Das Reparatur Café in der Straze

Das Reparatur Café in der Straze

Schon ewig liegt mein altes und kaputtes Handy bei mir zu Hause in einer Schublade rum, fast vergessen. Doch als neulich in der Redaktionssitzung die Idee für einen Artikel über das Reparatur Café von verquer aufkam, ist es mir wieder eingefallen. Und ich war direkt hellauf begeistert: Gleichzeitig mein altes Handy reparieren können und einen Artikel über eine super coole Initiative schreiben? Eine perfekte Kombi!

Also beschließe ich zur nächsten Öffnungszeit direkt einmal vorbei zu schauen und mein kaputtes Handy mitzubringen. Das Reparatur Café von verquer findet alle zwei Wochen in den ungeraden Kalenderwochen immer montags von 16 bis 19 Uhr in der Straze statt. Die Straze liegt in der Stralsunder Str. 10 und das Reparatur Café im ersten Stock in den Kurswerkstätten. Die Werkstatt ist dabei für jede*n offen – das Alter spielt keine Rolle und alle sind willkommen, vorbei zu kommen und ihre defekten Gegenstände mitzubringen. Vor allem Elektrogeräte, aber auch Möbel können hier gut repariert werden, also alles von Laptops über Lampen, zu Nähmaschinen, Kinderwägen oder Stühlen. Für kaputte Kleidung kann man am besten in die Kabutze gehen und um sein Fahrrad mit Hilfe selbst zu reparieren, in die Fahrradwerkstatt im Klex. Bei großen Gegenständen wie Waschmaschinen oder sehr komplizierten Reparaturen wird darum gebeten, vorher einmal abzusprechen, ob die Kapazitäten dafür da sind. Das geht über folgende Mail-Adresse oder Telefonnummer: reparieren@bildung-verquer.de, 03834-77 37 881. Was man sonst mitbringen sollte, ist etwas Zeit, da es manchmal zu kleinen Wartezeiten kommen kann, wenn an einem Tag besonders viel los ist.  Das Reparatur Café existiert seit Anfang des Sommers 2021, also seit etwa 1,5 Jahren, und ist gut besucht. Etwa 10 – 15 Menschen kommen pro Schicht. Die Leute, die kommen, sind nicht nur alternative Studis, sondern Menschen jeden Alters von Jugendlichen bis zu Senior*Innen.

Im Reparatur Café geht es vor allem um Hilfe zur Selbsthilfe. Und um gemeinsames Reparieren mit den ehrenamtlichen Helfer*innen, die sich alle gut auskennen. Es geht also nicht darum, dass man einfach seinen kaputten Gegenstand abliefert und der von den ehrenamtlichen Handerker*innen repariert wird. Stattdessen gibt es viel zu lernen und selbst auszuprobieren. Man kann selbst löten und schrauben und nach Fehlern suchen. Man arbeitet also immer gemeinsam an dem mitgebrachten Gegenstand, kriegt bei allen Schritten Unterstützung und ist nie auf sich allein gestellt. Nebenbei kann man viel über verschiedene Werkzeuge, Produktionsprozesse und Ressourcen lernen. Und hinterher wird man mit dem tollen Gefühl belohnt, etwas selbst repariert zu haben, erzählt mir Claudia, die bei verquer arbeitet und das Café betreut.

Nachdem Claudia mir etwas über das Reparatur Café erzählt hat, schaue ich mich ein wenig im Raum um. Leider hat gerade niemand Zeit, um mir bei meinem Handy zu helfen, aber ich werde direkt bei der Reparatur einer Tablet-Ladebuchse mit eingebunden. Zwischendrin trinke ich einen Tee und esse etwas von den Keksen, die für alle dastehen – sehr gemütlich wie ich finde. Wirklich wie in einem Café.

Dann hat Tiano, einer der ehrenamtlichen Reparateure, Zeit, mir bei meinem Handy zu helfen. W-Lan und Bluetooth lassen sich nicht mehr einschalten. Wir beginnen also zunächst mit einer Heißluftpistole das Handy am Rand zu erhitzen, um den Kleber zu lösen, mit dem es zusammengeklebt ist. Ich habe immer geglaubt, dass man Handys, seit sie verklebt werden, gar nicht mehr aufbekommt. Ein Irrglaube von mir, wie ich jetzt erfahre. Trotzdem wird durch das Verkleben eine Reparatur natürlich schwieriger, da es länger dauert und man spezielles Werkzeug braucht. Das Verkleben hat zwei Gründe: Zum einen können Handys dadurch wasserdicht gemacht werden (das geht auch anders, wäre dann allerdings teurer in der Produktion). Aber zum anderen können die Firmen dadurch bewirken, dass viele Menschen sich direkt ein neues Handy kaufen. Und das obwohl vielleicht nur einzelne Teile kaputt sind, die man leicht austauschen könnte, wenn man weiß, wie. Zum Glück lässt sich mein Handy sehr schnell und unkompliziert öffnen. Und ich sehe zum ersten Mal sein Innenleben. Ich bin direkt fasziniert von den ganzen winzigen Bauteilen. Tiano erklärt mir, dass einige der Transistoren (elektrische Schalter, durch die Smartphones erst möglich geworden sind) nur etwa 10.000 Atome groß sind – eine große Zahl aber trotzdem eine unvorstellbar kleine Größe und mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Er erklärt mir sehr anschaulich die Funktionsweise meines Handys – ich bin fasziniert. Dann geht es ans Aufschrauben, um an die WLAN-Antenne ran zu kommen. Diese könnte der Grund sein, warum Bluetooth und WLAN nicht mehr funktionieren. Dabei entdecken wir leider Spuren von Wasser, das ins Innere des Handys gedrungen ist und einen Kurzschluss ausgelöst hat. Leider kann man so etwas nicht mehr selbst reparieren, weil die Teile zu klein sind. Trotzdem hat mir die das vorsichtige und meditative Arbeiten Spaß gemacht.

Der Arbeitstisch mit meinem geöffneten Handy

Claudia und Tiano betonen zum Schluss beide, dass man häufig mehr Gegenstände reparieren kann, als man denkt. Und dass vieles nicht direkt weggeschmissen werden muss. Das spart nicht nur Geld, sondern auch Ressourcen und schont die Umwelt. Besonders spannend finde ich dazu eine Website, die Tiano mir zeigt. Auf ihr kann man sehen, wie viele Geräte durch das Netzwerk Reparatur-Initiativen, zu dem das verquer Reparatur Café in Greifswald gehört, repariert werden und wie viel CO2 dadurch eingespart wird. Im September, dem Monat in dem ich dort war, haben 12 Reparatur-Initiativen beim Reparieren von 140 Gegenständen geholfen und damit 1 Tonne CO2 und 16 Tonnen Boden und Gestein eingespart. Das ist eine Menge!

Das zufriedenstellende Gefühl, etwas selbst repariert zu haben, kann ich selbst leider nicht erleben. Trotzdem hat es mir großen Spaß gemacht, mein Handy selbst aufzuschreiben und ich fand es super interessant, es einmal von innen zu sehen. Sonst liegt die Erfolgsquote bei etwa 85%, wenn man die von vorneherein so gut wie aussichtslosen Fälle nicht berücksichtigt, meint Tiano. Aber ich habe Glück und einer der anderen Reparateure nimmt mir das kaputte Handy ab, um die einzelnen Teile als Ersatzteile nutzen zu können. So passiert dann letztlich doch noch etwas Sinnvolles damit und ich muss es nicht in den Müll werfen. Ein rundum erfolgreicher Besuch für mich.

Fotos: Leonie Vogelsang

Mit einer Landwirtin unterwegs im Moor

Mit einer Landwirtin unterwegs im Moor

Wer schon einmal auf den Salzwiesen spazieren war, hat sicherlich die Rinder bemerkt, die dort grasen. Unsere Redakteurin war mit Dörte Wolfgramm-Stühmeyer unterwegs. Sie hat 2016 den Familienbetrieb ihrer Eltern übernommen und bewirtschaftet die Wiesen mit ihren Tieren. Ein Gespräch über Paludikultur, unachtsame Spaziergänger*innen and Moor.

An einem bewölkten Morgen treffe ich Dörte Wolfgramm-Stühmeyer an den Salzwiesen. Kessie ist auch mit dabei. Die einjährige Hündin wird gerade zur Hütehündin ausgebildet und schnuppert ganz aufgeregt im Gras. Frau Wolfgramm-Stühmeyer erzählt, dass bereits ihre Großeltern Landwirte gewesen seien. Doch erst nach der Wende hätten ihre Eltern einen eigenen Hof gegründet. Damals noch mit 10 Rindern – gerade so viele, wie in den eigenen Stall passten. Die Landwirtin erinnert sich: „Meine Eltern wollten es nicht auf sich sitzen lassen, dass nach der Wende alles Land in der Umgebung verkauft wurde. Deshalb haben sie, erst einmal hobbymäßig, mit der Landwirtschaft angefangen.“

Als der Betrieb langsam wuchs, sei die Familie auf der Suche nach neuen Flächen gewesen – aber viele ertragreiche Standorte bereits verkauft oder verpachtet. „Die Salzwiesen waren eine Ecke, die sonst keiner haben wollte, also haben wir sie Anfang der 90er Jahre von der Stadt gepachtet und bewirtschaftet“, so die studierte Agrarökologin.

Tatsächlich eignen sich die Salzwiesen nicht sonderlich gut zur Grünlandnutzung, denn es handelt sich um Niedermoorböden. Das aufwachsende Gras hat einen geringen Futterwert, dadurch ist nur eine eingeschränkte Beweidung möglich. Außerdem sind die Flächen nicht immer mit Maschinen befahrbar. Frau Wolfgramm-Stühmeyer demonstriert das Problem, in dem sie kräftig auf dem Boden springt. Ich merke die Vibration unter den Füßen.

„Die Grasnarbe schwimmt im Prinzip auf einem beweglichen Untergrund.“

Dörte Wolfgramm-Stühmeyer

Die eingeschränkte Nutzbarkeit der Flächen sei auch ein Grund gewesen, warum der Betrieb 1997 auf ökologische Landwirtschaft umgestiegen sei. Zusätzlich liege ihnen die artgerechte Tierhaltung sehr am Herzen. Der Familienbetrieb ist tierisch vielfältig aufgestellt. Neben Mutterkühen und Mutterschafen gehören Mastschweine und Legehennen zum Hof. Das Fleisch der Tiere wird direkt im Hofladen vermarktet. „Ich habe Kunden, die sagen, dass sie das Fleisch nur noch bei mir kaufen. Das ist das größte Lob, was ich bekommen kann“, sagt die Landwirtin.

Kessie bleibt auf einmal stehen und schnüffelt intensiv im Gras. Dort liegen die Reste einer Fast-Food-Tüte. Frau Wolfgramm-Stühmeyer hebt sie auf. Sie weiß, dass viele Greifswalder*innen gerne auf den Salzwiesen spazieren gehen. Einige Flächen habe sie deshalb aus der Beweidung genommen und mähe sie nur noch. Zusätzlich mulche sie auch die Spazierwege zwischen den Weiden, um diese freizuhalten. Diese Kultur des Miteinanders wünsche sie sich auch von den Spaziergänger*innen. „Ich kann alle nur immer wieder bitten ihren Müll mitzunehmen. Auch der Hundekot hat auf meinen Flächen nichts verloren“, betont sie. Auch warnt sie davor die Weiden zu betreten, selbst wenn es erst einmal nicht so aussieht, als ob dort Tiere stehen.

Müll sollte auf den Wiesen nicht zurückgelassen werden. Der findet sich letztlich im Heu wieder.

Nicht nur zurückgelassener Müll macht der Landwirtin zu schaffen. Auch das Thema Paludikultur – also die Bewirtschaftung nasser Moore – beschäftige sie. Einerseits sehe sie die ökologische Notwendigkeit, die Flächen wiederzuvernässen. Anderseits sei ein Drittel ihrer Flächen Niedermoorflächen und würde bei einer konsequenten Wiedervernässung aus der Bewirtschaftung fallen. Eine Nutzung der Flächen in Paludikultur sei auf ihren Weiden technisch noch nicht möglich. Sie hoffe daher, dass in Zukunft Lösungen gefunden werden können, die die Moore schützen, aber gleichzeitig ihrem Betrieb nicht schaden. Schließlich genieße sie es sehr Landwirtin zu sein: „Wenn ich morgens auf den Weiden stehe und die Ruhe genieße, oder wenn ich sehe, wie entspannt meine Rinder sind, bin ich dankbar für meinen Beruf.“ Auch auf die Frage, ob Frau Wolfgramm-Stühmeyer, wenn sie die Wahl hätte, nochmal Landwirtin werden würde, gibt es eine einfache Antwort: „Ich würde nichts anderes wollen.“

Bilder: Lilly Biedermann

BUNDjugend Greifswald: Aktiv für eine gerechtere Welt

BUNDjugend Greifswald: Aktiv für eine gerechtere Welt

Ob Klimaschutz, Konsum, Ernährung oder Gewässerschutz — die Mitglieder der BUNDjugend in Greifswald engagieren sich umweltpolitisch für mehr Gerechtigkeit. webmoritz. hat vier von ihnen in der Innenstadt getroffen, um die Beweggründe der jungen Menschen zu erfahren.

Greifswald ist bunt. Dies erkennt man nicht nur an den Hausfarben in der Innenstadt, sondern auch an den vielfältigen NGOs, die sich im Stadtkern tummeln. Neben den derzeitigen Friedensdemos organisieren gemeinnützige Vereine Aktionen für mehr Gerechtigkeit auf unserem Planeten.

Die BUNDjugend Greifswald setzt sich beispielsweise für vielfältige Umweltthemen ein. Sie reichen von Klimaschutz und -gerechtigkeit über Konsum und Umweltverschmutzung bis hin zur Biodiversitätskrise und Ernährung. Sich selbst beschreibt die Gruppierung als politisch, vielfältig und offen. Der gemeinnützige Verband ist geprägt durch acht feste Teammitglieder in Greifswald. Insgesamt sind es etwa 83.000 Mitglieder bundesweit. Die jungen Menschen hier vor Ort sind mit Herz und Seele dabei. “Es passiert einfach auf der Welt zu viel Scheiße, wie die Abholzung der Regenwälder und die hohen CO2-Emissionen” erklärt Tabea (21 Jahre), die sich deshalb umweltpolitisch engagiert. Sie studiert mit Verena (19 Jahre) zusammen an der Universität Greifswald Biochemie. Jeden Donnerstag um 19:00 Uhr trifft sich der Ortsverband, um neue Aktionen zu planen. Vor kurzer Zeit verteilten die Studierenden in der Greifswalder Innenstadt Beutel und Aufkleber, um über Sea-Watch zu informieren.

Die Pharmaziestudentin Gesine (21 Jahre) war schon in ihrer Heimatstadt Schwerin aktiv bei der BUNDjugend-Gruppe. Neben ihren Vorlesungen engagiert sie sich für eine gerechtere Welt. Christina (21 Jahre) hat die Gruppe 2020 in Greifswald wieder ins Leben gerufen. Die Landschaftsökologiestudentin interessiert sich innerhalb ihres Studiums und in ihrer Freizeit für viele unterschiedliche Umweltthemen. In ein paar Wochen ist eine Aktion gegen die Entenfütterung an unterschiedlichen Gewässern rund um Greifswald geplant, darauf freut sich die Studentin besonders.

Der Greifswalder Ortsverband der BUNDjugend sucht weitere junge Personen, die Lust haben, die Welt etwas zu verbessern: “Es gibt noch so viel zu tun, damit die Welt gerechter und grüner wird”, erzählt Christina am Fischmarkt in Greifswald. Anders als die Fridays-for-Future-Bewegung thematisiert die BUNDjugend diverse Umwelt- und Naturproblematiken. Daher finden über das Jahr verteilt ganz unterschiedliche Aktionen statt, beispielsweise eine Kleiderparty, von der Gesine schwärmt. Außerdem empfinden die vier Studierenden die Exkursionen immer wieder als spannend, um mit Menschen und der Natur in Kontakt zu kommen.

Personen bis zu einem Alter von 27 Jahren können bei der BUNDjugend in ganz Deutschland mitwirken. Zurzeit sind es vor allem Studierende, die darin aktiv sind, jedoch sind sie offen für alle jungen Menschen. Wer Lust darauf hat, etwas Luft von den frischen Ideen des Verbandes zu schnuppern, kann auf der Website unter anderem Informationen zu Aktionstagen und Mitgliedstreffen finden.

Beitragsbild: Lena Isenberg
BUNDjugend am Fischmarkt in Greifswald: Tabea, Verena, Gesine und Christina (von links nach rechts)

Null Bock auf Klimakrise: Das Bürger*innenbegehren von Greifswald Zero

Null Bock auf Klimakrise: Das Bürger*innenbegehren von Greifswald Zero

Eine nachhaltige Lebensweise und privates Engagement für das Klima reichen nicht mehr, haben die Begründer*innen der Initiative Greifswald Zero gemerkt. Daher haben es sich die Greifswalder*innen zur Aufgabe gemacht, einen Klimaentscheid in unserer Stadt durchzusetzen. Seit dem 14. Januar haben Bürger*innen die Möglichkeit, ihre Unterschrift für das Klimabegehren “Stadt Greifswald klimaneutral bis 2030!” zu setzen.

Wenn ein nachhaltiger Lifestyle nicht mehr reicht

Etwas in der Stadt verändern und nicht tatenlos zusehen. Aktiver Einsatz für die klimapolitische Verantwortung Greifswalds. Und vor allem eines: eine lebenswerte, bessere Zukunft für sich und die eigenen Kinder. Das wünschen sich Fanny, Anne, Uwe, Maren und Tiemo, die sich neben Studium, Beruf und Alltag für die Initiative Greifswald Zero engagieren.

Besonders motiviert mich, dass ich drei Töchter habe, und für diese wünsche ich mir ein Leben, das nicht durch Klimakatastrophen bestimmt wird. Und ich möchte ihnen später in die Augen schauen können, wenn sie mich fragen: “Was hast du eigentlich getan?”

Uwe, Greifswald Zero

Alleine für das Klima aktiv zu werden reicht allerdings nicht, machen Fanny und Maren deutlich, und das frustriert sie. Fanny hat oft das Gefühl, dass die Verantwortung an Einzelpersonen weitergereicht werde, ohne auf Bundes- oder Länderebene Entscheidungen zu treffen. Doch nicht zu fliegen oder vegan zu essen brächte vergleichsweise wenig, betont Maren, wenn große Sektoren wie Industrie und Energiewirtschaft beinahe 60 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland ausmachen.

Daher stehe ich als Individualperson dem Klimawandel erstmal fast machtlos gegenüber. Mit dem Klimaentscheid kann ich aber auf eben diese Faktoren, auf die ich als Einzelperson keinen Einfluss habe, einwirken und hoffe, da mit vielen Menschen gemeinsam etwas verändern zu können.

Maren, Greifswald Zero

Gamechanger für den Klimaschutz in Mecklenburg-Vorpommern

“Gemeinsam etwas verändern” trifft das Anliegen des Klimaentscheids auf den Kopf. Greifswald Zero macht deutlich, dass das 1,5-Grad-Ziel eingehalten werden muss, um eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu gewährleisten. Mit dem Entschluss der Uni, bis 2030 klimaneutral zu werden, seien in Greifswald schon die ersten Schritte gemacht worden. “Wenn wir erreichen, dass sich nach der Universität auch die Stadt Greifswald zur Klimaneutralität bis 2030 bekennt, dann kann das ein ‘Gamechanger’ für den Klimaschutz in M-V werden!”, erklärt Tiemo. Doch der Weg, der Greifswald bis zur Klimaneutralität bevorsteht, ist noch lang. Bisher hätte Greifswald einen Handlungsplan für die Klimaneutralität bis 2050, doch die 1,5-Grad-Marke wird voraussichtlich bereits mit den 2030er Jahren geknackt.

Das bedeutet, dass das Ziel des Pariser Abkommens verfehlt wird, denn bis 2050 werden wir mit durchschnittlichen Emissionen 2,0 Grad Erderwärmung erreicht haben. Um die Stadt zum Handeln zu bewegen, ist der Klimaentscheid notwendig. Wir sehen als Bürger*innen der Stadt momentan keinen anderen Weg, um dies zu erreichen.

Greifswald Zero

Mit ihrem Bürger*innenbegehren setzt sich die Initiative für ein Planungsbüro ein, das einen Klimaaktionsplan erstellen soll. Dieser Klimaplan soll deutlich machen, wie und ob das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 möglich ist und welche Maßnahmen wann ergriffen werden müssen. So könnte der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs betroffen sein oder die Sektoren Bauen und Sanieren, Landwirtschaft und Energie. Doch nicht nur konkrete Maßnahmen könnte der Klimaentscheid von Greifswald Zero erreichen. Man erhofft sich neben einem Beschluss der Stadt, “dass Klimaneutralität zum Stadtgespräch wird” und “Druck ‘nach oben’ auf die Landes- und Bundespolitik” ausgeübt werden kann.

Unterstützung mit einer Unterschrift

“Bürgerbegehren und daran anschließende Bürgerentscheide sind bewährte Bausteine der direkten Demokratie”, erklärt uns Greifswald Zero. Der erste Schritt, das Bürger*innenbegehren, ist mit der Unterschriftensammlung im vollen Gange – nun müssen mindestens 4.000 Einwohner*innen ab dem 16. Lebensjahr ihre Unterschrift für das Begehren setzen. Ist die nötige Anzahl an Unterschriften erreicht, kann die Stadt die Forderung des Bürger*innenbegehrens selbst umsetzen. Ginge die Stadt nicht auf dieses Bürger*innenbegehren ein, würde daraus automatisch ein Bürger*innenentscheid werden, und Greifswald müsste den Einwohner*innen ermöglichen, über die gestellten Forderungen abzustimmen.

Bisher ist die Aktion gut angekommen, finden die Aktivist*innen. Sie hatten schon Gespräche mit dem Oberbürgermeister und der Umweltabteilung der Stadt.

Dass mehr in Sachen Klimaschutz getan werden muss, ist allen Beteiligten bereits klar, aber die Mühlen mahlen langsam. Es gab auch Bedenken, ob der Bürgerentscheid zu unseren Gunsten entschieden werden würde. Im Gespräch wurde uns jedoch vermittelt, dass die Stadt unseren Forderungen positiv gegenübersteht und wir weiterhin in Kontakt bleiben wollen.

Greifswald Zero

Auch der Eindruck auf der Straße und in Einzelgesprächen sei bisher sehr positiv, berichten die Organisator*innen. Um die 1000 Unterschriften konnten in den ersten zwei Wochen schon gesammelt werden. Doch sie möchten noch mehr Menschen erreichen.

Vor allem Bürger*innen, die sich selbst noch nicht eingehend mit klimapolitischen Fragen beschäftigt haben, sind teilweise noch skeptisch, wie ein solcher Klimaentscheid ihr Leben beeinflussen könnte. Wir möchten den Bürger*innen von Greifswald vermitteln, dass wirksame Klimapolitik nicht hauptsächlich Verlust oder Verzicht, sondern einen Gewinn an Lebensqualität für uns und unsere Stadt bedeutet.

Greifswald Zero

Noch mehr Infos für euch:

Beitragsbild: Greifswald Zero

Umgekrempelt: Ein Haushalt ohne Palmöl

Umgekrempelt: Ein Haushalt ohne Palmöl

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Der Bedarf an Palmöl in der Industrie ist groß. So groß, dass für den Anbau und für die Holzwirtschaft Regenwälder abgeholzt werden. Dies ist aus vielerlei ökologischen und sozialen Gründen problematisch. Zusammengerechnet nehmen Palmölplantagen weltweit etwa eine Fläche ein, die so groß ist wie ein Drittel von Deutschland. Die Plantagen befinden sich überwiegend in Indonesien und Malaysia, es gibt sie aber auch in Südamerika und Afrika. 

Durch das Abholzen und Trockenlegen von Regenwäldern auf Torfmoorböden werden Treibhausgase frei, die zur Erderwärmung beitragen. Außerdem entstehen durch die großflächigen Palmölplantagen riesige Monokulturen, welche für die biologische Vielfalt ungünstig sind und zahlreichen Tieren den Lebensraum nehmen. Auch soziale Probleme in den Anbauregionen werden durch die Palmölplantagen verschärft, denn die Bevölkerung profitiert gegenüber den großen Konzernen kaum von dem Ölpalmenanbau. Auf den Plantagen herrschen oft schlechte Arbeitsbedingungen, es kommt zu Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen. Zudem machen sich die Konzerne ungeklärte Landrechte zu Nutze und bauen auf Land, das die Bevölkerung als Gemeindeland ansieht. Nicht selten werden für die Rodung auch Kleinbäuer*innen und Indigene aus ihrem Zuhause vertrieben. 

Aber Palmöl hat auch einige wirklich gute Eigenschaften, weswegen es ja auch so oft genutzt wird. So ist es ist zum Beispiel sehr ertragreich. Aus einem Hektar Ölpalmen lassen sich etwa 3,8 Tonnen Öl gewinnen, während es bei Raps und Sonnenblumen gerade mal 0,8 Tonnen Öl sind. Eine wirkliche Alternative gibt es also nicht, denn man könnte bei weitem nicht so viel Platz für Raps- und Sonnenblumenfelder hergeben, wie es zum Decken des Ölbedarfs nötig wäre. Zudem ist Palmöl günstig und vielfältig einsetzbar. Es ist in den meisten stark verarbeiteten Lebensmitteln, in vielen Kosmetika, Hygieneprodukten, Wasch- und Reinigungsmitteln und auch in Biokraftstoffen enthalten. Eigentlich überall, wo Fett drin ist. Und bisher gibt es keine staatlichen Siegel mit klaren Vorgaben für nachhaltig erzeugtes Palmöl. Lediglich eine Regelung existiert, dass auch die Herkunft des pflanzlichen Fettes auf der Zutatenliste bei Lebensmitteln stehen muss. Bei Kosmetika, Hygieneprodukten, Wasch- und Reinigungsmittel ist dies jedoch nicht der Fall. 

Da ich die Herstellungsbedingungen momentan für nicht vertretbar halte, versuche ich nun, auf Palmöl zu verzichten. Ich gehe mit der Einstellung in das Projekt rein, dass das doch gar nicht so schwer sein kann. Ich koche und backe sowieso schon viel selbst und für alles andere gibt es doch bestimmt auch Alternativen. 

Der Anfang.

Beim ersten Prüfen meiner bereits gekauften Lebensmittel in der Küche, fällt auf, dass es gar nicht so viel ist, das ich ersetzen muss. Das könnte damit zusammenhängen, dass ich gerade erst aus den Weihnachtsferien bei meinen Eltern zurückgekommen bin und daher sowieso nicht besonders viel an Lebensmitteln da habe. Aber ich habe einen Christstollen mitgebracht, den zuhause niemand essen wollte, weil es eben nicht der Selbstgemachte von Oma ist. Nun stellt sich heraus, dass im eh viel zu dicken Dekorzucker des Stollens, dessen Verpackung eigentlich mit großem Trara sehr viel Tradition verspricht, Palmöl drin ist und ich den jetzt eigentlich auch nicht essen möchte. Da er aber doch gegessen werden muss und ja auch ganz lecker ist (auch wenn die Zuckerschicht meiner Meinung nach auch weggelassen werden könnte), entschließe ich mich, den Stollen doch noch zu essen, bevor ich richtig mit dem Experiment beginne. Auch Erdnusscreme und Nutella, die ich noch vorrätig habe, enthalten Palmöl, auf beides kann ich momentan aber verzichten. 

Das Prüfen meiner bereits gekauften Wasch- und Putzutensilien stellt sich schon als deutlich größere Herausforderung heraus. Schließlich ist das Kauderwelsch der Inhaltsangaben auf den Packungen kaum zu verstehen. Lediglich Zutaten mit dem Wortteil „Palm-“ kann ich eindeutig identifizieren. Jedoch gibt es noch jede Menge anderer Palmölderivate, die häufig verwendet werden, aber am Namen allein nicht erkannt werden können. Nur mein Duschgel ist da etwas zuvorkommend, denn dort steht hinter jeder Zutat auch die Herkunft. Jedoch steht bei den Ölen auch nur „vegetable oil“, weshalb ich mir auch da nicht ganz sicher sein kann, ob da nicht doch eventuell Palmöl enthalten ist. Und bei meinem Badreiniger steht noch nicht einmal eine richtige Liste mit den Inhaltsstoffen drauf, lediglich eine Angabe, dass dort 5 % nichtionische Tenside drinnen sind. Aber auch Tenside sind häufig aus Palmöl. Schnell stellt sich also heraus, dass es mir eigentlich unmöglich ist, auf Palmöl in Wasch- und Putzartikeln zu verzichten, solange es nicht deutlich draufsteht.

Das Einkaufen.

Im Supermarkt muss ich jetzt auf jedes Etikett gucken und jede noch so kleine Zutatenliste durchlesen. Dadurch stehe ich nicht nur dauernd im Weg rum, sondern stelle auch meine eigene Geduld auf die Probe. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich das Wort Palmöl entdecke. Oft kann ich aber auch Alternativen finden. Aber es hängt auch damit zusammen, wo ich einkaufen gehe. So gibt es im Discounter ziemlich viele Produkte mit Palmöl und wenige Alternativen, während sich im übergroßen Edeka hingegen deutlich häufiger Produkte ohne Palmöl bzw. mehr Alternativen finden lassen. Und nicht immer (wenn auch häufig) sind die palmölfreien Produkte die teureren.

Oft sind es die etwas süßeren Lebensmittel, in denen Palmöl enthalten ist. So habe ich kaum Kekse ohne Palmöl gefunden und auch meine Lieblingsschokolade sowie zahlreiche bekannte Marken (Hanuta, Raffaelo und kinder Schokolade zum Beispiel) enthalten Palmöl. Kekse habe ich also kurzerhand selbstgebacken und meine Lieblingsschokolade diesmal gegen eine andere Sorte ausgewechselt. Erstmal kein Problem. Auch die Nutella habe ich gegen eine „echte“ Schokoladencreme ohne Palmöl austauschen können. 

Im Drogeriemarkt ist es schon deutlich schwieriger. Dort ist es mir meistens nicht möglich, Produkte zu kaufen, die ganz sicher ohne Palmöl sind. Jede Zutatenliste mit einer über 100 Punkten langen Liste an Palmölderivaten abzugleichen, scheint mir auch nur bedingt sinnvoll. Schließlich ist in fast jedem Produkt etwas davon enthalten und es könnte ja auch eine andere Herkunft haben. Meistens greife ich dann also auf die Bio-Produkte zurück, solange nicht auch diese eindeutig mit Palmöl hergestellt wurden.

Der Lauf der Dinge.

Meine Hände sind inzwischen sehr trocken, denn in meiner alten Handcreme ist eindeutig Palmöl drin und durch die neue Handcreme sind meine Hände so lange fettig, dass ich nie einen passenden Moment zum Eincremen finde. Ansonsten fällt es mir bisher aber nicht so schwer, die palmölhaltigen Produkte im Laden zu lassen. Mein Frühstücksmüsli, das Brot zum Mittag und mein gekochtes Abendessen sind meistens überhaupt kein Problem. Aber mit der Zeit fallen gerade die Kleinigkeiten auf, auf die ich doch verzichten muss. Außerdem fällt es mir dann auch recht schwer, mich beim Essen zurückzuhalten und nicht gleich alles zu essen, das lecker ist.

An einem Tag gehe ich zur Bäckerei. Dort wird es kompliziert, denn dort hat nicht jedes Brötchen eine Zutatenliste, die ich mir selbstständig angucken kann. Also muss ich die Verkäuferin fragen, zum Glück ist nicht so viel los. Ich habe Lust auf ein Schokoladencroissant. Aber da ist Palmöl drin. Dann vielleicht ein Franzbrötchen? Nein, da ist auch Palmöl drin. Es stellt sich heraus, dass die süßen Teilchen fast alle mit Palmöl sind. Letztendlich wird mir ein Mandelhörnchen empfohlen. Das stellt sich dann zwar auch als lecker heraus, aber ist aber nun einmal kein Croissant. Für das nächste Mal weiß ich jetzt immerhin, dass in den normalen Brötchen und Brot kein Palmöl drin sein sollte.

Das Fazit.

Letztendlich stelle ich fest, dass es manchmal doch gar nicht so leicht ist, auf Palmöl zu verzichten. Zum einen liegt das an mir, weil mein Wille zuweilen nicht stark genug ist, um auf die leckeren Sachen zu verzichten. Zum anderen liegt es aber auch an den teilweise wenigen Alternativen, vor allem bei den Drogerieartikeln und Süßwaren. Zum Beispiel möchte ich meine Kekse nicht immer selbst backen müssen oder auch einfach mal ein Schokoladencroissant essen, wenn ich Lust dazu habe. Aber eigentlich musste ich meine Essensgewohnheiten insgesamt nicht allzu sehr umstellen. Daher nehme ich mir vor, mehr darauf zu achten und auch in Zukunft zumindest deutlich weniger Palmöl zu konsumieren.

Quellen und weitere Informationen:

Beitragsbild: Juli Böhm