Audreys „Visible Forms“
(Sinnbus)

Ein gutes Album im Winter zu finden, ist fast so schwierig wie Ende November ein Schaufenster ohne Weihnachtsbeleuchtung. Zu Weihnachten setzen die meisten Musiker auf Altbewährtes, komische Neuauflagen von Weihnachtsliedern und natürlich auf langweilige aber praktische Weihnachtssampler.

Eine schöne und zugleich mutige Abwechslung in diesem Weihnachts-einerlei bietet die Band Audrey mit ihrem ersten Album „Visible Forms“. Mutig, weil es nicht leicht ist, das Album zu begreifen. Denn erst Lage um Lage, Tonspur um Tonspur, enthüllt sich die Schönheit dieser Band, wie beim Ausziehen, wenn man aus der Kälte des Winters in ein warmes Zimmer kommt. Und schön, weil einem ein besonderer Hauch Filigranität, Weite, Nachdenklichkeit und ein wenig Weiblichkeit entgegen strömt, wenn Audrey’s „Visible Forms“ aus den Boxen des CD-Spielers tritt. Die neun Lieder des Debüts sind düsterer Pop in Reinform. Pop, der schwermütig auf der Seele, aber leicht auf dem Herzen liegt. Die vier Schwedinnen Rebecka Kristiansson, Victoria Skolund, Emilie Molin und Anna Tomlin von Audrey verstehen was von Musik; besondere Hörmomente erzeugen die Künstlerinnen. Vor diesem Album gab es schon eine sehr schöne, selbstbetitelte EP. Das Album klingt allerdings schon ein wenig reifer und runder. Rundum: eine wunderschöne CD mit wunderbarer Musik, die die schönen Seiten des Winters aufzeigt und einem die kalte Jahreszeit verlängern lassen will, nur um sich noch ein bisschen länger mit der Wärme der Lieder umhüllen zu lassen.

Geschrieben von Esther Müller-Reichenwallner (radio 98eins)