Zwei Gesichter von Sibel Kekilli auf einer DVD: Die Fremde

Umay kämpft gegen die eigene Familie, die ihr den Sohn wegnehmen möchte.

Viel Mühe gab sich der Majestic Filmverleih mit der DVD-Ausgabe seines Films „Die Fremde“. Ausschnitte von der diesjährigen Verleihung des Deutschen Filmpreises, dazu noch gesc hnittene Szenen des Film, Interviews mit der Hauptdarstellerin Sibel Kekilli und Feo Aladag, der Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin. Außerdem dazu noch die für eine DVD-Auswertung in Deutschland ungewohnten englischsprachigen Untertitel – neben den obligatorischen in deutscher Sprache. Alles zusammen ist ein wunderbares Gesamtpaket für ein Drama, dessen prognostizierten kommerziellen Erfolgsaussichten nur beschränkt waren. Bis Ende Juni lösten nur 110.669 Zuschauer eine Kinokarte für „Die Fremde“, was vor allem durch die wohlwollende Berichterstattung während der Premiere bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin – der Berlinale – und dem zweifachen Gewinn beim Deutschen Filmpreis positiv beeinflusst wurde.

Einen der beiden Preise erhielt Sibel Kekilli als beste Schauspielerin. Die Mitbewerber um den mit 10.000 Euro dotierten Preis waren Corinna Harfouch („This is Love“), Susanne Lothar („Das weiße Band“) und Birgit Minichmayr („Alle Anderen“) und nachdem Christoph Waltz (Oscargewinner für „Inglourious Basterds “) den Umschlag mit dem Namen der Gewinnerin öffnete und selbigen verlas, war Kekilli als einzige der vier Nominierten überrascht. Jedenfalls scheint es so für den Betrachter der auf der DVD enthaltenen Fernsehausschnitts. Die Nicht-Prämierten versteckten ihre mögliche Enttäuschung professionell.

Kekillis Erstaunen darüber, dass die Deutsche Filmakademie sie zur besten Darstellerin kürte, erst verbunden mit einer gespielten körperlichen Starre auf dem Sitzplatz und dann gefolgt von einem impulsiven Lauf auf die Bühne – ohne sich aber vorher des eigenen Schuhwerks zu entledigen – sprühte nur so von selbstdarstellerischen Zügen, die nur noch von der Dankesrede übertroffen wurde. Jedenfalls wenn es um den Moment des Fremdschämens auf Seiten des Publikums und der Zerstörung einer sehr guten schauspielerischen Leistung durch die Aktrice selbst geht. Kekilli übertrieb es mit ihrer Freude. Denn mit der Möglichkeit zu Gewinnen, kann bei nur vier Nominierten gerechnet werden. Auch dürfte Kekilli nicht vergessen haben, dass sie schon für ihre Arbeit in Fatih Akins „Gegen die Wand“ unzählige Darstellerpreise einheimsen konnte. Professionell war ihr Auftritt vor dem eigenen Berufsstand nicht.

In der Dankesrede ging die gebürtige Heilbronnerin auch nur am Rande auf den Film ein, der sie eigentlich erst auf die Bühne der Preisverleihung gebracht hat. Viel mehr nutzte Kekilli den Moment, in dem alle Augen auf sie gerichtet waren, für eine Anbiederung erster Klasse. „Ich will arbeiten“ schrie sie ihren Zuhörern entgegen. In guten Stoffen. Zu den vielen nur wenig beschäftigten Schauspielern gehört Kekilli aber bei weitem nicht. Ein Blick in ihre Filmographie zeigt, dass ihre Mitarbeit in „Gegen die Wand“ und „Die Fremde“ die Ausnahme von der Regel bedeutet. Mehr Masse als Klasse ist darin zu erkennen. Und wer zukünftig als Tatort-Kommissarin in den öffentlich-rechtlichen Himmel der Geborgenheit einziehen darf, dem scheint es mit dem Wunsch nach anspruchsvollen Stoffen nicht wirklich ernst zu sein.

Sibel Kekilli ist ein Mensch und Schauspielerin nur von Beruf. Ein enttäuschender Beigeschmack bleibt aber nach diesem Auftritt. Denn für die Darstellung der Türkin Umay hat sie den Preis verdient. Und Rolle und Schauspieler sind nicht immer deckungsgleich in der Persönlichkeit. Ein ruhigerer Auftritt und der Hinweis, wie schwerwiegend die Thematik des Films „Die Fremde“ ist, hätten mehr Sympathiepunkte gebracht.

Die Fremde in der Familie

Die Handlung des Films verkürzend mit nur einem Schlagwort darzustellen, nämlich Ehrenmord, ist unangebracht. Feo Aladag spricht in einem Interview auch von der Perfidie der Terminologie.

Drei Dinge werden zum Anfang des Films festgehalten. 1. Aus dem Off ist ein „Mama“ zu hören. 2. Ein junger Mann läuft zusammen mit einer jungen Frau auf einem Gehweg. Nach einigen Metern zieht er eine Pistole und richtet diese auf die Frau. 3. Die junge Frau liegt bei einem Frauenarzt auf dem Behandlungsstuhl.

An den Ruf des Kinds wird im Laufe des Films von Seiten des Publikums nicht mehr gedacht. Zu kurz war die Stimme zu hören.

Der junge Mann mit der Pistole stellt sich im Laufe des Films als jüngster Bruder von Umay heraus. Gerade in dem Moment, in dem er schießen könnte, folgt ein Schnitt und es ist klar, dass sich diese Szene zum Ende des Films ereignet, weshalb während des gesamten Films nicht an einen positiven Ausgang der Geschichte zu denken ist.

Mit der Szene beim Frauenarzt setzt die Handlung an der chronologisch ersten Stelle ein. Umay lässt ein Kind abtreiben. Einen Sohn, Cem, hat sie schon von ihrem türkischen Mann. Doch quält sie dieser physisch und die patriarchalische Lebenswelt irgendwo in der Türkei lässt sie nicht glücklich werden. Umay flüchtet mit ihrem Sohn zu ihren Eltern und Geschwistern zurück nach Deutschland. Vor ihrer Hochzeit lebte sie in Berlin als deutsche Türkin.

Keines der Familienmitglieder kann es verstehen, dass sie ihren Mann verlassen hat. Dies gehört sich nicht und bringt nur Schande über die Familie, so der Tenor von allen Seiten. Aber Umay hat sich entschieden. Die Trennung ist nicht rückgängig zu machen. Doch ihre eigene Familie kann ihr aufgrund von äußeren Zwängen keinen Halt und schon gar keine Geborgenheit geben. Umay wird von ihrer Familie verstossen.

Wer alles haben möchte, was man will, erhält meistens nichts. So ergeht es auch Umay. Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben ist nicht mit dem Drang ein Teil ihrer Familie bleiben zu wollen vereinbar. Dieser Konflikt löst sich bis zum Ende des Films nicht mehr.

Die Liebesgeschichte gehört nicht zu den Glanzpunkten des Drehbuchs.

Für die große Leinwand gemacht

Ausgangspunkt des Films waren jahrelange Recherchen der Filmemacherin Aladag, bevor das Drehbuch entstand und ohne die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender WDR, RBB und arte und die verschiedenen deutschen Filmförderungseinrichtungen wäre der Film niemals in Produktion gegangen. Dem Werk kann aber keine Fernsehästhetik unterstellt werden, auch wenn „Die Fremde“ von Einigen als „ein typischer deutscher TV-Problemstreifen “ wahrgenommen wird. Die Kameraarbeit, die Montage und auch das Sounddesign entsprechen einem qualitativ höheren Anspruch, als es die meisten Produktionen für kleine Mattscheiben und große Flachbildschirme beherrschen. Den Einsatz von Untertiteln in den türkischen Dialogen gäbe es außerdem in Fernsehproduktionen nicht. Dort sprächen alle Figuren eine Sprache: Die der meist deutschen Zuschauer.

„Die Fremde“ lebt von ihrer Hauptfigur, die mit Sibel Kekilli perfekt besetzt worden ist. Die Nebenrollen sind mit einer Ausnahme ebenfalls glaubwürdig gecastet: Beim ersten Auftritt von Florian Lukas, kann die ihm zugeteilte Rolle und Funktion im Film sogleich erkannt werden. Umay soll sich in ihn verlieben. Einen unbekannteren Darsteller zu besetzen, hätte diesen Drehbucheinfall besser verschleiern können. Lukas ist aber kein Vorwurf zu machen.

Filmdaten

Titel: Die Fremde (englischsprachiger Titel: When We Leave)

Deutschland 2010, 114 Minuten

Regie: Feo Aladag

Darsteller: Sibel Kekilli, Settar Tanriogen, Alwara Höfels, Florian Lukas

Deutscher Kinostart: 11.03.2010

DVD- und Blu-Ray-Disc-Verkaufsstart: 27.08.2010

DVD-Bonusmaterial: Ausschnitte von der Preisverleihung des Deutschen Filmpreises 2010 (9 Minuten), acht entfallene Szenen, Interviews mit der Hauptdarstellerin und der Regisseurin (10 Minuten), Bildergalerie, der deutsche Original Kinotrailer und der Trailer für einen weiteren Film der Majestic Film (Wüstenblume)

Fotos: Majestic Film

Fantakel – wo sich Figurentheater treffen

3. bis 5. September: Fantakel - ein Figurentheaterfestival

Vom 3. bis 5. September laden zahlreiche freie Figurentheater aus Mecklenburg-Vorpommern, Karlsruhe und Berlin in das soziokulturelle Zentrum St. Spiritus und in die Stadtbibliothek Hans-Fallada ein. Denn an diesen Tagen findet unter dem Titel “Fantakel” bundesweit zum ersten mal ein Festival für Figurentheater statt.

Für Kinder werden Stücke wie die “Prinzessin auf der Erbse”, “Mäuseken Wackelohr”, “Ronja Räubertochter”, “Vom Igel, der keiner mehr sein wollte” und „Die Schatzinsel und das Ende des Seeräubers John Silver, von ihm selbst erzählt“ gezeigt.

Die Legende von Paul und Paula

Rike Schubert vom Berliner theaterkosmos53 lässt unterdessen die Puppen die “Legende von Paul und Paula” nachspielen. Den Organisatoren zu Folge soll es sich dabei um eine “sinnliche Mischung aus Theater, Live-Musik und Puppenspiel” handeln, die am Freitag um 20:00 Uhr gezeigt wird.

Auftakt des Festivals bildet das Allerhand-Theater aus Dömitz. Sie führen am Freitag um 17:00 Uhr in der Langen Straße “Allerhand Circus” auf. Im Anschluss öffnet im St. Spiritus die Ausstellung “Sagenhaft – Kinderbilder zur griechischen Mythologie”. Organisiert wird die Ausstellung vom Kultur- und Kunstverein Waren e.V. und kann an allen drei Tagen besucht werden. Darüber hinaus lädt das soziokulturelle Zentrum am Samstag die kleinen Besucher in ihr Haus ein, um an verschiedenen Kinderspielen teilzunehmen und sich bei einem Imbiss zu stärken.

“Die Schildkröte hat Geburtstag”, ein von Beate Biermann von der Theater- und Orchester GmbH Neustrelitz-Neubrandenburg inszeniertes farbiges Schattenspiel nach Elisabeth Shaw, ist am Sonntag für Zuschauer ab vier Jahren um elf in der Kapelle des ehemaligen Stadtklosters zu sehen.

Astrid Lindgrens “Ronja Räubertochter” von Puppen gespielt

Die Geschichte “Vom Igel, der keiner mehr sein wollte” wird am selben Tag um 15 Uhr von Anette Wurbs aus Neubrandenburg erzählt. Das Stück, das sich Kinder ab fünf Jahren, aber auch “Kind bleiben wollende” ansehen können, handelt von einem Igel, der aus seiner vertrauten Welt hinaus in die Fremde zieht, wo er sofort als Fremder erkannt wird. Der Igel versucht immer wieder so zu werden, wie die Anderen, sich anzupassen. Doch es gelingt ihm nicht. Was ihm jedoch gelingt ist, sich selbst bis zum Schluss treu zu bleiben.

Den Abschluss des Festivals bilden Inga Schmidt aus Berlin und Carsten Dittrich aus Karlsruhe mit der Puppenspielinszenierung von Astrid Lindgrens berühmten Kinderbuch “Ronja Räubertochter”. Das gibt es am Sonntag ab 17 Uhr zu sehen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur MV, Stadt Greifswald und das soziokulturelle Zentrum St. Spiritus sind Förderer des Fantakels. Die Aufführung des Stückes Paul und Paula wird durch das Nationale Performance Netz im Rahmen der Gastspielförderung Theater aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Kultur- und Kultusministerien der Länder ermöglicht.

Bildnachweis: Organisatoren (Logo Fantakel)

Einstiegsfilm für zukünftige Johnnie To-Liebhaber: Vengeance

Parallelen zu „Memento“ (2001): Polaroid-Kameras scheinen auch für Johnny Hallydays Figur gemacht worden zu sein.

Ein einfacherer Filmtitel hätte nicht gefunden werden können. Francis Costello reist nach Macao, weil seine Tochter, sein Schwiegersohn und die beiden Enkelkinder von einem Killerkommando überfallen wurden. Nur die Tochter kann überleben und gibt ihrem Vater einen Wunsch mit auf dem Weg: Rache.

Nachdem Costello sich die Dienste dreier einheimischer Auftragskiller erkaufte, geht die Reise ins benachbarte Hongkong. Dort trifft das Quartett die Mörder. Viel wichtiger ist aber die Information, wer hinter dem Ganzen steckt.

Aufmerksame Zuschauer werden an dieser Stelle des Films keine Überraschung erleben. Der Plot ist einfach strukturiert. Auch die Erklärung, warum die Familie am Anfang des 104 Minuten langen Films sterben sollte, findet in nur einem Satz des Bösewichts Erwähnung. Handlungen müssen aber auch nicht immer überladen sein.

Eurasische Kooperation

Willkommen in Johnnie Tos neuestem Film „Vengeance“. Mit dem französischen Sänger Johnny Hallyday besetzte der Regisseur erstmals keinen Asiaten in der Hauptrolle des rächenden Vaters. Auch ist dies Tos erster Film in englischer Sprache.

Grundlage für die Co-Produktion zwischen Hongkong und Frankreich, ist Tos großer Erfolg bei unseren gallischen Nachbarn. Die französische Produktionsfirma ARP Selection war mit dem Erfolg von Tos „Election“ (2005) sehr zufrieden, stellte den Kontakt zwischen dem Regisseur und Johnny Hallyday, dem französischen Elvis Prestley, her. (Ausführlicher zur Entstehungsgeschichte äußert sich Johnnie To in einem Interview.)

Im Jahr 2009 feierte dann „Vengeance“ seine Weltpremiere auch in Frankreich und durfte sogar als offizieller Festivalbeitrag am Filmfestival von Cannes teilnehmen. Zwar bleibt dabei ein bestimmtes Unwohlsein, da nur wenige Tage nach der Festivalvorführung auch der französische Kinostart war und somit der Verdacht nahe liegt, dass es sich bei der Festivalteilnahme vor allem um eine Marketingmaßnahme handelt, die der Kinoauswertung zu gute kommen sollte.

Sicherlich hat die Weltpremiere in Cannes (Bilder vom roten Teppich) dabei geholfen, dass „Vengeance“ der bisher erfolgreichste To-Film in Frankreich ist (115.319 Zuschauer). Die verkauften Kinokarten sind andererseits auch ein Zeichen für die Neugierde des französischen Publikums auf asiatisches Kino. Wann hat denn der letzte asiatische Film in Deutschland so viele Zuschauer anlocken können?

Long Shot-Kameraeinstellungen sind ein Markenzeichen des Regisseurs.

Johnnie To gehört zu den kreativsten Filmemachern weltweit und es ist schon eine freudige Überraschung, dass nach dem Abflauen des Asienhypes in Deutschland  immer noch asiatische Filme aus unterschiedlichen Genres auf den deutschen Markt gebracht werden.

Als Einstieg geeignet

Verweise auf französische Krimis der 1960er Jahre, verbunden mit den Kamerafahrten eines Sergio Leone und noch künstlerisch anspruchsvolleren Actionszenen als in John Woos-Klassikern, werden von Johnnie To und seinem Team (Stammdrehbuchautor und Miteigner der Produktionsfirma Milky Way Image Ka-Fai Wai; die Stammschauspieler Anthony Wong, Lam Ka Tung, Lam Suet und Simon Yam) gekonnt zu Neuem verpackt. Jede Schießerei, jeder Schauplatz und auch die fast stummfilmartige Darstellungsweise der Schauspieler lassen die Handschrift des Regisseurs eindeutig erkennen. Einziges Manko ist das altbackene Rachemotiv.

Für Freunde von Tos Vorgängerfilmen „Breaking News“, „Election“, „Exiled“, „Election 2“ und dem fantastischen „Mad Detective“ ist „Vengeance“ ein Muss. Für Einsteiger in das Werk des Regisseurs kann der Rachefilm ebenfalls empfohlen und als Best-of von Johnnie To verstanden werden.

Leider enthält die deutsche DVD der Koch Media neben den drei Kinotrailern nur ein rund elf minütiges Making-of. Im Gegensatz zum Bonusmaterial vieler US-amerikanischer Filme besteht dies nicht aus Interviewantworten á la „Die besten Dreharbeiten, an denen ich jemals beteiligt war“, sondern zeigt einen kleinen realistischen Ausschnitt, wie es hinter den Kulissen aussah. Neben der deutschen Tonspur, enthält die DVD auch die englischsprachige Originalfassung. Auch hier macht dies einen Unterschied aus. Denn Hallydays sehr französisch klingendes Englisch kann in der deutschen Synchronisation natürlich nicht eingefangen werden.

Filmdaten

Titel: Vengeance (englischer Originaltitel: Vengeance)

Hongkong/Frankreich 2009, 104 Minuten

Regie: Johnnie To

Darsteller: Johnny Hallyday, Anthony Wong, Lam Ka Tung, Lam Suet, Simon Yam

Deutscher Kinostart: kein Kinostart

DVD- und Blu-Ray-Disc-Verkaufsstart: 27.08.2010

DVD-Bonusmaterial: Making-of der Filmproduktion (11 Minuten), drei Kinotrailer und drei Trailer für weitere Filme der Koch Media (Connected, The Beast Stalker und High Lane)

Bild

Koch Media


Trust Fate rockt in der Domburg

In der vorlesungsfreien Zeit hat Greifswald kulturell zumeist deutlich weniger zu bieten, als in den Phasen des Jahres, in denen Studentinnen und Studenten in den Hörsälen sitzen und über Büchern schwitzen.

Kein Wunder, machen doch die meisten Vereine und das Theater Vorpommern Sommerpause. Das Kino hat gegenwärtig auch eher wenig Empfehlenswertes zu bieten. Ungeachtet dessen gibt es dennoch interessante Veranstaltungen.

So zum Beispiel in der Domburg. Am Freitag, dem 27. August, kann man die Greifswalder Band „Trust Fate“ live und unplugged in der Cocktailbar erleben. Neben berühmten Klassikern der Rockmusik werden vor allem Titel von ihrem am 8. Juli erschienen ersten Album gespielt.

Bezahlt werden müssen an diesem Abend nur Cocktails, oder andere (auch alkoholfreie) Getränke und was sonst noch zu sich genommen wird. Die Musik kann ohne Aufpreis genossen werden. Los geht es am Freitag ab 20 Uhr.

Weitere Konzerte von Trust Fate:

7. September, 20 Uhr im Club 9

23. Oktober, 10 Uhr, Flughafen Berlin-Tempelhof (Help-Music-Award 2010)

Foto: Simon Voigt

Baltic Sea Festival in Greifswald

Hardcore-, Punk- und Metalliebhaber kommen vom 26. bis 29. August auf ihre Kosten. Denn in diesem Zeitraum findet zum dritten Mal das “Baltic Sea Festival” in Greifswald statt. Einlass ist 16 Uhr, los geht es um 22 Uhr auf der Festwiese im Greifswalder Gewerbegebiet.

In den kommenden Tagen rocken dann von etwa 1 bis 23 Uhr insgesamt 52 Bands aus Deutschland, Belgien, Spanien, den USA, Kanada, Brasilien, den Niederlanden und Australien auf der Bühne und im Festzelt. Als Headliner werden “Anima”, “Born from Pain”, “Confronto”, “No Turning Back” und “War From A Harlots Mouth” angekündigt. Darüber hinaus warten die Veranstalter mit Aftershowpartys, veganischen Speisen, Bierständen, einer Kaffeebar und Wasserballonschlachten auf. Entsprechende Flächen für das Aufstellen von Zelten werden von den Organisatoren zur Verfügung gestellt.

Mit “Something Inside” und “No Turning Back” wird das Festival seinen Abschluss finden. Wer die zahlreichen Bands an diesen Tagen sehen will, sollte 25 Euro für den Eintritt bereit halten. An der Abendkasse werden für die drei Tage 30 Euro fällig. Wer nur einen Tag dabei sein will, hat 20 Euro zu bezahlen. Es werden zwischen 500 und 1.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Für die ersten hundert Gäste halten die Veranstalter eine “Baltic Sea Überraschung” bereit.

Fotos: Veranstaltungsflyer

Geburt der Romantik im Pommerschen Landesmuseum

Eismeer (Gescheiterte Hoffnung) von Caspar David Friedrich

Unter dem Motto “Die Geburt der Romantik” stellt das Pommersche Landesmuseum vom 28. August bis 21. November Kunstwerke von Caspar David Friedrich (1774-1840) aus Greifswald, Philipp Otto Runge (1777-1810) aus Wolgast und Friedrich August von Klinkowström (1778-1835) aus Ludwigsburg aus. Am 27. August findet ab 21 Uhr die offizielle Eröffnung der Ausstellung statt. Grund für die vorverlegte Eröffnung ist die vorübergehende Rückkehr des Gemäldes “Wiesen bei Greifswald” in seine alte Heimat. Das Museum möchte insbesondere den Einheimischen damit die Möglichkeit geben “ihr” Bild in ihrer Heimat willkommen zu heißen. Der Eintrittspreis für die Sonderausstellung beträgt an diesem Abend sechs Euro.

Die drei Künstler der Romantik verbindet eine lange Freundschaft. Klinkowström und Friedrich lernen Runge während ihrer Studien in Dresden kennen. Runge und Friedrich sind nicht nur durch gemeinsame künstlerische Arbeiten, wie beispielsweise für die Kapelle in Vitt auf Rügen, oder das Altarblatt der Marienkirche in Greifswald verbunden. Zwischen beiden entwickelten sich nicht nur freundschaftliche, sondern auch verwandtschaftliche Beziehungen. Klinkowström und Runge begründeten wiederum eine Arbeitsgemeinschaft in Hamburg.

In der Ausstellung sind etwa 30 Gemälde und 80 Grafiken, unter anderem aus der Nationalgalerie Oslo, der österreichischen Galerie Belvedere in Wien, der Hamburger Kunsthalle und den Kupferstichkabinetten in Berlin und Dresden, zu sehen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, das Wallraf-Richartz Museum in Köln steuern ebenso Gemälde zur Romantik-Ausstellung bei. Darüber hinaus sind Werke aus dem Nachlass Klinkowströms zu sehen, die bislang noch nicht der Öffentlichkeit präsentiert wurden.

Konzerte und Lesungen als Begleitprogramm zur Ausstellung

Selbstportrait Philipp Otto Runges

Neben der Ausstellung wird es zudem noch ein Begleitprogramm geben, was sich von der Sonntagsführung über ein “Frühstück für Romantiker” bis hin zu Exkursionen, Konzerten, Lesungen und speziellen Programmen für Schulklassen erstreckt. Das Frühstück für Romantiker findet zwischen September und November jeden ersten Sonntag im Monat statt. Auftakt der Veranstaltungsreihe wird neben der Ausstellungseröffnung am 27. August eine Kaffeetafel am folgenden Tag im Schloss Ludwigsburg sein. Der Runge-Klinkowström-Nachmittag wird zwischen 14 und 16 Uhr im Innenhof des Schlosses musikalische Begleitung erfahren.

Darüber hinaus wird es am 29. August in Vitt auf Rügen ab 15 Uhr einen Ufergottesdienst zum Runge-Jahr geben. Die Predigt, die vom Posaunenchor Nordrügen umrahmt wird, hält Pfarrer Christian Ohm halten. Pfarrer Arndt Franke ist für die Liturgie des Gottesdienstes verantwortlich. Die erste Sonntagsführung durch die Ausstellung findet am 29. August um 11 Uhr statt.

In Kooperation mit den Botanischen Gärten Greifswald wird die gläserne Museumshalle in ein Gewächshaus verwandelt, in dem unterschiedliche Blumen aus Runges “Zeiten” blühen sollen.

Darüber hinaus wird ein Katalog zur Ausstellung erscheinen, der nach Angaben der Veranstalter um interessante Beiträge über die Epoche der Romantik in der Region und brillianten Abbildungen bereichert wird. Der Druck des Kataloges wird von Professor Berthold Beitz aus Essen unterstützt.

Bilder: Wikimedia Commons