Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns (meistens) sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Früher hatte ich immer Angst vor der vierfachen 0, der bösen Geisterstunde. Diese Angst ist glücklicherweise in der Kindheit geblieben, damit aber auch meine Disziplin, vor 12 Uhr schlafen zu gehen. Stattdessen liebe ich inzwischen die nächtliche Ruhe und die taube Dunkelheit draußen, die manchmal für so viel Freiraum oder Entspannung sorgen, dass ich einfach nicht schlafen gehen mag. Mein Hang zur Nachteule verträgt sich allerdings auch nicht mit dem Wunsch, nicht zu spät in den neuen Tag zu starten und morgens von selbst aufzuwachen, anstatt unsanft aus dem Schlaf geklingelt zu werden.
Was diese Zeiten angeht, habe ich insbesondere mit dem fortschreitenden Februar meinen Takt ein wenig verloren und versuche mich daher wieder an etwas mehr Rhythmus. Auch wenn es natürlich länger dauert, bis sich die innere Uhr auf wiederkehrende Zeiten einstellt, stecke ich mir für 8 Tage das Ziel, von 00:00 Uhr bis 08:00 Uhr zu schlafen.
Donnerstag 23:32 – 08:00 Uhr
Ich starte in meine erste umgekrempelte Nacht mit höllischen Kopfschmerzen und nehme das Experiment dementsprechend gerne an. Trotz des hämmernden Schädels bin ich allerdings auch erst relativ spät schlafen und beobachte hieran, wie oft ich die Stunden abends noch rumschlage. Und das, auch wenn ich bereits so müde bin, dass ich auch einfach früh schlafen gehen könnte. Die Stunde(n), die ich dann doch noch wach verbringe, ist (sind) meistens dem Gedanken geschuldet, dass ich noch etwas freie Zeit haben möchte und die nächtliche Ruhe zum Ausklingen brauche – der frühere Schlaf wäre aber wahrscheinlich doch deutlich erholsamer.
Freitag 02:00 – 08:15 Uhr
Es ist Freitagabend und schon stehe ich vor dem typischen Problem, was einfach schwer mit Routinen und einem Sozialleben vereinbar ist: festes Abendprogramm (in der WG). Ich habe mich die ganze Woche darauf gefreut und fand Let’s Dance und meinen frühen Schlaf gegeneinander abgewogen doch wirklich in Ordnung. Um im Rhythmus zu bleiben, war der Wecker trotzdem erstmal auf 8 Uhr gestellt, wobei ich mir angesichts der späten Stunde noch ein Viertelstündchen mehr geschenkt habe.
Als ich ins Bett gegangen bin, habe ich dann aber immerhin meditiert, anstatt noch das Handy zu zücken und durch die virtuelle Welt zu scrollen. Das ist etwas, was ich sonst nicht oder erst später gemacht hätte, denn leider gehört mein Handy so zu meiner Einschlafroutine, dass mir alles andere erstmal sehr langweilig erscheint. Trotz der endlich vermiedenen Reizüberflutung und meines aktuell reibungslosen Schlafs konnte ich nur leider überhaupt nicht wegdämmern. Vielleicht tanzte mein Kopf einfach noch ein bisschen auf dem Parkett.
Samstag: 02:30 – 09:15 Uhr
Schlafen vor Mitternacht und die Endphase der ganzen Hausarbeiten – eindeutig nicht so verträglich. Tatsächlich war die Arbeitsnacht aber eingeplant und hat auch ihren gewünschten Workflow gebracht, trotzdem fühlt es sich doch etwas ernüchternd an, wie schwer das „frühe“ Schlafengehen bisher umzusetzen ist. Da ich den Tag entsprechend viel Energie verbraucht habe und die Nacht davor kaum Schlaf finden konnte, wandert mein Wecker doch zur 9, damit ich am nächsten Tag fit bin.
Sonntag 00:27 – 08:30 Uhr
Ach ja, wir nähern uns der 12, aber so richtig klappt es noch nicht. Heute Abend hatte ich ursprünglich noch so viel Zeit, dass ich es so locker bis 24 Uhr geschafft hätte und dadurch viel zu sehr getrödelt habe. Und ich muss gestehen, dass ich zwar um 00:01 Uhr fertig im Bett lag, meine Selbstdisziplin dann aber nicht gereicht hat, um nicht noch das YouTube-Video zu gucken, was ich mir die ganze Zeit vorgenommen habe. Da das Video 23 Minuten lang war, hatte ich mir also fest vorgenommen, um 23:30 Uhr bettfertig zu sein und dann noch genug Zeit zu haben. Geschaut habe ich es dann trotzdem, upsi.
Montag 00:30 – 08:30 Uhr
Die feste Schlafenszeit macht sich auch in der WG-Planung bemerkbar: Wir haben heute länger gearbeitet und wollten zur Belohnung eine Folge unserer Serie schauen und mussten dementsprechend rechnen, wann wir dann damit anfangen müssen, den Schokopudding dafür zu kochen, um dann mit den 45 Minuten der Folge und der Zeit im Bad bis 12 fertig zu sein. Mit Blick auf meine tatsächliche Schlafenszeit haben wir uns zwar nicht verrechnet, allerdings kam dann das Staffelfinale und das konnten wir ja nicht einfach mittendrin unterbrechen, wie das dann so ist…
Aber immerhin: Ich bin wieder direkt ins Bett gegangen und habe noch meditiert, anstatt ans Handy zu gehen und das ist vielleicht noch mehr hervorzuheben, als jetzt die 30 Minuten, die ich außerplanmäßig länger wach war. Trotzdem war ich gerädert wie sonst was am nächsten Morgen, nicht gerade motivierend.
Dienstag 00:17 – 08:20 Uhr
Aiaiai es ist gerade 23:49 Uhr und ich bin noch am Schreibtisch. Daher muss ich schon wieder so auf die Tube drücken, dass ich es bis 0 Uhr ins Bett schaffe, wodurch ich jetzt aber auch keinen Feierabend hätte, manno! Daher überlege ich, meinen geplanten Rhythmus auf 00:30 Uhr zu ändern, das zeichnet sich ja sowieso gerade ab. Obwohl ich dann fast mit einer Punktlandung um 00:01 Uhr im Bett lag, habe ich mir wenigstens noch kurz Zeit am Handy genommen, diese aber wesentlich kürzer gehalten als sonst und bin nach einer viertel Stunde schlafen gegangen. Das verbuche ich definitiv als Erfolg!
Mittwoch 01:57 – 08:30 Uhr
Huhu, hier meldet sich erneut die Studentin, die ihren Nachtflow der festen Schlafenszeit vorziehen muss. Es ist bereits 00:54 Uhr und ich hatte sogar ursprünglich einen Wecker auf 23:30 Uhr gestellt, damit ich ganz vorbildlich zu meiner Sperrstunde im Bett bin. Da ich bei dessen Klingeln aber so eine produktive Phase hatte, habe ich beschlossen, dass ich heute halt länger wach bleibe. Letzten Endes finde ich es dann besser, nach dem Gefühl zu gehen und solche Phasen zu nutzen, die ich tagsüber schwerer erreiche, als dann auf Krampf schlafen zu gehen.
Ich bin am nächsten Morgen dann aber doch um 8:30 Uhr aufgewacht, obwohl mein Wecker auf 9 Uhr gestellt war, juhu! Normalerweise hätte ich mich jetzt noch einmal umgedreht, erfahrungsgemäß bin ich dann aber so matschig, dass ich dieses Mal also direkt wach geblieben bin. Ein erster Schritt in den früheren Morgen, nur mit dem Aufstehen hat es dann doch noch etwas gedauert.
Donnerstag, 00:02 – 08:00 Uhr
Ich habe bis 23 Uhr gearbeitet und wollte abends endlich mal wieder ein bisschen Serie gucken und eine ruhige Nacht haben, die ich doch so liebe. Das war eigentlich auch sehr schön, allerdings hatte ich mein Handy nicht bei mir und wusste dadurch die ganze Zeit nicht, ob es jetzt schon Richtung 12 geht oder nicht. Das war dann dementsprechend nur so halb entspannt (ja ich hätte aufstehen und nachgucken können, aber so vom Prinzip her) und ich finde, dass mir ein (mehr oder weniger) strikt eingehaltener Schlafrhythmus dann auch nichts bringt, wenn ich vor dem Schlafen nicht unbefangen runterfahren kann.
Magischerweise habe ich dann aber tatsächlich um 23:48 Uhr aufgehört, mich also in Windeseile bettfertig gemacht und es dann mal rechtzeitig geschafft. For the sake of umgekrempelt-Tag 8 bin ich dieses Mal ganz ohne Handy oder Meditation ins Bett gegangen und habe mich der Reizlosigkeit ausgesetzt, die ich sonst immer zu vermeiden versuche. Und siehe da, wie zu erwarten tut die Ruhe dem Kopf ganz gut, ich habe ein wenig in den dunklen Himmel aus dem Fenster geschaut und versucht, den Freiraum zu genießen, anstatt ihn fluchtartig zu füllen.
Fazit
Schon auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die festen Zeiten für mich gar nicht so einfach waren. Letztendlich ist aber auch Vieles irgendwie Kopfsache, bei mir jedenfalls. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, wann ich bestenfalls schlafen und aufstehen sollte, damit ich mich gut fühle und positiv in den Tag starten kann. Diese Zeiten je nach Abendprogramm und potenziellen Work- oder Entspannungsflows dann aber ohne schlechtes Gewissen zu überziehen, ist für mich der bessere Weg.
An dem umgekrempelt-Experiment hat sich allerdings gezeigt, was mich sowieso täglich beschäftigt: die schwindende Disziplin bei unnötiger Handyzeit. Wo ich eigentlich immer auf mein gesundes Maß stolz war oder abends so gerne gelesen habe, ist mit jedem Monat Lockdown auch meine Bildschirmzeit beträchtlich in die Höhe gegangen. Das wäre auch völlig in Ordnung, wenn es mir denn gut tun würde. Allerdings noch so vielen Reizen, Lichtern und Farben ausgesetzt zu sein, wenn ich doch eigentlich in einen friedlichen Schlaf übergehen möchte, ist etwas, was sich leider noch viel stärker als mein Rhythmus etabliert hat. Dass es sich lohnt, diesem Drang zu widerstehen, habe ich durch die letzte Woche endlich mal wieder erleben können, anstatt es mir immer nur vorzunehmen.
Beitragsbild: Annica Brommann Banner: Julia Schlichtkrull
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Laut einer Datenerhebung des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2019 werden in Deutschland pro Haushalt monatlich 345 € für Klamotten, Innenausstattung und anderweitige Waren ausgegeben. Für diese Umfrage wurden bundesweit 8000 Haushalte zu ihren Ausgaben befragt.
Es war Februar, mein Bankkonto geschröpft von Weihnachten und mehreren Geburtstagen von Freund*innen und Familie im Januar. Und aufgrund dieser Ausgangssituation entschloss ich mich, einen Monat lang nichts zu kaufen. Ich weiß, drastisch, aber es war definitiv nötig. Diesen Versuch habe ich bereits letztes Jahr schon einmal ausprobiert und mein Kontostand dankte es mir. Denn wie die meisten kaufe ich nicht groß und viel ein, sondern ab und an kleine Dinge, welche sich aber in der Summe sehen lassen können. Ich legte fest, dass ausgeschlossen von dieser wahnwitzigen Idee natürlich Essen, wenn nötig Medikamente und Fahrkarten waren. Die größte Verführung in dieser Jahreszeit werden wohl die unzähligen Wintersale-Angebote und Rabattankündigungen per Newsletter sein, denen ich widerstehen muss. Ich habe mir für den Fall der Fälle überlegt, dass wenn ich wirklich kurz davor bin etwas zu kaufen, ich mich wirklich 5 Mal fragen werde, ob ich diesen einen Gegenstand wirklich brauche und ob ich ohne ihn bislang nicht auch ganz gut ausgekommen bin.
1. Woche
Es ist Sonntag der ersten Woche meines Selbstexperiments, und soweit habe ich mich ganz gut geschlagen, auch wenn die Versuchung groß war. Bereits am Montag, dem ersten Tag dieses Versuchs, begrüßte mich morgens der erste Newsletter für einen Wintersale mit kräftigen Rabatten. Es reizte mich, es juckte mir in den Fingern und ich musste die Angebote durchstöbern. Doch ich blieb standhaft! Ich legte zwar unzählige Teile in meinen Warenkorb, aber kaufte keins davon. Da musste ich mir mal selber auf die Schulter klopfen. Der Rest der Woche hielt noch weitere solche Hürden für mich bereit, aber bislang blieb ich standhaft. Was mir besonders in die Hände gespielt hat, war der Fakt, dass ich weder etwas aufgebraucht habe, noch irgendetwas Wichtiges kaputt ging und ich durch Nachkäufe bei dm und Co. erst gar nicht in Versuchung kam, doch noch die eine Creme oder dieses neue Produkt mit der tollen Verpackung mitzunehmen. Allgemein kommt man durch das Hausarbeitenschreiben viel weniger raus und hat fast gar nicht die Zeit, die wenigen offenen Läden zu durchstöbern.
Im Moment denke ich, dass ich nächste Woche weiter so problemlos das Experiment vollziehen kann.
2. Woche
Die zweite Woche ist rum und war wie erwartet relativ problemlos. Dazu muss ich aber eingestehen, dass ich bedingt durch Hausarbeiten nur äußerst selten die eigenen vier Wände, bis auf meinen Morgenspaziergang, verlasse. Dafür fange ich schon an zu überlegen, was ich mir nach diesem Experiment denn alles gönnen könnte. Dabei denke ich nicht an etwas besonders Aufregendes, sondern eher an so etwas wie Klebefallen für die Trauermücken, die es sich in meinen Topfpflanzen gemütlich gemacht haben, oder neue Kugelschreiber. Es sind halt die kleinen Dinge im Leben.
Doch in Versuchung gekommen bin ich auch diese Woche, als ich notgedrungener Weise in den Drogeriemarkt meines Vertrauens musste, weil mein Kokosöl, welches ich zum Backen verwenden wollte, alle war. Kaum nahm ich im Laden Kurs auf das Lebensmittelregal, sprang mir ein To-Go-Kaffeebecher ins Auge. Er war ganz handlich, mit rosa Deckel und einem schönen Blumenmuster. Es war quasi Kauflust auf den ersten Blick. Ich guckte mir das gute Stück noch etwas genauer an, aber vermied dabei überhaupt aufs Preisschild zu gucken und versicherte mir selbst, dass so ein schnittiger Kaffeebecher definitiv was kosten würde und dementsprechend gegen das Experiment verstößt. Also bin ich stark geblieben und nur mit meinem Kokosöl wieder nach Hause, auch wenn ich den Rest des Tages noch an den Becher dachte. Wie es ihm jetzt wohl geht?
3. Woche
Auch diese Woche verlief sehr gut und weiterhin konsumfrei. Jedoch muss ich zugeben, dass es mich nach der erfolgreichen Prüfung schon sehr in den Fingern juckte, mich mit einem Schnäppchen der laufenden Winter Sales zu belohnen. Aber ich blieb standfest!
4. Woche
Auf der Zielgeraden! Für mich ging es in dieser Woche nach Hause, in ein 350 Seelen Dorf, wo die Einkaufmöglichkeiten in einem 10 km Radius mehr als begrenzt sind. Folglich fiel es mir in dieser Woche umso leichter, nichts zu kaufen. Durch die wenigen Möglichkeiten, mein Geld auszugeben, flachte mein Verlangen auch umso mehr ab. Selbst das bestellen von Konsumgütern birgt die Gefahr, dass, wenn man den Postboten verpasst, das Paket im nächsten 7 km entfernten Ort abgegeben werden würde. Dieser ist jedoch nur mit dem Auto oder dem Bus zu erreichen. Dementsprechend habe ich es vollbracht auch in dieser Woche, bis auf Lebensmittel, nichts zu kaufen. Damit war der konsumfreie Monat vorbei!
Fazit?
Tja und was nehm ich daraus mit?
Ich werde auch im März weiter machen und mir vermehrt die Frage stellen, ob ich das wirklich brauche oder ob es nur ein Kauf im Affekt ist.
Mir persönlich ist nämlich ganz stark aufgefallen, wie oft mir im Alltag Dinge über den Weg laufen, bei denen ich zu schnell die Idee verherrliche, diesen Gegenstand zu besitzen. Gerade Werbungen und Rabattcodes auf Instagram und Co. verlocken sehr oft zu Anschaffungen im Affekt, aber die Frage nach dem tatsächlichen eigenen Bedarf wird sich dabei relativ selten gestellt. Ich kann so ein Selbstexperiment nur weiter empfehlen, da es einem das eigene Kaufverhalten ganz deutlich vor Augen führt. Euer Konto wird es euch auf jeden Fall danken.
Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.
Sprichwörter: Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt. Oder nicht? Ich zumindest kann Sprichwörter nicht mehr so richtig hören und weiß auch in den meisten Fällen nicht wirklich, was damit gemeint ist. Wer hobelt hier, damit Späne fallen oder wer ist dieses Hänschen und was hat er mit Hans zu tun, der nicht mehr lernt? Und wenn alle Wege nach Rom führen, was ist dann, wenn ich gar nicht nach Rom möchte? So richtig kann mir das kein Sprichwort von Anfang an erklären. Warum sollte man diese dann noch verwenden, wenn sie so veraltet sind? Zumindest müssen die Verwendungen und die Bedeutungen von so vielen so tollen Sprichwörtern noch einmal überdacht werden, damit die Jugend nicht immer sagen muss, dass etwas cringe ist, sondern mit Stolz verkünden kann, dass jemand ordentlich ins Fettnäpfchen getreten ist.
Aber wer schießt hier wirklich den Vogel ab? Genau, die Sprichwörter selbst. Diese sind eigentlich darauf ausgelegt kurz und prägnant zu sein und eine lehrreiche Botschaft zu enthalten. Aber was ist: lieber der Spatz auf dem Dach als die Taube auf dem Dach… oder doch: lieber die Taube in der Hand als den Spatz in der anderen Hand… So richtig weiß es keiner und was noch viel ausschlaggebender ist: Dass niemand weiß, was überhaupt damit gemeint ist. Das kommt von den völlig veralteten Bedeutungen aus längst vergangenen und in Bedeutungslosigkeit liegenden Zeiten. Die tolle Geschichte mit dem Spatzen und der Taube stammt nämlich aus einer Zeit, in der noch beide feste Bestandteile der menschlichen Speisekarte waren. Das bedeutet, dass das Sprichwort den gleichen barbarischen Ursprung hat, wie das Essen von kleinen niedlichen Spatzen.
Viele Sprichwörter sind einfach nicht mehr zeitgemäß, auch wenn manche noch der Verwendung würdig sind. Hier hilft nur eine Modernisierung alter Sinnessprüche, damit auch junge Leute abgeholt werden. Denn eigentlich sollen Sprichwörter ja lehrreich sein. Aber wie können sie das erreichen, wenn sie keiner mehr versteht?
Was sind also Elemente und Formulierungen, die Sprichwörter erfolgreich machen? Zum einen müssen sie syntaktisch einprägsam sein. Daher empfehlen sich immer kleine Reime oder Vergleiche. Zum anderen müssen sie aus Begriffen bestehen, denen eine symbolische Bedeutung zugewiesen werden kann. Besonders Tiere eignen sich dazu mit ihren Eigenschaften, die auch in Fabeln verwendet werden. Es stellt sich nur die Frage: Welches sind moderne Tiere, die noch in Jugendzimmern auf großen Plakaten an den Wänden hängen? Das kann ganz einfach an der Wahl der Tiere des Jahres 2021 nachvollzogen werden. So sind der Fischotter, als Wildtier des Jahres, und die Zauneidechse, als Reptil des Jahres, die heutige Zeit in tierischer Person. „Du krasse Zauneidechse“ ist doch nicht ohne Grund schon längere Zeit das Kompliment auf den Schulhöfen des Landes. Es sind neben diesen extrem modernen Tieren auch Trends auszumachen, die für die heutige Zeit sprechen. Digitalisierung und alles rund um die Welt der sozialen Medien. Auch Fashion, Lifestyle und Food sowie Musik sind geeignete Themen. Immer neue Erfindungen von Kaffeegetränken, Foodtrends und Hip-Hop sind das, was interessant ist. Mit diesen hippen Themen sind alte Sprichwörter umzuformulieren oder von Grund auf zu erneuern.
Daher sind hier nun Sprichwörter, deren Bedeutung sehr lobenswert ist, aber die sprachlich jeden Bezug zur Realität verloren haben – sowie ihre neuen Versionen, die ab sofort zu verwenden sind.
Altes Sprichwort
Bedeutung
Neue Sprichwörter
Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Man sollte zufrieden sein mit dem, was man hat.
Lieber eine normale Eidechse in der Sonne als eine Zauneidechse im Schatten. Lieber Latte Macchiato im Mehrwegbecher als Nicecream in einem Studierendeneiscafé in Kreuzberg.
Das geht auf keine Kuhhaut.
Etwas ist unerträglich.
Das geht in keinen Chai Latte. Das macht sogar den Fischotter traurig.
Die Katze lässt das Mausen nicht.
Schlechte Gewohnheiten sind tief verankert.
Apache 207 lässt das Rollerfahren nicht. Studierende lassen das Bowlmachen nicht.
Jeder ist seines Glückes Schmied.
Jede*r ist verantwortlich für sein*ihr eigenes Glück.
Jede*r ist der TikTok-Dance seines*ihres eigenen Glückes. Selfies macht dir kein*e andere*r.
Vergleichbar sollten auch andere veraltete Sprichwörter auf den neusten Stand gebracht werden. Gerne könnt ihr auch eure eigenen modernisierten Sinnessprüche verfassen. Dies ist zu verfolgen, damit das Imageproblem von Sprichwörtern beseitigt werden kann – denn eigentlich sind sie nicht so schlecht. Doch in der aktuellen Ausführung ist es mehr peinlich als lehrreich sie zu verwenden. Denn Sprichwörter machen sogar den Fischotter traurig. Und daher hoffe ich, dass so wie Apache 207 das Rollerfahren lassen soll, auch die Verwendung von altertümlichen Sprichwörtern abgeschafft wird.
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Saft, das Blut der Früchte. Wer wollte als Kind nicht schon immer mal ein Vampir sein. Wahrscheinlich nicht allzu viele, jedoch ist das jetzt möglich und soll sogar sehr gesund sein. Nur eben nicht mit Blut von Tieren oder Menschen, sondern von Obst und Gemüse. Die Saftkur ist eine der heißesten Lifestyle-Erfindungen der letzten Jahre. Hier ist das Experiment.
Bei einer Saftkur geht es darum, sich eine bestimmte Zeit ausschließlich von Saft zu ernähren. Dadurch soll erreicht werden, dass die natürlichen Reinigungskräfte des Körpers unterstützt werden, um Schadstoffe zu beseitigen. So soll eine Saftkur besonders bei Personen, die häufig unter Müdigkeit oder Abgeschlagenheit leiden, eine Methode sein, um sich wieder fitter zu fühlen. Energie- und Motivationsgewinn soll also die Folge sein. Außerdem soll die rein flüssige Ernährung der Verdauung wohltun.
Innerhalb der Saftkur, die zwischen einem und neun Tage lang sein kann, soll über den Tag verteilt eine Menge von sechs Säften mit je 500 ml getrunken werden. Nebenbei soll keine andere Nahrung zu sich genommen werden. Ausschließlich Wasser oder Tee kann zusätzlich getrunken werden, um nicht zu dehydrieren.
Es gibt im Internet eine Reihe an vorgefertigten Programmen für eine Saftkur, sodass man sich die Menge an Saft je nach Dauer einfach zuschicken lassen kann. Diese sind jedoch recht kostspielig. Für die Saftzusammenstellung kann sich jedoch trotzdem gerne daran inspiriert werden, da die Hersteller oft auch die Zusammenstellungen ihrer Säfte darbieten. Wichtig ist es darauf zu achten, dass die Säfte, die man kauft, möglichst rein — also frei von Konservierungsstoffen und ähnlichem — sind. Darauf sollte besonders geachtet werden, um sich in der Zeit möglichst von natürlichen Mitteln zu ernähren. Zudem sollte die Zusammenstellung der Säfte möglichst divers sein, damit der Körper mit verschiedensten Stoffen versorgt wird, die für ihn wichtig sind. Besonders Gemüsesäfte aus verschiedenen Komponenten bilden daher einen wichtigen Bestandteil.
Ich habe mich drei Tage lang nur von Saft ernährt, weil das Abenteuer niemals schläft. Dazu habe ich mir folgenden Plan aufgestellt: 8.00 Uhr: 0,25 Liter Fruchtsaft, 0,25 Liter Mandelmilch 10.30 Uhr: 0,5 Liter Fruchtsaft 12.00 Uhr: 0,5 Liter Gemüsesaft 14.30 Uhr: 0,5 Liter Fruchtsaft 17.30 Uhr: 0,5 Liter Fruchtsaft 19.00 Uhr: 0,5 Liter Gemüsesaft
In der Regel wird empfohlen alle zwei Stunden einen halben Liter Saft zu trinken. Meine Saftauswahl bestand aus Fruchtsäften wie Apfelsaft, Orangensaft, Maracujasaft und Ananassaft, aus Gemüsesäften wie Tomatensaft, Karottensaft, Rote-Beete-Saft sowie aus kombinierten Gemüsesäften und aus Mandelmilch. In vorgefertigten Programmen wurde oft Mandelsaft in kombinierten Säften verwendet, sodass ich Mandelmilch als Ersatz dafür benutzt habe.
Tag 1: Die ersten Liter sind die schwersten, sagen sie. Danach wird es leichter. Ich hoffe, sie haben damit Recht, denn der Spaß war heute nicht der saftigste. Der morgendliche Orangensaft ist noch gut zu vertragen, aber spätestens zum Mittag wünsche ich mir irgendeine Art von fester Nahrung. Was würde ich geben für ein paar goldene Töften und ein Stück gebackenen Fisch. Jedoch nur ein halber Liter Tomatensaft wartet auf mich. Am Nachmittag bietet eine Tasse warmer Apfelsaft mit einer Prise Zimt eine willkommene Überraschung und lenkt von dem gelegentlich eintreffenden Krankheitsgefühl ab. Am ersten Tag bildet Karottensaft den Abschluss, der nur sehr schwer zu vertragen ist, sodass ich mit einem eher unwohlen Gefühl ins Bett gehe.
Tag 2: Mein Mund fühlt sich nur noch nach Saft an. Im Prinzip fühlt sich mein ganzer Körper nach Saft an. Besonders der Gemüsesaft ist nicht immer der schmackhafteste. Für alles gibt es nur eine Lösung: Du hast Hunger? Trink doch etwas Saft! Dir tut etwas weh? Dann trink doch etwas Saft! Deine Frau hat dich verlassen und hat die Kinder mitgenommen? Dann trink doch endlich mal etwas Saft. Der Hunger lässt sich durch den Saft nur immer kurzzeitig in Grenzen halten. Das Leid hat an Tag 2 deutlich seinen Höhepunkt erreicht.
Tag 3: Was ist das? Ich verspüre eine aus den letzten Tagen unbekannte Energie. Ist es die Hoffnung auf ein baldiges Ende, oder sind es doch die Unmengen an Fruchtzucker, die langsam ihrer Wirkung nachkommen? An den Geschmack mancher, am Anfang nicht ganz so köstlicher, Saftigkeiten habe ich mich mittlerweile auch gewöhnt. Scheinbar ist das ganze doch vielleicht etwas wert. Zunehmend stelle ich mir auch vor, wie Schadstoffe aus meinem Körper nur so herausfließen. Am Ende des Tages kann ich zufrieden die letzten Gläser überwinden.
Fazit: Auch wenn es am Anfang schwer war, muss ich zugeben, dass die Saftkur mir zumindest bislang nicht geschadet hat. Da ich bereits davor nicht an Motivationsproblemen gelitten habe, kann ich aber schwer feststellen, ob der gewollte Effekt wirklich eingetreten ist. Jedenfalls ist immerhin keine negative Wirkung dieser Art festzustellen. Daher kann ich sagen, dass die Saftkur wohl durchaus etwas bringen kann. Trotzdem werde ich das ganze für eine Weile wohl nicht nochmal machen. Aber vielleicht kann ja eine jährliche Tradition daraus werden.
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Weil das Jahr sich dem Ende zuneigt, wage ich es mal, einen Blick auf meine Vorsätze für 2020 zu werfen. Mein Ziel „Nur einmal in den Urlaub fliegen“ (das irgendwie echt ganz schön privilegiert klingt…) habe ich sogar übertroffen. Das war aber auch wirklich eine Herausforderung dieses Jahr. Schlechter lief es dafür mit: „Mehr in Greifswalder Bars gehen“ – naja, nächstes Jahr dann vielleicht. Auch der Vorsatz „Insgesamt drei Wochen ohne Social Media verbringen“, ist in diesem chaotischen Jahr irgendwie auf der Strecke geblieben – ups! Nichts hat mich dieses Jahr so konstant begleitet wie meine Lieblingsapp Instagram mit ihren Insta-Stories von irgendwelchen Influencer*innen und bananenbrotbackenden Blogger*innen. Ich selbst bin gar nicht so aktiv auf Instagram und meine Follower*innen werden eher stetig weniger, als mehr. Doch wir schreiben den 6. Dezember und das Jahr ist noch etwas mehr als drei Wochen lang. Wenigstens eine davon könnte ich doch nutzen, um zumindest ein Drittel dieses unberührten Vorsatzes umzusetzen, oder?
Da ich zumindest für die moritz.medien täglich den Social-Media-Kanal nutzen muss, begrenze ich also mein App-Limit für Facebook (ja, selbst diese Oldschool-App ist manchmal interessanter als eine Vorlesung) und Instagram auf 15 Minuten am Tag. Bevor ich schlafen gehe, lebe ich noch meine Sucht aus, und versinke eine Stunde lang in den Tiefen der Hashtags, Reels und Stories, damit ich meinen eigentlichen, äußerst gesunden, Tagesdurchschnitt von ein bis zwei Stunden bloß erreiche.
Montag
Weil es selbst um 9 Uhr morgens noch nicht wirklich hell ist, kriege ich meine Augen kaum auf. Um wach zu werden greife ich also in alter Manier nach meinem Handy, um mein Hirn zu aktivieren, indem ich es direkt mit bunten Bilder vollballere. Erst, als ich meinem Freund einen Post zeigen will, fällt mir erschrocken ein, dass die erste Tat dieses Tages direkt ein Verstoß gegen meine Vorsätze war. Na super, aber kann ja nur besser werden.
Den restlichen Tag funktioniert meine Instagram-Abstinenz ganz gut und ich komme durch die Arbeit „nur“ auf 24 Minuten Nutzungszeit. Während kurzer Augenblicke der Langeweile in Online-Veranstaltungen ertappe ich mich allerdings immer wieder dabei, wie ich mein Handy in die Hand nehme und Instagram oder Facebook öffnen und sinnlos herumscrollen will, bis mich mein Smartphone höflich an mein bereits erreichtes Limit erinnert. Daher verbringe ich meine Zeit statt auf Social-Media auf Shoppingapps. Das war irgendwie auch nicht Sinn der Sache…
Der Abend wird dann etwas langweilig: Ich muss mich unterhalten und lese ein bisschen. Wo sind die Clips, auf denen mir wildfremde und doch so nahe Menschen von ihrem Tag erzählen und mir „Gute Nacht“ sagen?
Dienstag
Heute läuft es schon viel besser: Ich versuche meine Augen ohne Instagram auf zu bekommen (klappt so mittelgut) und habe den ganzen Vormittag nicht einmal die Versuchung, die verbotenen Apps zu öffnen. Erst in der Mittagspause öffne ich aus Gewohnheit Instagram, schaffe es aber, es nach zwei Sekunden wieder zu schließen – puh, das war knapp.
Neu sind für mich vor allem die „Zwischenzeiten“, die fünf Minuten die man zwischen zwei Veranstaltungen hat, die drei Minuten, die man wartet, bis das Bad frei wird. Kurze Momente, in denen es sich (eigentlich) nicht lohnt, etwas anderes anzufangen. Einerseits praktisch, denn ich bin deswegen auch produktiver, weil ich die Zeit für To-Do’s nutze. Andererseits gönne ich mir dadurch auch weniger Pausen, die vielleicht nötig gewesen wären.
Ich nehme mir vor, morgen zu probieren, die gewonnene Zeit für mich zu nutzen und bewusst zu entspannen oder Musik zu hören.
Mittwoch
Mein Tag ist ziemlich vollgepackt und ich habe gar nicht das Bedürfnis, Instagram zu öffnen. Wenn ich alleine esse, bin ich normalerweise auf Social Media – und so auch nicht mehr allein. Heute mache ich aber Musik an und gucke beim Essen einfach nach draußen. Irgendwie tut es gut, die Gedanken einfach fließen zu lassen.
Dafür habe ich abends so sehr Lust, einfach ab- und ein paar Endorphine freizuschalten und mich ohne viel Anstrengung abzulenken. Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, heute eine 20-minütige Ausnahme zu machen – ich vermisse die Leichtigkeit auf Instagram gerade irgendwie. Ich kann mich dann aber recht schnell von dieser Überlegung lösen und nutze die Zeit dafür für entspannende Dinge wie Serie gucken oder ein Buch lesen und fordere meine Aufmerksamkeitsspanne ein wenig heraus. Ich merke, wie ich an dem Abend dann keinen weiteren Gedanken mehr an Instagram verschwende.
Ich bilde mir ein, besser zu schlafen, bzw. ruhiger einzuschlafen. Sonst waren vor meinem inneren Auge ganz viele bunte Bilder, Eindrücke und Impulse. Ich bin kaum zur Ruhe gekommen und das hat mich dazu gebracht, wieder das Handy in die Hand zu nehmen – eine Endlosschleife. Jetzt sind meine Gedanken abends etwas klarer und mein Kopf entspannter.
Donnerstag
Da sich die Sperre für Instagram erst nach ein paar Minuten meldet, habe ich heute unbewusst auf meine ungelesenen Nachrichten auf Instagram getippt. Mein Verstoß ist mir schnell bewusst geworden und ich habe die App natürlich unverzüglich geschlossen. Erschreckend, wie der Reiz und die Gewohnheit mich immer wieder überlisten.
In einem Gespräch mit einer Freundin fällt mir außerdem auf, wie selbstverständlich der tägliche Social-Media-Konsum sich auf unsere Gesprächsthemen auswirkt. Sie erzählt einen „Insider-Joke“, den ich einfach nicht verstehe. Dann dämmert mir, dass er wohl aus der Welt der Instagrammer*innen kommen muss und ich leider nicht mitreden kann. Ich überlege: Grenze ich mich ohne soziale Medien aus? Bin ich dann ohne sie tatsächlich weniger sozial? Oder nur weniger sozial integriert?
Freitag
Ich habe immer noch den Impuls, mein Handy in die Hand zu nehmen. Während einer Univeranstaltung. Während ich einen Text lese. Während ich auf etwas warte. Während ich esse. Ich merke aber auch, dass sich kleine neue Routinen bilden und ich mehr Zeit habe.
Nur gerade jetzt, wo das Wochenende ansteht, vermisse ich die Auszeiten und irgendwie auch diesen „Blick nach draußen“ den ich mit meinem Handy haben kann, gerade zu diesen Zeiten, in denen man sowieso nicht so viele Menschen sehen kann.
Um motiviert zu bleiben, schaue ich die Doku „The Social Dilemma“. Zwar sind die aufgeführten Fakten über soziale Netzwerke, die Überwachung, die damit einhergeht, die Folgen für unsere Psyche und der Zusammenhang mit Verschwörungstheorien nichts komplett Neues für mich, aber ich bin trotzdem überrascht bis schockiert, wie diese Plattformen, die es noch gar nicht so lange gibt, unsere komplette Gesellschaft verändern. Und erschreckend ist auch: Wir alle wissen es, aber irgendwie kommen wir da nicht raus.
Samstag
Heute habe ich tagsüber gar keinen Impuls gehabt, die App zu öffnen. Die Zeit ist nicht da, ich bin konzentriert auf die Uni und Instagram hätte keine Priorität. Daran merke ich, dass Instagram oft einfach nur ein Lückenbüßer ist und im Alltag eine Sache, die ich nebenher mache, selten aber bewusst Zeit dafür einteile.
Als ich abends ein cooles Foto mache, überlege ich aber, es in meine Story zu packen. Doch meine „Follower*innen“ müssen auf meine interessanten Geschichten wohl heute verzichten. Aber das merkt wahrscheinlich eh niemand.
Sonntag
Anstatt wie sonst den Morgen im Bett am Handy zu verdümpeln, gehe ich direkt an den Schreibtisch und bin produktiv. Ich stehe also recht früh auf und bin nicht wie sonst sonntags etwas matschig im Kopf, weil ich zu lange im Bett war. Das ist zwar ein sehr angenehmes Gefühl, aber ich finde auch, dass man den Sonntag gerne mal nutzen kann, um entspannter in den Tag zu starten. Ich hätte zwar lesen können, aber die Hürde, mein Buch zu holen und „aktiv“ zu sein ist dann doch höher, als einfach nur das Handy, das eh schon neben meinem Kopfkissen liegt, zu nutzen.
Insgesamt freue ich mich, morgen wieder in das Leben mit sozialen Medien eintauchen zu können, aber ich merke auch, dass ich es gar nicht so sehr vermisst habe, wie erwartet.
Fazit
Ich fand die letzte Woche voller neuer Erkenntnisse sehr bereichernd. Ich konnte mich auf andere Dinge fokussieren und wurde nicht den ganzen Tag mit neuen Eindrücken bombardiert. Auch, wenn ich ab und zu „Downs“ hatte und die Insta-Welt vermisst habe, fiel es mir nie schwer, mir eine anderweitige Beschäftigung zu suchen und ich habe, wenn ich den Impuls nach Social Media überwunden hatte, nichts vermisst. Aber wie wird es nächste Woche, wenn ich mir wieder freien Zugriff erlaube?
Bemerkenswert finde ich, wie unbewusst mein Verhalten in dieser Hinsicht ist. Auf Instagram zu gehen ist oft keine Entscheidung mehr, die ich treffe, sondern viel mehr eine Gewohnheit, ein Impuls, an den ich keinen Gedanken verschwende. Mein Handy erzählt mir, dass meine Bildschirmzeit diese Woche um 45 % gesunken ist – schon heftig! Es kommt mir ungesund vor, dass ich so mit meiner Zeit umgehe und nicht mehr bewusst entscheide, was ich tue. Es kommt mir fast gruselig vor und wenn ich meinen Bericht der letzten Woche durchlese, klingt meine Wahrnehmung ein wenig nach einem Science-Fiction-Zombie-Film.
Daher möchte ich mir vornehmen, meine Zeit auf Social Media mehr zu kontrollieren. Ich werde mir Instagram nicht verbieten, da es immer noch eine Plattform für mich ist, die auch viel Gutes tun, informieren, unterhalten und mich in andere Welten entführen kann. Aber ich möchte mir den Impuls abgewöhnen, unbewusst nach meinem Handy zu greifen und die App zu öffnen. Und ich will mir bewusst Grenzen für die Zeit setzen, die ich auf Instagram verbringe, sodass ich mich dort nicht verliere.
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
„Ach na ja, das mache ich dann später“, ist ein Satz, den ich leider viel zu häufig denke oder sage, obwohl ich mich doch eigentlich als ziemlich disziplinierten Menschen beschreiben würde. Ich versinke nicht im Chaos und bin so gut wie immer up to date unterwegs – bemerke aber auch, dass ich doch gerne mal kleinere Sachen vor mir herschiebe: Zu manchen Zeiten sammeln sich dann einzweidreivier Teebecher in meinem Zimmer an und den berühmten Klamottensessel muss ich bestimmt nicht weiter vorstellen. Ich bin mal mit jemandem gereist, der nach folgender Regel lebt: Alles, was man in 3 Minuten erledigen kann, wird sofort gemacht. „Damals“ wurde ich ganz gut mitgezogen (und war hellauf begeistert), nun starte ich aber schon zum zweiten Mal in dieses Selbstexperiment. Warum? In der ersten Woche war so viel los, dass das umgekrempelt schlicht und einfach wieder untergegangen ist. Eigentlich hatte ich geplant, mir am Sonntag davor zur Erinnerung noch kleine Post-Its in der Wohnung zu verteilen, habe es aber immer auf das berühmte „nachher dann“ vertagt und es schlussendlich ganz vergessen. Wenn das mal keine Ironie und ein Zeichen der Notwendigkeit ist, schließlich hätte auch das nicht mal die besagten 3 Minuten gedauert.
Montag
Der zweite Start in den umgekrempelt-Montag bringt dafür aber so einen Produktivitätsschub mit sich, dass sich die Verzögerung mehr als gelohnt hat. Die 3-Minuten-Regel wurde zugegebenermaßen in die „Mails, die ich schon ewig vor mir herschiebe endlich beantworten und danach den Abwasch machen“-Regel umgewandelt, um alles Mögliche, was mir schon länger aufsitzt, endlich mal anzugehen, aber Manometer war das ein befreiendes Gefühl! Ich habe die letzten Tage ein wenig komisch verlebt – ich wusste nicht, ob ich jetzt Sachen bewusst stehen und liegen lassen soll, damit der Kontrast zur umgekrempelt-Woche noch stärker wird? Es war für einige Momente jedenfalls eine sehr schöne Ausrede. 😀
Dienstag
So, bevor sich letzte Woche wiederholt, habe ich doch tatsächlich den Zettel aufgehängt. Auch das gibt so ein gutes Gefühl; das ist etwas, worüber ich letzte Woche auch schon sehr viel nachgedacht habe. Nehmen wir das Klamottensessel-Beispiel: Es würde ein, zwei Handgriffe brauchen, um die Klamotten zusammenzulegen und wegzuräumen, und trotzdem brauche ich oft mehrere Anläufe, bis es dann dazu kommt. Stattdessen geht dann aber der Blick mehrmals täglich dorthin, sodass man ebenso oft einen „Störreiz“ (oder irgendwann andersrum leider gar keinen Reiz mehr) vermittelt bekommt oder sich, viel pragmatischer, auch gar nicht auf den Sessel setzen kann. Diese kleinen Sachen sitzen dann teilweise so auf (in dem Fall „liegen“, höhö), dass das Belohnungssystem dafür auch entsprechend Glücksgefühle auslöst, sie (endlich) zu erledigen. Die Frage bleibt: Warum verschiebe ich es dann doch immer wieder?
Mittwoch
Hier ist Samstags-Annica, die irgendwie den Mittwochs-Abschnitt dieses Artikels füllen muss, weil Mittwoch- bis Freitags-Annica sich wohl so gar nicht dazu aufraffen konnte, na supi. Ich kann mich erinnern, dass der Tag // Ja und hier brach der Satz ab und woran ich mich erinnern konnte, weiß ich auch nicht mehr, echt nur zu empfehlen, dieses Aufschieben. 🙃
Donnerstag
Heute habe ich ehrlicherweise kaum darauf geachtet und würde es als relativ „normalen“ Tag bezeichnen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich heute Nachmittag durch einen Kursausfall viel mehr Zeit als erwartet hatte und das trotzdem nicht ansatzweise als Anlass nehmen konnte, mich mal um den Abwasch von gestern zu kümmern. Nach der Redaktionssitzung, in der wir über das laufende Experiment gesprochen haben, fühle ich mich allerdings echt ein wenig schlecht, heute mit Scheuklappen durch die Wohnung gegangen zu sein, raffe also meine Disziplin wieder zusammen und starte nochmal durch. Und obwohl es später dann schon tief in der Nacht war, habe ich mich endlich mal an eine Mail gesetzt, die ich schon seit Monaten schreiben wollte. Das hat zwar eineinhalb Stunden und nicht nur die paar Minuten gedauert, aber irgendwie gilt die Regel langsam abstrakt dafür, Sachen einfach mal anzugehen. Das Belohnungssystem hat danach wieder ganze Arbeit geleistet, schließlich war der Mail-Kontakt doch super schön und saß einfach nur auf, weil die Zeitspanne meiner Antwort immer größer und dann zu unangenehm geworden ist.
Freitag
Was auch nur 3 Minuten dauern würde? Wenigstens ein paar Stichpunkte für die Tagesreflexionen festhalten, mir sind zwischendurch nämlich wirklich wichtige oder manchmal auch selbstironisch-lustige Gedanken gekommen, von denen ich aber anscheinend so überzeugt war, mich daran erinnern zu können, dass sie die 30 Sekunden fürs Aufschreiben wohl nicht wert waren. Schande über mein Haupt, denn vergessen habe ich natürlich jeden einzelnen davon. Dafür habe ich heute direkt beim Frühstück etwas erledigt, was ich in der Regel wirklich so lange vor mir her schiebe, dass es sich dann auch nicht mehr lohnt: Ein Lesezeichen in mein Buch legen. Auch hier kann ich wieder nur feststellen, dass die Contra-Seite enorm ist, schließlich vergesse ich wirklich JEDES Mal die Seitenzahl, von der ich aber genau so jedes Mal wieder überzeugt genug bin, sie mir merken zu können, dass ich das Buch dann einfach zuklappe. Wir könnten es einen ausgeprägten Selbstoptimismus für ein plötzlich entstehendes Zahlengedächtnis nennen, oder mein „Nicht jetzt“-Denken at its best. Tja, endlose Querles’- und Suchaktionen sollten mich eines besseren gelehrt haben, denn Spoiler sind da unvermeidlich. Ich habe mich also kurzerhand entschlossen, das mir nächste Verfügbare – typisch Lesezeichen – einer Zweckentfremdung zu unterziehen und stelle erst danach fest, was für ein Zeichen des Schicksals das war, schaut man sich mal die Beschriftung an:
Samstag
Jetzt wollte ich heute mal so richtig mit neuem Schwung die 3 Minuten wieder ausleben und hatte dann von morgens bis abends Uni, sodass mir eigentlich kaum Gelegenheit blieb, überhaupt was anderes zu machen. Dafür habe ich mich in der kurzen Zeit zu Hause aber umso engagierter daran gehalten und trotz des stressigen Tages alles noch direkt erledigt. Nur ein einziger Teller steht in diesem Augenblick (es ist schon sehr spät) noch in meinem Blickfeld (aber echt am äußersten Rand), den Weg in die Küche möchte ich jetzt aber wirklich nicht mehr machen.
Sonntag
Auch heute war Uni und ich kaum zu Hause, allerdings habe ich den Teller der letzten Nacht direkt nach dem Aufstehen in den Geschirrspüler gestellt, immerhin. Zum Ende der Woche habe ich mal weitere Dinge gesammelt, die weniger als 3 Minuten dauern: Auf links gestrampelte Hosen direkt wieder auf rechts drehen und zusammenlegen, das Bett machen, Chats beantworten, in Tupperdosen verstaute Lebensmittel … mal überprüfen (hust), den Müll (danach) runterbringen, Pflanzen gießen, Taschen direkt ausräumen, das Kalenderblatt umblättern (? lol warum schiebe ich sowas denn auch), geknülltes Naschpapier wegschmeißen oder auch sowas wie direkt etwas zu Trinken zu machen, wenn man den Impuls danach verspürt.
Fazit
Tja, ich muss ganz selbstkritisch feststellen: Puh, bin ich eine Aufschieberin geworden. Und zwar nicht von den großen Dingen, sondern von all den kleinen und privaten, die nur meiner eigenen Verantwortung obliegen und dann bei all den anderen, „richtigen“ Projekten einfach schnell hinten runter fallen. Eine kurze (dreiminütige? (ok Spaß)) Analyse meiner Fragezeichen zeigt: Warum ich solche Sachen nicht direkt erledige, verstehe ich nach dieser Woche noch weniger als vorher. Es ist schon fast paradox, wie ich teilweise Geschirr automatisch erstmal stehen lasse – wirklich so, als ob das der normale Ablauf wäre, aber später bin es doch immer noch ich, die das wegräumen muss?! Ich habe diese Woche wirklich gebraucht, um das überhaupt als Routine zu realisieren und immer wieder aktiv dagegen anziehen müssen. Es war teilweise echt ein innerer Kampf: Ich bin mehrmals pro Tag doch nochmal umgedreht, habe mich dann direkt um etwas gekümmert und mich dabei manchmal so im inneren Konflikt befunden, als hätte ich zwei Annicas auf der Schulter sitzen, die mir (beiderseits sehr überzeugend) ein „später“ oder „jetzt“ zuflüsterten. Ich kann inzwischen (zwei Tage nach dem Experiment) definitiv sagen, auch bei den kleinen Dingen wieder weitaus disziplinierter zu sein und nur immer wieder feststellen: Es tut so gut, nicht sechs Mal pro Tag an etwas denken zu müssen, sondern es direkt erledigt zu haben. Das ist nicht nur logisch, schließlich muss man es irgendwann sowieso machen, sondern die kleinen Glücksgefühle wirklich wert.
Beitragsbilder: Annica Brommann Banner: Julia Schlichtkrull