Wenn man sich auch nur ein bisschen mit dem Weltgeschehen zurzeit beschäftigt, könnte man meinen, die Welte stehe in Flammen.
Syrien, die Türkei, Ecuador, Chile, China Großbritannien und Deutschland bilden da nur einige Brennpunkte, mit welchen sich unsere Moderatoren dieses Mal beschäftigen.
Wenn ihr also wissen wollt, ob es sich noch lohnt, für die nächste Klausur zu lernen oder die kommende Hausarbeit zu recherchieren, dürft ihr diese Folge nicht verpassen.
Bei Fragen und Anregungen könnt Ihr uns wie immer, unter der E-Mailadresse web-podcas@moritz-medien.de erreichen. Egal ob es regnet, stürmt, schneit oder eben Weltuntergang ist, wir sind für euch da.
Das letzte Mal „in den Pilzen“ war ich vielleicht vor 15 Jahren. Und damals haben mir Pilze nicht mal geschmeckt; ich glaube es war nur eine Form der Kinderbeschäftigung meiner Eltern an grauen Wochenenden. Inzwischen bin ich aber eine richtige Pilzliebhaberin geworden und weil dieses Jahr in meiner Wahrnehmung ja DAS Pilzjahr war, bin ich nicht drum herumgekommen, mal mein Glück in den Greifswalder Wäldern zu versuchen. Gerädert von der Ersti-Woche, schon erschöpft von den ersten Lehrveranstaltungen und irgendwie immer noch verkatert, galt letztes Wochenende also das Motto: Pilz statt Pils.
Wir waren also mit gefährlichem Halbwissen, jahrelanger Pilzsammelabstinenz und einer Pilzbestimmungs-App (die in den internetlosen Tiefen des Waldes nicht funktionierte) unterwegs. Zwar hatte ich im Vorhinein gehört, dass man zurzeit innerhalb von 20 Minuten Körbe voller Pilze sammeln könne; dieser Erfolg blieb uns aber leider zunächst mit unseren ungeschulten Augen verwehrt. Nachdem wir also eine halbe Stunde durch das Unterholz marschiert waren und immerhin einen Dachsbau, Frösche und jede Menge (in unseren Augen) nicht-essbare Pilze entdeckt hatten, sind wir endlich fündig geworden. Schon leicht genervt und enttäuscht fanden wir Ecken, an denen schöne, gelbschwammige Maronen wuchsen. Aus unserem Fund haben wir uns abends selbstversorgermäßig eine leckere Pilzpfanne gekocht. Und da ihr diesen Artikel jetzt lest, habe ich das Essen anscheinend überlebt und es war kein giftiger Pilz dabei.
Falls ihr also mal eine kleine Auszeit braucht und knapp bei Kasse seid, kann ich euch einen Ausflug in die schöne Umgebung unserer Hansestadt nur empfehlen. Selbst wenn man keine Pilze findet, ist so ein Waldspaziergang Balsam für jedes gestresste Studierendenherz.
Übrigens: Wusstet ihr, dass Greifswald sogar eine Pilzberatung anbietet? Falls ihr unsicher seid, ob euer Fund essbar ist oder ihr glaubt, euch eine Vergiftung zugezogen zu haben, könnt ihr euch bei mehreren Berater*innen erkundigen.
Wie schlimm wird der Klimawandel Greifswald treffen? Was kann ich persönlich tun, um den Klimawandel zu stoppen und warum fällt es den meisten Menschen so schwer, bei sich selbst anzufangen? Und was haben Moore eigentlich mit dem Klimawandel zu tun?
Diese Fragen und noch viele mehr wurden am vergangenen Freitag bei der Auftaktveranstaltung der Lectures For Future beantwortet. Lectures For Future ist ein gemeinsames Projekt der Pressestelle unserer Universität und den regionalen Gruppen von Fridays For Future und Scientists For Future. Das Ganze ist eine Art Vorlesungsreihe, in der Wissenschaftler*innen in kurzen Impulsvorträgen ihr Wissen mit allen Interessierten teilen und danach für Fragen zur Verfügung stehen.
Letzte Woche begann Prof. Markus
Münzenberg, der die Professur für Grenz- und Oberflächenphysik
innehat, mit einem Vortrag über Klimamodelle. Er deutete die
komplexen mathematischen Modelle und wichtige Annahmen an, die für
funktionierende Klimamodelle entscheidend sind, und er machte auch
klar, welche Art von Vorhersagen im Moment möglich sind und welche
nicht. Faustregel: Je kleiner der Zeitraum ist, für den man
Vorhersagen treffen möchte, desto kleiner müssen die Abstände
zwischen den verschiedenen Messstandorten sein. Deswegen ist es
schwer, das Wetter für nächste Woche Freitag vorherzusagen, aber
wie der Klimawandel im Verlauf der nächsten 100 Jahre aussieht, kann
man aktuell gut berechnen.
Ganz am Ende wurde Prof. Münzenberg
konkret: In und um Greifswald sind 15.000 Menschen von
Überschwemmungen bedroht, wenn der Meeresspiegel um 30 cm ansteigt.
Und den Modellen nach ist mit 30 bis 80 cm Anstieg des Meeresspiegels
zu rechnen.
Prof. Susanne Stoll-Kleemann, die den
Lehrstuhl für Angewandte Geographie und Nachhaltigkeitswissenschaft
leitet, sprach detailliert über Barrieren und Strategien, die
Menschen davon abhalten sich klimafreundlicher zu verhalten. 80%
unserer persönlichen Emissionen setzen sich aus vier Teilen
zusammen: Fliegen, Autofahren, Fleischkonsum und der Energieverbrauch
durchs Wohnen. Und: Je höher der Bildungsabschluss ist, desto
klimaschädlicher der Lebensstil. Obwohl den meisten Menschen bekannt
ist, was schädlich fürs Klima ist, setzen sie nicht bei sich selbst
an, sondern berufen sich auf die Politik oder darauf, dass auch
erstmal andere etwas CO2 einsparen könnten.
Es sei erwiesen, dass Nachbarn und Freunde am wirksamsten das Denken und Handeln verändern können. Prof. Stoll-Kleemann rief deswegen dazu auf, dass alle, die freitags demonstrieren, außerdem schauen sollten, was sie persönlich in ihrem Leben zu Gunsten des Klimas verändern können.
Der dritte und letzte Vortrag wurde von Monika Hohlbein gehalten, die Mitarbeiterin der AG Moorkunde und Paläoökologie ist und im Greifswald Moor Centrum mitwirkt. Sie erklärte, dass Moore weltweit zweimal so viel Kohlenstoff beinhalten würden wie der gesamte Waldbestand. Außerdem würden knapp 30% aller CO2-Emissionen Mecklenburg-Vorpommerns durch entwässerte Moore entstehen, die zum Beispiel für Ackerbau oder Viehhaltung genutzt werden. Monika Hohlbein warb deswegen dafür, weniger konventionelle Landwirtschaft auf Mooren zu betreiben und mehr Moore in ihren natürlichen, feuchten Zustand zurückzuführen. Dort können zum Beispiel Pflanzen wie Schilf und Erle angebaut werden, sodass die Flächen trotzdem genutzt werden können.
Wann die nächste Lecture For Future stattfinden wird, ist noch nicht klar, die Pressestelle wird aber mit Sicherheit rechtzeitig Bescheid sagen. Und wer Lust bekommen hat beim nächsten Mal dabei zu sein, sollte ruhig seine Freund*innen mitbringen. Platz genug war im Hörsaal auf jeden Fall und lernen kann man bei den Lectures For Future auch etwas!
Stell dir vor, es ist Sonntagmittag, du fährst nichtsahnend durch die Stadt und plötzlich läuft dir ein herrenloser Hund entgegen.
So in etwa ist es mir mal am Wochenende passiert. Ein Freund und ich waren auf dem Weg nach Neubrandenburg und plötzlich lief da dieser herrenlose Hund aus Richtung Uniklinikum hoch zur Wolgaster Straße.
Als Hundebesitzer*in weiß man selbst, wie qualvoll diese Momente sind, wenn der Hund plötzlich nicht mehr zu sehen ist und auch auf das Rufen des Namens hin nicht zurückkehrt.
Wir haben also eine Vollbremsung vollzogen und sind dem kleinen Racker hinterher. Nach 20-30 Minuten war es uns möglich den Hund zu sichern. Einfach war es aber nicht und auch gefährlich, da er mehrfach die Straße überquerte.
Aber wie ist das eigentlich, wenn ich Hunde oder Katzen antreffe, die offensichtlich fehl am Platz sind?
Es gibt mehrere Anlaufstellen, an die man sich wenden kann. Vorab sei aber gesagt, dass der direkte Versuch das Tier einzufangen, vor allem wenn es scheu ist und direkt die Flucht ergreifen will, nicht immer sinnvoll ist. Im schlechtesten Fall verlässt es sofort den Sichtungsort.
In solchen Fällen ist es schon einmal wichtig die Polizei zu informieren (Tel.: 110), diese sollten euch dann sagen können, wie ihr weiter verfahren sollt. Was wir im Nachhinein erfahren haben ist z.B., dass es in Greifswald und Umgebung eine Haus- & Wildtierrettung gibt, die sich um solche Fälle kümmert. Die Polizei hat euch an diese weiterzuleiten. Darauf dürft ihr auch bestehen. Wir mussten auch etwas mehr Druck ausüben, um an die Haus- & Wildtierrettung weitergeleitet zu werden.
Wenn ihr den Ausreißer doch gesichert bekommen habt, folgt die Frage: was nun?
Wichtig ist das Ordnungsamt zu informieren, denn nur wenn der Hund dort gemeldet ist, wird bei der Übernahme an das Tierheim auch gezahlt. Ansonsten müsste das Tierheim selbst dafür aufkommen und aus Erfahrungen von Bekannten kann ich euch leider sagen, das macht unser Tierheim Greifswald nicht so gerne.
Auch bringt es euch nichts, dort außerhalb der Öffnungszeiten anzurufen, es geht leider keiner ran, und dann auf dem Gelände selbst noch jemanden anzutreffen, scheint auch eine Sache der Unmöglichkeit. So erging es uns zumindest am besagten Sonntag.
Ihr könnt aber auch in diesem Fall auf die Haus- & Wildtierrettung zählen, da diese auch eure Findelkinder einsammelt. Auch hier bitte erst die Polizei anrufen und euch von diesen weiterleiten lassen. Das ist einfach wichtig, da diese Menschen ehrenamtlich arbeiten.
Findet ihr Katzen, könnt ihr euch zudem beim Tierschutzbund Greifswald und Umgebung e.V. melden. Diese sind stets bemüht für Findlinge ein gutes Zuhause finden. Auch hier wird ehrenamtlich gearbeitet. In einem kleinen Artikel zum Sommerfest letztes Jahr erfahrt ihr mehr über diesen gemeinnützigen Verein. Auch moritz.tv hat an diesem Tag ein kleines Video gedreht.
Unser Fundhund konnte glücklicherweise noch am gleichen Abend zurück zu seinen Besitzern gebracht werden, da er gechipt ist und eine Tassomarke trägt.
Und das wäre die nächste Alternative. Ihr habt also den Ausreißer gesichert und stellt fest, dass am Hals des Tieres eine lesbare Tassomarke hängt. Über die Seite www.tasso.de könnt ihr die Nummer der Marke erfragen und so den*die Besitzer*in ausfindig machen.
Es steht auch eine Nummer auf der Marke, die ihr anrufen könnt, um dort die registrierte Nummer des Tieres anzugeben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden diese dann den*die Besitzer*in selbst darüber informieren.
Ist der Chip nicht lesbar, könnt ihr auch eine Tierarztpraxis aufsuchen. Dazu sei aber gesagt, dass ihr dann unter Umständen für die Kosten aufkommen müsst.
Am heutigen Samstag wird in vier Städten in MV (Rostock, Greifswald, Schwerin und Neubrandenburg) für bessere Bildung demonstriert.
Bereits am Mittwoch fand diesbezüglich eine kleine Pressekonferenz statt. Auch die Studierendenschaft wurde auf dieser vertreten: Annalena Mangels (AStA-Referentin für Hochschulpolitik) und Felix Willer (StuPa-Präsident) äußerten sich ebenfalls zu den Forderungen der Studierenden.
Der Start der Demonstration fand um 13 Uhr am Museumshafen an der Salinenstraße statt. Dort erwartete die Teilnehmenden eine Überraschung, mehr wollte Erik von Malottki im Vorfeld noch nicht verraten. Daraufhin ging es über den Hansering zur Europakreuzung und weiter über das Mühlentor und die Lange Straße zum Fischmarkt. Dort war für 13:30 Uhr eine Kundgebung geplant sowie eine Hüpfburg und Plakate malen für Kinder.
Doch warum wird eigentlich demonstriert? Diese Frage wird unter anderem durch einen Forderungskatalog mit 74 Anforderungen beantwortet, jedoch erläuterte auch jede*r noch einmal die aktuellen Probleme aus der jeweiligen Position.
Mario Riedel vom Kreiselternrat erklärte, dass sich die Eltern an der Bildungsdemo beteiligen, da diese natürlich daran interessiert sind, ihren Kindern die bestmögliche Bildung in angenehmer Atmosphäre geboten wird. Jedoch zeigt der aktuelle Stand Mangelerscheinungen an Gebäuden. Darüberhinaus sehen viele Eltern ein großes Problem im Inklusionspaket, da schlicht der Lehrkörper und die nötige Ausbildung dieser Personen nicht gegeben ist. Außerdem fehlen schlichtweg Lehrer*innen in bestimmten Fächern in der Region, welche allerdings auch nicht in Greifswald ausgebildet werden.
Da die Eltern das Gefühl haben, sowohl vom Bildungsausschuss als auch vom Kreistag nicht wahrgenommen zu werden, haben sie sich entschieden am Samstag mit zu demonstrieren.
Sabine Jepp dagegen spricht für die Lehrer*innen – Pia Bönisch für die Beamt*innen. Beide sind Lehrerinnen und kennen die Zustände an den Schulen MVs demnach von Innen. Normalerweise sitzen sämtliche Verantwortlichen alle zwei Jahre an einem Tisch, um die Tarifverhandlungen zu führen, jedoch wird es Zeit etwas für die Arbeitsbedingungen zu tun. Auch Jepp sieht große Schwierigkeiten im Inklusionspaket, da dieses zeitgleich mit den neuen Rahmenplänen und Abiturverordnungen kommt. Dadurch entsteht ein Zeitproblem, welches zusätzlich durch die hohe Pflichtstundenzahl in MV befeuert wird. Jepp merkt allerdings auch an, dass „die Probleme von Region zu Region und von Ort zu Ort“ unterschiedlich sind. Bönisch bezieht sich nochmals auf ihren Vorredner. Auch sie sieht die Regierungen und Universitäten in der Pflicht, die Studiengänge weiter zu öffnen, sodass die Studienplätze mehr nach Bedarf verteilt werden können. Aktuell fehlen im Land vor allem Grundschullehrer*innen und Personal in den Naturwissenschaften. Außerdem sind viele Referendariate – vor allem in ländlichen Regionen – unbesetzt, während die in den Städten so stark gefragt sind, dass viele angehende Lehrer*innen ihr Referendariat nach einer gewissen Wartezeit oder gar nicht in MV beginnen können.
Auch die Studierendenschaft bezieht Stellung: Annalena Mangels, AStA-Referentin für HoPo, und Felix Willer, StuPa-Präsident, beteiligten sich ebenfalls.
Neben unbesetzten Professuren und Personalbefristungen, welche von beiden sehr bemängelt werden, liegt ihnen auch das Studierendenwerk am Herzen. Das Stuwe ist unterfinanziert, muss dennoch für bezahlbares Essen und Wohnungen für Studierende sorgen. Darüberhinaus müssen die Mensen und auch das Personal finanziert werden. Auch sie plädieren für eine weitere Öffnung der naturwissenschaftlichen Studiengänge für das Lehramtsstudium an der Universität Greifswald.
Ebenfalls anwesend war Florian-Lucas Zippel vom Kreisschülerrat. Er berichtet, dass die Schüler*innen sehr begeistert von der Demonstration sind und weist nochmals auf den Lehrer*innenmangel, den damit verbundenen Unterrichtsausfall und die Gefährdung der anschließenden Prüfungen hin.
Außerdem merkt er an, dass die Digitalisierung zwar langsam fortschreitet, diese aber überall unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Als Beispiel führt er das Schlossgymansium in Gützkow an: Dort gibt es zwar eine Tabletklasse, jedoch bringt diese niemandem etwas, wenn das Breitband nicht gegeben ist, um mit Tablets effizient arbeiten zu können. Dazu kommt noch die Beförderung der Schüler*innen, denn: Für seinen Schulweg braucht Florian mit dem Auto 15 Minuten – mit dem Schulbus eine Stunde. Das führt natürlich zu einem Zeitdefizit. Er fordert eine verbesserte Beförderung, sodass manche Strecken häufiger und andere Strecken mit alternativen Wegen befahren werden sollten.
Alle gemeinsam erhoffen sich aus dem Doppelhaushalt mehr Geld für die Bildung und fordern auch, dass dieses in allen Bildungsbereichen eingesetzt wird. Malottki erwähnt außerdem, dass man seit einiger Zeit das Gefühl habe, dass das Land Geld aus dem Bildungsetat herauszieht.
Kreative Vorschläge kommen ebenfalls: Eine Art Sparkonto für das spätere Berufsleben, sodass jüngere Lehrer*innen mehr Stunden unterrichten können und diese für die spätere Tätigkeit sparen, um im fortgeschrittenen Alter weniger Pflichtstunden ableisten zu müssen.
Wer noch mehr kreative Ideen und Forderungen kennenlernen möchte, kann diese bei der GEW nachlesen – insgesamt sind es 74 Forderungen.
Auf dem Foto: Felix Willer, Erik von Malottki, Sabine Jepp, Annalena Mangels, Mario Riedel, Florian-Lucas Zippel, Pia Bönisch (v.l.n.r.)
An vier Städten in Mecklenburg-Vorpommern haben sich heute vor allem Lehrer*innen und Eltern versammelt, um auf die finanziellen Missstände in unserem Bildungssystem aufmerksam zu machen. Bei der Demonstration, die in Greifswald um 13 Uhr am Museumshafen beginnt, ist moritz. für euch live dabei.
13:00
Die Demonstration für Investitionen in die Bildung findet heute nicht nur in Greifswald, sondern auch in Schwerin, Rostock und Neubrandenburg statt. Dort begann sie allerdings schon früher – in Schwerin um 10:30 Uhr, in Rostock um 12 Uhr. Neubrandenburg ist sogar schon seit 10 Uhr mit dabei. In Greifswald wollte man wohl lieber lange frühstücken.
Viele der Anwesenden sind ehemalige Lehramtsstudierende. Tatsächlich wird die Zahl der anwesenden Lehrer*innen auf etwa 90 % geschätzt, die Studierendenschaft ist kaum vertreten. Auch AStA und StuPa scheinen sich bisher – bis auf wenige Ausnahmen – eher symbolisch als physisch mit der Demonstration zu solidarisieren.
Die Demonstrierenden warten noch auf den Kreiselternratsvorsitzenden, dann soll es offiziell losgehen. In der Zwischenzeit werden die Ärzte gespielt und Trillerpfeifen verteilt. Die Route der Demo wird vom Museumshafen aus über die Brücke zum Hansering (rechte Straßenseite) verlaufen, dann über Mühlentor, Schuhagen und die Lange Straße zum Fischmarkt.
13:12
Erik von Malottki (Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft MV und Greifswalder Bürgerschaftsmitglied) eröffnet die Demo. Das Ziel: die größte Demo in MV zu werden. Der Leitspruch der Demonstration: „Wir befürchten, dass die Bildung baden geht.“ Ein Mann mit Regenschirm teilt diese Ansicht und opfert sich symbolisch für die Bildung MVs.
13:20
Die Polizei geht in Greifswald von rund 360 Teilnehmenden aus, die schon selber laufen können. Kinder, die geschoben oder getragen werden, sind dabei nicht miteinberechnet. Erik von Malottki betont noch einmal die Ziele des Streiks. Der Mangel an Lehrkräften führt auch vermehrt zu Unterrichtsausfall, was die Demonstration umso wichtiger macht. Der Zug hat mittlerweile den Fangenturm erreicht. Der StuPa Präsident sorgt dabei für gute Musik, er hat auch die Playlist zusammengestellt. Nach Pink Floyd folgt jetzt „Hurra Hurra die Schule brennt“. Ein Lob für den Musikgeschmack!
Während der Zug an der Loefflerstraße kurz zum Stoppen kommt, ein paar Informationen zur Demo: „Bildung für alle statt Zukunft für wenige“ ist das übergeordnete Motto der Bewegung. Gestreikt wird für den Erhalt der Mittel im Bildungsetat und für zusätzliche finanzielle Förderung. Das und die Beendigung der befristeten Arbeitsstellen soll zukünftig dem immer größer werdenden Personalmangel entgegenwirken. Auch unsere Uni ist von diesen Kürzungen und Befristungen der Arbeitsplätze betroffen. Das StuPa und der AStA haben sich daher beide für den Bildungsstreik ausgesprochen.
13:30
Die jüngeren Anwesenden beginnen den FFF-Slogan zu skandieren, doch er scheint sich nicht so ganz auf die älteren Teilnehmenden übertragen zu wollen. Außerdem ist es insgesamt auf der Demo wesentlich lauter als auf dem Klimastreik (wenn ihr noch einmal nachlesen wollt, wie der internationale Streik fürs Klima vor einem guten Monat in Greifswald ablief, hier geht es zum Ticker: https://webmoritz.de/2019/09/20/allefuersklima/). Ein weiterer Unterschied zu FFF: die vorbeifahrenden Autos signalisieren ihre Solidarität mit Hupen und Gestiken. Bildung scheint wohl wichtiger zu sein als Klimaschutz. Wir sind trotzdem dankbar.
Der Landesschüler*innenrat hat zu allen vier Demonstrationen Vertreter*innen geschickt. moritz. kommt kurz mit ein paar der Schüler*innen ins Gespräch. Sie sind froh, dass die Demo am Samstag stattfindet, erklären sie. So können sie wenigstens nicht einfach nur wieder als Schulschwänzer*innen abgestempelt werden. Außerdem betonen sie, dass für sie alle Forderungen relevant sind, besonders wollen sie sich aber gegen den Personalmangel und den Unterrichtsausfall einsetzen, da sie unter diesen am meisten leiden.
Der Zug hat mittlerweile die Europakreuzung erreicht. Auch Passierende werden aufgefordert, sich der Demo anzuschließen. Die Veranstalter*innen sprechen mittlerweile von über 500 Teilnehmenden.
„Money, money, money, must be funny in the rich man’s world. Money, money, money, always sunny in the rich man’s world.“
13:40
Nachdem der Demozug durch die Fußgängerzone marschiert ist, vorbei an irritierten Passierenden und sich die Ohren zuhaltenden Cafébesucher*innen, wurde nun der Fischmarkt erreicht. Hier wurde sogar eine kleine Bühne aufgebaut, inklusive einer beistehenden Hüpfburg.
Die Regionalvorsitzende der GEW eröffnet die Kundgebung. „Wir sind hier, weil wir jetzt mehr Geld für Bildung fordern.“ Auch Milos Rodatos meldet sich zu Wort. Er erwähnt, dass wir womöglich die lauteste Demo im Land sind. (Ein Hoch auf Greifswald!). Nach Milos treten zwei Schüler*innen des Jahngymnasiums nach vorne, beide Mitglieder im Jugendausschuss in Greifswald, und stellen die Arbeit des Jugendausschusses vor. Sie sprechen im Namen von „besorgten Schülern“ und berichten über ihren Schulalltag und täglich ausgehängte, dreiseitige Vertretungspläne. Außerdem fehlt es an Weiterbildungsmaßnahmen im Themenbereich Digitalisierung und Medienbildung für die Lehrkräfte. Die beiden Schüler*innen geben das Mikro weiter an den Vorsitzenden des Kreiselternrates, Mario Riedel, und bekunden: „Wir verabschieden uns jetzt. Aber das Ziel bleibt bestehen!“
Mario Riedel fordert, dass die Förderschulen im Landkreis erhalten bleiben sollen. Anlass zu dieser Forderung bietet die erst kürzliche Schließung der Schule „Am Park“ Behrenhoff. Auch kleinere Grundschulen sollen nicht vergessen sondern bestmöglich gestärkt werden.
Als nächstes tritt der Kreisschülerrat nach vorne. Auch der Landesschülerrat ist heute in Greifswald anwesend. Die Forderungen sind immer wieder die gleichen: Mehr Geld für die Bildung. Sicherung der Zukunft. Schule muss attraktiver gestaltet werden. Digitalisierung bedeutet nicht iPads für jeden, sondern Breitbandausbau, Kompetenzausbau und Fortbildungen. Daneben fordert der Kreisschülerrat auch Zuschüsse für schülerpolitische Tätigkeiten.
„Denn Bildung beginnt nicht in der Schule und endet auch nicht dort.“
14:00
Jetzt tritt Julia Köpke nach vorn. Sie ist Grundschullehrerin auf Rügen, wo sie als Klassenlehrerin eingebunden ist. Nebenbei wohnt sie auch zwei Tage die Woche dem Personalrat in Greifswald bei. Sie erzählt von ihren Erfahrungen, über ihr Studium und über die Predigt vom „Team Teaching“ im Bereich Inklusion. Da sie immer zwei Tage die Woche in Greifswald unterwegs ist, muss in dieser Zeit eine Ersatzlehrerin die Verantwortung für ihre Klasse übernehmen, eine Quereinsteigerin, deren Mentorin Julia Köpke ist. Das Versprechen aus dem Studium, dass immer ein*e Sonderpädagog*in dabei ist, hat sich insofern nicht bestätigt, als dass diese*r neben ihrer auch noch 8 andere Klassen betreut. Julia Köpke steht heute hier, um für bessere Bildungsbedingungen zu demonstrieren, damit sie allen Schüler*innen die gleiche Bildung ermöglichen kann.
Als nächstes tritt Felix Willer (StuPa Präsi) nach vorne. Er spricht über die Aussagen der Bildungsministerin, das Studium des Grundschullehramts auch nach Greifswald zu holen. Dafür dürfen aber keine anderen Studiengänge in Mitleidenschaft gezogen werden. Er betont außerdem, dass es nicht nur mehr Geld braucht, sondern dass vor allem in Bundesländern wie MV die ländlichen Regionen für Lehrkräfte attraktiver gestaltet werden müssen, um der voranschreitenden Abwanderung entgegenzuwirken.
Erik von Malottki (GEW, Bürgerschaftsmitglied) übernimmt. „Es ist etwas faul in der Bildung im Staate MV.“ Er betont vor allem die Wichtigkeit von Investitionen in den Bildungssektor. Das fängt im Hochschulbereich an, beinhaltet ein Vorgehen gegen die Stellenstreichung im Lehramt, gegen unsichere Arbeitsverhältnisse. Die GEW fordert daher ein Ende der Einsparungen und Befristungen.
Auch die Studienbedingungen werden thematisiert. Das Lehramtsstudium ist zu praxisfern, auch das System rund ums Referendariat muss verbessert werden. Es wird eine Übernahmegarantie für Lehramtsstudierende ins Ref. gefordert, sowie eine insgesamt bessere Organisation des Referendariats.
Lösungsmöglichkeiten des Personalmangelproblems gibt es viele. Es müssen mehr Leute ausgebildet werden und zwar gut ausgebildet. Die Arbeitsbedingungen an den Schulen in MV müssen verbessert werden, um der Abwanderung Einhalt zu gebieten. Die Bedingungen müssen ganz einfach so attraktiv werden, dass mehr Fachkräfte in MV bleiben wollen. Gleichzeitig muss aber auch darauf geachtet werden, dass das Personal nicht mehr in Teilzeit gehen muss, um guten Unterricht zu geben. Daher wird gefordert: kleinere Klassen, weniger Stunden, um bessere Vorbereitung zu gewährleisten, Förderung der Schulsozialarbeit. Das gesamte Geld, das zurzeit im Bildungsbereich ist, soll auch dort bleiben und nicht weiter gekürzt werden.
Die Alternative wäre eine Dystopie – ein Schulunterricht, der nicht weiter abgedeckt werden kann und Schüler*innen, die nach Hause geschickt werden müssen. Am Ende bedeutet das unweigerlich auch eine Gefährdung der Schulabschlüsse.
„Wer gute Bildung will, der muss den Personalschlüssel in der Kita endlich senken!“ Denn auch das wird noch einmal betont: die Kita gehört mit zur Bildung. Bereits hier muss angefangen werden, um die Sicherung des Bildungssystems zu garantieren.
Zum Schluss seiner Rede bittet Erik von Malottki noch einmal darum, die Petition zu unterschreiben. Nach ihm tritt nun Nils Kleemann, der Schulleiter der Greifswalder Montessori-Schule auf die Bühne. Er betont seine Angst um die Zukunft des Bildungssystems in MV. Aus internen Dokumenten ergibt sich, dass das Land auch weiterhin Einsparungen im Bildungsbereich plant. Den Schulen aber steht das Wasser bereits bis zum Hals. Er selbst kämpft gerade stark dafür, seine eigene Schule zu retten. Aber es muss auch ein globales Konzept entwickelt werden, um die Bildung zu sichern.
Cornelia Mannewitz (Vorstandsbereich Hochschule und Forschung der GEW) übernimmt. Sie redet über die Lehramtsausbildung und macht auf die prekären und befristeten Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen aufmerksam. An den Hochschulen müssten mehr Stellen geschaffen werden und vor allem, mehr unbefristete. Im Hochschulpakt braucht es bessere Zusagen für die Entfristung und Verstetigung von Stellen.
Werner Kipp, seit 10 Jahren Lehrer im „Unruhestand“ und vorher 30 Jahre im Lehrerberuf tätig, tritt nach vorne. Er freut sich, dass nicht nur am Freitag sondern jetzt auch am Samstag etwas für die Zukunft getan werden kann. In seiner Rede erwähnt er auch Greta Thunberg und kommt so schnell zum skandinavischen Schulsystem. Hier, im schwedischen und finnländischen Raum, funktioniert die Organisation, auf die Schüler*innen in einer einzigen Klasse kommen zum Teil sogar bis zu sechs Lehrkräfte. Warum also nicht auch hier?
Auch Milos Rodatos meldet sich noch einmal zu Wort. Er erklärt, wie wichtig es ist, dass so viele Leute heute hier zusammengekommen sind. Heute konnte gezeigt werden, dass die Stimmen für mehr Bildungsförderung nicht nur wenige sind, und das soll auch bis nach Schwerin vordringen.
Milos schließt die Kundgebung. Symbolisch werden nun Sparschweine zerstört, um Schwerin zu zeigen, was gemacht werden muss. Es gibt Musik und Plakate werden gemalt.
Erik von Malottki sagt noch mal, dass er sich freut, dass mehr als 600 Leute bei diesem super Wetter dabei waren! Auch in Rostock sollen es 600 Demonstrierende gewesen sein, in Schwerin 400 und in Neubrandenburg um die 300 Teilnehmende. Erik äußert zum Schluss noch den Wunsch, dass an der Uni Greifswald die naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengänge wiedereröffnet werden und dass mehr Geld in Bildung investiert wird.
14:40
Damit endet nach guten anderthalb Stunden als letztes auch der Bildungsstreik in Greifswald. Die moritz.familie drückt die Daumen, dass Regenschirmbaden und Geldschweinzerstörung in Schwerin auf fruchtbaren Boden treffen werden!
Beitragsbild: Aaron Burden auf Unsplash Fotos: Leonie Lorenz, Veronika Wehner, Ben Lefebvre, Lukas Thiel