von webmoritz. | 14.10.2010
Eine Reportage von Marco Wagner und Christine Fratzke
Aufs Abstellgleis geschickt: Das Historische Institut
Eine alte, arg ramponierte Pflasterstraße. Links das ehemalige Institut für Organische Chemie. Es ist abgesperrt. Nicht nur, weil es baufällig ist; das Gebäude und der Boden sind durch Chemikalien verseucht. Die umliegenden Gebäude stehen einsam und verlassen hinter der Fleischerwiese. Im Botanischen Garten, gleich gegenüber der Alten Chemie, wird ein neues Gewächshaus gebaut.
Überhaupt ist das ganze Areal von Tristesse geprägt. Ein Ort, der Regisseure zum Drehen von Horrorfilmen und Weltuntergangsszenarien animiert. Der Putz bröckelt von den Wänden eines langgestreckten Flachbaus ab. Bunte Aufkleber an den Fenstern. Überall wuchert wild und ungestüm das Gras. Mittendrin wachsen irgendwo, irgendwie Bäume. Manche Studentinnen haben Angst, im Dunkeln diesen Ort zu betreten. Viel zu unheimlich ist es dort, wo in diesen Tagen das Historische Institut zwangsverlagert wird. Die neuen Schilder und Wegweiser zu den neuen Institutsräumen sind bereits aufgestellt, die Gebäude immer noch die gleichen. Immer noch im selben Zustand. Seit Jahren nichts mehr renoviert. Seit Jahren verlassen. Und nun kommt unerwartet neues Leben in diesen Geistercampus.
Unmut und gedrückte Stimmung
Die Stimmung ist gedrückt bis gereizt unter Mitarbeitern und Studierenden. Eigentlich hätte das Institut in der Domstraße 9a bereits Mitte der 90iger Jahre saniert werden sollen. So hört man es zumindest. Jedes Jahr wurde gebaut, gemalert, gestrichen, der Putz erneuert, Bibliotheksbestände erweitert. Plötzlich kam die Decke runter. Zuerst im Dachgeschoss. Dann gleich zwei Mal in der Institutsbibliothek. Statiker wurden heran gezogen. Das nüchterne Urteil: Das Gebäude ist stark baufällig, darf nicht mehr betreten werden. Wutentbrannt räumen Dozenten ihre Büros aus.“Ich muss jetzt ein wenig improvisieren, da ich aus meinem Büro ausgesperrt wurde“, erklären nicht wenige Dozentinnen und Dozenten während eines Seminars ihren Studierenden. Viele Hauarbeiten und Klausuren können deshalb auch nicht korrigiert werden. Schließlich liegen diese noch in der Domstraße.
Der Handapparat wurde in das erste Obergeschoss der Universitätsbibliothek ausgelagert. Das Institut in die Wildnis. Irgendwo in der Soldmannstraße, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und der Hund begraben wird. Wo man im Dunkeln nicht gerne alleine unterwegs ist. Die neuen Büroräume sollen Badewannen haben, wird gesagt. Schließlich handelt es sich hierbei um zu Büroräumen umgebaute Einbettzimmer der Kinderklinik. Dementsprechend ziert auch die eine oder andere Bürotür eines Universitätsprofessors Donald Duck, oder Mickey Mouse. An den Fenstern der Seminarräume klebt noch Winnie Pooh, der pummelige gelbe Teddybär, der immer nur an Honig denkt. Oder Ferkel, das kleine Schweinchen der selben Trickfilmserie. Und neben dem Schild von Professor Horst Wernicke, Lehrstuhlinhaber für Mittelalterliche Geschichte und Hansegeschichte, ist ein rosa Elefant, der offenbar friedlich schläft, zu sehen.
Hier ist auch ein Seminarraum: Die leer stehende Poliklinik
Die Flure riechen immer noch, wie sie vor Jahren schon rochen. Nach Krankenhaus. In diese alten, grauen, längst vergessenen Gebäude jenseits der Eisenbahn, irgendwo im Nirgendwo zwischen Fleischerwiese und Grimmer Landstraße. Hier wird mal ein Seminarraum reaktiviert, dort ein Hörsaal. Ansonsten herrscht gespenstische Leere auf dem Gelände des neuen historischen Instituts. Irgendwo ein paar Fahrräder von Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in der Ferne bellt ein Hund, ein Bagger schlägt Lärm. In unmittelbarer Nähe die psychatrische Klinik der Universität. In der Universitätspoliklinik ist auch ein Seminarraum untergebracht. Fast alle Flure sind verschlossen. Man läuft nur durch Leere. Nichts Lebendiges, nichts, was an den wissenschaftlichen Betrieb erinnert, den es in der Domstraße gab. Als noch gemalert und gestrichen wurde. Als es so aussah, als sei in den vergangenen Jahren renoviert worden. Doch scheinbar wurde nur der Verfall übermalt und überputzt.
Hilflosigkeit
Dazu sind die Studenten und Studentinnen oft ein wenig hilflos, wissen nicht, wo nun beispielsweise der Seminarraum 046 sein soll. „Da gehen Sie hinten rum, dann rein, dann nach oben, dann nach rechts, da isses schon“, erklären die Mechaniker, die an den Schlössern der Türen arbeiteten. Manche Kommilitonen sehen verzweifelt aus. Greifen zum Handy, fragen andere Studenten. „Wo ist denn hier die Fachdidaktik?“, fragte eine Geschichtsstudentin verzweifelt. Schulter zucken von den anderen, wobei die Hilfsbereitschaft unter den Geschichtsstudierenden groß ist.
Auch besteht starke Verwechslungsgefahr: Kinderklinik, Augenklinik, Frauenklinik. Drei Namen an drei Standorten, aber ein ähnlicher Name. „Ich muss noch auf Anne warten, die ist gerade in der Augenklinik“, sagt eine Geschichtsstudentin, die gerade herausgefunden hat, dass ihre Vorlesung in der Frauenklinik stattfinden wird. Der Hörsaal, den sie dort vorfindet, ist zugegeben gewöhnungsbedürftig. Weiße Fliesen, alte Holzverkleidungen und -sitze, in der Mitte steht der Dozent, rechts und links sind die Vorlesungsreihen. Ein staubiger Polylux steht in der Mitte, einen Beamer gibt es nicht. Die Akustik ist schlecht, jedes Geräusch hallt drei Mal wieder. So ist es schwierig für die Studierenden, der Vorlesung konzentriert zu lauschen. Selbst in den ersten Reihen versteht man den Lehrenden kaum, eine Mikrofonanlage fehlt.
Jenseits der strahlenden Gebäude am Bertold-Beitz-Platz, jenseits von einer der modernsten Universitätskliniken Deutschlands, jenseits des Campus, den Bildungsminister Tesch fortwährend besucht, um neue Fördermittelbescheide zu überreichen, gibt es noch eine andere Universität. Eine Universität, in der nur vier Menschen die Treppe betreten dürfen, weil sie einsturzgefährdet ist. Eine Universität in der den Wissenschaftlern die Decke auf den Kopf fällt. Das Gebäude des Historischen Instituts sieht dabei noch bei weitem nicht so baufällig aus, wie einige in der Bahnhofstraße, Gebäude des Botanischen Instituts oder der Anglistik. Ein Campus, der fast vergessen ist und den der Bildungsminister nur dann aufsucht, wenn er es wirklich muss: Ein paar Mal innerhalb von zehn Jahren, um mit dem Rektorat über die neuen Zielvereinbarungen zu verhandeln. Während man traditionsbewusst den Patron der Universität beibehält, wird ein Großteil denkmalgeschützter Gebäude dem Verfall Preis gegeben. Wissenschaftler und Studierenden ihres Instituts, ihrer Forschungseinrichtung beraubt.
Fotos: Marco Wagner
von Christine Fratzke | 12.10.2010
Vielfältige Ausstellungen sind vom 12. bis 15. Oktober zu sehen.
Viel Kunst gibt es diese Woche zu sehen. Der Grund: Die Lehramtsstudierenden des Caspar-David-Friedrich-Instituts (CDFI) stellen ihre Ergebnisse der 1. Staatsexamensprüfungen aus. Und die können sich sehen lassen. Über die ganze Woche verteilt finden Ausstellungseröffnungen statt. Es werden Installationen, Gemälde, Fotografien und weiteres präsentiert.
Bereits am Montag, dem 11. Oktober, fand die Vernissage mit Arbeiten von Anett Lewerenz statt. Ihre Ausstellung trägt den Titel „sha Gei“ und ist im Malsaal des Kunstinstituts in der Bahnhofstraße 46/47 zu sehen. Ebenfalls am Montag eröffnete die Präsentation „Abschied“ von Sarah Breloer.
Am Dienstag folgten die Ausstellungen „formen suchen“ und „m r t “ von Rosa-Valentina Engel und Anja Maria Bönisch in den Räumen der Alten Frauenklinik in der Wollweberstraße, bis zum 15. Oktober werden diese hier zu sehen sein.
Geschichtenlieder und Rückblicke
Alle Ausstellungen, die Orte und Öffnungszeiten im Überblick.
Es folgen weiterhin am Mittwoch drei weitere Vernissages, wie „Mein Block“ oder „GU.b“. Am Donnerstag, dem 14. Oktober, werden außerdem folgende Ausstellungen eröffnet: „Geschichtenlieder“ von Susann Jonneg in der Burgstraße 11 und „gestellt“ von Lilli Idt, die im 1. Obergeschoss der Domstraße zu sehen sein wird. Am Freitag findet die Präsentationsreihe dann ihren Abschluss, unter anderem mit „Rückblicke“ von Martin Mumm, dessen Werke in der Dompassage ausgestellt werden, oder „fernweh“ – die Arbeiten von Mareike Bührmann werden ebenfalls in der Dompassage zu sehen sein.
Die Öffnungszeiten und Dauer des Ausstellungen sind unterschiedlich, doch bis zum 22. Oktober wird die letzte zu sehen sein.
Fotos und Laufzettel: CDFI
von David Vössing | 11.10.2010
Eigentlich ist der mit Stacheldraht und Zäunen abgesperrte Ort für die Öffentlichkeit aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich, zu groß ist die Gefahr, sich infizieren. Deswegen nutzten etwa 8.200 Menschen, darunter Greifswalder Bürger, ein paar Studenten, ehemalige Beschäftige, aber auch deren Angehörige, am Sonntag die Möglichkeit, einmalig hinter die Tore beim Friedrich-Loeffler-Institut zum 100jährigen Bestehen zu blicken, das zum Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit gehört und in dem Tierkrankheiten erforscht werden.
„Es ist das erste Mal seit 100 Jahren, dass man hinter die Zäune kommt“, so Loeffler-Institutsleiter Professor Thomas Mettenleiter zum einmaligen Tag der offenen Tür. Völlig „überwältigt vom Ansturm“, zeigte sich Pressesprecherin Elke Reinking. Auch Oberbürgermeister Dr. Arthur König (CDU) freute sich über das „riesige Interesse“, das Greifswald stärke und Werbung für den Wissensstandort sei. „So etwas interessiert einen Greifswalder eben“, begründete eine Greifswalderin ihren Besuch.
Erforschung der Maul- und Klauenseuche
Der große Menschenandrang hatte aber auch lange Wartezeiten zur Folge. So konnten die Busse, die von Greifswald zur Insel Riems und zurück fuhren, nicht sofort alle Fahrgäste aufnehmen und es bildeten sich schon eine Schlange an der Haltestelle an der Europakreuzung. Auch am Haupteingang zum Loeffler-Institut ging es nur langsam vorwärts. Eine Stunde Wartezeit mussten die Besucher einplanen, wenn sie die im Bau befindlichen neuen Stall- und Laborgebäude besichtigen wollte, die für rund 300 Millionen Euro ausgebaut werden. Die neuen Gebäude der Forschungseinrichtung, die insgesamt 350 Mitarbeiter beschäftigt, werden voraussichtlich 2012 fertig gestellt und hermetisch abgeriegelt sein. Zukünftig werden etwa 270 neue Mitarbeiter in den neu errichteten Forschungsräumen Erreger der Maul- und Klauenseuche, der Schweine- und Pferdepest wissenschaftlich untersuchen. Außerhalb der Insel Riems unterhält das Friedrich-Loeffler-Institut noch weitere sechs Forschungsstandorte, die sich in einem Informationszelt präsentierten.
Rückzug auf die Insel
Passend zur hundertjährigen Geschichte wurden Sonderbriefmarken verkauft. Des weiteren wurde ein Buch über das Friedrich-Loeffler-Institut vorgestellt. Professor Johann Schäffer von der Universität Hannover stellte kurz die acht Kapitel vor, die von der Gründung durch den Humanmediziner Friedrich Loeffler, der 25 Jahre an der Universität Greifswald lehrte, am 10. Oktober 1910 über die NS- und DDR-Zeit bis „zur internationalen Forschungsstelle“. Das Buch sei „spannend, informativ“ und beschreibe eine „ostdeutsche Erfolgsgeschichte“.
Es wurde auch eine Ausstellung zur 100jährigen Geschichte des Friedrich-Loeffler-Instituts im sogenannten Loeffler-Haus eröffnet. „Hier betreten Sie historischen Boden, von hier aus hat die Virologie ihren Siegeszug begonnen“, erinnerte Mettenleiter an die Anfänge. Damals forschte Loeffler an der Maul- und Klauenseuche und konnte den Erreger isolieren. Auf die Insel Riems ging Loeffler, weil er vom Festland mit seinen Tierversuchen vertrieben wurde. Da das Loeffler-Haus außerhalb des Sperrbezirks liegt, wird dies im Gegensatz zum restlichen Gelände auch öfters geöffnet sein, jedoch wird intern noch über die Zeiten diskutiert.
Fotos: David Voessing
von webmoritz. | 07.10.2010
Flyer zum Mediencafé.
Im Rahmen der Erstsemesterwoche haben die moritz Medien einiges geplant und laden nun am Sonnabend, dem 9. Oktober, zum Mediencafé in der Wollweberstraße 4 ein. Die Redaktionen von moritzTV, dem moritz Magazin und der webMoritz stellen sich und ihre Arbeit vor. Dabei können die Redaktionsräume angesehen und die Arbeit hinter den Kulissen kennengelernt werden. Kaffee und Kuchen gibt es auch.
Die Redaktionen suchen nach wie vor Verstärkung. Dabei können sich Neugierige in verschiedenen Bereichen ausprobieren: Schreiben, fotografieren, filmen, zeichnen, schneiden, programmieren, layouten – Vorkenntnisse sind nicht unbedingt notwendig.
Das Mediencafé beginnt um 11 Uhr, dauert voraussichtlich bis 16 Uhr und findet in der ersten Etage in der Wollweberstraße 4 statt.
Flyer: moritz Medien
Fotos: Marco Wagner, Annegret Adam
von Simon Voigt | 07.10.2010
Ende September wurde, wie der webMoritz berichtete, das Historische Institut in der Domstraße geschlossen. Wo die Vorlesungen und Seminare und der umfangreiche Bücherbestand im kommenden Semester untergebracht werden sollen, war bisher unklar. Nun scheint eine Notlösung gefunden worden sein: Aller Voraussicht nach sind Ausweichquartiere für die kommenden Veranstaltungen vorhanden.
Wie Professor Jens E. Olesen, Lehrstuhlinhaber für Nordische Geschichte am Institut, auf Anfrage des webMoritz mitteilte, werden alle Büros und Arbeitsräume, sowie die Arbeitsstelle „Inschriften“ nun in die Räume der alten Kinderklinik ausgelagert. Diese befinden sich in der Soldmannstraße, am alten medizinischen Campus der Universität, unweit vom Bahnhof. Dabei werden beispielsweise alte Patientenzimmer zu Büros umfunktioniert und ein Vortragssaal im Gebäude genutzt.
Der Weg vom Institut zum Ausweichstandort
Bezüglich der Lehrveranstaltungen berichtete Professor Olesen, dass Ausweichräume „unter Dach und Fach“ seien. Der Umzug wurde am 6. Oktober abgehandelt und die neuen Räume laufend den Studenten auf der Institutsseite und auch auf Aushängen in der Bahnhofstraße 51 bekannt gegeben. „Die Verwaltung hat mit viel Mühe rund 250 Stunden umgeplant“, teilte Jan Meßerschmidt, Pressesprecher der Universität, mit.
Auch für die mit dem Institut ebenfalls geschlossene Fachbibliothek Geschichte wurde eine Notlösung vereinbart. Der Semesterapparat und die Kopierordner der Professoren befinden sich jetzt bis auf weiteres in der Bahnhofstraße 51. Die von den betroffenen Studenten dringend benötigte Literatur kann per kostenloser Fernleihe in der Zentralen Universitätsbibliothek geordert werden. Hierzu muss eine Bestellung mit der gewünschten Literatur bei Susanne Friebe in der UB abgegeben werden. Die Bücher werden dann schnellstmöglich aus der Fachbibliothek in die Universitätsbibliothek gebracht, um sie dort abzuholen.
Über die Zukunft des Instituts sagte Professor Olesen, dass er hoffe, dass die Lage sich schnellstmöglich den Umständen entsprechend normalisiere. Die aktuellen Berichte der Statiker ließen auf eine gute und schnelle Lösung hoffen. „Ich erwarte die volle Unterstützung vom Rektorat und Dekanat, da es für die Arbeit des größten Institutes der Philosophischen Fakultät langfristig wichtig ist, dass die Räume zusammenbleiben“, erklärte er. In diesem Zusammenhang sprach er auch seinen Dank für das schnelle Entgegenkommen gegenüber Professor Alexander Wöll, Dekan der Philosophischen Fakultät, aus.
Foto: Simon Voigt, Karte: Google Maps
von Marco Wagner | 06.10.2010
Ein Kommentar
Franz-Robert Liskow
Die von Franz-Josef Strauß Franz Robert Liskow, dem Vorsitzenden der Greifswalder Jungen Union, herausgegebenen Pressemitteilungen sind immer wieder lesenswert. Dieses Mal brüskiert sich die CDU-Jugend über die von Sebastian Ratjen gesponsorte Zahnbürste – eines der wenigen wirklich praktischen Dinge im diesjährigen Erstsemester-Begrüßungsbeutel. Wie Liskow in einer gewohnt ausdrucksstarken und emotionalen Pressemitteilung verkündet, hätten mehrere Erstsemester ihm „empört“ berichtet, dass sie Zahnbürsten des FDP-Landtagsabgeordneten in ihren Beuteln vorgefunden hätten.
„Ich bin schon sehr verwundert, dass die JU keine Werbung machen darf, der Greifswalder Landtagsabgeordnete Sebastian Ratjen jedoch die Möglichkeit bekommt, in Anbetracht der im nächsten Jahr stattfindenden Landtagswahl, seine Werbung unter Aufsicht des AStAs zu veröffentlichen. Man muss sich ernsthaft fragen, wie es um die Objektivität bei jenen Referenten steht“, verkündet der Nachwuchspolitiker weiter. Sehr verwundert ist der Verfasser dieses Kommentars ob der Behauptung, dass die JU keine Werbung machen dürfe. Auf der letzten Seite des – übrigens zum Teil fehlerhaften – Programmheftes zur Erstsemesterwoche ist unübersehbar unter der Werbung der Linke.SDS-Hochschulgruppe auch die der JU-Hochschulgruppe abgedruckt. Folglich befindet sich auch JU-Werbung im Erstibeutel. Freilich nicht in Form eines separaten Flyers, der – ganz im Gegensatz zur gelben Zahnbürste – bei mindestens 99 Prozent der Erstis den Weg in den Papierkorb findet.
Sebastian Ratjen wirbt im Erstsemester-Beutel für seine Zahnarztpraxis.
Dennoch ist die Kritik daran, dass selektiv politische Gruppierungen separat mit einem Flyer im Erstsemesterbeutel werben dürfen, durchaus angebracht. Unter den zahlreichen Flyern gesellte sich auch die Ankündigung einer Veranstaltungsreihe der Jungen Liberalen. Warum dürfen die Jungen Liberalen im Erstsemesterbeutel mit einem Veranstaltungsflyer werben, Junge Union, Jusos, Grüne und SDS aber nicht?
Nur wirft das Liskow dem AStA nicht vor, wenngleich es sich hierbei tatsächlich um eine sachliche und konstruktive Kritik handeln würde. Sondern dass einem FDP-Abgeordneten alle Möglichkeiten eingeräumt würden, „um Werbung zu machen“. Des weiteren solle der AStA nicht nur erklären, warum Ratjen angeblich alle Möglichkeiten zur Parteiwerbung eingeräumt würden, vielmehr „fordert die Junge Union den Erstsemesterreferenten Maximilian Willmann auf, sofort sein Amt niederzulegen, da es ihm offensichtlich an der benötigten Objektivität und Feinfühligkeit mangelt.“ Das Einpacken des gelben Reinigungswerkzeuges für die Nahrungsmittel-Zerkleinerungsanlage in die Erstsemester-Beutel ist aus Sicht der JU „für die studentische Selbstverwaltung untragbar und nicht nachvollziehbar.“
Die Pressemitteilung überrascht aber auch aus einem ganz anderen Grund, schließlich hatte die Junge Union nach Angaben zweier AStA-Referenten eigentlich keinen Einwand gegen die Zahnbürste im Erstsemester-Beutel. Man hätte, aufgrund des politischen Engagements Ratjens, alle Hochschulgruppen in einem Treffen vorab gefragt, ob sie ein Problem mit der Zahnbürste hätten. Die übereinstimmende Meinung soll gewesen sein, dass es sich ja „nur um eine Zahnbürste“ handele, es folglich kein Problem darstelle.
Die umstrittene gelbe Zahnbürste...
Schade, dass die Pressemitteilungen der Jungen Union allzu oft den Verdacht primitiver Wahlkampfpolemik aufkommen lassen. Denn die Arbeit der beiden Abgeordneten, die für die JU- Hochschulgruppe im Studierendenparlament sitzen, ist – ganz im Gegensatz zum Abdrucken von vielfach merkwürdigen Pressemitteilungen – konstruktiv und hat es nicht nötig, sich hinter derartigen Pressemitteilungen zu verstecken. Genau so wie die Arbeit jener AStA-Referenten, die ebenfalls Mitglied der JU sind.
Fotos: Gabriel Kords (Sebastian Ratjen), Junge Union Greifswald (Franz-Robert Liskow), Patrick Kaatz (Foto Zahnbürste)
Anmerkung: Dem Redakteur ist an einer Stelle ein Fehler unterlaufen. Bei dem genannten Programmheft handelt es sich nicht um eine Veranstaltungsreihe der Jungen Liberalen, sondern um eine der Friedrich Naumann-Stiftung. Auf dieser wurde die Liberale Hochschulgruppe als Unterstützer der Veranstaltungen aufgelistet. Des weiteren wurde das Foto der Zahnbürste, welches uns per E-Mail zugesandt wurde, in den Artikel mit eingebaut.