Der Castor rollt, die Gegner sind bereit

Zwei Aktivisten besetzten mit einem Strandkorb die Gleise nach Lubmin.

Von Christine Fratzke und Marco Wagner

Der Castor ist am Abend des 14. Dezember im französischen Cadarache gestartet. An diesem Tag gab es mehrere Aktionen: Ein Strandkorb wurde auf die Gleise nach Lubmin gelegt, eine Lichterkette zog sich bis Eldena und am Abend fand eine Demonstration statt.  Unter dem Motto “Atomkraft raus, Nazis abschaffen” versammelten sich etwa 100 Aktivisten am Greifswalder Bahnhof.

Trotz des massiven Polizeiaufgebots in und um Greifswald ist es einigen Castorgegnern gelungen, sich mit einem Strandkorb auf den Schienen nach Lubmin zu platzieren. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Anti-Atombündnisses Nordost hervor. Die Castorgegner wollen mit der Aktion auf den möglichen Imageschaden für die Region Vorpommern aufmerksam machen, der durch den Castortransport in das Zwischenlager Nord entsteht.

Dabei haben die Demonstranten vor allem die beiden großen Tourismusschwerpunkte Mecklenburg-Vorpommerns im Blick: Die Inseln Rügen und Usedom. Es wird allerdings auch auf einen der letzten Fischereihäfen im Nachbarort Freest verwiesen. “Die Folgen eines Zwischenfalls für Mensch und Natur wären katastrophal. Die Kosten (auch für Strommonopolisten und Politiker) unbezahlbar”, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Grund für die Sorgen um einen möglichen Zwischenfall ist die fehlende “heiße Zelle” im Zwischenlager Nord bei Lubmin. Dabei handelt es sich um einen Isolationsraum für undichte Castoren, in dem Brennstäbe ohne radioaktive Emissionen umverpackt werden können. Aufgrund der Tatsache, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Sicht der Aktivisten immer noch kein Endlager für hochradioaktiv strahlendes Material gefunden wurde, besteht die Sorge, dass Lubmin langfristig ein Endlager für Atommüll wird.

Nazis schottern, Castor raus

Etwa 100 Demonstrierenden versammelten sich auf dem Bahnhofsvorplatz.

300 Polizeibeamte waren dann am Abend am Greifswalder Bahnhof. Ursprünglich waren von Seiten der Organisatoren, der Antifa Greifswald, ebenfalls 300 Demonstranten angemeldet.  Aber 200 weniger waren trotz eisiger Kälte vor Ort: Gekleidet mit Strahlenschutzanzügen und gewappnet mit zahlreichen Flaggen trafen sie sich um acht Uhr vor dem Bahnhof. Ihre Route verlief vom Bahnhof über die Rubenowstraße und Lange Straße, dem Markt bis zum Museumshafen. Auf der ersten Kundgebung am Bahnhof sagten die Veranstalter: “Wir begrüßen es nicht, wenn Nazis auf Atomprotesten demonstrieren.” Darüber hinaus wurde gefordert: “Nazis schottern, Castor raus!”

Der Castor wird voraussichtlich am 15.  Dezember die französisch-deutsche Grenze erreichen. Der weitere Weg werde, laut Ostsee Zeitung, über Rostock und Stralsund führen. Voraussichtlich erreicht der Castor am Donnerstag Vormittag Lubmin. Weitere Aktionen sind geplant: Vom 15. bis 16. Dezember wird es unter anderem eine Sitzblockade geben.

Foto: Anti-Atom Nordost, Christine Fratzke (Demonstration, Aufmacher Europakreuzung)

Impressionen: Ein Tag gegen Atomkraft in Greifswald

Beitrag von Thomas Grothe, Torsten Heil, Simon Voigt und Marco Wagner

Zu Tausenden zogen heute Demonstranten um die Greifswalder Innenstadt. Tausende, die sich einen gesunden Planeten wünschen. Tausende, die sich nicht mit einer Atomkraftpolitik abfinden wollen, die nicht die ihre ist? Oder gibt es so viele verschiedene Gründe, wie Protestierende? Als alle Augen auf die Bühne gerichtet waren und alle Ohren den verschiedenen Rednern lauschten nutzte der webMoritz die Gelegenheit und fragte nach:

Protest-Familie Reul aus Greifswald.

Wir sprachen mit der Familie Reul aus dem Stadtteil Wieck in Greifswald. Thorsten und Kristina Reul kamen mit ihrem kleinen Sohn Peter: “Es geht doch auch um die Zukunft unseres Kindes.” Die junge Familie war von der Beteiligung an der Veranstaltung enttäuscht. Sie hätten sich gewünscht, dass mehr Leute für die Zukunft Peters und aller Anderen demonstrieren. Sogar an der deutlich kleineren Fahrraddemo von Greifswald nach Lubmin haben sie schon teilgenommen. Denn sie finden, dass “das Problem der Endlagerung” ein zu hoher Preis für Strom ist.

Ein anderer erfahrener Demo-Besucher ist Burghart Kleiner. Er besucht Veranstaltungen wie diese seit seinem achtzehnten Lebensjahr und dies war mit Sicherheit auch nicht die Letzte, so der mittlerweile 53-jährige. Trotz des großen Demo-Erfahrungsschatzes war der Wendländer über die Anzahl der Teilnehmer positiv überrascht. Beeindruckend: Kleiner hat ohne Internet, Fernseher und Telefon von der heutigen Anti-Castor-Demo erfahren.

Demo-Veteran Burghart Kleiner aus dem Wendland.

Dagegen ist Franziska Solbrig grade durch eine E-Mail auf den Massenumzug gestoßen. Als Mitarbeiterin der Universität Greifswald freute sie sich über die bunte Zusammensetzung der friedlichen Protestler, denn jede Altersklasse war vertreten. “Mein Problem mit der Atomkraft ist die Risikofrage”, sagte die 26-jährige. Was kann nicht alles passieren, fragte sich Solbrig weiter. Das Spektrum der möglichen Unfälle reiche von einem entgleisten Atommülltransport bis zum Unglück von Tschernobyl, die Uni-Mitarbeiterin.  Jeder hat seine eigene Motivation. Dennoch kämpfen alle Demonstranten für das gleiche Ziel: den Atomkraftausstieg für Deutschland.

Die Teilnehmer machten ihrem Ärger Luft. Mit Trommeln und Pfeifen protestierten die Aktivisten akustisch während des Umzugs. Der Protest verlief gewaltfrei und die Polizei blieb stiller Beobachter. Andere demonstrierten mit Witz: Sie verkleideten sich als Clowns oder offenbarten ihre Meinung mit lustigen selbstgemalten Schildern. Daraus bildete sich vor der Bühne ein buntes Plakat- und

Uni-Mitarbeiterin Franziska Solbrig am Rande der Demo.

Fahnenmeer. Auch das Interesse der Anwesenden an den Reden war durch ihr respektvolles Schweigen hörbar. Nur für zustimmenden Applaus wurde die Konzentration gelegentlich unterbrochen und die Hände gewärmt. Mit Kaffee, Bratwurst, Döner und vor allem warmer veganer Suppe wurde die Kälte bekämpft.

Das tat vor allem den vielen Kindern gut, welche von ihren Eltern mit zur Demonstration genommen wurden. Auffallend viele Kinderwagen fügten sich in den Demonstrationszug mit ein, sodass dieser streckenweise einem gemütlichen Wochenendspaziergang glich. Auf bunten Schildern machte auch der Nachwuchs darauf aufmerksam, dass die Lagerung von Atommüll vor allem ein Problem für die zukünftigen Generationen ist.

Fotos: Simon Voigt, Marco Wagner und Torsten Heil

Anti-Castor-Demo mit Ministerpräsident Erwin Sellering *Update Podcast*

von Torsten Heil

Wer heute vor 13 Uhr in die Innenstadt gefahren oder gegangen ist, dem schien die Morgenruhe trügerisch zu sein. So, wie die Ruhe vor dem Sturm. An allen Ecken und Enden der Straßen positionierten sich dutzendweise Einsatzwagen der Bundespolizei sowie der Landespolizei. Mehrere Hundert Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sind im Einsatz. Auch schweres Gerät ist aufgefallen: In der Schönwalder Landstraße wurde ein Wasserwerfer gesichtet. Am Bahnhof ist, abgesehen von dem massiven Polizeiaufgebot, nur wenige auf den Straßen.

Greifswald wird zur Festung. (Foto: T. Heil)

Die Polizeidirektion Anklam und die Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt haben sich offensichtlich umfassend auf den geplanten Einsatz vorbereitet. Mehrere hundert Polizisten sollen die Anti-Atom-Demonstration absichern. Nach Informationen des webMoritz stammen die Einsatzkräfte vorwiegend aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, der Hansestadt Hamburg und der Bundespolizei. „Wir halten starke Reserven aus dem gesamten Bundesgebiet bereit“, teilte der Einsatzleiter Polizeioberrat Gunnar Mächler mit. Insgesamt werden 4000 Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Der Demonstrationszug beginnt um 13:30 Uhr am Busbahnhof und zieht einmal um die Innenstadt. Der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), hat seine Teilnahme ebenfalls angekündigt.

Auf dem Hof der Polizei hat sich der Katastrophenschutz vorbereitet. (Foto: T. Heil)

Live-Ticker von der Demo:

von Marco Wagner, Torsten Heil, Gabriel Kords, Thomas Grothe und Simon Voigt

Informationen von der Demo im Ticker-Stil erhaltet ihr in Echtzeit auf dem webMoritz-Twitter-Feed. Die wichtigsten Infos gibt’s außerdem hier:

13:20 Zurzeit läuft ein Aufwärm-Konzert von Thomas Putensen. Danach wird es einige Ansprachen geben und dann geht’s los. Die Stimmung ist entspannt und gelöst. Die Polizeipräsenz ist allerdings nicht unerheblich.

13:30 Uhr: Die Kundgebung hat begonnen. Verschiedene Aktivisten halten kurze Wetzlar, Braunschweig, Wien, Hamburg, Rostock und vor allem aus der Greifswalder Umgebung. Es werden einige polizeiliche Auflagen (keine Glasflaschen, kein Laufschritt) kundgetan.

13:35 Uhr: Die Sprecher haben auch einige programmatische Forderungen : Abschaffung aller weltweiten AKWs, Subventionierung der erneuerbaren Energie durch Einnahmen der Kernkraft und keine Transporte ins verstrahlte russische Kernenergie-Zentrum Majak. Gesprochen haben unter anderem Ulrike Berger (Grüne) und Nadja Tegtmeyer.

Auftaktkundgebung am Bahnhof. (Foto: M. Wagner)

13:45 Uhr: Der Bischof der Pommerschen Evangelischen Kirche (PEK), Hans-Jürgen Abromeit, spricht über Verantwortung. Auch fossile Brennstoffe seien keine alleinige Alternative. Und: “Der Mensch ist nicht allein auf der Erde.” Jede Nation müsse globale Verantwortung übernehmen. Atomkraft sei “ein Verbrechen an den Kindern”.

13:48 Uhr: Die Veranstalter haben übrigens vorhin mit deutlichen Worten darauf hingewiesen, dass Neonazis bei der Demo unerwünscht seien. Die Teilnehmer haben das lautstark unterstrichen.

13:50 Uhr: Die offiziellen korrigieren die Zahlen deutlich nach oben: Die Polizei geht jetzt doch von 1500 Teilnehmern aus (vor einer halben Stunde hieß es noch, wesentlich mehr als 1000 würden es wohl nicht), die Veranstalter wollen bereits über 2000 gezählt haben. Von den von ihnen erhofften 4000 Teilnehmern ist das aber noch weit entfernt.

13:55 Uhr: Ministerpräsident Sellering (SPD) sagte dem webMoritz: “Bei diesem schlechten Wetter kann man nicht mit mehr Leuten rechnen, aber ich bin erfreut über die Leute, die den Weg hierhergefunden haben und das mit großem Ernst verfolgen. Wir können auf Demonstrationstouristen aus anderen Ländern verzichten.”  Er vertrete die Position des Landes, die unter den Parteien im Landtag Konsens sei: Atommüll, der nicht aus Lubmin oder Rheinsberg komme, habe in Lubmin nichts zu suchen. Weiterhin: “Es ist schade,  dass die Landesregierung keine rechtliche Handhabe gegen die Transporte hat.” Eine Ansprache wird der Landesvater nicht halten.

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) auf der Demonstration in Greifswald.

14:05 Uhr: Unter den zahlreichen SPD-Mitgliedern, die an dem Protestzug teilnehmen, ist auch der Vize-Bürgerschaftspräsident, Jura-Professor und Landesverfassungsrichter Prof. Wolfgang Joecks. Er hält ein Pappschild mit den Worten “Hände weg vom Atomausstieg!” und sagte dem webMoritz, dass er betrübt sei über das schlechte Wetter. Da alle dieselbe Meinung hätten, solle die Auftaktkundgebung kürzer ausfallen und stattdessen nun der Demonstrationszug beginnen.

14:10 Uhr: Der Demo-Zug hat sich inzwischen in Bewegung gesetzt. Die Demonstranten ziehen nun über die Bahnhofstraße.

14:20 Uhr: Der Regen hat aufgehört. Die bunt gemischte Gruppe zieht über die Bahnhofstraße. Am Ende des Zuges ziehen zwei Traktoren mit. Man sieht viele originelle Protest-Plakate und -Motive.

14:32 Uhr: Der Tross von Protestlern befindet sich momentan in der Geothe- /Ecke Stephaniestraße. Aufgrund der engen Straßen kam der Demonstrationszug zwischen durch zum stehen, ist aber jetzt wieder in Bewegung.

Die Demonstraten haben sich zahlreiche Ideen für ihren Protest ausgedacht.

Die Demonstraten haben sich zahlreiche Ideen für ihren Protest ausgedacht.

14:41 Uhr: Die Spitze der Demo ist inzwischen auf dem Hansering, in Höhe der Bereichsbibliothek am Schießwall. Demo-Beobachter Peter Madjarov vom Arbeitskreis Kritischer Juristen, der die Demo beobachtet, sagt, dass es keine besonderen Vorkommnisse seitens der Polizisten gibt, was der AKJ überprüfen wollte. Ein Mitglied der Organisatoren will deutlich über 3000 Teilnehmer gezählt haben – die Polizei geht weiterhin von deutlich unter 2000 aus.

14:50 Uhr: Ein Hubschrauber im Tiefflug beobachtet den Protestzug, dessen Ende jetzt die Europakreuzung passiert. Die Organisatoren behaupten inzwischen, es nähmen 3600 Teilnehmer teil.

15:05 Uhr: Das Ende des Protestzugs befindet sich noch auf dem Hansering, während dessen Spitze schon in die Bachstraße einbiegt. Der Tross kommt stellenweise etwas ins Stocken.

Plakat: Caspar statt Castor.

15:12 Uhr: Der Protestzug erreicht in Greifswalds engen Straßen eine beträchtliche Länge: Derzeit zieht die Spitze an der webMoritz-Redaktion in der Wollweberstraße vorbei, das Ende ist indes noch in der Bachstraße. Die Demonstranten produzieren mit ihren Trillerpfeifen und Sirenen erheblichen Lärm, der von den “Häuserschluchten” in der Innenstadt nochmals verstärkt wird.

15:17 Uhr: Die Teilnehmer rufen “Abschalten, abschalten!”. Der Protestzug nähert sich mit seiner Spitze schon wieder dem Bahnhof.

15:25 Uhr: Das Ende des Protestzuges ist jetzt an der Wollweberstraße vorbei. Der Anfang hat bereits den Bahnhof erreicht.

15:39 Uhr: Alle Demo-Teilnehmer sind nun am Bahnhof angekommen. Nun beginnt dort in wenigen Minuten die Abschlusskundgebung. Derweil werden Spekulationen laut, dass die Anzahl von Teilnehmern aus der Region eher gering sein. Das ist aber ein unbestätigtes Gerücht.

15:44 Uhr: Wir zählen derzeit etwa drei Viertel der Teilnehmer, die zu Beginn der Demo auf dem Bahnhofsvorplatz waren. Ein Teil der Teilnehmer ist wohl  in die Innenstadt diffundiert oder schon abgereist. Kilian Dorner vom Allgemeinen Studierendenausschuss spricht von der größten Anti-Atom-Demo in Greifswald seit 18 Jahren.

15:46 Uhr: Ingo-Schlüter, stv. Vorsitzender des DGB Nord spricht programmatisch gegen Atomkraft. Die schwarz-gelbe Regierung sei “verstrahlt” und betreibe Klientelpolitik.

15:51 Uhr: Die Polizei geht inzwischen von circa 2500 Teilnehmern aus. Die Veranstalter bleiben bei einer Gesamtzahl von 3600.

Der Träger des Alternativen Nobelpreises Michael Succow.

15:53 Uhr: Die Veranstaltung werde noch ungefähr bis 16:30 Uhr gehen, sagt Mit-Organisator Michael Steiger.

16:05 Uhr: Oskar Gulla von der Klima-Initiative spricht. Anschließend sind noch drei weitere Redebeiträge geplant. Die Stimmung ist gut, die Teilnehmerzahl schrumpft allerdings.

16:13 Uhr: Einige Demonstranten werden derweil militanter und rufen: “Castor schottern, Castor schottern”.

16:16 Uhr: Die Foto-Galerie wurde aktualisiert. Der webMoritz-Ticker reduziert nun seine Frequenz ein wenig.

16:23 Uhr: Auf der Abschlusskundgebung spricht jetzt Kerstin Rudek, die Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg. Sie verwies in ihrer Rede auf den erfolgreichen Protest der Anti-Atombewegung und betont: “Kämpfen lohnt sich. Lasst nicht zu, dass Stromkonzerne ihren Dreck bei euch abladen. Lasst nicht zu, dass eure Kinder an Leukämie erkranken und euch dann erzählt wird, es gäbe keinen Zusammenhang.”

17:00 In der Zwischenzeit sprachen Professor Konrad Ott und Michael Succow. Letzterer betont, dass es heute nicht mehr ausreiche, “die Glühbirne auszuwechseln. In der Atomdebatte muss die Führungsmannschaft ausgetauscht werden.” Und weiter: “Als ich die Polizisten sah, wünschte ich mir, sie hätten heute zu Hause bei ihren Familien sitzen können. Denn in einer gut funktionierenden Demokratie müssten wir jetzt nicht hier demonstrieren.”

Der Umweltethiker und Uni-Professor Konrad Ott.

Konrad Ott verweist in seiner Rede auf den Weg von der Ani-Atombewegung zur Anti-Atompolitik, die vor 20 Jahren eingeleitet wurde. Allerdings habe sich die Regierung mittlerweile wieder von der Anti-Atompolitik entfernt. Um wieder zu einer solchen Politik zurück kehren zu können, müssten sich die Mehrheitsverhältnisse im Parlament ändern. Ott weiter: “Die Laufzeitverlängerung war ein Geschenk, eine ganz lange Brücke für Stromkonzerne wie RWE. Ich halte die Entscheidung der Regierung für einen schweren Fehler.”

17:07 Die Demonstration ist nun zu Ende. Die letzten Redebeiträge kamen von Ulrike Mehl, stellvertretende Vorsitzende des BUND sowie von Verina Speckin vom republikanischen Anwältinnen und Anwälteverband.

Update 20.00 Uhr: Die webMoritz-Redakteurin Christine Fratzke hat sich das Mikrofon geschnappt und die Demonstranten vor Ort befragt. Was dabei herausgekommen ist, ist im folgenden Podcast zu hören:

[podcast]http://webmoritz.de/wp-content/uploads/2010/12/anti-castor-demo-11-12-2010-christine-fratzke.mp3[/podcast]

Fotos: Torsten Heil, Simon Voigt, Marco Wagner und Thomas Grothe

Grusel, Witz, Groteske: Das war die sechste Greifswalder Kurzfilmnacht

Ein Beitrag von Simon Voigt und Christine Fratzke

Jens führt durch das Programm der 6. KuFiNa

Jens führt durch das Programm

Wenn sich an einem kalten Dezemberabend mehr als 100 Leute vor dem Fremdsprachen- und Medienzentrum versammeln, dann kann das eigentlich nur eins bedeuten: Es ist wieder Kurzfilmnacht (kurz KuFiNa). Die mittlerweile sechste Ausgabe mit freundlicher  Unterstützung der Medienwerkstatt des CDFI organisierten Filmabends lockt konstant viele Besucher an, so dass man rechtzeitig vor Ort sein musste, um noch einen Platz zu ergattern. Als Reaktion auf die große Nachfrage wurde dieses Jahr erstmals versucht, die Filme an zwei Abenden zu zeigen. Am Hauptabend mit üppigem, von regionalen Unternehmen spendiertem Büffet fand auch die Verleihung des Publikumspreises  statt.

Publikum bei der 6. KuFiNa

In der ausverkauften Medienwerkstatt wartet das Publikum auf die Filme

Vielfältige Auswahl an Filmen

Die Jury der KuFiNa hatte von insgesamt 37 internationalen Bewerbungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz 15 Streifen ausgewählt, die sich nun dem kritischen Greifswalder Publikum stellen mussten. Da den Regisseuren jegliche künstlerische Freiheit gelassen wurde, waren aller erdenklichen Genres abgedeckt. Es gab Ernsthaftes,  Horror-, Splatter- und Trickfilme, Stop-Motion, Komödien und Dokumentationen von zehn Sekunden bis fünfzehn Minuten Länge. Unter anderem gab es den Alltag im Leben einer Arbeiterin, ein Geisterhaus, den irrwitzigen Kampf um die Energie der Zukunft, ethische Fragen an Journalisten oder einen Film, der sich mit der Frage „What is my sex?“ beschäftigte.

Üblicherweise werden auch alle Regisseure zur KuFiNa eingeladen. Als einzige Teilnehmerin hatte sich Claire Walka, gemeinsam mit ihrer Produktionsleiterin Claudia Mattai del Moro spontan von Hamburg auf dem Weg nach Greifswald gemacht. Die 33-jährige Regisseurin brachte ihre neueste Produktion „Lichtspuren“ mit, welcher gleichzeitig auch ihre erste Arbeit nach dem abgeschlossenen Filmstudium ist. Zum Inhalt sagte sie: „Ich wollte mal einen ernsten Film drehen, den man auch versteht“.

Beim Publikum fand die bunte Mischung an Filmen überwiegend Zustimmung. Nach jedem Beitrag gab es kräftig Applaus. „Das ist wirklich ein Sammelsurium an Filmen. Dokumentation, Animation, Grusel a la Hitchcock, es ist wirklich alles dabei. Sogar Abgefahrenes. Danke an die Jury“, so Martin, einer der Besucher. Das “Abgefahrene” konnte das Publikum besonders erfreuen. So lachten viele beispielsweise bei “Kapitän Kohle und Dr. Atom”: Hier kämpften Dr. Atom und dessen “Erz”rivale Kohle mit allen Mitteln um die Vorherrschaft um die Energieversorgung. Ganz bewusst setzten die Filmemacher auf Trash und Selbstironie, was besonders die Kampfszenen lustig erscheinen ließ. Etwas belehrend wirkte das Ende: Kohle und Atom starben während des Kampfes, am Ende gewann die Windkraft.

Claudia Mattai del Moro und Claire Walka

Claudia Mattai del Moro und Claire Walka freuen sich über den Publikumspreis

Verleihung des Publikumspreises

Der Höhepunkt des Abends war, nachdem alle Filme vorgeführt wurden, die Verleihung des mit 150 Euro dotierten Publikumspreises, wofür jeder seinem Favoriten eine Stimme geben konnte. Überraschenderweise gewann der Film „Lichtspuren“, womit die Urkunde der Kurzfilmnacht auch direkt an die Macherin übergeben werden konnte. In dem Film treffen in einer lauen Sommernacht vier verschiedene Charaktere aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander, um gemeinsam das Abenteuer des besonderen Augenblickes zu erleben. Zum Anfang scheinen sie gar nicht zusammenzupassen, wirken desorientiert. Die Frau in rot beispielsweise läuft suchend mit einem Koffer durch die Straßen. Unruhig sieht sieht sie aus, Melancholie liest man in ihrem Gesicht. Am nächsten Morgen stehen die vier ungleichen Protagonisten, also zwei Jugendliche, die Frau in rot und ein Obdachloser am Imbissstand. Von ihrer Rastlosigkeit sind sie erlöst, die Spuren des Lichts haben sie zueinander geführt. „Ich finde es ganz toll, dass ich gewonnen habe. Es ist schön, dass mein Film vom Publikum geschätzt wird. Da hat man das Gefühl, dass sich die Arbeit gelohnt hat“, freute sich Walka über den Preis.

Auf die Frage nach einer kurzen Einschätzung antwortete die Besucherin Maria dem WebMoritz: „Mir haben die Filme voll gut gefallen. Die Auswahl war super, nur die ganz kurzen Filme hatten wahrscheinlich keine Chance zu gewinnen. Wir hätten aber lieber Punkte verteilt, anstatt nur eine einzige Stimme abzugeben, weil so viele schöne Filme dabei waren.“

Dass die Entscheidung des Organisationsteams sinnvoll war, die Veranstaltungsreihe auf zwei Abende auszuweiten, zeigte sich am 3. Dezember. Auch dann war der Saal in der Medienwerkstatt fast vollständig gefüllt. “Auch im nächsten Jahr wird es wieder die KuFiNa geben”, verspricht Veranstalter und Moderator Jens Leuteritz. Also auch 2011 wird es wieder eine bunte Mischung an Filmen und Genres geben.

Fotos: Simon Voigt

Fotogalerie: Winter und Vorweihnachten in Greifswald

Seit dieser Woche hat der Schnee Greifswald wieder fest in seinen Klauen: Die weiße Pracht liegt stellenweise bis zu 20 Zentimeter hoch. Das macht das Vorankommen nicht besonders leicht. Es wurden auch schon wieder Passanten gesehen, die sich mit Ski fortbewegen. Die Stadt hat bereits Anfang November verkündet, dass sie gut vorbereitet sei für einen Wintereinbruch. 230 Tonnen Salz würden sich demnach im Silo befinden, 28 Mitarbeiter kümmern sich um freie Straßen. Die webMoritz-Redaktion hat sich ein wenig im vorweihnachtlichen und winterlichen Greifswald umgesehen und dies in einer Fotogalerie für euch festgehalten.

Fotos: Christine Fratzke, Johannes Köpcke, Simon Voigt