von Archiv | 18.12.2006
Woher kommen die Fichten der Universität?
Es ist früh am Morgen. Der Nebel hängt zwischen den Wipfeln der Bäume, die Sonne bahnt sich mit ihren Strahlen den Weg. Fünf Männer stehen auf einer kleinen Lichtung und binden Tannenzweige, die sie gerade geschnitten haben, zusammen. „Hier brauchen wir 15 Sträuße und eine Küstentanne.“
Manfred Küppers blickt von seiner Liste auf und zählt die Bündel, die vor ihm auf dem Boden liegen. Nun fehlt nur noch die Tanne, wie der Uni-Förster für das Revier Eldena schnell feststellt.
Er steht an diesem Morgen in seinem Revier in der Nähe von Friedrichshagen. Vor ihm breitet sich auf einer Fläche von einem Hektar eine Fichtenkultur aus. Heute soll es einigen von ihnen an den Stamm gehen, denn Weihnachten steht vor der Tür und viele der Uni-Institute haben einen Baum für ihre Eingangshalle, das Sekretariat oder die Bibliothek bestellt. Insgesamt elf Bäume und 85 Schmuckgrünsträuße finden sich auf Küppers’ Liste.
Gemeinsam mit Sebastian Erkel, der Manfred Küppers im kommenden Jahr als Revierförster nachfolgen soll, verschwindet er zwischen den Fichten. Sie suchen einen Baum für die HNO-Klinik. „Der ist unten zu offen und der hat eine doppelte Spitze.“ Die Auswahl fällt nicht leicht. Die Bäume sollten in den Einrichtungen der Universität doch etwas hermachen. Schließlich sind aber doch zwei passende Bäume gefunden. „Sie einen, ich einen“, sagt Küppers zu seinem Begleiter und schon röhrt die Motorsäge. Innerhalb weniger Sekunden ist der schmale Stamm getrennt und ein kapitaler Baum von vier Metern Größe liegt im taubenetzten Gras. „Zieht den mal zum Weg rüber“, ruft Küppers den Waldarbeitern zu, die die Förster unterstützen. Sie kommen alle aus der Region. Manchmal wechselt Küppers deshalb auch ins Plattdeutsche.
„Jetzt brauche wir noch zwo Dreimeter“, sagt der Förster und verschwindet wieder zwischen den Bäumen. Plötzlich ist von irgendwo zwischen den Zweigen „No No Never“ von Texas Lightning zu hören. Wieder einmal klingelt das Handy des Revierleiters. Eine verspätete Baumbestellung aus dem Klinikum geht ein. „Kein Problem, das schaffen wir“, sagt Küppers und legt auf. „BeimWeihnachtsbaum ist es so: Je länger sie gucken, desto schwieriger wird’s“, verrät er sein Auswahlgeheimnis. Auf diese Weise werden in diesem Jahr zweihundert bis vierhundert Bäume fallen, die in den Instituten der Universität, den Greifswalder Stadtkirchen und den Wohnzimmern von Uni-Mitarbeitern wieder gefunden werden können. Die größten stehen im Uniklinikum. So verwundert es kaum, dass Weihnachtsbäume bei Förstern den Status einer „Sonderkultur“ haben. Schließlich wachsen sie nicht wie die meisten anderen Bäume 80, sondern nur zehn Jahre, ehe sie den Weg ins Wohnzimmer antreten.
Ortswechsel: In der Eingangshalle der HNO-Klinik, Walther-Rathenau-Straße schmückt eine matte Lichterkette die stramme Fichte, die sich im Treppenaufgang an die Wand schmiegt. Schwestern in weißer Arbeitskluft laufen vorbei, ein Patient mit bandagierter Nase liest in der Sitzecke Zeitung. Der Baum scheint sie nicht richtig zu interessieren. Doch das wird sich sicher noch ändern, denn Weihnachten naht mit großen Schritten.
Geschrieben von Kai Doering
von Archiv | 18.12.2006
Sophias „Technology Won’t Save Us“ (City Slang)
Das Ein-Mann-Projekt „Sophia“ meldet sich pünktlich zur melancholischsten aller Jahreszeiten zurück. Der Mensch dahinter: Robin Proper-Sheppard (Ex-The God Machine). Jeder, der so hieße, würde sich wohl zumindest eine Visitenkarte drucken lassen. Der Amerikaner lieferte darüber hinaus den tönenden Stoff, aus dem Träume gemacht sind. Das letzte Album „People Are Like Seasons“ kann immer dann eingeworfen werden, wenn es mit der eigenen Kreativität für Luftschlossarchitektur eng wird.
„Technology Won’t Save Us“ hingegen, der neue Titel, ist Programm. War auf dem Vorgänger die Abfolge der Lieder noch aus einem Guss, so erhält nun digitale Technik Einlass. Syntie-Klänge bei Streichern und Drums gesellen sich zu dem bewährten Muster Gitarre, Bass, Piano, mehrstimmiger Gesang und (analoges) Kammerorchester. Heraus kommt dabei eine teils unheilige Allianz, mitunter gar ein Wirrnis musikalischer Ideen. Letztlich wenig zuträglich für klang-(t)räumliche Illusionen.
Zwei Songperlen sind mit „Pace“ und „Lost (She Believed In Angels…)“ dennoch hinterlassen. Die allein machen aber nicht das erwartete Album. Über diese unmelancholische Traurigkeit kann auch die limitierte Albumversion mit Bonus-Silberling (sechs Songskizzen von „People Are Like Seasons“) nicht hinweghelfen. Gitarre und Proper-Sheppard-Stimmchen erschaffen lange nicht die bekannte Magie.
Geschrieben von Robert Tremmel
von Archiv | 18.12.2006
Alejandro González Iñárritus „Babel“
Das Drama beginnt mit einem Schuss. In der marokkanischen Wüste hüten zwei Brüder die Ziegenherde der Familie. Ihr Jagdgewehr soll vor Angriffen von Schakalen schützen. Um die Reichweite der großkalibrigen Flinte auszuprobieren, zielen die unerfahrenen Kinder auf einen weit entfernten Touristenbus. Die Kugel durchschlägt eine Fensterscheibe und trifft die Amerikanerin Susan (Cate Blanchett) lebensgefährlich. Für die junge Frau und ihren Mann Richard (Brad Pitt) entwickelt sich die Reise von nun an zu einem Horrortrip: vier Stunden vom nächsten Krankenhaus entfernt und auch die US-Botschaft verweigert ihre Hilfe.
Rund um den verhängnisvollen Schuss und das Gewehr, aus dem er abgefeuert wurde, entwickelt der mexikanische Regisseur Alejandro González Iñárritus mit dem Drehbuchautor Guillermo Arriaga ein weltumspannendes Drama. In den Filmen „Amores perros“ und „21 Gramm“ arbeiteten die beiden bereits zusammen.
Die filmische Reise führt den Zuschauer durch den Maghreb, nach Japan und Kalifornien. Die unterschiedlichen Sprachen der Figuren sind Teil der drei scheinbar zusammenhangslosen Erzählstränge. Diese fügen sich langsam zusammen und zeigen eine Welt der Angst und Hoffnungslosigkeit. Es werden verschiedene menschliche Schicksale erzählt, in denen Zufall, Notwendigkeit, Schmerz und Verzweiflung eine große Rolle spielen, sanft mit sich steigernder Musik unterlegt.
Die grandiose Erzählkunst der Filmemacher, beeindruckende Bilderwelten und die psychologische Präzision der fragilen Figuren machen „Babel“ zu einem epischen Kinoerlebnis, das berührt. Zu Recht zählte der 142-Minüter bei den 59. Internationalen Filmfestspielen von Cannes zu den Kritikerlieblingen.
Geschrieben von Grit Preibisch
von Archiv | 18.12.2006
moritz fragte, was die Greifswalder Uni ihren Studenten schenken sollte.
Daniel Masur (Landschaftsökologie):
„Ich hätte gerne leere Hörsäle, die vorhandenen Kapazitäten müssen einfach besser verteilt werden.“
Kati Sevke (Biologie):
„Ich wünsche mir eine überschaubarere Regelung der Studiengänge.“
Winnie Klingenberg (Kommunikationswissenschaft/Germanistik):
„Ich wünsche mir gut bestandene Klausuren.“
Henriette Schade (Kommunikationswissenschaft/Germanistik):
„Ich wünsche mir eine andere Mensatür.“
Leonard Unger (BWL):
„Mehr Zuverlässigkeit und Organisationstalent von Seiten des Unipersonals fände ich gut.“
Robin Bartsch (BWL):
„Bestandene Klausuren.“
Franzi Möller (Jura):
„Mehr Mensaparties! Außerdem sollte die Mensa mittags länger geöffnet sein und das Essen so warm halten, dass keiner kaltes Essen bekommt.“
Susanne Retzlaff (Jura):
„Ich wünsche mir mehr und besser informierte Ansprechpartner und Auskunftsmöglichkeiten.“
Geschrieben von Sarah Bechimer, Kai Doering
von Archiv | 17.12.2006
Am Freitag fand die zweite vom Kulturbeutel (radio 98eins) präsentierte Kurzfilmnacht statt – ausverkauft!
Am 15.12. hieß es wieder: Wer einen Sitzplatz ergattern möchte, muss früh erscheinen. Obgleich der Beginn der Kurzfilmnacht für 20 Uhr angesetzt war, trudelten die ersten Gäste schon anderthalb Stunden früher ein, um sich einen Platz zu sichern. Nach und nach füllte es sich, bis restlos alle Stühle besetzt waren und die Veranstalter keine weiteren Besucher mehr hineinließen, um die ?Sicherheit? nicht zu gefährden.
Damit es den früh Erschienenen nicht langweilig wurde und weil es sich natürlich auch für derartige Veranstaltungen gehört, legte der neosphaere*-Redaktionsleiter und Moderator Josef Lewe beschwingte Independent-Musik aus allen Bereichen auf: Elektronisches, Jazziges, Beatmusik, usw. Bei dem gereichten Empfangssekt und der musikalischen Untermalung war das Warten auf den Beginn dann auch sehr kurzweilig.
Pünktlich um kurz nach acht ergriff Bettina Harz vom Kulturbeutel das Mikrofon, um alle Anwesenden mit ihr spontan in den Sinn gekommenen Worten – so schien es – zu begrüßen. Nach etwa zwei Minuten kündigte sie mit dem Satz ?der erste Teil der Kurzfilmnacht beginnt jetze? den ersten Kurzfilm an. Diesem schlossen sich acht weitere Filme an, nach denen eine 20-minütige Pause angesetzt war, in der man am Buffet seinem Hunger mit Brötchen, Salat, Kuchen und Plätzchen Abhilfe leisten konnte. Nach der Stärkung ging es weiter mit den verbleibenden zehn Filmen, die ebenso wie die vorangegangenen durchwachsenen Applaus ernteten.
Für die eingereichten Kurzfilme gab es keinerlei Beschränkung – weder in Bezug auf das Alter der partizipierenden Filmer noch den Themenbereich. Bedingungen für die Teilnahme waren lediglich die maximale Dauer von zehn Minuten und das Einreichen der Filme in Form einer DVD, Mini-DVD oder CD.
Da also sowohl die Wahl des Themas als auch die Darstellungsform nicht vorgegeben war, erwartete das Publikum eine ausgedehnte Palette verschiedenster Genres. Auffallend waren hierbei die zahlreichen animierten Filme, die – wie sich bei der anschließenden Diskussion herausstellte – einfach weniger Produktionskosten verschlangen. So unterschiedlich wie die Form war dann auch die Qualität. Dem einen oder anderen Film war schon anzusehen, dass das Budget ein bisschen größer war, was sich in der Kameraführung, dem Ton und der Bildfarbe niederschlug.
Es waren sowohl offensichtlich sinnfreie als auch kritische Filme dabei, wie ?Schneewitte und die vier?. Ein Animé, der das Publikum in Gelächter ausbrechen ließ, und doch das ernste Thema ?Terrorismus? und ?Diktaturen? darstellte bzw. auf die Schippe nahm. Ein anderer zeigte den Selbstmord eines jungen Mannes, dessen Leben sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer Scheidung, Verlust der Arbeit und Forderung nach dem Auszug aus seiner Wohnung an einem Tiefpunkt befindet.
Auch ein Film aus Greifswald war vertreten, der jedoch allenfalls mäßigen Beifall bekam. Diese Low-Budget-Produktion zeigte die Reise eines abgefallenen Knopfes, der seinen Weg letztlich in die Kiste einer älteren Dame findet, in der sich seine Artgenossen zuhauf tummeln.
Den Publikumspreis ernteten dann die Filmemacher Stephan Müller und Ingo Schiller, welche bereits im vergangenen Jahr als Gewinner hervorgingen, mit ihrem Kurzfilm ?Bernd und sein Leben?, der eher wie ein Musikvideo anmutete und größeren Wert auf die Bilder legte als auf tieferen Sinn. Sie waren leider nicht anwesend, um den Preis entgegen zu nehmen – im Gegensatz zu fünf anderen Filmern, die sich während der Stimmenauszählung mit Bettina Harz zu einer kleinen Talkrunde einfanden. Hier trat zutage, dass sie ihre Kurzfilme eher als Projekt betrachten, mit dem man üben könne, bis die Mittel für größere Filme zur Verfügung stünden. Leider wurde es keine ?Diskussion?, wie im Vorfeld angekündigt, da das Publikum nicht einbezogen wurde. Allerdings blieb hierfür auch keine Zeit, da der Publikumspreisgewinner schon nach weniger als zehn Minuten ?gekürt? wurde.
Insgesamt lässt sich sagen, dass auch die zweite Kurzfilmnacht ein großer Erfolg für die Initiatoren war und eine Vorfreude auf die nächste kreierte.
Geschrieben von Anne Hennies