machte sie den Segelschein. „Die richtigen Erfahrung auf dem Wasser sammelte ich aber erst später“, erzählt sie, die nun aktives Mitglied des Akademischen Segelvereins (ASV) zu Greifswald ist. Hier stehen den Studenten drei vereinseigene Schiffe und zwei kleinere Segeljollen zur Verfügung. Neben kurzen Fahrten auf den Bodden, Wochenendtrips und längeren Reisen, nehmen die drei Crews auch regelmäßig an Regatten teil. Und sie kommen nicht selten mit guten Platzierungen in den Greifswalder Hafen zurück. Im Winter müssen dann die Schiffe wieder fit gemacht werden. Damit den Seglern im Uni-Bootshaus am Yachtweg 2 in den kalten Monaten nicht langweilig wird, organisieren sie Fußball- und Volleyballturniere, halten Vorträge und richten Partys aus. Um über das Geschehen auf dem Laufenden zu bleiben, treffen sie sich jeden Mittwochabend im Café Ravic.
Wer allerdings als erfahrener Regattasegler nach Greifswald kommt, kann sich auch der Jugendabteilung anschließen. Hier wird unter leistungssportlichen Bedingungen in den internationalen Bootsklassen Laser und Europe trainiert. Bei einigen sind diese beiden Segeljollen jedoch als Nussschalen verschrien. Sie wollen lieber den ganzen Ostseeraum befahren und kennen lernen. Da bietet sich der 36 Meter lange Zweimaster „Lovis“ an. „Vor sieben Jahren haben wir das Schiff zusammen restauriert und eine Projektgruppe ins Leben gerufen“, erzählt Anke von der Crew. Seitdem organisiert das 15-köpfige Team Touren für Schulklassen und Gruppen vom Freiwilligen Ökologischen Jahr. Auch das Historische Institut will dieses Jahr wieder eine Exkursion auf dem über 100 Jahre alten Oldtimer durchführen: „Studenten und Privatleute können gerne an unseren Törns teilnehmen.“ Einfach nur auf dem Boot rumhängen ist hier aber nicht angesagt. Das Team von der „Lovis“ möchte seinen Mitseglern auch Wissen über Ökologie, Biologie und Nautik mit auf den Weg geben. Das gemeinsame Themenprogramm für die Reise wird mit der Gruppe, die an Bord kommt, individuell abgestimmt. So kann der Ritt über die Ostsee zu einem bleibenden Erlebnis werden. „Auf dem Boot ist man aufeinander angewiesen und bewegt sich auf engem Raum. Da entstehen oft auch intensive Freundschaften“, erklärt Anke, die sich auch freut, wenn erfahrene Segler zum Organisationsteam dazu stoßen und die Projektarbeit bereichern. Und auch Peggy macht aus ihren positiven Erlebnissen keinen Hehl: „Segeln ist für mich eine willkommene  Abwechslung. Ich lerne schnell Leute kennen und bewege mich an der frischen Luft. Das ist doch prima.“

Geschrieben von Christian Gehrke

DVD: Ego-Trip in Heels

Neil Jordans „Breakfast on Pluto“

„Kitten“ Braden sucht ihre Mama. Doch weiß man während der rund zwei Stunden währenden Suche nie so wirklich, ob man der Mutter wirklich wünschen soll, von dieser schrillen Gestalt, die eigentlich Patrick Braden heißt, gefunden zu werden.

Berufs-Ire Neil Jordan setzt seine ohnehin konfliktgebeutelte Heimat der siebziger Jahre einem schwer erträglichen, weil hochgradig narzisstischen Transvestiten – beeindruckend androgyn verkörpert von Cillian Murphy – aus.
Der gutbürgerlichen Beengung seiner Pflegefamilie in der irischen Provinz entfleucht, schlittert Kitten auf ihrer/seiner daraufhin dramaturgisch-logisch folgenden Odyssee über die britischen Inseln von einem Skurrilitätenkabinett zum nächsten: Er wird der Tournee-Groupie des Frontmanns einer irischen Countryband, Assistentin eines abgehalfterten Magiers und arbeitet im Bärchenkostüm. Nachdem er zwischendurch immer mal wieder fast ermordet wird, landet Kitten schließlich im Folterkeller von Scotland Yard, wo man ihn für eine IRA-Killer-Transe hält.
Bei all dem misslingt Jordans Versuch, das groteske Märchen mit der rauhen Wirklichkeit irischer Zeitgeschichte zu verbinden. Immer wieder werden Elemente und historische Ereignisse aus dem Nordirlandkonflikt in die wirre Handlung eingeflochten, aber mit einer Hauptfigur, deren so ziemlich einziges Interesse der eigenen sexuellen und genetischen Identität gilt, versperrt sich auch dem Zuschauer die Sicht auf eine Welt jenseits der Neurosen eines Transvestiten. Dabei stürzt sich Kitten zudem in ein derart überweibisches Frausein, welches so klassische, ja sogar reaktionäre und chauvinistische Rollenbilder bedient, dass man schlicht nur noch von ihm genervt ist.

Geschrieben von Johannes Kühl

Mit Visionen zum Erfolg

Ideenwettbewerb motiviert Existenzgründer

„Einfallsreichtum muss auch Zinsen tragen“ lautete das Motto des Ideenwettbewerbs zum 550-jährigen Universitätsjubiläum, für den insgesamt 12.000 Euro an Prämiengeldern zur Verfügung standen. Gesucht wurden kreative und innovative Geschäftsideen aus Wissenschaft und Forschung, die in Greifswald und Umgebung umgesetzt werden können.

„Das Hauptziel ist, Einzelpersonen zur Existenzgründung zu motivieren und damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen aus der Hochschule beizutragen“, sagt Tatjana Simonova, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebliche Finanzwirtschaft, insbesondere Unternehmensbewertung, die den Wettbewerb mitbetreut hat. Das aus Landesmitteln finanzierte Projekt wurde außerdem von der Existenzgründerberatung des Technologiezentrums Vorpommern „start-Vorpommern“ sowie dem Netzwerk für Existenzgründung aus Hochschulen in Mecklenburg- Vorpommern „gruenderflair“ durchgeführt.
Die Gewinner des mit 3.000 Euro dotierten ersten Preises kamen allerdings aus dem Medien- und Dienstleistungssektor. Der 28-jährige Physikstudent Manuel Kniep und der 26-jährige Jurastudent Mathis Gerstlauer haben ein neuartiges Informationssystem entwickelt, welches vorrangig an Universitätsmensen und Cafeterien zum Einsatz kommen soll.
Zu den Inhalten von Campus Vision, das auch in der Greifswalder Mensa eingesetzt wird, gehören Informationen von Studenten für Studenten genauso wie Wetter und Nachrichten, die auf einer Leinwand übertragen werden. Dazu wurden verschiedene Kooperationen, wie mit Spiegel-Online, getroffen. Hinzu kommt kommerzielle Werbung, die das Projekt finanziert. „Es gibt genügend Unternehmen, die an der Zielgruppe Student sehr interessiert sind“, berichtet Manuel Kniep.
Mit dem Gewinn des Wettbewerbs haben die beiden nicht gerechnet. „Das war schon sehr überraschend“, sagt Mathis Gerstlauer. Das Preisgeld wollen sie nun in den nächsten Standort investieren. Welcher das sein wird, wollte das Duo allerdings noch nicht verraten.
Wie sie auf die Idee kamen? „Wir sind im kulturellen Bereich sehr aktiv und haben uns überlegt, wie man Studenten noch besser informieren kann. Die Zettel, die oftmals auf dem Boden verteilt liegen, sind ja nicht sonderlich effektiv“, sagt Manuel Kniep.
Unter den Preisträgern waren Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter sowie Professoren vertreten. Sie stellten am 13. Dezember 2006 bei der Abschluss-Prämierungsveranstaltung im Conference-Center des Technologie-zentrums ihre Ideen vor.
Besonders stolz sind sie darauf, alles in Eigenregie entwickelt zu haben, sowohl die Hard- als auch die Software. Das mit dem Internet verbundene System zeichne sich außerdem durch seine einfache Handhabung aus, berichten die beiden Erfinder.
In der Mensa der Uni Greifswald steht der Prototyp von Campus Vision. „Das Projekt wird hier aber wahrscheinlich in dieser Weise nicht weiterlaufen“, sagt Gerstlauer. Jedoch habe man mit Rostock, wo das erste vollständig entwickelte System im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde, sehr gute Erfahrung gemacht.
Prof. Dr. Manfred Matschke zog ein überaus positives Fazit des Wettbewerbs. Die Qualität der Beiträge würde sich von Mal zu Mal steigern und es werde mit Gewissheit einen nächsten Wettbewerb geben, sagte der Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebliche Finanzwirtschaft, insbesondere Unternehmensbewertung. Neben ihm und Prof. Dr. Roland Rollberg, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, saßen Mario Kokowsky, Geschäftsführer des TZV, sowie zwei Vertreter aus der Wirtschaft in der Jury, die alle eingereichten Ideen auf Innovation, Umsetzbarkeit und Potential bewerteten.

Geschrieben von Michael Popp