Advent am Grauen Kloster

Das Pommersche Landesmuseum lädt zum Weihnachtsmarkt

Den Advent etwas besinnlicher angehen? Den lauten Weihnachtsschlagern des altbekannten Weihnachtsmarktes vor dem Rathaus entkommen? Seit nunmehr vier Jahren findet sich dazu am ersten Adventswochenende im Pommerschen Landesmuseum die Gelegenheit. Zu diesem Anlass lädt das Museum Kunsthandwerker der Region ein, sich mit ihren Schätzen dort einzufinden und sie in einer ruhigen, harmonischen Atmosphäre anzubieten.

Trotz der drei Euro Eintritt stößt der Markt auf eine  große Resonanz. Alt und jung schätzen den Weihnachtsmarkt. Geruhsam schlendert man an den Ständen vorbei, kommt mit den Künstlern ins Gespräch und nachdem man das eine oder andere besondere Geschenk gefunden hat, genießt man leckeren Kuchen bei Kaffee oder Kakao und Kerzenschein.
Besuchern des Marktes steht auch der Gang in das Museum in der Rakower Straße offen: Der Ausstellungsbesuch ist im Eintrittspreis enthalten. Wer den akustischen Genuss vorzieht,  findet sich zu den Konzerten ein, die am ganzen Wochenende angeboten werden. Kleine Besucher können neben den  ihnen gebotenen Theaterstücken und Märchenlesungen selbst aktiv werden. Ob Backen oder Gestecke zaubern, das Mitmachangebot bietet eine Menge.
Aber nicht nur bei den Besuchern ist der Markt begehrt, auch die Künstler kommen sehr gerne hierher. Aus Platzgründen kann letztendlich weniger Künstlern eine Fläche für ihren Stand zugesagt werden als gerne kommen würden, weiß Brit Bellmann, Kulturreferentin für Pommern, zu berichten. „Das Museum hat auf diese Weise die Möglichkeit, auszuwählen und ein sehr gutes Angebot an Handwerk zu bieten“, sagt Bellmann nicht ohne Stolz. Denn wichtig ist, dass Kunst und Geschichte der Region vermittelt werden.
Dem stimmt Günter Schultz zu. Der rüstige Pensionär nutzt seinen Ruhestand dazu, die traditionellen Muster der pommerschen Webkunst in Schnitzereien zu transformieren.  Das Ergebnis sind Ornamente, dessen Formen beispielsweise auf Szenen der Fischerei basieren. Seiner Meinung nach gibt es viel zu wenige, die ein Kunsthandwerk beherrschen, das echt pommerisch ist. Auf diesem Markt hat man allerdings nicht den Eindruck. Er ist eine gelungene Symbiose von regionaler Kunst und Kultur sowie Vorweihnachtszeit in ihrer schönsten Form.    

Geschrieben von Uta-Caecilia Nabert

CD: Tiefsinn

Audreys „Visible Forms“
(Sinnbus)

Ein gutes Album im Winter zu finden, ist fast so schwierig wie Ende November ein Schaufenster ohne Weihnachtsbeleuchtung. Zu Weihnachten setzen die meisten Musiker auf Altbewährtes, komische Neuauflagen von Weihnachtsliedern und natürlich auf langweilige aber praktische Weihnachtssampler.

Eine schöne und zugleich mutige Abwechslung in diesem Weihnachts-einerlei bietet die Band Audrey mit ihrem ersten Album „Visible Forms“. Mutig, weil es nicht leicht ist, das Album zu begreifen. Denn erst Lage um Lage, Tonspur um Tonspur, enthüllt sich die Schönheit dieser Band, wie beim Ausziehen, wenn man aus der Kälte des Winters in ein warmes Zimmer kommt. Und schön, weil einem ein besonderer Hauch Filigranität, Weite, Nachdenklichkeit und ein wenig Weiblichkeit entgegen strömt, wenn Audrey’s „Visible Forms“ aus den Boxen des CD-Spielers tritt. Die neun Lieder des Debüts sind düsterer Pop in Reinform. Pop, der schwermütig auf der Seele, aber leicht auf dem Herzen liegt. Die vier Schwedinnen Rebecka Kristiansson, Victoria Skolund, Emilie Molin und Anna Tomlin von Audrey verstehen was von Musik; besondere Hörmomente erzeugen die Künstlerinnen. Vor diesem Album gab es schon eine sehr schöne, selbstbetitelte EP. Das Album klingt allerdings schon ein wenig reifer und runder. Rundum: eine wunderschöne CD mit wunderbarer Musik, die die schönen Seiten des Winters aufzeigt und einem die kalte Jahreszeit verlängern lassen will, nur um sich noch ein bisschen länger mit der Wärme der Lieder umhüllen zu lassen.

Geschrieben von Esther Müller-Reichenwallner (radio 98eins)

Kolumne: Kuss und Schluss!

Kommentiertes Silvester

Mit dem Weihnachtsfest nähert sich langsam und unaufhaltsam auch der Gedanke an das Fest, welches heimtückisch hinten dran klebt – Silvester.

Drohend wie das Damoklesschwert mit leicht panischen Zügen schwebt es über und in den Köpfen herum – gerade, wenn man Single ist. Denn das heißt, Happy-New-Year-Knutschereien mit anzusehen und sich dabei ziemlich einsam zu fühlen.
Während der Heiligabend dem trautem Zusammensein mit der Familie gilt, sieht sieben Tage danach alles anders aus.
Es gibt nicht wirklich viele Möglichkeiten, dem zu entgehen. Langfristige Partyplanung ist von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Erfahrungsgemäß ergeben sich die besten Partys sowieso spontan. Niemand hält sich an Zusagen, die er oder sie bereits gemacht hat, sondern entscheidet nach Lust und Laune: wir halten uns eben alle Optionen offen. um bloß nichts zu verpassen. Denn die Horrorvorstellung ist, mit vier Leuten auf der eigenen Party zu sitzen während der Rest gerade spontan abgesprungen ist. Aber selbst dann; warum nicht losziehen und gemeinsam die nächste Party suchen? Es gibt sicher genügend. Hoffnung keimt auf – und doch, so einfach ist es nicht. Denn es trifft einen schon irgendwie, den Neujahrskuss, den man nicht bekommen wird. Jedenfalls nicht von einem Menschen, der einen liebt. Es ist nur dieser eine kurze Moment und doch steht er synonym für Silvester. Warum eigentlich?
Ich finde keine Antwort. Weder, woher er kommt, seit wann es diesen Brauch gibt, noch sonst irgend etwas. Man macht es eben und es gehört zu Silvester dazu – der innige Kuss zwischen Liebenden.
Ok, ich weiß, dass ich Silvester keinen Kuss bekommen werde. Und dass es auch keine Auswirkungen auf das folgende Jahr für mich haben wird. Ich werde feiern, lustig sein und Spaß haben. Natürlich wäre es schön, wenn es anders wäre, aber ich bin ja nicht die Einzige. Und um den schalen Nachgeschmack eines nicht vorhandenen Kusses zu kompensieren werde ich mich amüsieren und nicht verzweifelt nach einem Deppen Ausschau halten, dem ich dann panisch meine Lippen auf seinen alkoholisierten Mund pressen werde.
Lieber werde ich tanzen und die Welt vergessen. Ich werde eine ebenfalls ungebundene Freundin mitnehmen, wir werden über die Pärchen lästern – und es wird uns gut gehen! A kiss is just a kiss… .

Geschrieben von IM

CD: Lauwarm

Yusuf Islams „An Other Cup“ (Polydor)

Yusuf hat ein neues Album. Yusuf? Gemeint ist Cat Stevens, welcher Ende der 70er Jahre als etablierte Größe im Musikgeschäft zum Islam konvertierte, seine Instrumente verkaufte und fortan fast alle musikalischen Aktivitäten einstellte.

An ein Studioalbum des Machers von erfolgreichen Songs wie „Lady D‘Arbanville“ haben wohl selbst seine größten Fans nicht mehr geglaubt: zu radikal äußerte er sich zum Gebrauch westlicher Instrumente. Seine Songs trug er – wenn überhaupt – nur noch a cappella vor. Mittlerweile hat er seine Ansicht geändert: der Koran verbiete das Musikmachen schließlich nicht. Von dieser Erkenntnis bis zum aktuellen Longplayer „An Other Cup“ dauerte es nicht lange. Das Cover der neuen Platte, dessen Motiv an die 1970er LP „Tea For The Tillerman“ erinnert, lässt Referenzen vermuten. Wie einst bestimmen Akustikgitarren und Yusufs etwas bejahrte, aber unverwechselbare Stimme das Geschehen. Hinzu kommen noch Klavier- und  Streicherarrangements, die in manchen Titeln für etwas zuviel Schmelz sorgen.
Dasselbe gilt für die wolkig-spirituellen Liedtexte, die nicht jedermanns Ge-schmack sind. Man möchte zwar nicht sagen, dass Yusuf das Songschreiben verlernt hat, aber irgendwie bleibt keine der Nummern im Gehörgang hängen; ausgenommen „I Think I See The Light“. „An Other Cup“ ist interessant für Fans. Alle anderen brauchen es nicht. 

Geschrieben von Robert Heinze

CD: Unbequem

Scherbakov: D. Schostakowitschs op. 87 (Naxos)

„Im Augenblick schreibe ich eine Filmmusik. Es ist schlimm, dass es dazu kommen musste. Ich kann euch nur einen Rat geben: Solltet ihr auch in die Lage kommen, dies tun zu müssen, dann nur im Falle äußerster Not, äußerster Not.“

Diese Antwort gab Dmitri Schostakowitsch gegenüber Kollegen im Jahre 1948. Denn Filmmusik galt ihm damals nur als Auftragswerk. Das bewunderte erste Violinkonzert, die Jüdischen Lieder und die Streichquartette Nummer vier und fünf ruhten für unbestimmte Zeit vorsichtshalber in der Schublade. Per Erlass kulturpolitisch stigmatisiert und mit dem Aufführungsverbot der eigenen Werke belegt, reiste der Vorzeigekomponist Schostakowitsch als Jury-Mitglied einer siebundzwanzigköpfigen Delegation 1950 zum 200. Todestag von Johann Sebastian Bach nach Leipzig. In der durch den Kalten Krieg aufgeheizten Lage enstand während des Jubiläums die fragliche Idee, Bachs Zyklus des Wohltemperierten Klaviers im 20. Jahrhundert fortzusetzen. Tastenmusik ist ein wenig beachteter Teil im Schaffen Dmitri Schostakowitschs. Seine 24 Präludien und Fugen eifern weniger dem Thomaskantor nach, sondern begründen in heterogener kompositorischer Qualität eine eigenständige Aussage zur Fugenkunst und der originären russisch-sowjetischen Musikgeschichte. Konstantin Scherbakov legt pianistisch davon ein maßvolles Zeugnis ab.