Technisches Rathaus: Rücktrittsforderungen gegen OB König

Stein des Anstoßes: Die alte Post soll technisches Rathaus werden.

Das seit längerem im Umbau befindliche “Technische Rathaus” am Marktplatz (früher Postamt) wird voraussichtlich mehr als doppelt so teuer werden wie geplant. Darüber wurden die kommunalen Gremien am Montag von der Stadtverwaltung informiert. Demzufolge würden sich die Baukosten auf 13,8 Millionen Euro statt der geplanten 8,5 Millionen belaufen. Vor Beginn der Sanierung waren die Kosten sogar nur mit 6 Millionen Euro veranschlagt worden. Die Verteuerung des  Bauprojekts wird von der Stadtverwaltung mit Schadstoff-Sanierungen, Denkmalschutz-Auflagen und Planungsänderungen erklärt.

Die exorbitante Kostenerhöhung hat zunächst einen vom Oberbürgermeister verhängten Ausgabenstopp zur Folge. Zunächst muss sich die Bürgerschaft mit dem Fall befassen. Wenn die Mehrkosten nicht getragen würden, könnte die geplante Zusammenlegung mehrerer Ämter, die zurzeit in Schönwalde I, nahe des Südbahnhofs, untergebracht sind, nicht erfolgen. Sie müssten dann in ihren bisherigen Häusern verbleiben, die ebenfalls stark sanierungsbedürftig sind – Kosten für deren Sanierung laut Ostsee-Zeitung: Neun Millionen Euro.

Grüne fordern Königs Rücktritt

Was die Akteure der Kommunalpolitik nun beschäftigt, ist die Frage, seit wann die starke Erhöhung der Baukosten bekannt war und ob über dieses Problem nicht früher hätte informiert werden müssen. Streitfiguren sind der bisherige Baudezernent Reinhard Arenskrieger, der im März nach langem Koalitions-Geschacher in Schwerin in den Landesrechnungshof wechselte und der Oberbürgermeister. Vom letzteren fordern die örtlichen Grünen und Linken den Rücktritt. Der Kreisvorstand der Grünen schreibt in einer Pressemitteilung:

“Wir fordern OB König auf, den Weg für die Neuwahl eines Oberbürgermeisters frei zu machen. Auch wenn OB König nicht selbst für die anscheinend unzähligen Schlampereien im Zusammenhang mit der Planung und dem Baubeginn beim technischen Rathaus verantwortlich zeichnen sollte, so belegt die Kostenexplosion, dass er seine Verwaltung nicht unter Kontrolle hat. Dafür trägt er sehr wohl die Verantwortung.”

König verteidigt sich

Arthur König will nicht zurücktreten.

In ein ähnliches Horn wie die Grünen stieß Linke-Fraktionschef Gerhard Bartels in der Ostseezeitung. Wenige Stunden nach Veröffentlichung der Meldung ging der Oberbürgermeister in die Defensive. In einer Pressemitteilung der Stadt lässt er sich wie folgt zitieren:

“Unbestritten sei, dass der Oberbürgermeister für die Geschicke der Stadt die Verantwortung trage. Gleichwohl regele die Kommunalverfassung, dass Beigeordnete vom Oberbürgermeister mit Zustimmung der Bürgerschaft Aufgabenbereiche zugewiesen bekämen, in denen sie als seine ständigen Vertreter agierten. Hiervon habe er Gebrauch gemacht. Im konkreten Fall habe die Zuständigkeit für den Umbau der Alten Post zum Technischen Rathaus deshalb auch von Anfang an beim 1. Beigeordneten gelegen, der als Bausenator zugleich Projektverantwortlicher gewesen sei.”

Frei übersetzt ließe sich das wohl so zusammenfassen: Ich bin zwar Chef, aber meine Untergebenen handeln eigenständig. Reinhard Arenskrieger ist laut Auskunft des Landesrechnungshofes erst ab kommender Woche wieder erreichbar.  Der von den Grünen implizit geäußerte Vorwurf von “Schlampereien”, den sich OZ-Redaktionsleiter Benjamin Fischer in einem heute erschienenen Artikel mit dem Einleitungssatz “Kleine Stadt, großer Filz” zu eigen macht, ist indes nur eine Vermutung – Beweise für Mauschelei oder gar Korruption sind bisher von niemandem in die Debatte eingebracht worden.

Neben der Beratung der Bürgerschaft am kommenden Montag zum Thema wird das Stadtparlament wohl einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema einrichten. Zudem tagt nächste Woche eine Projektgruppe, die nach Alternativen zu den exorbitanten Mehrkosten suchen sollen, die durch ihre Höhe eine erhebliche Gefahr für den derzeit noch halbwegs konsolidierten Haushalt der Stadt darstellen.

Eröffnung der Bahnparallele “Osnabrücker Straße”

Gestern enthüllte Oberbürgermeister Dr. Arthur König die neu gebaute Bahnparallele, die nach der niedersächsischen Partnerstadt Osnabrück benannt ist. Wie berichtet wurde der ursprüngliche Fertigstellungstermin von Ende Dezember wegen des strengen Winters verschoben. Knapp fünf Jahre nach dem Spatenstich im Juni 2005 kann nun die gesamte Stadt ohne Bahnschranken erreicht werden.

Vereinzelte Autos fuhren schon vor Abbau der Umleitungsschilder auf der Osnabrücker Straße, die nun endlich offiziell für den Verkehr freigegeben ist. Wie Dr. König in seiner kurzen Ansprache mehrfach betonte, kostete das Projekt 31,1 Millionen Euro, von denen die Stadt 6,4 beisteuerte, die “dank vorausschauender Haushaltsführung” über die Jahre angespart wurden. Weitere 5,9 Mio Euro stammen aus Landelsförderungsmitteln und der Rest wurde nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz von Bund und Bahn beigesteuert.

Einige Misstöne gab es schon vor der Eröffnung, als ein besorgter Vater darauf hinwies, dass neben den neu angelegten Radwegen (3000 m) eine sichere Weiterführung in die Scharnhorststraße fehle. Herr Grothe hatte sich spontan zu dieser “Demonstration” entschlossen, weil nun nach der Öffnung der Bahnparallele seine Kinder nicht mehr alleine die Straße befahren können. OB König ging in seiner Ansprache kurz auf die Sache ein und es bleibt abzuwarten, ob weitere Baumaßnahmen erfolgen. Andere Radfahrer sprachen sich anschließend gegen die Forderungen von Herrn Grothe aus, da es doch einen zwar illegalen, aber sicheren Radweg gebe.

Fotos: Textautorin

Was sonst noch war: webMoritz kompakt (8)

Auch wenn man in den letzten Wochen beim Besuchen des webMoritz mitunter etwas anderes vermuten konnte: Selbst in der vorlesungsfreien Zeit passiert gelegentlich etwas in Greifswald. Zudem gab es wie immer die ein oder andere Nachricht, die nicht groß genug für einen eigenen Artikel war. Im Rahmen von webMoritz kompakt, einer Mischung aus Nachrichtenüberblick und Presseschau, werden sie nun ihre Erwähnung finden. Wir stellen im Folgenden zusammen, was sich in den letzten Tagen ereignet hat und bisher noch keinen Eingang in den webMoritz fand.

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Städtischer Bausenator Arenskrieger wechselte nach Schwerin

Reinhard Arenskrieger wechselte nach Schwerin

Der bisherige städtische Bausenator Reinhard Arenskrieger ist am Freitag, dem 12. März, zum Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs M-V gewählt worden. Die Wahl des CDU-Manns war zunächst allerdings gescheitert: Im ersten Wahlgang erreichte Arenskrieger die notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht. Daraufhin entschied der Landtag mehrheitlich, die Abstimmung zu wiederholen – und Arenskrieger erreichte die erforderliche Zweidrittelmehrheit doch noch – aber hauchdünn. Damit ist der Posten des Vize-Chefs beim Landesrechnungshof nach langjähriger Vakanz wieder besetzt. (mehr …)

Kanzlerin Merkel in Greifswald – CDU bleibt weitgehend unter sich

Angela Merkels Besuch in Greifswald war nicht unbedingt eine Darstellung von Volksnähe, brachte aber durchaus Glanz in die frisch sanierte Stadthalle.

Anlässlich des Neujahrsempfang hatte die Greifswalder CDU geladen: Neben der Kanzlerin und den CDU-Spitzenpolitikern des Landes erwate man, so die Pressemitteilung auch “Vertreter aus dem Öffentlichem Leben, der Wirtschaft sowie der Wissenschaft”. Damit waren zumindest der offiziellen Begrüßung nach vor allem die eigenen Parteifreunde gemeint. Gut 350 Leute hatten sich trotz Schneechaos in der Stadthalle eingefunden, um dort der Kanzlerin zu lauschen und sich anschließend am Buffet und den Freigetränken zu laben. Der Kreisvorsitzende Egbert Liskow dankte explizit den vielen Sponsoren des Abends.

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Merkel sprach vor allem über die Konjunkturkrise und die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland.

Im Gegensatz zu Merkels letztem Besuch in Greifswald sah das Programm dieses Mal keine öffentliche Veranstaltung vor. Die promovierte Physikerin hatte am Nachmittag das Fusionsforschungsprojekt im Max-Planck-Institut besichtigt und war anschließend auf der intern angelegten Veranstaltung ihrer Partei. Auch wenn es kaum bis gar keine Sicherheitskontrollen gab, dürfte sich kaum jemand ohne Einladung in die Stadthalle verirrt haben.

Nach ihrem prunkvollen Einzug und dem etwa eineinhalbstündigen, offiziellen Teil der Veranstaltung stand Dr. Merkel allerdings nicht mehr für die Empfangsgäste zur Verfügung. Für sie und andere CDU-Funktionäre wurde in einem gesonderten Raum gedeckt und aufgetischt.

Merkels Rede dauerte eine knappe halbe Stunde, in der sie neben dem lokalpatriotisch angebrachten Lob für den Wissenschaftsstandort Greifswald und die frisch sanierte Stadthalle vor allem über Konjunkturpolitik und die soziale Marktwirtschaft sprach. Dabei verteidigte sie die Absenkung der Unternehmenssteuer vehement, die der Mehrwertsteuer für Hotels etwas vorsichtiger und erklärte lediglich: Man solle um eine einmal beschlossene Sache kein Gezerre veranstalten und den Beschluss gleich wieder rückgängig machen. (mehr …)

Wir brauchen uns gegenseitig – Von Studenten und nörgelnden Rentnern

Seien wir mal ehrlich: wer von uns hat sich nicht schon mindestens einmal aufgeregt über diese Stadt in der pommerschen Provinz, in der die Rentner beim bloßen Anblick von fünf Studenten auf Fahrrädern selber vom Rad kippen, die Kassiererinnen so unglaublich freundlich sind, in der Berlin so furchtbar weit weg ist und in der eigentlich immer ein kalter Wind von vorne bläst.

Doch wie ist das eigentlich andersherum? Was denkt sich ein Urgreifswalder bei dem Anblick der über 12 000 Studierenden, die in vielfältigster Weise die gesamte Stadt bevölkern.

Wir begeben uns auf die Suche und finden ein Urgestein: Karin Müller*, unsere Nachbarin, wohnt ihr Leben lang in Greifswald. In ihrem ordentlichen und sauberen Wohnzimmer mit sympathischem DDR-Charme erzählt sie uns bei selbst gebackenen Keksen, die „ von Weihnachten“ sind, aber noch hervorragend schmecken: „Erstmal ist Greifswald ja eine Universitätsstadt und das auch schon ewig. Es ist bekannt geworden durch die Universität und lebt auch davon. Für mich sind Studenten gar kein Problem. Es gibt natürlich auch Ärger. Das liegt aber nicht immer an den Studenten. Eigentlich vertragen sich die Bürger und die Studenten doch aber ganz gut.“ Karin Müller lächelt ein wenig. Ihre Kinder und jetzt auch einige ihrer Enkelkinder studieren ebenfalls. „Mein Sohn hat sogar hier in Greifswald studiert“, ergänzt sie und fordert uns auf, doch nochmal zuzulangen bei dem bunten Naschteller. (mehr …)