Feierliche Immatrikulation im Dom

Am 12. Oktober fand im Greifswalder Dom die traditionelle Immatrikulationsfeier für die neuen Erstsemester statt. Neben den Vertretern der Universitätsleitung nahmen daran auch Vertreter der Stadt und der studentischen Selbstverwaltung teil.

Während Oberbürgermeister Dr. König die neuen Studenten in gewohnt präsidialer Manier begrüßte, kritisierte Rektor Prof. Westermann in seiner Ansprache die Landesregierung und ihre Kürzungspläne für die Greifswalder Universität scharf. Er vermisse eine Anerkennung der exzellenten akademischen Arbeit die in Greifswald geleistet werde. Stattdessen müsse die Universität in den kommenden Jahren mehrere Millionen Euro einsparen.  Auch für die Verzögerungen beim Bau der neuen Mensa machte Westermann die Landesregierung verantwortlich. Peinliches Fauxpas: Er erklärte in einem historischen Rückblick, dass die Universität in diesen Tagen ihren 353. Gründungstag feiere. Im Herbst 2006 hatte man bereits 550. Jahre gefeiert.

Neben den knapp 2300 Erstsemestern wurde auch der neue Kanzler der Universität Dr. Wolfgang Flieger begrüßt. Der  studierte Wirtschaftswissenschaftler, der zuletzt die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Hamburg geleitet hatte, war im Juni vom Senat als neuer Verwaltungschef gewählt worden.

Traditionell wurde im Rahmen der Feier auch ein Preis für besonderes Engagement verliehen. Preisträger in diesem Jahr ist der Medizinstudent Corentin Lucien Ilibi aus der Demokratischen Republik Kongo. Er hatte in den vergangenen Jahren der Verein “Afrikas Renaissance und Wiederaufbau” aus der Taufe gehoben.

Die komissarische AStA-Vorsitzende Solvejg Jenssen und der Vorsitzende des “Vereins der Freunde und Förderer der Universität Greifswald, Sebastian Rathjen, begrüssten die neuen Komillitonen ebenfalls.

Im Anschluss an den knapp zweistündigen Festakt spendierte die Stadt wie auch in den vergangenen Jahren Freibier für die Erstis und die schaulustigen Komillitonen höherer Semester. Parallel präsentierten sich universitäre Einrichtungen und verschieden Unternehmen auf dem Domplatz.

Einige Audio-Eindrücke der Veranstaltung sammelte unser Redakteur Eric Schümann:

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Fotos:

Daniel Focke und Carsten Schönebeck

Ein Sampler – Eine Stadt: “klein stadt GROSS” ab heute im Handel

Ab dem 12. Oktober kann der Durchschnittsgreifswalder seinem musikalischen Lokalpatriotismus genüge tun, denn an diesem Tag erscheint das Album „ klein stadt GROSS“, eine Zusammenstellung von 18 Songs Greifswalder Musikern vornehmlich aus dem Rock-Bereich. Eine Vorstellung des Albums mit Hörproben findet ihr auf der dazugehörigen Myspace-Seite. Die CD wird unter anderem im Uni-Laden, in der Stadtinformation, im Ikuwo, in der Buchhandlung Weilandt, in der Volks- und Raiffeisenbank, im Vinyl-Kultur, Ravic, Koeppen und im Antiquariat Rose erhältlich sein. Der Preis beträgt 9,99€.

Schampus gibts woanders

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Das Cover von "klein stadt GROSS"

„Wat de Buer nich kennt, dat fret he nich“ bemängelten vier engagierte Greifswalder und versuchen mit diesem Projekt der Bevölkerung zu zeigen, dass auch das musikalisch Gute oft ganz nah liegt. Damit bieten sie nicht nur lokalen Bands eine Projektionsfläche um sich vorzustellen, sondern beteiligten insgesamt neun Künstler am Design des Booklets. Ziel ist es laut den Organisatoren sowohl der Greifswalder Öffentlichkeit zu präsentieren was sich in ihrer Stadt kulturell alles tut, gleichzeitig aber auch eine Vernetzung der Künstler untereinander zu fördern. Wieviel Arbeit in der Zusammenstellung steckt deutet der Untertitel der CD “Schampus gibts woanders” bereits an.

Das Projekt wurde initiiert und durchgeführt von den (Wahl-) GreifswaldernMartin Hiller, Nico Schruhl, Stephan Rethfeld und Mathias Strüwing. Letzterer erklärte, in einem Interview mit unserem Kollegen Jockel Schmidt vom Fleischervorstadtblog die Motivation der vier mit den Worten: (mehr …)

Greifswalder rund um den Globus: Exkursion nach Vietnam

Im Rahmen unserer Serie “Greifswalder rund um den Globus” erscheinen in loser Abfolge Berichte von Kommilitonen, die Teile ihres Studiums im Ausland verbracht haben. Dieses Mal berichtet webMoritz-Autor und Blogger Oliver Wunder über seine Exkursion nach Vietnam.

Cat Ba - Vietnam

Halong Bucht, Vietnam.

Wir saßen hier fest. Langsam bewahrheitete sich diese, erst scherzhaft geäußerte, Aussage. Die letzte Fähre Richtung Festland wurde wegen des herannahenden Taifuns Mujigae gestrichen. Schon seit Stunden prasselte der Regen gegen die Fensterscheiben unseres Busses. Nur während des Ausflugs auf einem Boot zwischen den eindrucksvollen Karstinseln der Halong Bucht zeigte sich das Wetter gnädig und schenkte uns eine regenfreie Stunde.

Da saßen wir also auf Cat Ba, der größten Insel der Halong Bucht im Norden Vietnams fest. 17 Studierende, zwei Dozenten und zwei vietnamesische Begleiter im Angesicht eines nahenden tropischen Wirbelsturms. Noch kein ausgewachsener Taifun wie Ketsana, der wenigen Wochen später Vietnam und die Philippinen heimsuchen sollte, doch mit genug Power, um die Überfahrt mit der rostigen Fähre ans Festland, zu einer zu gefährlichen Tour zu machen.

2:30 Uhr: ein lautes Knallen und das Splittern von Glas weckten mich auf. Der Sturm war auf seinem Höhepunkt angelangt, das Auge nicht weit entfernt. Überall pfiff der Wind und Regen prasselte lautstark gegen Fenster, Wände und Dach des Hotels.

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Fähre von Cat Ba nach Cat Hai.

Doch am nächsten Morgen waren nur wenig Auswirkungen zu sehen, selbst die zerborstene Glasscheibe war nirgends zu finden. Als sturmerprobter Norddeutscher war es interessant mal einen tropischen Wirbelsturm zu erleben und nicht nur in der Klimatologie/Meteorologie-Vorlesung davon zu hören.

Fast drei Wochen dauerte die Auslandsexkursion der Geographie in die Sozialistische Republik Vietnam. Das war sicherlich der teuerste und angenehmste Teil des Studiums. Doch eine Exkursion ist keine Klassenfahrt, auch wenn es von außen teilweise so scheint und es auch sicher einige Momente gibt, die schon Klassenfahrtfeeling haben. Hauptsächlich geht es darum eine Region oder ein Land kennenzulernen und das eigene Wissen im Studienfach zu vertiefen. Dazu werden neben touristischen Zielen auch Termine bei Verwaltung, Staat oder Firmen gemacht und z.B. über die Vereinbarkeit von Tourismus und Naturschutz geredet. Doch selbst touristische Destinationen wie die Halong Bucht werden wissenschaftlich beleuchtet.

Kulturschock und Klischee-Deutsche

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Verkehr in Hanoi, Vietnam

Es ist enorm, wie anders das Leben in Vietnam ist. Die Unterschiede zwischen Vietnam und Deutschland zeigen sich an den kleinsten und alltäglichsten Dingen. Findet man eines der wenigen Geschäfte, die unserer Definition von Supermarkt am meisten ähneln, dann kann selbst da schwer Wechselgeld rausgegeben werden. Eine 1, 5 l-Flasche Wasser für 11.000 Dong mit einem 50.000 Dong-Schein (etwas weniger als 2 €) zu bezahlen, geht oft nicht. So sinkt dann der Preis auf die verfügbaren kleinen Scheine im Portemonnaie, in diesem Fall 7.000 Dong. In Deutschland undenkbar, doch hier Alltag.

Der erlebte Kulturschock ist groß. Besonders bemerkbar macht er sich, wenn man wieder zurückkommt nach Deutschland. Angekommen in der boomenden Hauptstadt Hanoi im Norden des Landes sorgte der Anblick des Straßenverkehrs erst für Fassungslosigkeit, faszinierte dann aber tagelang. Auf 100 m Straße kamen in der 6 Millionen-Einwohner-Stadt subjektiv gefühlte 1.000 Roller und vier Autos. Wildes Hupen und dann ging es links, rechts oder gar in der Mitte zwischen den anderen Verkehrsteilnehmern durch. Als Fußgänger kam man trotzdem vollkommen unbeschadet über die Straße, da die Rollerfahrer perfekt auf einen achteten. Einfach gehen, lautete die Devise. Da merkt man dann erst, wie sehr man doch dem Klischeedeutschen ähnelt.

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Zubereitung eines Pfeilschwanzkrebses auf dem Boden eines Restaurants.

Aus jeder Ecke kamen andere exotische Gerüche. Mal roch es nach asiatischen Gewürzen, mal nach Reis und mal einfach nur nach Fäkalien. Ein Geruchsoverkill machte sich breit. Die Leute kochen und essen auf der Straße. Von Kobra, Bambus, Wasserspinat über Hund bis Pfeilschwanzkrebs gibt es hier fast alles zu essen, was Flora und Fauna zu bieten haben. Französische Einflüsse aus der Kolonialzeit sorgen sogar für Brötchen und Wurst. Sicherlich nicht alles ohne schlechtes Gewissen essbar, aber doch sehr exotisch und vielfältig.

Von Norden aus kommend bewegten wir uns immer weiter gen Süden. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit auf der Hauptstrecke zwischen Hanoi und Ho Chi Minh Stadt (ehemals Saigon) beträgt 50 km/h. So wurde selbst die Entfernung Berlin Greifswald (ca. 240 km) zu einer vier- bis fünfstündigen Busfahrt. Alle 200 bis 300 km machten wir ein bis zwei Tage halt. Stationen der Exkursion waren neben dem bereits erwähnten Hanoi und Cat Ba auch Ninh Binh, Phong Nha-Ke Bang, Hue und Hoi An.

Nach der Exkursion: Privat weitergereist

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Cua Dai Strand in Hoi An

Als die Exkursion zu Ende war, blieb ich mit fünf meiner Freunde noch 10 Tage länger und sah mir den Südteil Vietnams an. Nha Trang, die Insel Phu Quoc, das Mekong Delta und Ho Chi Minh Stadt standen bei uns noch auf dem Programm. Auch ein paar Tage in der heissen Sonne am Strand waren drin.

Die in Vietnam gesammelten Eindrücke lassen sich nicht in einem Artikel zusammenfassen. Wir haben soviele Sachen gesehen und erlebt – da braucht es noch einige Zeit, alles zu verarbeiten. Mit Sicherheit betrachten die meisten von uns Deutschland nun mit anderen Augen. So lernt man doch die Vorzüge und Nachteile der eigenen Gesellschaft viel besser durch das Erleben eines weit entfernten Landes kennen. Wir haben nicht nur Vietnam kennengelernt, sondern auch viel über uns selber herausgefunden.

Fotos: Oliver Wunder

Mehr Fotos gibt es im privaten Blog des Autors.

Jetzt mitmachen bei den moritz-Medien!

Auf dem “Markt der Möglichkeiten” haben sich heute zahlreiche Erstsemester über das studentische Vereinsleben in Greifswald informiert. Neben den Hochschulgruppen, Begabtenförderwerken, Vereinen wie “Gristuf” und den Pfadfindern stellten sich auch die studentische Selbstverwaltung und die moritz-Medien vor.

Die Besucher konnten sich bei den anwesenden Redakteuren der Bereiche moritz-Magazin, moritzTV und webMoritz mit der  Arbeit in den verschiedenen Sparten der moritz-Medien vertraut machen.

Am Samstag: Tag der offenen Tür beim Medien-Café

Für alle die sich für redaktionelles Arbeiten interessieren und sich vielleicht sogar vorstellen können später einmal einen Beruf im Medienbereich zu ergreifen, sind die moritz-Medien der ideale Ausgangspunkt. Wer beim “Markt der Möglichkeiten” nicht dabei war oder dort Interesse an den Medien bekommen hat, kann am Samstag weitere Einblicke in den Alltag der Redaktionen gewinnen. Alle drei Bereiche laden zwischen 12 und 18 Uhr zum “Mediencafé” in die gemeinsame Redaktion in der Wollweberstraße 4 ein.

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Chefredakteure und Geschäftsführung (Bild) sowie weitere Redakteure erwarten euch.

Die Redakteure des Magazins informieren über den Entstehungsprozess einer Moritz-Ausgabe, moritzTV gewährt Einblicke in die Welt des Fernsehens und auch der webMoritz bietet einen Blick hinter die Kulissen: Wie funktioniert unser Content-Managment-System? Was sind die aktuellen Themen im Lokalgeschehen? Und wie koordiniert die Redaktion ihre Arbeit?

Wer weniger am Journalismus und stärker an Betriebswirtschaft interessiert ist, kann sich bei der Geschäftsführung der Medien informieren. Die Geschäftsführer verwalten das Budget, das den Medien vom StuPa jährlich zur Verfügung gestellt wird.

Für das leibliche Wohl ist am Samstag gesorgt – für die Besucher gibt es Kaffee und Kuchen.

Übrigens: Wer am Wochenende verhindert ist und trotzdem Interesse an der Mitarbeit bei den Moritz-Medien hat, kann auch im Semester jederzeit einsteigen. Die Redaktionen freuen sich stets über Besuchen in den regelmäßigen Redaktionskonferenzen – Vorwissen oder Voranmeldung sind nicht erforderlich. Nähere Informationen geben die Chefredaktionen jederzeit gern per E-Mail.

Außerdem: Fortbildungswochende Ende Oktober

glashagenAm Wochenende 23./24./25.10. machen die Moritz-Medien interessieren Neueinsteigern außerdem ein besonderes Angebot: Ein Fortbildungswochende im naheglegenen Glashagen bietet Gelegenheit zur Weiterbildung und zum Kennenlernen. Tagsüber gibt es sieben Angebote verschiedener Referenten, unter anderem Reportage-, Fotografie und Podcasting-Workshops, abends wird es dann gesellig.

Die Unterbringung erfolgt in einem alten Gutshaus mit urigem Charme, in dem noch mit Holz geheizt werden muss. Die Teilnehmer sollten einen Schlafsack mitbringen, außerdem wird ein geringer Beitrag von 15 Euro für die Teilnahme erhoben. Interessierte können sich am Samstag bei der Redaktion melden, die sie am meisten interessiert oder sich per E-Mail an die webMoritz-Chefredaktion wenden: web@moritz-medien.de

Bilder: Erik Schumacher, Carsten Schönebeck u.a.

Kalter Entzug vom Web

von Christiane Müller

Vorabveröffentlichung aus der neuen Ausgabe des moritz-Magazins (79), die in diesen Tagen erscheint.

Ein normaler Uni-Tag im 21. Jahrhundert: Der Wecker hat geklingelt, der Student steht auf, schaltet den Rechner ein und vollzieht das allmorgendliche Ritual des Emailabrufens. Nachdem er aus der Uni zurückgekehrt ist, wird er sowohl zwischenmenschliche Kommunikation als auch Studienrecherchen und Zeitvertreib bequem per Mausklick bewältigen. Denn das Internet ist heute der größte Wissensspeicher, das größte Einkaufszentrum und der größte Vergnügungspark der Welt zugleich.

maus-200x133Kaum ein Student ist mehr davon frei: vom Bedürfnis, täglich seine sozialen Kontakte im Netz zu pflegen, stets seinen Informationsstand um das aktuelle Tagesgeschehen zu „updaten“, online nach Zerstreuung und Unterhaltung zu suchen, in einer Informationsgesellschaft alle Antworten sofort nach wenigen Klicks zur Verfügung haben zu müssen – oder auch einfach nur die Notwendigkeit, für das Studium Vorlesungsmaterialen und Informationen online zu organisieren.

Das World Wide Web ist inzwischen zweifelsohne ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil sowohl des Hochschulalltags als auch des privaten Lebens von Studenten geworden. Stundenplanänderungen werden per Mail bekannt gegeben, Einschreibung, Prüfungsanmeldungen und Noteneinsicht sind über Selbstbedienungsfunktionen möglich, Materialen zu den Vorlesungen kann man abseits von “WULV” oder “Stud.IP” nicht erreichen, Referate werden mit Hilfe von Wikipedia vorbereitet, das ist nun mal die bittere Wahrheit.

Diese Liste lässt sich unter Einbezug des studentischen Privatlebens beliebig fortsetzen: Verabredungen plant man per Mailverkehr oder StudiVZ, Freunde teilen durch einen Doppelpunkt und eine Klammer ihre aktuelle Gefühlslage mit, Bücher, CDs und DVDs bestellt man online – vorausgesetzt, man hat die Filme und die Musik nicht schon längst heruntergeladen. Nachrichten und Wettervorhersagen erhält man ebenso im Netz, und den Feierabend oder freie Minuten zwischendurch verbringt man mit YouTube, ICQ und dem Durchstöbern von StudiVZ- oder Facebook-Profilen.

Die Beziehung zwischen Studierenden und dem Internet erscheint einem Abhängigkeitsverhältnis gleich. Dass es bei einer Abhängigkeit zu Entzugssymptomen kommt, sobald der „Stoff “ abgesetzt wird, ist kein Geheimnis. Bleibt die Frage, ob diese genauso auftreten, sobald einem der Netzzugang gekappt wird.

Kalter Entzug vom Internet

Eine Entziehungskur dieser Art müssen Bewohner des Studentenwohnheimes in der Wilhelm-Holtz-Straße nun schon seit drei Monaten machen. Nachdem dort die Funkanbindung zusammengebrochen war und sich eine Reparatur als nicht möglich herausstellte, wurden die Studierenden per Brief darüber informiert, dass ein neuer Internetzugang wohl erst wieder Ende September eingerichtet werden könne. Ein Schock für jeden medienverwöhnten modernen Studenten! Mehrere Monate lang quasi abgeschnitten von der Außenwelt, ohne die gewohnten Kommunikationsmittel, Bequemlichkeiten und Genüsse, die einem schon so selbstverständlich erscheinen wie fließendes Wasser? Schier unmöglich.

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Im Wohnheim Holtzstraße fiel für Monate das Internet aus

Die unfreiwillige Entwöhnung bei den Opfern des Funkproblems zeigt: Einen oder zwei Tage ohne Internet überstehen die meisten noch gut. Doch spätestens nach dieser Zeitspanne lassen sich die ersten Entzugserscheinungen feststellen. Zwar fallen die physischen Symptome wie Schwindel, Zittern oder Übelkeit aus, aber allmählich macht sich beim Betroff enen eine innere Unruhe breit. Wenn man doch nur ganz kurz seine Mails sehen könnte… Oder wenigstens fünf Minuten im StudiVZ hätte. In der Vorstellung wird das Bild eines im Minutentakt wachsenden Emailberges, bestehend aus unermesslich wichtigen Nachrichten, immer dominanter, bis man letztendlich auch den Weg bis zur Unibibliothek in Kauf nimmt, um diese beantworten zu können. Danach noch ein paar Pinnwandeinträge? Leider ist das Internet in der „Bib“ wieder einmal so langsam, dass Studi-VZ nach wenigen Sekunden abstürzt. Das Emailchecken muss also vorerst ausreichen.

Wieder zu Hause erhalten die Leidtragenden neuen Grund zur Frustration. Möglicherweise arbeiten sie an einem Referat oder wollen eine Vorlesung vorbereiten. Erste Informationen zum Thema sind normalerweise schnell besorgt: Einfach den Begriff googeln oder wikipedieren. Stopp, das geht ja auch nicht mehr. Da muss wohl das altbewährte Lexikon herhalten – wenn man im Zeitalter von Online-Enzyklopädien überhaupt noch ein solches besitzt. Natürlich steht das gesuchte Wort nicht drin, aber dann befragt man einfach ein Online-Synonymwörterbuch, um das Problem zu lösen. Doch halt: Auch dafür braucht man ja Internet. Spätestens jetzt beenden einige der Betroff enen wohl entnervt die Arbeit an den universitären Pflichten und verschieben diese auf den nächsten Bibliotheksbesuch. Bleibt lediglich die Frage, wie man den angebrochenen Abend verbringt.

Probleme beim Zeitvertreib

Auf der Datenautobahn entsteht dieses Problem oftmals gar nicht:  Webnutzer wissen sich die Zeit zu Hause notfalls bei YouTube, ICQ oder in sozialen Netzwerken zu vertreiben. Mails schreiben, Nachrichten beantworten, Musik hören, erneut die Mails abrufen, Partyfotos kommentieren, das Verhalten anderer Mitglieder observieren, wieder die Nachrichten prüfen – und wenn keine neuen da sind? Dann kann man immer noch hoffen, dass ein Chatfenster aufspringt und sich ein Plauderpartner anbietet. In Ermangelung dieser Möglichkeiten greifen einige „Patienten“ auf ein anderes Instrument zur Kommunikation zurück: Ein langes Telefongespräch verschafft die herbeigesehnte Verbindung zur restlichen Welt. Zum Glück weiß man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sich die Zahl auf der Handyrechnung am Ende des ersten internetlosen Monats verdreifacht haben wird.

Ganz ähnlich wie bei anderen Entzugstherapien helfen Ersatzbeschäftigungen, die Symptome zu lindern: Einige der Offliner entdecken während der Behandlungszeit die Welt des Fernsehens, der Bücher und des Telefonierens für sich wieder. Oder aber das Nachgrübeln: Zum Beispiel über die Frage, wie sich die Menschen abends beschäftigten, als sie noch nicht mit der Erfindung des Internets gesegnet waren. Wie googelten sie Wörter  ohne Google, wie recherchierten sie Literatur ohne Systeme wie OPAC, wie planten sie Verabredungen? Ist es etwa Langeweile und Fantasielosigkeit, die uns Abend um Abend vor dem Bildschirm verbringen lässt? Wie sähe die Welt – und vor allem ein Studium – heute aus, wenn Tim-Berners Lee nicht vor einigen Jahren das World Wide Web erfunden hätte?

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Das neue moritz-Magazin (79) erscheint in diesen Tagen.

Beschaffungsverhalten beim Patienten

Andere Studenten entfalten die typischen Verhaltensmuster Abhängiger und richten ihre Tagesplanung hauptsächlich auf die Beschaffung der „Substanz“ aus, in diesem Fall auf die Organisation eines Ortes mit Internet. An den regelmäßigen Weg in die Unibibliothek gewöhnt man sich trotz Zeit und Aufwand – denn die Bibliothek ist der Ort, der das Verlangen nach einem Netzanschluss befriedigt. Alternativ können sich die Betroff einen plötzlich auffallend häufi g von verständnisvollen Freunden nach Hause einladen lassen, deren Wohnung rein zufällig über eine intakte Internetverbindung verfügt.

Dass das Internet heute einen integralen Bestandteil des studentischen Tagesablaufs bildet, beweist auch eine Studie des Hochschul-Informations-Systems (HIS). Von den hier befragten Studierenden gaben gerade einmal 0,3 Prozent an, täglich weniger als eine Stunde im Netz aktiv zu sein. Die Mehrheit von 73 Prozent ist pro Tag eins bis drei Stunden online, ein Viertel immerhin vier bis sechs Stunden. 1,3 Prozent verbringt gar zehn bis zwölf- Stunden täglich beim Surfen.

Die am häufigsten aufgesuchten Internetangebote unter Studenten sind der Untersuchung zufolge Wissensplattformen wie Wikipedia, gefolgt von sogenannten „Social Communities“ wie StudiVZ, Facebook und MySpace. Angesichts dieser Zahlen ist das Verhalten bei plötzlicher Internetabstinenz nicht sehr verwunderlich. Die diagnostizierten Entzugssymptome lauten: Aufkommende Langeweile, Angst um Informationsrückstände gegenüber anderen, sowie der sehnliche Wunsch nach Rückkehr in die alten Sozialnetzwerke.

Wenn nach mehreren Monaten schließlich die Zeit der Entsagung beendet ist, erwarten so manche geradezu fi ebernd den großen Tag, an dem das Internet sie wiederhaben wird. Endlich darf man auf Erlösung hoff en. Das Datum gleicht einer zweiten Geburt in die fantastische Welt des Webs. Bald ist man wieder vollständig in die moderne Zivilisation integriert! Als der Rechner hochgefahren ist und das Netzwerksymbol am Bildschirmrand plötzlich wieder mit der verheißungsvollen kleinen blauen Kugel aufblinkt, steigt die Aufregung spürbar. Der Gruß der Mailbox klingt bereits vielversprechend: „Guten Tag! Du hast ungelesene Mails.“ Na bitte! Schnell aufgerufen… Spam, Spam, unwichtig, Spam. Also ab damit in den Papierkorb. Aber vielleicht war man ja bei StudiVZ wichtig. Der Einloggvorgang hierfür ist einem schon in die Finger übergegangen; doch auch hier wartet das Nachrichtenfeld mit provozierender Leere auf. Nach dem wenig erfolgreichen Versuch, spannende Neuigkeiten über Bekannte auszukundschaften, hat sich auch dieser Teil des Internetaufenthalts erledigt. Und nun?

Alle Seiten, die man sonst regelmäßig angesurft hat, sind bereits abgehakt. Mehr gibt es für heute online nicht zu tun. Nach fünf Minuten ist das Browserfenster mangels Beschäftigung wieder geschlossen – und wird es auch für den Rest des Tages bleiben. Natürlich bleiben Rückfälle wie bei jedem Entzug nicht völlig aus.  Doch bei einigen hat dieser Erfahrung dauerhaft Wirkung gezeigt, wie zum Beispiel bei Alina: „Ich habe gemerkt, dass das Meiste, was man macht, eigentlich Zeitverschwendung ist. Es reichen eff ektiv fünf Minuten am Tag, um alle Nachrichten zu checken. Ich habe meine Gewohnheiten da total verändert. Nun bin ich bin viel seltener online und das fühlt sich gut an!“ Klingt logisch – aber offenbar bedarf es einer mehrmonatigen Entziehungskur vom Netz, um zu dieserErkenntnis zu gelangen.

Weitere Themen im neuen moritz-Magazin:

  • Der Leistungsdruck und seine Folgen: Studenten auf dem Weg in die Sucht
  • Kompetenzstreit zwischen AStA und StuPa
  • Profs Privat (3): Professor Bornscheuer
  • Kultur: die siebte Greifswalder Kulturnacht
  • m.trifft: Hafenmeister Arnold Dörling

Bilder: Martina Gäde (Maus), Gabriel Kords (Wohnheim)

Steinwerfer attackieren Burschenschaft *update*

Wie aus einem einem Polizeibericht der Polizeidirektion Anklam hervorgeht, hat es in der Nacht zu Sonntag Ausschreitungen gegen die Greifswalder Burschenschaft “Markomannia” gegeben. Dem Bericht zufolge seien am späten Samstagabend etwa 100 Personen von der Mensa aus zum Karl-Marx-Platz gezogen, von denen sich eine Gruppe abgespalten und das Gebäude der Burschenschaft am Karl-Marx-Platz attackiert habe. Dabei sei niemand verletzt worden, allerdings seien mehrere Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Zu den Urherbern der Tat gab die Polizei nur bekannt, es handle sich um “Mitglieder der linken Szene”, gegen die nun wegen Landfriedensbruchs ermittelt werden.

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Logo der Markomannia

Eine weitere Gruppierung habe eine Polizeistreife mit zwei Mann Besatzung angegriffen. Auch dieser Vorfall sei ohne Verletzte verlaufen. Die Polizei, die in der Nacht 35 Beamten aus Anklam und Neubrandenburg nach Greifswald schickte, schreibt weiter:

“Die vermummten Personen waren gewaltbereit. Dafür sprachen die mitgeführten und geworfenen Schottersteine und die Tatsache, dass einige von ihnen Körperschutz, wie zum Beispiel an den Schienbeinen, trugen.”

Der NDR berichtet unter Berufung auf die Polizei, die Gewalttäter seien auch aus Ost- und Nordvorpommern, Rostock und Hamburg angereist. Zudem äußerte sich Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider im NDR: Übergriffe sowohl von Links- als auch Rechtsextremisten seien nicht zu akzeptieren. Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Update 4.10.2009, 15:45 (mehr …)