Wenn Drachen fliegen lernen

Die etwas andere Art der Klimaforschung

Sanft erhebt er sich in die Lüfte, lässt den Wind in seinen Adern fließen, ist frei – beinahe. Wäre da nicht ein junger Mann, der ihn vom Boden aus lenkt, dem Drachen keine Chance gibt, ein vollkommenes Eigenleben zu führen.

Wäre da nicht ein junger Mann, der ihn vom Boden aus lenkt, dem Drachen keine Chance gibt, ein vollkommenes Eigenleben zu führen.

Das Projekt

Während überall auf der Welt plötzlich nur noch von Klimawandel geredet wird – Greenpeace dieses Jahr seinen Arbeitsschwerpunkt darauf setzt, selbst die Automesse in den USA „Energieeffizienz“ in den Mittelpunkt rückt und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den kommenden EU-Ratspräsidenten aus Portugal und Slowenien in dem gemeinsamen „Achtzehnmonatsprogramm des Rates“ Klimawandel als eines der wichtigsten Themen ansieht – wird an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald gehandelt.
Thomas Becker gehört zur Arbeitsgruppe „Ökosystemdynamik“ und stellt nur eines von vier Forschungsgebieten im Projekt „Eurasian Peatlands“ dar. Zur Bestimmung und Quantifizierung des Kohlenstoffkreislaufes borealer Torfmoor-Ökosysteme werden Gasemissionen gemessen, Baumringe gezählt und Konzentrationen von Wasserbestandteilen bestimmt.
Das Ziel dieses Projektes ist es, die Bilanz des Kohlenstoffkreislaufes eines borealen Torfmoors zu erstellen, um so die Rolle dieser Ökosysteme im globalen Klimawandel abschätzen zu können.

Fernerkundung

Nach Kirgistan hatte es Thomas Becker bereits während seines Studiums  geführt, um dort Kartierungen vorzunehmen. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit der Programmierung eines GIS-Moduls zur Abschätzung von Schadstoffkonzentrationen entlang von Straßen.
Die Ausschreibung passte „einfach wie die Faust aufs Auge“, sagt er heute, fast zwei Jahre danach. Thomas Becker entdeckte die Ausschreibung für diese Stelle in der Jobbörse der Universität zu Heidelberg. Gefragt wurde nach einem Bewerber, der Erfahrung im GIS/Fernerkundungsbereich hatte und zudem bereits bei Expeditionen dabei gewesen war. Inzwischen war er mit seinem Drachen schon in der Taklamakan (China) und in Finnland.

Gespannt

Es mag dem Beobachter wie das Hobby erwachsener Kinder erscheinen, wenn plötzlich bunte Objekte den Himmel erobern. „Tatsächlich ist die Arbeit mit dem Drachen mehr oder weniger das Gleiche wie das althergebrachte Drachenfliegen aus Kindertagen“, erzählt der Doktorand. „Der Unterschied liegt hauptsächlich in der Größe. Die Drachen müssen von einem halben bis hin zu mehreren Kilos Equipment heben und dafür gilt es, für die entsprechenden Windverhältnisse den geeigneten Drachen einzusetzen. Die Schnüre sind entsprechend der Leistungsfähigkeit dicker als bei einem Kinderdrachen, gleichen aber denen der heutigen Sportdrachen.“
Für die Luftbildaufnahmen werden handelsübliche Digitalkameras in einer Aufhängung am Drachen angebracht. Jene Aufhängung ist so konzipiert, dass sie Bewegungen des Drachens ausgleichen kann. So werden Erschütterungen vermieden und optimale Fotos per stetigem Selbstauslöser geschossen.
Bei Windstille können keine Drachen zum Einsatz kommen. In dem Falle bringt ein heliumgefüllter Zeppelin die Digitalkamera an ihren Arbeitsort.Die Störungen des gesamten Aufhängungssystems sind dann minimal.
„Wichtig für den Einsatz ist eigentlich nur, dass die Speicherkarte groß genug ist. Die Batterien sollten voll sein und schon kann es losgehen.“
Zurück in Greifswald werden die Bilder ausgewertet. Mit Fernerkundungssoftware können die Bilder georeferenziert und entzerrt,  zusammengefügt und anschließend klassifiziert werden. Die so ermittelten Flächengrößen bestimmter Teilgebiete dienen dann als Basis für die Berechnung der Gasflüsse im gesamten Untersuchungsgebiet.

Welche Rolle Baumringe, Wasser und Moore bei der gesamten Forschung spielen, wird in der nächsten Ausgabe näher erläutert.  Bis dahin lässt Thomas Becker seinen Drachen weiter steigen.           
Georeferenzierung: Einordnung von geografischen Phänomenen, die direkt oder indirekt mit der Erde verbunden sind, in ein Koordinatensystem, das die Zustände zu einem bestimmten Zeitpunkt wiedergibt.

GIS (Geo-Information Science):
Gewinnung und Verarbeitung von bodenbezogenen Daten von u.a. der Erdoberfläche und der Atmosphäre.

Geschrieben von Anke Harnisch

Versunken im Delirium

Die 24-Stunden-Vorlesung war schon wieder ein Zuschauererfolg – und eine schillernde Metapher für den miserablen Zustand der Hochschulpolitik

Bernadette Banaszkiewicz hängt ihren langen Mantel an den Haken, dann löst sie die Spange in ihrem lockigen, dunklen Haar, streift sich einen Efeukranz über, öffnet theatralisch eine Flasche Rotwein und kippt ein Schälchen voll aus dem Fenster in die dunkle Nacht hinaus. Das Publikum ist elektrisiert, betört von der Vorstellung. Hörsaal 5 im Audimax ist proppevoll, einige müssen stehen, die Luft knistert. Dann beugt sich die Altertumswissen-schaftlerin über das Mikrofon und haucht das Wort „Orgie“ in den Raum.

Bevor die 24-Stunden-Vorlesung um  ein Uhr nachts einem ihrer Höhepunkte entgegen strebte, gab es erstmal jede Menge Ernüchterung. Um zehn Uhr abends ging über Greifswald grässlicher Nieselregen nieder, im Audimax war es jedoch warm und trocken und es gab scharfes Chili con Carne mit Brötchen
für 1,50 Euro. Ein Zettel mit dem Programm hing an der Wand. Motto? Sinn? Zusammenhang? Was will eigentlich Erwin Sellering, hier seines Zeichens SPD-Sozialminister von MV? Oder was hat Thomas Schattschneider, seinerseits Student, Ex-AStA-Vorsitzender und inzwischen Senatsvorsitzendenstellvertreter (sowie ebenfalls SPD-Mitglied), unter den mehrheitlich professoralen Dozierenden zu suchen? Und was hat ein Jugendoffizier der Bundeswehr mit unserer Uni zu tun?
Nicht, dass eine Suche nach dem Gemeinsamen leicht wäre. Das hat das Rumstochern im Nebel während des Unijubiläums im letzten Jahr gezeigt. Die wenigen Veranstaltungen, die sich ernsthaft mit der Frage beschäftigten, was denn die Alma Mater Gryphiswaldensis für uns Studierende und die Gesellschaft drumherum zu sagen hat, versanken im Palaver. Es zeigte sich, dass an dieser Hochschule Moderatoren für dieses Problem Mangelware sind. Rektor Rainer Westermann fiel nicht einmal beim Festakt am 17. Oktober Besseres ein, als die knappe Kasse der Uni zu bejammern.

Aufräumen mit den Illusionen

Eine Stunde nach Mitternacht schnallt man dafür die Gürtel etwas weiter und lockert seine Glieder. Ein allgemeines Raunen geht durch die Reihen, als die ersten orgiastischen Vasenbilder über den Beamer flackern.  Aber (leider) – das explizite Gespiele der Götter, Fabelwesen und halbierten Tiere sagt über die wahren Sexpraktiken wenig aus. Eigentlich weiß niemand so recht, was während der griechischen Orgien passierte. Aus dem Ich herausgetreten sei man dabei, so die Überlieferung.
Weniger mythisch, vielmehr realer und grausamer muten im Vergleich die allgemeinen Kürzungsorgien und Streichwütereien an,  die die Uni über sich ergehen ließ und lässt.  Ex-Bildungsminister Hans-Robert Metelmann, von Haus aus Gesichtschirurg, war mit seinen Skalpell- und Schnibbel-Metaphern schon nicht ganz koscher. Ob Westermann und Co. zwischenzeitlich aus dem Ich herausgetreten waren – man wusste es nicht. Ihre Politik konnte den Eindruck erwecken.
Um 13 Uhr am nächsten Tag doziert der Jurist Joachim Lege über die Gemein-samkeiten zwischen Unterhaltungskultur und juristischer Schreibwut. Nicht nur der niveaulosen Fernsehsendun-gen gibt es immer mehr, sondern auch das Recht droht vor lauter
Verordnungen  die Gerechtigkeit aus dem Blick zu verlieren. Also lieber Beschränkung auf das Wesentliche.
Dasselbe muss wohl Rektor Westermann gedacht haben, als er letzten Sommer vor seiner Wiederwahl auf die Frage, welche Ziele seine Politik denn haben werde, meinte, das stünde doch im Landeshochschulgesetz. Trotz vermeintlicher Komik endete alles tragisch, Westermann wurde wiedergewählt.
Da hilft dann nur noch ein kräftiger Schluck aus dem Bierglas! Den genehmigt sich Biochemiker Rüdiger Bode kurz vor 16 Uhr am Samstag, nach seinem Vortrag über die Braukunst. Und zitiert Goethe: „Das Bier schafft uns Genuss, die Bücher nur Verdruss!“ Wahre Worte des großen deutschen Dichters zum echten Studentenleben.

Etabliert = Erfolg?

Das Beste kommt wie immer zum Schluss. Der Politikwissenschaftler Hubertus Buchstein gestikuliert sich durch das Thema „Losverfahren in der Politik“. Angewandt zum Beispiel an der Baseler Universität. Dort wurden Professoren im 18. Jahrhundert nicht über quälend-nervige Auswahlverfahren in mehreren Stufen berufen, sondern zunächst auch nach Eignung, dann aber durch das Los. Die Folge:  Weniger Querelen und Machtspielchen, dafür jede Menge hoch qualifizierte Bewerber. Was für ein Fazit!
Aber noch nicht ganz. „Die 24-Stunden-Vorlesung war erneut ein Erfolg“,  freuten sich die Organisatoren Kristina Kühn und Christian Bäz vom AStA, „es waren eher kontinuierlich viele Leute da als geballte Massen wie im letzten Jahr.“ Dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack. Denn der Verzicht auf eine kontroverse, politische Botschaft ist ein schwer wiegender Fehler. Dass die Uni viel und Unterschiedliches zu bieten hat, klingt nur nach Binsenweisheit, ist aber
hoch umstritten.
Man hätte die Gunst der Stunde(n) nutzen sollen statt uns Studierende mit schnöden Gewinnspielen zur Mitsprache bei StuPa-Wahlen bewegen zu wollen. Dass unsere acht Euro Studierendenschafts-beitrag pro Semester Leute entlohnen, die sich so etwas ausdenken, ist ein Unding. Der neuerliche Rettungsanker für die miserablen Wahlbeteiligungen ist zugleich der Primitivste. Da könnten wir auf die Überweisung auch verzichten.
Vielleicht haben die Damen und Herren Uni-Politiker alle mal eine ordentliche Orgie nötig. Zum Abschluss ihrer knisternden Vorlesung zitiert Bernadette Banaszkiewicz den Skandalphilosophen Friedrich Nietzsche. Der wusste noch, dass „die Orgie eine Heilkur für die mächtigen Männer ist, die dann mal einer völlig anderen Macht
unterworfen sind.“

Geschrieben von Ulrich Kötter

„Wo liegen die Alternativen?“

moritz sprach mit Bildungsminister Henry Tesch über Studiengebühren, Private Public Partnership-Verfahren (PPP) und studentisches Engagement

moritz: Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommerns (MV) zu werden?
Henry Tesch: Ich halte mich da an einen Leitspruch Erich Kästners: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Mit welchen Zielen traten Sie an?
Ich habe mir vorgenommen, die Arbeit an den Schulen, Hochschulen und in den zahlreichen kulturellen Institutionen, Vereinen, Initiativen und Projekten zu stabilisieren, zu optimieren, und zu professionalisieren. Das geht alles nicht, wenn wir es nicht schaffen, die Mitarbeiter dieser Bereiche zu motivieren.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Herrn Prof. Dr. Dr. Metelmann?
Das Ministeramt ist ein überaus verantwortungsvolles, wie jedes andere auch. Man hat weit reichende Entscheidungen zu treffen und kann es dabei nie allen recht machen. Sie wissen sicher, dass dies eine Kunst ist, die niemand beherrscht. So hat Prof. Dr. Dr. med. Metelmann seine unbestrittenen Verdienste für die Bildungspolitik in MV und ich schaue mit Respekt auf seine Arbeit in den vergangenen vier Jahren. Ich möchte meine eigenen Akzente setzen. Im Übrigen erinnere ich mich persönlich an die eine oder andere gelungene gemeinsame Begebenheit.

Sie treten mit einem eher schulischen Hintergrund an. Wie beurteilen Sie die bisherige Veränderung der Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern?

Ich denke, dass viel für die Entwicklung der Hochschulen in unserem Land getan wurde und auch in Zukunft getan wird. Die Hochschulen müssen wettbewerbsfähiger werden, um dadurch national und international Achtungszeichen zu setzen. Das wird auch die Studiennachfrage in MV erhöhen, denn wir brauchen nach wie vor mehr Studierende um als Land wirtschaftlich und gesellschaftlich Schritt zu halten.

Wie stehen Sie zu Studiengebühren?
Ich werde aufmerksam die bundesweite Entwicklung im Auge behalten und die Diskussion wird kontinuierlich weitergehen. Es gibt für Pro und Contra gute Argumente. Nur dann, wenn wir optimale Voraussetzungen für Forschung und Lehre geschaffen haben, können Studiengebühren legitimiert werden. Das Landeshochschulgesetz trifft dazu auch klare Festlegungen.

Bleibt das Erststudium innerhalb der nächsten fünf Jahre in Mecklenburg-Vorpommern gebührenfrei?
Ja, hierzu gibt es in der Koalitionsvereinbarung eindeutige Aussagen, und zwar im Punkt 186.

Wofür sollen mögliche Studiengebühren verwendet werden?
Wenn perspektivisch Studiengebühren erhoben werden, habe ich bereits zwei Grundbedingungen formuliert:
a) Sie verbleiben zu 100 % in den Hochschulen,
b) Der Landeszuschuss für die Hochschulen darf nicht entsprechend der Einnahmenhöhe gekürzt werden. Wie das Geld konkret verwendet werden kann, muss dann grundsätzlich Sache der Hochschulen sein.

Wie werden und wollen Sie die Entwicklung nach der Einführung von Studiengebühren in anderen Bundesländern beobachten?
Die Entwicklung dort bleibt abzuwarten. Man kann sicher noch nicht nach einem Jahr konkrete Ergebnisse erwarten, aber vielleicht Tendenzen feststellen. Unter den Bundesländern gibt es einen regen Meinungsaustausch, Hochschulberatungsorganisationen begleiten diesen Prozess, so dass ein durchaus differenziertes Meinungsbild entsteht, aus dem substantielle Schlussfolgerungen gezogen werden können. Für mich ist dabei wichtig, unbedingt soziale Härten zu vermeiden bzw. potenziellen Studenten bestimmter sozialer Schichten Studienmöglichkeiten durch Stipen-dien- oder finanzierbare Darlehensprogramme zu ermöglichen. Denken wir daran: Auch das BAföG ist ein Darlehensprogramm.

Welche Potentiale hat die Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern?
Die Fachhochschulen in MV haben einen enormen Zulauf. Wir müssen jedes Jahr tausende Studieninteressierte abweisen. Ein kaum akzeptabler Zustand. In einigen Bereichen an den Universitäten verzeichnen wir einen ähnlichen Zustand. Wir werden auf lange Sicht nicht die Kraft haben, um in MV ein Harvard oder Cambridge entstehen zu lassen. Es gibt aber Bereiche in jeder Hochschule, die weltweit Achtungszeichen geben. Diese wollen wir in die Lage bringen, diesen Erfolgsweg fortzusetzen. Gute Lehre in guten Betreuungsverhältnissen waren und sind eine Stärke der Hochschulen in MV. Das zieht Studenten an. Zusammen mit guten Forschungsleistungen und einer starken Vernetzung ergeben sich so sehr gute Perspektiven für den Hochschulstandort MV.

Wie sieht die Zukunft der Hochschulen von Mecklenburg-Vorpommern im nationalen und internationalen Vergleich tendenziell aus?
Alle Hochschulen haben in den letzten Jahren erfolgreich an ihrer Profilbildung gearbeitet. Diesen Weg werden wir zusammen mit den Hochschulen weiter gehen und wieder stärker auf eine Kooperation zwischen Hochschulen und Landesregierung setzen. Beide verfolgen ein Ziel, das sie eint: Mecklenburg-Vorpommern zukunftsfähig machen.

Wie sehen Sie das Spannungsfeld zwischen Hochschulautonomie und der Regierungsverantwortung?
Es gibt Bereiche wie die Lehrerbildung, die durch die Hochschulen abgesichert werden müssen. Das haben die Hochschulen nie bestritten. Insofern können wir auch zusammen mit den Hochschulen Landesinteressen definieren und umsetzen. Das ist weitestgehend gelungen. In Fragen der Hochschulautonomie sind wir noch nicht so weit, wie ich es mir gerne wünsche. Aber SPD und CDU haben vereinbart, an einer Fachhochschule bereits gemachte Erfahrungen aus MV und der TU Darmstadt in einem erweiterten Autonomiemodell zu erproben und diese sollten schnell überführt werden.

Wie ist die gegenwärtige Situation im Hochschulbau? Ist dieser sichergestellt?
Der Hochschulbaukorridor ist sichergestellt. Entsprechende Vorkehrungen wurden auch im Hinblick auf die Föderalismusreform und das Auslaufen der Hochschulbauförderungsgelder getroffen.

Zeichnen sich neue Debatten um Stellenkürzungen an den Universitäten in Mecklenburg-Vorpommern ab und warum bitte?
Bei dieser Frage muss man eindeutig auf die abgeschlossenen Zielvereinbarungen zwischen den Hochschulen und der vorherigen Regierung verweisen. Diese wurden von uns übernommen. Das Landespersonalkonzept gilt für die CDU als sichere Grundlage für die Planungen der Hochschulen. Darüber hinaus wird es in den entsprechenden Planungszeiträumen aus meiner Sicht keine zusätzlichen Stelleneinsparungen an den Hochschulen geben.

Wie wollen Sie das Instrument Zielvereinbarung künftig nutzen?
Daran gilt es sich zu halten. Sie sind unter bestimmten Maßgaben abgeschlossen und unterzeichnet, damit anerkannt worden. Sie sind die Gewähr dafür, dass die Profilbildung in MV weiter geführt und die Attraktivität der Hochschulen gesteigert werden kann. Die Erfüllung der Zielvereinbarung ist für mich auch ein Gradmesser, inwieweit die Hochschulautonomie in MV ausgebaut werden kann. Sie sind damit auch eine vertrauensbildende Maßnahme für beide Seiten, denn auch das Land muss sich hier an seine Zusagen halten.

Welche Stellung sollen Studentenwerke zukünftig besitzen?
Sie gestalten das soziale Umfeld für die Studenten, tragen somit entscheidend zur Attraktivität eines Hochschulstandortes bei, ob der Essensversorgung, Studentenbetreuung in sozialen Fragen oder der Unterkunftsbereitstellung. Sie sind aus dem studentischen Leben nicht wegzudenken. In diesem Zusammenhang möchte ich auch an die Studentinnen und Studenten denken, die während der Studienzeit eine Familie gründen, Mütter und Väter werden. Sie brauchen besondere Hilfe und Unterstützung. Ich würde mir wünschen, dass es hier eine enge Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Studentenwerk gibt:  Z. B. in der Betreibung von Kindertagesstätten.

Bleibt die Betreuung von Mensen auch zukünftig in der Hand von Studentenwerken?
Wo liegen die Alternativen? Solange es nicht gravierende Gründe gibt, die dagegen sprechen, sollten wir an bewährten Organisationsmodellen festhalten.

In welchen Bereichen der Hochschulen halten Sie das Private Public Partnership-Verfahren für sinnvoll und zielführend?
Speziell auf dem Gebiet der Forschung sind Hochschulen und öffentlich finanzierte Wissenschaftseinrichtungen einerseits, private Unternehmen andererseits, einem Struktur- und Funktionswandel unterworfen. Das wird auch nicht ohne Auswirkungen auf die Lehre bleiben. Die bislang dominierende Abgrenzung und Aufgabenteilung zwischen Hochschulen und Wirtschaft wird damit in Frage gestellt und eine enge Kooperation notwendig. PPP in der Forschung bedeutet Kooperationsformen zwischen öffentlich finanzierter Wissenschaft und privater Wirtschaft zu finden, die über einzelne Forschungsprojekte hinausgehen und sich durch eine längerfristig institutionalisierte Zusammenarbeit auszeichnen. Beide Seiten bringen verschiedene Ressourcen in die Kooperation ein, verfolgen komplementäre Ziele und teilen sich Gewinne und Verluste. Mit diesem Modell können öffentliche Hand und Wirtschaft sinnvollen Ressourceneinsatz betreiben.

Wie soll sich die Zusammenarbeit mit der Greifswalder Hochschulleitung künftig gestalten?
Das Ministerium ist an einer engen Zusammenarbeit und einem gegenseitigen Austausch interessiert. Unser Antrittsbesuch erfolgte ziemlich kurz nach der Amtsübernahme. Gern erinnere ich mich hier an den Festakt zur Verleihung der Ehrendoktorwürde. Wir hoffen auf ein konstruktives, faires und kreatives Miteinander mit allen Hochschulen und Hochschulleitungen. Das schließt die Studentenschaft ausdrücklich mit ein.

Was erwarten Sie von Studierenden?
Ich bin bereits gefragt worden, wie ich mir den Schüler von heute vorstelle. Ich denke, gleiches gilt auch für den Studenten, nämlich vielseitiges Interesse zeigen, die Kräfte gut einteilen, neugierig sein und bleiben. Und: politisch interessiert, dabei konstruktiv Kritik üben und selbst kritikfähig sein.

Wie sollen sie sich hochschulpolitisch einbringen?
Engagement und Kreativität sind immer wichtig und mit Sicherheit auch immer gefragt. Ohne das geht es nicht. Die Studenten sollen sich in hochschulpolitische Diskussionen einbringen, die auch immer gesellschaftspolitische Diskussionen sind. Ich habe mal gelesen: Nicht der Konsens, sondern der Dissens ist das Lebenselixier einer Demokratie. Wenn wir alle immer der gleichen Meinung wären, hätten wir uns nichts zu sagen.

Welchen beruflichen Rat würden Sie Studenten heute geben?
Zunächst erst einmal sich mit dem notwendigen Rüstzeug aus dem Bereich der Theorie ausstatten, aber auch möglichst viele Erfahrungen in der Praxis sammeln, natürlich soweit es die Studienrichtung erlaubt. Dazu gehört für mich auch, unbedingt die Möglichkeit von Auslandsaufenthalten zu nutzen. Und nicht zuletzt, auch den Mut für schwierige Entscheidungen aufzubringen, risikobereit zu sein, Chancen zu nutzen. Das gelingt in jungen Jahren besser und eröffnet vielfältige berufliche Perspektiven. Dabei ist es immer von Vorteil, wenn jeder selbst die Initiative ergreift und nicht auf andere wartet.

Welche Vorsätze haben Sie für das neue Jahr?
Das, was auf den Weg gebracht wurde, zu unser aller Zufriedenheit fortführen, mit konzentrierter Arbeit Bildungspolitik in Schule und Hochschule auf den Weg bringen, der Erfolg verspricht und mit MV als Kulturland an Bedeutung gewinnen.

Geschrieben von Uwe Roßner

m. trifft… Jens Krafczyk

Jens Krafczyk ist Unternehmer in Greifswald und Konzertveranstalter der Reihe ?Rock im Theater?. Dafür holt er regelmäßig deutschsprachige Musiker in die Stadt.


Alter: nicht in Erfahrung zu bringen

Familienstand:
ledig, ein Sohn
Sie sind studierter Diplom-Ingenieur für Landtechnik, wie kam es dann zum eigenen Laden?
Ich habe nach dem Studium als Bauleiter und später als Produktionsleiter gearbeitet. Im Frühjahr 1990 wurde ich arbeitslos und habe eineinhalb Jahre auf dem Markt Grünpflanzen verkauft. Nachdem dann die staatlichen HO-Geschäfte infolge der Wendejahre privatisiert wurden, habe ich mich für einen Blumenladen beworben. Das war dann das Haus, in dem ich jetzt auch bin, da waren zwei kleine Textilgeschäfte drin. Ich erhielt den Zuschlag und hab mich aus kaufmännischen Gründen dann entschlossen, Textilien zu verkaufen. 1994 erwarb ich das Haus von der Stadt und sanierte es anschließend umfangreich. Inzwischen sind es nun schon 16 Jahre Männermoden und das auch sehr erfolgreich. Das habe ich mir vor zwanzig Jahren auch nicht träumen lassen, dass ich mal Textilkaufmann werde. Aber Handel, das ist eigentlich genau mein Ding.

Welchen Stellenwert hat Mode für Sie?
Da muss ich weiter ausholen. Als ich Zimmerpflanzen als Hobby hatte, in den 80er Jahren, war das ganz toll. Als ich dann damit gehandelt habe, war es auch nichts Besonderes mehr. Ob ich ein besonderes Verhältnis zu Mode habe? Damit verdiene ich mein Geld. Aber es macht auch Spaß. Mode, das ist ja nicht nur Bekleidung, sondern Lebensart: Kleidung, Wohnraumgestal-tung,  Schmuck, Frisuren, das ist schon interessant.

Warum verkaufen Sie „nur“ Männermoden?
Das Geschäft, das ich damals übernommen habe, hieß „Alles für den Herren“ und bei Herrensachen kann ich das auch viel besser einschätzen. Bei Damensachen kann man, wenn man das richtige Händchen hat, viel mehr Geld verdienen. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, würde ich es vielleicht machen. Es ist kaufmännisch sinnvoller.

Welche Musik hören Sie am häufigsten?
Neben aktuellen Musikstücken höre ich zurzeit am liebsten Silly. Ich bin ja ein deutschsprachiger Musikfan, besonders ostdeutsche Musik, welche bis Anfang der 70er Jahre zurückreicht. Es gibt zwar echt geile internationale Bands, aber deutsche Texte erzählen Geschichten, die Gefühlen und Gedanken freien Raum lassen…

Was ist demnächst in der Reihe „Rock im Theater“ geplant?
Am 11. Februar treten im Theater Greifswald und am 12. Februar im Theater Stralsund  Dirk Zöllner und Max Repke zusammen auf und stellen vertonte Gedichte und Texte von Heinrich Heine vor.  Auf der einen Seite spricht das natürlich Literatur-Fans an, auf der anderen Seite natürlich die Musikfreunde.

Was schätzen Sie an Greifswald?
Greifswald ist eine schön sanierte, kleine Provinzstadt und das ist nicht böse gemeint. Ich schätze natürlich die Nähe zum Wasser. Und am Allergrandiosesten  natürlich ist in unserer Stadt das Verhältnis von Einwohner zu Studenten, was eigentlich ungewöhnlich ist. Wir haben ungefähr 53.000 Einwohner und 11.000 Studenten. Dadurch wird die Stadt lebendig und ist immer in Bewegung und keine Vorpommern-Stadt. Jeder, der hierher kommt, sagt, dass hier ja ordentlich Bewegung in der Stadt ist und das finde ich gut.

Was könnte besser werden?
Wir könnten einen großen Veranstaltungssaal gebrauchen. Wir haben das Theater als Veranstaltungsstätte mit 450 Plätzen, große Veranstaltungen können dort eher nicht stattfinden. Für Musikveranstaltungen ist der nicht ganz so gut geeignet. Ebenso wenig die Mehrzweckhalle in Schönwalde, was ja eher eine Turnhalle ist. Wir könnten eine Spielstätte gebrauchen für ein paar mehr Leute. Vielleicht das ehemalige Kreiskulturhaus, das ja irgendwann mal saniert wird.

Haben Sie einen Lieblingsort?
Mein Lieblingsplatz ist der Marktplatz. Im Sommer pulsiert um ihn herum das Leben. Das mag ich sehr gern.

Wie sieht Ihr typischer Tag aus?
So um elf, zwölf Uhr aufstehen, in den Laden gehen, Mitarbeiter zusammenscheißen, Kaffee trinken, Geld zählen… kleiner Scherz am Rande. Ich stehe so gegen acht Uhr auf, frühstücke ganz in Ruhe mit Zeitungslektüre, das ist ganz wichtig. Man muss ja informiert sein, was in der Heimat passiert. Dann bis Mittag den Tagesplan des Geschäfts abarbeiten. Gegenwärtig baue ich nebenbei auch noch mein Haus um, da steckt viel Kraft und Energie drin. Ich arbeite bis 18 oder 19 Uhr. Am Wochenende kommt dann auch mal Büroarbeit dazu. Und zum Tag gehört ja auch noch der Abend, Fernsehen, sehr viel Musik hören, Musikveranstaltungen besuchen, seltener mal ins Kino, öfter dagegen mal nett beim Italiener essen gehen.

Mein Lebensmotto ist…
ein ausgefülltes Leben haben. Ab und an mal ein bisschen Blödsinn anstellen…

Meine Kunden…
sind sehr interessant, weil sehr viele Charaktere aufeinander treffen und das ist sehr spannend.

Auf meinem Nachttisch…
ich habe keinen Nachttisch.

Meine liebste Mahlzeit des Tages…
Mittagessen.

Urlaub ist…
nicht so wichtig. Man muss sich wohl fühlen. Das kann man auch im Alltag. Ich wohne doch da, wo andere Urlaub machen…

Das Interview führte Judith Küther.

Geschrieben von Judith Küther

Neues Netzwerk in Greifswald

Am14. Dezember 2006 gründeten vier Studenten der Wirtschaftswiss-enschaften die Hochschulgruppe des bdvb in Greifswald. moritz sprach mit dem frisch designierten Vorsitzenden Sebastian Groß.

Was ist der bdvb?
Der Bundesverband deutscher Volks- und Betriebswirte fördert und vertritt die Interessen aller Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler in der Praxis, im Studium sowie in Forschung und Lehre. Deutschlandweit hat der bdvb etwa 11.000 Mitglieder, die in 19 Bezirksgruppen, 40 Hochschulgruppen und 23 Fachgruppen organisiert sind. Das durchschnittliche Alter beträgt in diesem Berufsverband 35 Jahre.

Wie bist Du auf den bdvb gekommen und was hat Dich dazu bewogen, eine Hochschulgruppe in Greifswald zu gründen?
Bei Internetrecherchen ist Markus zufällig auf die Seite des bdvb gestossen. Er hat mir dann davon erzählt und wir haben uns überlegt, dass es doch irgendwie möglich sein müsste, den bdvb auch nach Greifswald zu holen. Wir haben dann noch Daniela und Malte von der Idee, eine Vertretung des bdvb in Greifswald zu gründen, überzeugen können. Das war allerdings nicht sonderlich schwierig. Im Dezember 2006 haben wir dann die Hochschulgruppe Greifswald des bdvb gegründet. Die Idee dabei ist, ein regionales und überregionales Netzwerk zu den hier ansässigen Unternehmen aufzubauen, um so die an der Universität vermittelten theoretischen Zusammenhänge mit der Praxis verknüpfen zu können.

Was bringt der bdvb für die Studenten in Greifswald, wer kann mitmachen und wie profitiert man davon?
Durch den bdvb sollen Praktika und auch praxisorientierte Diplomarbeiten an Studenten vermittelt werden. Dabei kann man als Mitglied von der internen Praktikums- und Diplomarbeitenbörse profitieren. Darüber hinaus sind Betriebsbesichtigungen geplant, um als Student einen ersten Einblick in real existierende Unternehmen erhalten zu können. Außerdem sollen auch Seminare und Workshops beispielsweise zu Themen wie „Projektmanagement“ oder „Geschäftsprozessmanagement“ angeboten werden. Ein weiterer Grund, warum man dem bdvb beitreten sollte, ist das im Mitgliedsbeitrag enthaltene  Abonnement der Wirtschaftswoche.

Und darüber hinaus?
Darüber hinaus soll ebenfalls ein internes Netzwerk zwischen den verschiedenen Semestern gefördert werden, so dass insbesondere jüngere Semester von den Erfahrungen der älteren Semester profitieren können. Der erste Schritt dazu ist ein regelmässig stattfindender Stammtisch.

Was sind die nächsten Schritte, wo willst Du langfristig mit dem bdvb hin?
Zunächst einmal soll der bdvb an unserer Fakultät bekannt gemacht werden. Dazu haben wir eine Informationsveranstaltung zu Beginn des neuen Semesters geplant. Meiner Meinung nach, ist es eine unabdingbare Voraussetzung, neue Mitglieder für unsere Hochschulgruppe zu gewinnen, damit die Ziele des bdvb bestmöglich erreicht werden können. Denn es sind doch die Mitglieder, die den Existenzgrund dieser Hochschulgruppe darstellen. Langfristig soll die Hochschulgruppe Greifswald als feste Institution an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald etabliert werden.

Geschrieben von Maximilian Fleischmann