Drei Tage Schnupperuni

Vom 17. bis zum 19. Januar finden an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald die diesjährigen Hochschulinformationstage statt. moritz web sprach mit den Organisatoren und Studienberatern Dr. Jürgen Damerius und Stefan Hatz.


moritz web: Seit wann gibt es die Hochschulinformationstage?
Damerius: Seit 1992 präsentiert sich damit die Universität in ihrer Vielfalt allen interessierten Schülern.

moritz web: Welche Ziele werden damit verfolgt?
Hatz: Abiturenten für ein Studium an sich und in Greifswald zu bewegen.

moritz web: Wie entstand der Termin?
Damerius: Der Januar kristallisierte sich als eine gute Möglichkeit dafür heraus. Immer zwei bis drei Wochen vor Ende der Vorlesungszeit.

moritz web: Seit wann laufen die Vorbereitungen?
Damerius: Wir beginnen immer im Sommer des Vorjahres mit der Abstimmung des Termins. Ab Oktober folgen die Konzeption und dann die Zuarbeiten.

moritz web: Wie werden die Hochschulinformationstage beworben?
Damerius: 800 Briefe gingen an Schulen in den neuen Bundesländern, nach Hamburg und Berlin. Es sind die Bereich, wo sich die Mehrzahl der späteren Studierenden rekrutieren. Das gesamte Programm steht zudem als PDF im Netz.

moritz web: Mit welcher Resonanz rechnen sie?
Damerius: Gut 1000 bis 1500 Interessierte. Schulen aus der Region und unserem Bundesland reisen mit Bussen an. Einige Schüler kommen gezielt aus Hamburg oder Schleswig-Holstein nach Greifswald, um sich beispielsweise über Medizin oder Humanbiologie zu informieren.

moritz web: Ist in dieser Zeit eine umfassende Studienberatung möglich?
Hatz: Wir haben es gern, wenn die Bude voll ist. Dennoch. In den drei Tagen kann man nicht tiefgehend beraten. Denn das ist bei 150 bis 200 Personen schwer möglich. Erste Fragen können wir klären. Eine Beratung braucht mehr Zeit.

moritz web: Was raten Sie den Schülern zur Vorbereitung?
Hatz: Sie müssen wissen, was sie für sich mitnehmen wollen. Gewiss, das ist schwer. Nur dann fällt es ihnen leichter, eine Lehrveranstaltung mit Gewinn zu besuchen.  Besser als über eine Vorlesung kann man eine Universität nicht kennen lernen. Denn wer Deutsch in der Schule hat, weiß nicht unbedingt etwas über Umberto Ecos Semiotik oder den großen Anteil an Statistik in einem Psychologiestudium.

moritz web: Worüber würden sie sich künftig freuen?
Hatz/Damerius: Wenn wir mithelfen können, künftige Abiturienten für ein Studium zu interessieren und damit insgesamt die Studienquote gewinnend zu erhöhen. Denn Studium ist das klügste, was man sich im Leben antun kann.

Geschrieben von Uwe Roßner

Eine Kooperation gegen soziale Härten

Mit dem Freitischkartenmodell bieten der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) und das Studentenwerk Greifswald im neuen Jahr sozialbedürftigen Studenten eine erste Hilfe an.

Das Budget für 2008 steht. Einstimmig sprach sich das Studierendenparlament (StuPa) im November für die finanzielle Unterstützung des Freitischkartensystems für finanzschwache Studierende aus. Damit kann ab Januar 2008 die Initiative des AStA-Referenten für Soziales und Wohnen und des Studentenwerks Greifswald starten. 126 förderungsfähige Studierende wird dadurch im Bewilligungsjahr 2008 mit einer 50 Euro aufgeladenen Essenskarte das Speisen in der Mensa ermöglicht.

„Das ist eine sehr gelungene Aktion“, findet StuPa-Präsident Frederic Beeskow. Dafür stehen jährlich 2.500 Euro aus dem Haushalt der Studierendenschaft zur Verfügung. Den anderen Teil des insgesamt 6.295 Euro großen Budgets trägt das Studentenwerk Greifswald. „Häufig werden wir in den Beratungen von Studierenden aufgesucht, die nicht mehr wissen wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können“, sagt Ina Abel, Stellvertretende Geschäftsführerin vom Studentenwerk Greifswald. „Wenigstens die Essensversorgung wollen wir ihnen damit zum Teil absichern.“ Die Gelder dafür stammen aus der Vermittlungsgebühr der vom Studentenwerk ausgegebenen KfW-Kredite. Anstatt sie für sich einzubehalten, fließt sie in das Projekt und kommt den Studierenden direkt zugute.

„Die Wahl des Modells war das Schwierigste“, erklärt der Urheber des Projekts Zoran Vasic, AStA-Referent für Soziales und Wohnen. In München und Karlsruhe gibt es das Freitischkartenmodell bereits. Ähnliche Pläne verfolgte das Studentenwerk Greifswald seit längerem. „Gemeinsam erreichen wir viel mehr“, meint Dr. Jana Kolbe von der Sozialberatung des Studentenwerks Greifswald. „Wir freuen sehr über die Kooperation mit dem AStA.“ Erst einmal gibt es ein Testsemester. Danach wird sich zeigen, wie es angenommen wurde. Das Stellen der Anträge und das Verfahren der Bewilligung sind einfach. Alle regulär immatrikulierten Studierenden deren BAföG-Anspruch entweder weggefallen ist oder die Wohngeld vom Sozialamt beziehen oder sich in anderen finanziellen Härtefallsituationen befinden, sind anspruchsberechtigt. Das gilt ebenso für Teilnehmer des Studienkollegs als auch von Programmen.

„Wer unser Formular ausfüllt, wird bearbeitet“, erklärt Zoran Vasic. Der Referent für Soziales und Wohnen und Frau Dr. Kolbe vom Studentenwerk entscheiden gemeinsam und zügig über die Anfragen. Der abgelehnte BAföG-Bescheid oder der Wohngeldantrag verkürzen das Prüfungsverfahren  dabei erheblich. Denn die Bedürftigkeit der Antragsteller ist bereits durch andere Ämter festgestellt. „Wir hoffen, Studierenden damit eine Brücke zu geben“, sagt Ina Abel.

Geschrieben von Uwe Roßner

I say these to you my friends

Greifswalder Studierende stellten Zeichnungen des verstorbenen Inuitkünstlers Alootook Ipellie aus

Ein Inuit liegt bewusstlos am Boden. In der Hand eine zerbrochene Flasche Alkohol. Er träumt. Von seiner Familie. Eigentlich nur eine Zeichnung, doch beschreibt sie das Schicksal vieler Inuit, wie Alootook Ipellie einer war.

Am 8. September des letzen Jahres starb Alootook Ipellie. Er tuschte und zeichnete viele solcher Bilder, die sich mit dem Leben und Leiden seines Volkes beschäftigen. Anlässlich seines plötzlichen Todes stellten Studenten des Instituts für Anglistik/Amerikanistik einige Werke Ipellies für zwei Wochen im St. Spiritus aus. Die meisten der satirisch-politischen Zeichnungen klagen die „westlichen Eindringlinge“ an, die das Land der Inuit lediglich als Rohstofflager sehen und ihre Kultur missachten. Darin sah der Künstler auch seine wichtigste Aufgabe: als Visionär und Sprecher für die Inuit machte er mit seinen schriftstellerischen und künstlerischen Arbeiten auf die Probleme seines Volkes, vor allem auf den Alkoholismus an dem er auch selbst litt, aufmerksam.

Für diese Themen wurden Greifswalder Studierende bereits durch die gemeinsame Übersetzung der Autobiographie eines Inuit aus Labrador, Abraham Ulrikab, sensibilisiert. Ulrikab wurde 1880 mit sieben anderen Inuit nach Deutschland gebracht und berichtet in seinem Buch von ihren Qualen als Ausstellungsobjekte. Ipellie schrieb das Vorwort zu dieser ersten Biographie eines Inuit und entwarf das Cover. 2006 kam er im Rahmen einer Tagung zum Thema „Indigeneity and Immigration“ nach Greifswald und stellte im Rathaus seine Arbeiten aus. Da entstand auch der Kontakt zu den Studenten. „Humorvoll, ruhig, offen; irgendwie liebenswürdig“, beschreibt Juliana Babing den Künstler.

Einige Arbeiten Ipellies wurden dem Institut nach der Ausstellung 2006 überlassen. Deswegen konnte die zweite Ausstellung im St. Spiritus relativ spontan organisiert werden. Prof. Hartmut Lutz, in Greifswald, freute sich besonders über das Engagement seiner Studenten: „Die Initiative ging von ihnen aus.? Obwohl es dafür keinen Schein gab. Denn das moduläre System hätte diese Art des Lernens und Tuns kaputt gemacht. ?Ich bin meinen Studenten sehr dankbar“, sagt der Professor für Kanadistik. Die Zusammenarbeit lief zur Zufriedenheit aller, doch im St. Spiritus wurde es den Besuchern nicht leicht gemacht, die Ausstellung zu besichtigen. Zu häufig war während der auf dem Flyer angegebenen Öffnungszeiten die Tür verschlossen und letzten Endes haben nur wenige die Arbeiten zu Gesicht bekommen. Einige Ausstellungsstücke haben mittlerweile den Weg ins Institut für Anglistik und Amerikanistik in der Steinbeckerstraße 15 gefunden. Allen Besuchern, die im St. Spiritus vor verschlossener Tür standen, bleibt somit die Möglichkeit, eine kleine Auswahl der Bilder dort anzuschauen. Michaela Schölzel, eine der engagierten Studenten, resümiert für sich: „Durch solche Dinge, die man außerhalb des normalen Stundenplans macht und organisiert, lernt man sehr viel. Das bedeutet wirklich Lernen und Studieren; wir werden uns immer an Alootook Ipellie, seine Kunst und seine Gedichte erinnern.“ Geschrieben von Jennifer Seelig

„Vorsingen“ in der Deutschen Philologie

Die Bewerbungsvorträge für die neu zu besetzende W2-Professur Ältere Deutsche Sprache und Literatur am 4. und 5. Januar erlaubten Germanistikstudenten und alle anderen Interessierten erstmals einen Einblick in den langwierigen Prozess des Einstellungsverfahrens. Die Vortragenden hielten je einen dreißigminütigen Vortrag zu einem Aspekt mittelalterlicher Literatur. Themen waren u. a. „Überlegungen zu Rezeptionsmodi und Wirkungsmechanismen französischer Literatur im deutschen Sprachraum“, „Der Toleranzgedanke in Wolframs ‚Willehalm‘ im Kontext mittelalterlicher Kriegsvorstellungen“ oder „Wörtliche Bilder, gemalte Metaphern. Zu Bilderhandschriften des Sachsenspiegels und des ‚Willehalm‘. Positiv wurde die hohe Resonanz der Studenten erwähnt – rund 25 Gasthörer lauschten neben der für die Auswahl zuständigen Kommission am Freitag sechs, am Samstag zwei Bewerbungsvorlesungen. Bei der sich anschließenden Diskussion war die Teilnahme aller Anwesenden erwünscht. Anschließend zog sich die Kommission zu einem Gespräch mit dem jeweiligen Bewerber zurück. Die Professur soll laut Stellenanzeige im altgermanistischen Internetportal Mediaevum.de zum 1. April 2008 neu besetzt werden.

Geschrieben von Helke Vangermain

Von Vätern und Töchtern

„Lea“ von Pascal Mercier

Zwei Männer begegnen sich zufällig in der Provence und beschließen, da sie den gleichen Rückweg haben, diesen gemeinsam zu fahren. Martijn van Vliet beginnt dabei sehr bald die Geschichte seiner Tochter Lea zu erzählen. Diese hat nach dem Tod der Mutter die Leidenschaft zum Geigenspiel entdeckt, wird immer erfolgreicher und verliert sich schließlich über die Liebe zur Musik in der Liebe zu einem Mann. Das talentierte Wunderkind scheitert an ihren Gefühlen. Van Vliet versucht vergeblich, seine Tochter wieder zum Spielen zu bringen, doch genau daran zerbricht sie endgültig, landet in einer psychatrischen Klinik und nimmt sich schließlich das Leben.

Während der endlosen Tage des Erzählens ist es für Van Vliet unverständlich wie der Psychologe seiner Tochter ihm vorwerfen konnte, nie an Lea gedacht zu haben. Die Geschichte ist die bloße Rechtfertigung eines Vaters, der zwar viel bereut, aber nicht versteht, was er wirklich falsch gemacht hat. Der Weg ins Verderben von Vater und Tochter wird von dem Zuhörer, Adrian Herzog, jedoch mit Bewunderung und Mitleid aufgenommen, was beide Männer fremd und fern jedes Einfühlungsvermögens erscheinen lässt. Der Leser wartet vergeblich auf die Einsicht wenigstens einer der beiden Väter, dass Van Vliet vielleicht mit seiner Tochter hätte sprechen sollen, anstatt ihr eine teure Geige zu schenken oder beleidigt zu sein. Die Verantwortung, die er nie zu übernehmen wusste, schiebt er auf Leas Talent ab.

All die Andeutungen und Hätte-ich-doch und Wäre-nur-nicht enervieren mehr, als dass sie Spannung aufbauen. Das triefende Selbstmitleid macht es von Anfang an schwer, kostbare Zeit an dieses Buch zu verschwenden. Die Selbstgerechtigkeit des gescheiterten Vaters ermüdet und dass sein Zuhörer und Begleiter sich dieser auch noch ohne Vorbehalte annimmt, lässt vermuten, dass Pascal Mercier das, was er schreibt, wirklich so meint. Mit viel gutem Willen könnte man dem Erfolgsautor unterstellen, eine Kommunikationsstörung darstellen zu wollen. Das Hätte-ich-gewusst hört auch am Ende des Buches nicht auf. Alles wurde schon so oft zu gewollt geheimnisvoll angedeutet, dass nichts mehr überraschend erscheint.Geschrieben von Alina Herbing