Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir, die Vertreter*innen der Studierendenschaft der Universität Greifswald, lehnen den Aufbau einer Pädagogischen Hochschule und die Verlegung einzelner oder aller Lehramtsstudiengänge dorthin aus tiefster Überzeugung ab.
Eine gute, umfassende und ganzheitlich ausgerichtete Lehramtsausbildung in den allgemeinbildenden Fächern braucht ihre historisch gewachsene Anbindung an die Universitäten und, im Falle des Fachs Musik, die Hochschule für Musik und Theater.
Nur dort ist es den Lehramtsstudierenden besagter Fächer möglich, sich gemäß des humboldtschen Bildungsideals zu entwickeln und zu verwirklichen – ob als Studierende des Lehramts an Gymnasien oder des Lehramts an Regionalen Schulen. Nur dort ist es ihnen möglich, ihren Horizont zu erweitern, aus zahlreichen Bei- und Drittfächern wie Niederdeutsch, Deutsch als Fremdsprache oder Schwedisch zu wählen oder sogar mehrere Studiengänge gleichzeitig zu studieren und sich so zu spezialisieren. Nur dort ist es ihnen möglich, aus den Bachelor- in die Lehramtsstudiengänge und gegebenenfalls auch umgekehrt zu wechseln und so einem endgültigen Studienabbruch vorzubeugen.
Eine Verlegung einzelner oder aller Lehramtsstudiengänge nach Mecklenburg würde nahezu alle an der Lehrerbildung beteiligten Fächer und somit den Status der Universität Greifswald als Volluniversität massiv bedrohen – mit unabsehbaren Konsequenzen für die Region. Sie würde die Anbindung der vorpommerschen Schulen an die Lehrerbildung in der Ersten Phase aufgrund der räumlichen Entfernung immens einschränken – und der Region so die wertvolle Beteiligung an der Praxisausbildung der Lehramtsstudierenden sowie den damit einhergehenden Austausch vorenthalten. Zudem wird die Bereitschaft von Studierenden und Absolvent*innen, sich im ländlichen Raum Vorpommerns anzusiedeln, massiv sinken, da die Attraktivität der Region für viele Studierende erst mit einer durch das Studium bedingten, beginnenden Verwurzelung in dieser gesteigert wird. Der Region und ihren Einwohnern würde langfristig ein unermesslicher Schaden zugefügt werden.
Die aktuellen Probleme in der Lehrerbildung lassen sich unseres Erachtens – unter anderem – durch folgende, vom Land Mecklenburg-Vorpommern sowohl auf finanzieller, als auch auf rechtlich- organisatorischer Ebene geschaffene Rahmenbedingungen erklären, deren Beseitigung das Land weniger kosten dürfte als der Aufbau einer Hochschule:
Eine gute und starke Lehrerbildung braucht ausreichend und vor allem feste Stellen. Kostenneutralität hat sich zu einem omnipräsenten Stichwort entwickelt – gute Bildung verursacht jedoch Kosten, die im Idealfall tausendfach zurückgezahlt werden: Durch engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Schülerinnen und Schülern – der Zukunft des Landes – helfen, ihren Weg ins Leben zu finden. Lehrer*innen, die im Land bleiben möchten.
Stattdessen dürfen wir Studierende seit Jahren mitansehen, wie um jede einzelne Stelle, egal ob in den Bildungswissenschaften, in den Fachdidaktiken oder in den Fachwissenschaften, hart gekämpft werden muss. Wir dürfen mitansehen, wie Institute um ihr Überleben kämpfen und qualifizierte Dozierende gezwungen werden, abzuwandern, weil sie in diesem Bundesland keine Zukunft für sich sehen können.
Die dennoch gute Qualität des Lehramtsstudiums ist engagierten Dozierenden zu verdanken, die sich trotz aller Widrigkeiten nicht unterkriegen lassen, für unsere Bildung kämpfen und dabei weit mehr leisten, als ihr Stundendeputat vorschreibt. Vorübergehende Programme wie die Qualitätsoffensive Lehrerbildung (LEHREN in M-V) sind wertvoll und haben eine spürbare Erleichterung herbeigeführt– reichen jedoch auf Dauer nicht aus.