von moritz Millennium | 20.02.2025
Dario Seifert präsentiert sich als heimatverbundener Kämpfer für Vorpommern. Doch seine Vergangenheit und seine Verbindungen zur extremen Rechten werfen Fragen auf. Kann jemand mit einer solchen Biografie glaubwürdig für demokratische Werte eintreten?
Von Konstantin Ochsenreiter
Der weiße VW-Caddy fällt auf. Einige schauen hin, andere weg. Schwarz-rot-goldene Fähnchen und Warnlichter flackern auf dem spärlich gefüllten Hafenplatz. Der Wagen ist schmutzig, die Aufkleber trotzig: „Deutschland stirbt! Schluss mit der Politik gegen das eigene Volk!“ – flankiert von Deutschlandfahnen.
Ein Symbol des Aufbruchs? Wohl kaum. Doch Dario Seifert, AfD-Bundestagskandidat für Greifswald (Wahlkreis 15: Vorpommern-Rügen/Vorpommern-Greifswald I), hofft darauf. Er lädt zum Bürgerfest – rund 100 der 8.500 Barther kommen. Aber wer ist der Mann, der hier spricht?
Dario Seifert gibt den modernen Rechten
Das Bürgerfest (Zwei Pavillons, ein Transporter, ein Grill) füllt an diesem Abend etwa ein Drittel des Festplatzes am Hafen. So jedenfalls könnte man es aus der Perspektive der Veranstalter sehen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung: Dario Seifert.
Der selbsternannte „Heimatverbundene“ gibt sich mit seinen 30 Jahren selbstbewusst jugendlich – Lederjacke, Schal, Sechstagebart. In den sozialen Medien inszeniert er sich nahbar und dynamisch. Vier Wochen ist er auf Wahlkampftour, begleitet Infostände, Grillfeste und Bürgerdialoge. Doch diese Fassade bekommt erste Risse. EXIF-Recherche veröffentlichte Fotos, welche ihn mit Waffe und dem militanten Neonazi Ivan Kormilitsyn zeigen, damals einem Mitglied der Jungen Alternative.
Zwischen Ostseeidylle und Extremismus: Seiferts widersprüchliche Vergangenheit
“Aufgewachsen zwischen Bodden und Ostsee, habe ich früh gelernt, wie wichtig starke Gemeinschaften und faire Perspektiven sind, damit Vorpommern ein Ort bleibt, an dem Familien, Studenten und junge Berufstätige gern leben“, erklärt er auf Anfrage der moritz.medien.
Wo genau Seifert diese „starken Gemeinschaften“ kennengelernt hat, ist eine nicht unerhebliche Frage. Wer seine politischen Anfänge sucht, stößt schnell auf eine Vergangenheit, die wenig mit dem bürgerlichen Image gemein hat, das er nach außen pflegt.
Laut Berichten des Nordkuriers begann Seiferts politische Laufbahn in der rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns. Er bestätigte der Zeitung, zwischen 2012 und 2014 Mitglied der Jungen Nationalisten (JN), der Jugendorganisation der NPD, gewesen zu sein. „Ich habe im Alter von 17 Jahren ein politisches Betätigungsfeld gesucht und war knapp zwei Jahre als passives Mitglied bei den Jungen Nationaldemokraten aktiv“, erklärte er.
Fotos des Nordkuriers zeigen ihn 2014 auf einem „Trauermarsch“ der NPD in Stralsund. Wie passiv die Teilnahme an einem solchen Marsch beurteilt werden kann, ist jedoch fraglich. Einer Quelle des Nordkuriers zufolge soll Seifert enge Kontakte zu den mittlerweile verbotenen Nationalen Sozialisten Rostock – einer Neonazi-Kameradschaft – besessen haben.
Das Innenministerium MV begründet das Verbot der Kameradschaft damit, dass diese als eine zentrale Struktur der rechtsextremen Szene in Rostock gelte. Auf Anfrage des Nordkuriers bestreitet Seifert die Darstellung der Quelle: „Ich war zu keinem Zeitpunkt Mitglied irgendeiner Kameradschaft und pflege auch keinen Kontakt zu solchen Gruppierungen.“
Was bleibt, ist ein Widerspruch. Dario Seifert gibt sich als moderner Konservativer: volksnah und im besten Sinne bürgerlich. Seine Vergangenheit erzählt jedoch eine andere Geschichte.
Zwischen Gemeinplätzen und Geschichtsrevisionismus
Die moritz.medien fragten Dario Seifert direkt nach seinen Zielen für Greifswald. Seine Antwort klingt gefällig: „Ich setze mich dafür ein, Greifswald zukunftsfest aufzustellen: Die lokale Infrastruktur muss ausgebaut, der öffentliche Nahverkehr gestärkt und der Wohnungsmarkt entschärft werden, damit junge Menschen hier nicht nur studieren, sondern auch bleiben können.“
Um dies zu erreichen, wolle er sich im Bundestag für „gezielte Förderprogramme“ einsetzen. Digitalisierung und Start-up-Förderung sollen innovative Arbeitsplätze schaffen. Seifert wolle sich außerdem für neue Wohnprojekte, bezahlbare WGs und faire Mieten einsetzen. Zudem liege ihm die Schaffung hochwertiger Ausbildungs- und Arbeitsplätze am Herzen, damit Absolventen in Vorpommern bleiben.
In Deutschland sind Infrastruktur, Nahverkehr und der Wohnungsmarkt primär Aufgaben der Länder und Kommunen. Zwar stellt der Bund spezielle Förderprogramme für sozialen Wohnungsbau, Digitalisierung und Unternehmensgründungen bereit, doch die konkrete Umsetzung und Verwaltung obliegen den regionalen Behörden. Warum Seifert dieses Verfahren nicht transparenter beschreibt, bleibt unklar.
Abseits von Presseanfragen findet Seifert deutliche Worte – besonders, wenn es um die deutsche Geschichte geht. Er erinnerte am Volkstrauertag 2024 „in tiefer Ehrfurcht an die tapferen Helden unseres Volkes“ – eine Formulierung, die sich laut NDR-Berichten auf Adolf Hitlers Wehrmacht bezog. An anderer Stelle des NDR-Berichts erklärte er: „Wir Patrioten setzen uns für ein würdevolles und aufrichtiges Gedenken der über 250.000 deutschen Opfer ein und machen uns frei vom antideutschen Tätermythos des linken Mainstreams.“
Diese Aussage nutzt deutsche Opferzahlen, um ein geschichtsrevisionistisches Narrativ zu bedienen. Sie stellt hierbei die Anzahl deutscher Opfer in den Vordergrund und relativiert somit die weiteren Opfer der NS-Verbrechen. Experten wie Deborah Krieg, (Bildungsreferentin der Bildungsstätte Anne Frank mit Schwerpunkt auf Antisemitismus, Rassismus und historische Bildung) warnen davor, dass solche Umdeutungen der Geschichte die Verantwortung für NS-Verbrechen relativieren. Der Verfassungsschutz stuft entsprechende Narrative als potenziell verfassungsfeindlich ein.
Glaubwürdigkeit und politischer Anspruch
Von bürgerlicher Modernisierungspolitik zu Geschichtsrevisionismus: Es stellt sich die Frage, inwieweit der Bundestagskandidat demokratische Werte vertritt.
Eine Frage, die sich scheinbar auch die AfD-MV stellte. Noch bis 2024 lief gegen Dario Seifert ein Parteiausschlussverfahren, wie die Ostsee Zeitung berichtete. Der Grund dafür liegt im Jahr 2019. Im Kreis Vorpommern-Rügen entbrannte ein Richtungsstreit zwischen den zehn frisch gewählten AfD-Mitgliedern.
Im Zentrum dieses Richtungsstreits stand Dennis Augustin. Dieser hatte seine ehemalige NPD-Mitgliedschaft verschwiegen und wurde 2019 aus der Partei geworfen. Seifert hielt dennoch zu seinem Kreistagskollegen. Nach Berichten der Ostsee Zeitung kam es zum Zwist zwischen dem gemäßigten und dem völkisch-nationalistischen Lager.
Auf Kreisebene fand der Konflikt noch im selben Jahr ein Ende. Doch in der Konsequenz wurde gegen Seifert ein Parteiausschlussverfahren angestrebt.
2024 dann die Entscheidung: Das parteiinterne Schiedsgericht verhängte keinen Ausschluss, sondern eine 2-jährige Ämtersperre. Die Sperre gelte für innerparteiliche Ämter, wie beispielsweise Vorstandsämter – so berichtet die Ostsee Zeitung. Repräsentative Ämter – etwa in einem Vorstand – sind laut Schiedsgericht mit Dario Seiferts Person nicht vereinbar.
Dennoch hält er an seinem Ziel fest, in den Bundestag einzuziehen – und damit nicht nur einen Kreisverband, sondern eine deutlich größere Wählerschaft zu vertreten. Rückendeckung erhält er dabei nicht nur aus der Jungen Alternative: Auch die AfD-Spitze stellte sich beim Landesparteitag hinter Seifert und signalisiert Unterstützung für seine Kandidatur.
Bis zum Landesparteitag war Seifert überdies Vorsitzender der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Jugendorganisation der AfD, der Jungen Alternative MV. Die Partei traut ihm also die Nachwuchsarbeit und ein Mandat im Bundestag zu – interne Führungsämter jedoch nicht. Ein Umstand, welcher Fragen aufwirft.
Die moritz.medien richteten deswegen eine Presseanfrage an die AfD Mecklenburg-Vorpommern. Darin fragten wir unter anderem, ob die Ämtersperre gegen Seifert weiterhin gilt, ob die Partei darin einen Widerspruch sieht und welche Gründe sie dennoch veranlassten, seine Kandidatur zu unterstützen.
Eine Antwort blieb bis heute aus.
Rechter Rand in bürgerlichem Gewand?
Dario Seifert inszeniert sich als bodenständiger Heimatverbundener, der sich für Vorpommern einsetzen will. Er spricht von Gemeinschaft, Tradition und Zukunftsperspektiven – doch seine Vergangenheit gibt dieser Erzählung einen besorgniserregenden Anstrich. Verbindungen zur extremen Rechten, geschichtsrevisionistische Aussagen und eine Vergangenheit bei den Jungen Nationalisten (JN) werfen Zweifel an seiner demokratischen Glaubwürdigkeit auf.
Die AfD selbst scheint sich dieser Widersprüche bewusst zu sein. Während sie Seifert als Bundestagskandidaten aufstellt, hält sie ihn gleichzeitig von innerparteilichen Führungsämtern fern. Die Partei überträgt ihm Verantwortung für die Jugend und eine potenziell breite Wählerschaft – doch für einen Vorstandsposten scheint das Vertrauen zu fehlen.
Seifert steht damit möglicherweise exemplarisch für einen innerparteilichen Spagat: Die AfD präsentiert sich als wählbare Alternative zum politischen Mainstream. Gleichzeitig treten in ihren Reihen immer wieder Kandidaten mit umstrittener Vergangenheit und fragwürdigen Verbindungen auf – Dario Seifert ist dabei kein Einzelfall.
So stellt sich Dario Seifert selbst vor:
moritz.medien: Wer bist du?
Dario Seifert: Mein Name ist Dario Seifert, ich bin 30 Jahre alt und ein heimatverbundener Mensch, der die Herausforderungen und Chancen unserer Region aus eigener Erfahrung kennt. Aufgewachsen zwischen Bodden und Ostsee, habe ich gelernt, wie wichtig starke Gemeinschaften und faire Perspektiven sind, damit Vorpommern ein Ort bleibt, an dem Familien, Studenten und junge Berufstätige gern leben. Deshalb möchte ich unsere Heimat aktiv mitgestalten und dafür sorgen, dass wir das Potenzial dieser einzigartigen Landschaft, unserer Kultur und unserer Menschen besser ausschöpfen. Mein Ziel ist es, das Miteinander zu stärken und Zukunft zu sichern.
Was sind deine konkreten Ziele für Greifswald?
Ich setze mich dafür ein, Greifswald zukunftsfest aufzustellen: Die lokale Infrastruktur muss ausgebaut, der öffentliche Nahverkehr gestärkt und der Wohnungsmarkt entschärft werden, damit junge Menschen hier nicht nur studieren, sondern auch bleiben können. Um dies zu erreichen, werde ich mich im Bundestag für gezielte Förderprogramme einsetzen, damit Investitionen aus Berlin in unsere Region fließen. Gleichzeitig möchte ich die Digitalisierung vorantreiben und Start-ups fördern, um innovative Arbeitsplätze zu schaffen. Greifswald soll so eine starke, lebenswerte Stadt für alle werden.
Warum sollten Greifswalder Studis dich wählen?
Studenten sind der Herzschlag der Stadt und prägen Greifswalds kulturelles und soziales Leben. Deshalb liegt mir besonders am Herzen, dass jede und jeder trotz begrenzter Mittel während des Studiums gut wohnen kann. Ich setze mich für die Schaffung neuer Wohnprojekte, den Ausbau bezahlbarer WGs und bezahlbare Mieten ein. Darüber hinaus möchte ich die Qualität und Vielfalt an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen stärken, damit Absolventen in Vorpommern bleiben können. Wer mich wählt, entscheidet sich für eine gerechte Bildungspolitik und nachhaltige Zukunftsperspektiven vor Ort.
Beitragsbild: Dario Seifert / Collage: Konstantin Ochsenreiter
Zur Person des Autors
moritz.Millennium ist das kleine, aber engagierte Rechercheteam der moritz.medien. Es setzt sich sowohl aus moritz.-Mitgliedern als auch aus Nicht-Mitgliedern zusammen. Derzeit besteht das Team unteranderem aus Leoni Gau, Robert Wallenhauer, Lina Goldschmidt und federführend Konstantin Ochsenreiter.
von Simon Fortmann | 19.02.2025
Vergangene Bundestagswahl verpasste Georg Günther knapp den Wahlsieg in Wahlkreis 15. Dieses Jahr tritt seine SPD-Konkurrentin wieder an und die AfD führt in den Umfragen. Mit welchen Themen will der CDU-Mann bei der Wählerschaft punkten?
Der Nachfolger einer 16-jährigen Kanzlerschaft zu werden, ist kein leichtes Unterfangen. Das gilt nicht nur für die Bundespolitik, sondern auch für den Wahlkreis 15. Das ist der Wahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I. Hier hat Angela Merkel seit der Wende mit meist haushohem Vorsprung das Direktmandat errungen. Zur Bundestagswahl 2021 trat der damals 33-jährige Georg Günther die Herausforderung an, den Stammplatz der CDU zu verteidigen. Es gab sogar Telefonate mit Merkel persönlich, die klarmachte, dass ihr Wahlkreis ein schwarzer Wahlkreis bleiben sollte. Günther scheiterte jedoch an dieser Mission. Vier Prozent fehlten dem Finanzbeamten im Vergleich zur Sozialdemokratin Anna Kassautzki. Anscheinend lässt sich Günther davon jedoch nicht entmutigen, denn: Auch bei der anstehenden Bundestagswahl steht er für die Christdemokraten auf dem Wahlzettel.
Aber wer ist der Mann, der den äußersten Nordosten im Bundestag vertreten möchte?
Günthers Politikkarriere begann früh
Günther hat sein ganzes Leben in eben dieser Region verbracht. Auch seinen politischen Werdegang startete er hier. Seit 2007 war er Teil der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU, und wurde dort Kreis- und Landesvorsitzender in Greifswald und MV. In dieser Funktion machte er sich unter anderem für ein Semesterticket für alle Studenten in Mecklenburg-Vorpommern stark. Ein Thema, das auch im letzten Jahr an der Universität Greifswald vielfach diskutiert wurde. Grundlage dafür sollte laut Günther das Modell aus Schleswig-Holstein sein. Das damalige Modell sah einen Vertrag zwischen Studierendenwerken und Verkehrsbetrieben vor, bei dem Interessierte sich das Semesterticket individuell vergünstigt hinzubuchen konnten. Das Modell existiert in dieser Form heute nicht mehr. Ein Ausbau des Nahverkehrs ist ihm ebenso ein Anliegen wie der Ausbau der Fernverkehrsanbindung Vorpommerns. Günther fordert die Umsetzung der sogenannten Vorpommern-Magistrale, was den Ausbau der Zugstrecke zwischen Berlin und Rügen bedeuten würde. Dieser Ausbau würde etwa für Studierende aus Berlin bedeuten, dass sie schneller aus Greifswald in ihrer Heimat wären.
Dieser Ausbau war als Kompensation für das Errichten des LNG-Terminals auf Rügen von der Bundesregierung versprochen worden. Das Terminal bezeichnet Günther als „sinnlos“. Es wurde unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der Befürchtung eines Engpasses der deutschen Gasversorgung gebaut. Tatsächlich ist die Notlage nie eingetreten. Landespolitiker*innen und Umweltverbände zweifeln daher ebenfalls die weitere Sinnhaftigkeit des Projektes an.
Studierende leichter ans Lenkrad?
Georg Günther möchte jedoch nicht nur den Bahnverkehr, sondern auch das Auto als Verkehrsmittel für Studierende in Greifswald fördern. Damit ist er auf einer Linie mit der Greifswalder CDU, die ebenfalls eine Wende hin zu weniger Autoverkehr in der Stadt ablehnt. Der Vorschlag, junge Menschen beim Erwerb des immer teurer werdenden Führerscheins finanziell zu unterstützen, ist jedoch auch im Wahlprogramm der SPD und den Grünen zu finden.
Dass Günther die Clubszene in Greifswald fördern will, lässt sich zumindest mit Blick auf seine Vergangenheit als ein ernst gemeintes Anliegen charakterisieren. In seiner Gemeinde Süderholz bemühte sich Günther in jungen Jahren bereits für den Erhalt des dortigen Jugendclubs. Tatsächlich gibt es den Jugendclub auch bis heute noch, das Engagement scheint also erfolgreich gewesen zu sein.
Bei anderem Freizeitvergnügen versteht Günther jedoch keinen Spaß. Er setzt sich für die Rücknahme der Cannabis-Legalisierung ein. Damit ist er programmatisch auf Parteilinie. Das war auch der Fall beim umstrittenen Zustrombegrenzungsgesetz, dass Ende Januar von Friedrich Merz in den Bundestag eingebracht wurde. Auf seinen Social-Media-Kanälen verteidigte Günther das Gesetz zur Einschränkung illegaler Migration.
Günther sieht sich in der Mitte
Günther ist jedoch gewiss kein Hardliner unter den Konservativen. Er selbst sieht sich im liberalen Spektrum der Christdemokraten. Ebenso lehnt er eine Zusammenarbeit mit Rechtsaußen sowie Linksaußen kategorisch ab. Der Mann mit der etwas wilden Frisur passt mit seiner Programmatik (sowie mit seinem Namen) in die Mitte der CDU im Jahr 2025. Arbeitsplätze, Landwirtschaft und Familie: wer klassische CDU will, der bekommt sie bei Günther auch. Es wird jedoch nicht gerade einfacher für Günther in den Bundestag einzuziehen, da zum einen seine Widersacherin Anna Kassautzki wieder antritt. Zum anderen sind die Auswirkungen des Merz’schen Migrationsgesetzes auf die Wahlentscheidungen der Bürgerinnenen und Bürger noch ungewiss.
Wer Günther auf seinen Wahlveranstaltungen beobachtet, sieht definitiv einen engagierten Kommunalpolitiker. Die Bandbreite der Themen, die der Süderholzer dabei bespielt, ist weit. Man wird sehen, ob er diese Bandbreite auch mit ausreichend inhaltlicher Stärke füllen kann, sollte er in den Bundestag einziehen dürfen. Seine Erfahrung als JU-Landesvorsitzender kann ihm parteipolitisch dabei helfen. Das Image eines bodenständigen Finanzbeamten und Familienvaters spricht eher die ältere als die jüngere Wählerschaft an. Da die ältere Generation aber bekanntermaßen immer größer wird, könnte es für Georg Günther bald durchaus von Greifswald nach Berlin gehen. Vielleicht gibt es dann wieder ein Telefonat mit Angela Merkel.
So stellt sich Georg Günther selbst vor:
moritz.medien: Wer bist du?
Georg Günther: Ich bin Georg Günther, 35 Jahre alt, und wurde in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald geboren. Aufgewachsen bin ich hier und in Griebenow, und meiner Heimatgemeinde Süderholz bin ich immer treu geblieben. Heute lebe ich dort mit meiner Frau und meinem Sohn. Nach meinem dualen Studium zum Diplom-Finanzwirt an der Fachhochschule in Güstrow habe ich mich entschieden, mich politisch für die Menschen in unserer Region einzusetzen.
Was sind deine konkreten Ziele für Greifswald?
Greifswald ist eine junge, lebendige und dynamische Stadt, und ich möchte, dass das auch so bleibt und noch besser wird! Mein Ziel ist es, Greifswald als Forschungs-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort weiter zu stärken. Gleichzeitig ist es wichtig, die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern: ein sauberes, lebenswertes Stadtbild ohne Graffitis und vor allem mehr Wohnraum für alle Generationen – denn Wohnen muss bezahlbar bleiben.
Warum sollten Greifswalder Studis dich wählen?
Ich möchte mich dafür einsetzen, dass das Studium für euch attraktiver und bezahlbarer wird. Konkret plane ich:
- Zuschüsse zum Führerschein, um Mobilität zu fördern
- niedrigere Zinsen für Studienkredite, damit finanzielle Sorgen nicht im Weg stehen
- einen neuen Digitalpakt des Bundes, der die Ausstattung und Attraktivität von Universitätsstandorten wie Greifswald verbessert.
Außerdem finde ich, dass Greifswald dringend wieder mehr Clubs und Orte für das Nachtleben braucht. Die Stadt soll nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern auch zum Leben und Feiern sein.
Beitragsbild: moritz.tv / Collage: Konstantin Ochsenreiter
Zur Person des Autors
Mit 21 Jahren ist der Autor 2022 aus der niedersächsischen Kleinstadt in unsere Kleinstadt am Meer gezogen. Beflügelt vom Wissen der Politik- und Kommunikationswissenschaft möchte er die Medienwelt betreten. Beflügelt ist auch sein Lieblingstier, der Weißkopfseeadler.
von webmoritz. | 17.02.2025
2021 holte die SPD-Kandidatin überraschend das Direktmandat für Greifswald. Bei dieser Wahl wird es schwer, den Erfolg zu wiederholen. Doch für welche Themen setzt sich Kassautzki im Bundestag eigentlich ein?
Von Lara Sitzmann und Meryem Kocabas
Anna Kassautzki wurde 1993 in Heidelberg geboren und wuchs bei Alsfeld im Vogelsbergkreis in Hessen auf. Nach ihrem Abitur in Alsfeld studierte sie Staatswissenschaften in Passau und begann anschließend ein Masterstudium in Greifswald. Bereits mit 13 Jahren war sie in der Antifaschistischen Bildungsinitiative e.V. tätig und mit 20 Jahren trat sie der SPD bei. Vor ihrem Mandat leitete sie den Familienservice der Universität Greifswald.
Bei der Bundestagswahl 2021 gewann sie den Wahlkreis 15 und steht seitdem im Bundestag vor allem für zwei große Themen:
Digitalisierung und Daten
Das klingt zunächst natürlich etwas trocken, doch Kassautzki, die auch als stellvertretende Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag tätig ist, betont die Relevanz des Themas immer wieder. Laut ihr ist das Internet und seine Infrastruktur nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Deswegen fordert sie konkrete Regeln. Auch eine Sicherung der Chancengleichheit, damit auch alle im digitalen Umschwung mitgenommen werden, soll gesichert sein, denn nur das wäre laut Kassautzki auch demokratisch.
In Reden im Bundestag wird auch der Schutz kritischer digitaler Infrastruktur immer wieder erwähnt, insbesondere Ereignisse der letzten Jahre, wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, resultieren in immer mehr Angriffe auf Daten und Strukturen in Deutschland. Genau das soll unter anderem eine starke Digitalpolitik verhindern.
Doch was fordert die SPD Kandidatin konkret in diesem Themengebiet? Ihre Webseite erklärt ihre Position zu folgenden Themen:
- Daten: Hier soll eine starke Unterscheidung zwischen allgemein nutzbaren und schützenswerten privaten Daten existieren. Im Internet herrscht oftmals keine Transparenz über die gespeicherten Daten und genau deswegen setzt sich Kassautzki für mehr Datenschutz ein.
- Algorithmen: Diese basieren meist auf nicht komplett nachzuverfolgenden Daten und werden in vielen Branchen benutzt, um Entscheidungen zu treffen. Oftmals sind die Programmierungen dieser jedoch sehr intransparent und auf Optimierung ausgerichtet. Anna Kassautzki problematisiert dies in mehreren Aussagen und Reden stark.
- Open Source: Anders als Algorithmen sind die Codes von Open-Source-Software (Bspw. Wikipedia oder Linux) frei und transparent einsehbar. Für die Förderung dieser Software, dieses „Ökosystems“, setzt sich die Kandidatin ein.
- Games (-Förderung) und E-Sport: Als leidenschaftliche “Gamerin” setzt sie sich für die Förderung von Videospielen als Möglichkeit zur Bildung und Sozialisierung ein. Auch will sie das negative Bild, das viele Deutsche von Videospielen haben, verändern. Hierfür saß Anna Kassautzki 2022 zum ersten Mal in der Jury des Deutschen Computerspielpreises!
Landwirtschaft und Ernährung
Neben ihrer Arbeit in der Partei und am Thema Digitalisierung sitzt Anna Kassautzki auch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Sie macht sich vor allem für Moore und die Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern stark. Hier also eine kleine Übersicht ihrer Forderungen:
mo(o)re für Moore
Trockengelegte Moore machen in Deutschland einen beachtlichen Teil des jährlichen CO₂ Ausschusses aus und werden auch in der Landwirtschaft in MV viel genutzt. Dieses CO₂ soll aber am liebsten im Boden bleiben und da hilft es, die Böden zu nässen. Um die Landwirtschaft nicht zu überfordern, aber trotzdem etwas für den Klimaschutz zu tun, will Kassautzki eine nachhaltige Bewirtschaftung der Moore. Dabei macht sie klar, dass dies nicht ohne Zusammenarbeit mit den Landwirt*innen funktionieren könne.
Nicht ohne Fischerei!
Der gesamte Fischereisektor, nicht nur in der Ostsee, steht unter Bedrohung aufgrund der Klimakatastrophe und Überfischung. Neben Folgen für die Umwelt und das Ökosystem bringt es auch Probleme für die Fischer*innen von MV. Die Abgeordnete betont die Relevanz der Fischerei für die kulturelle Identität der Küstengebiete und für die Ernährung in Deutschland. Sie will den Fischer*innen neue Perspektiven schaffen und auf EU-Ebene an Lösungen für das Problem arbeiten.
So stellt sich Anna Kassautzki selbst vor:
moritz.medien: Wer bist du?
Anna Kassautzki: Ich bin Anna Kassautzki, seit 2021 direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreis 15 im Deutschen Bundestag für die SPD. Ich habe Staatswissenschaften studiert und vor dem Mandat den Familienservice hier an der Universität Greifswald geleitet. Als Abgeordnete möchte ich weiter unsere Region aktiv mitgestalten und moderne Politikansätze in Berlin vertreten. Ich sehe mich als Brückenbauerin zwischen den Bedürfnissen vor Ort und den Entscheidungsprozessen im Bundestag, um Greifswald nachhaltig voranzubringen.
Was sind deine konkreten Ziele für Greifswald?
Ich setze mich für den Ausbau der Vorpommern-Magistrale ein, um Greifswald besser mit dem Zug anzubinden und die Reisezeiten zu verkürzen. Greifswald soll Vorreiter für Bildung, Forschung und nachhaltige Wirtschaft werden. Dazu gehören bessere Studienbedingungen und digitale Infrastruktur. Mit erneuerbaren Energien haben wir ideale Voraussetzungen für grüne Industrien und die Umwälzung der Netzentgelte haben wir bereits erreicht. Zudem setze ich mich für die Wiedervernässung der Niedermoore rund um Greifswald (und überall anders) ein, um CO₂ nachhaltig zu speichern und die Klimakrise zu bekämpfen.
Warum sollten Greifswalder Studis dich wählen?
Als ehemalige Greifswalder Studentin setze ich mich für bessere Studienbedingungen ein. Bereits erreicht: BAföG-Erhöhungen, 1.000€ Studienstarthilfe für vulnerable Gruppen und erweiterter Wohngeldanspruch. Künftig will ich die Mietpreisbremse entfristen, den Mindestlohn auf 15€ erhöhen und das BAföG reformieren, damit Studierende nicht zum Arbeiten neben dem Vollzeitstudium gezwungen werden. Dafür kämpfe ich für ein elternunabhängiges BAföG als Vollzuschuss. Beim Deutschlandticket befürworte ich eine faire, freiwillige Lösung, um bundesweite Mobilität zu ermöglichen, ohne Studis finanziell zu überlasten.
Beitragsbild: Auftragsarbeit/spdfraktion.de/abgeordnete / Collage: Konstantin Ochsenreiter
von Lucas Hohmeister | 07.01.2025
Zum Jahresbeginn stehen wieder die Wahlen zu den studentischen und akademischen Gremien an. Dabei werden die Fachschaftsräte, das Studierendenparlament, der Senat sowie die Fakultätsräte neu gewählt. Diese Wahlen sind eine wichtige Möglichkeit für alle Mitglieder der Universität, sich aktiv in die Gestaltung der Hochschulpolitik einzubringen.
Die Wahlen beginnen am Dienstag, den 07. Januar 2025, um 8:30 Uhr und enden am Freitag, dem 10. Januar 2025, um 12:00 Uhr. Wie in den vergangenen Jahren werden die Wahlen auch diesmal online durchgeführt. Die Wahlplattform ist während des gesamten Wahlzeitraums von allen internetfähigen Geräten aus zugänglich.
So funktioniert die Wahl und das Wahlsystem
- Ruft das elektronische Wahlsystem auf.
- Meldet euch mit den Zugangsdaten für euren Uni-Account an.
- Klickt auf „Online wählen“ – dort könnt ihr sowohl die studentischen als auch die akademischen Gremien wählen. Beide Wahlen werden separat durchgeführt, aber ihr könnt für beide Stimmzettel ausfüllen.
- Füllt alle Stimmzettel aus und schickt sie ab. Denkt daran, dass ihr eure Wahl im geheimen durchführen musst!
Die Kandidierendenlisten für die studentischen Gremien (Studierendenparlament und Fachschaftsräte) findet ihr im Studierendenportal. Die Listen für die akademischen Gremien (Senat und Fakultätsräte) sind auf der Website der Universität einsehbar.
Wenn ihr mehr über die Kandidierenden erfahren möchtet, könnt ihr euch die Steckbriefe auf dem webmoritz. durchlesen.
Hier kommt ihr zu den jeweiligen Artikeln:
Weitere Informationen zu den Wahlen gibt es in den Wahlbekanntmachungen der studentischen und universitären Wahlleitung. Klickt euch hier gerne einmal durch.
Alles auf einen Blick:
Was? Gremienwahlen 2025
Wann? 07. Januar 2025 (8:30 Uhr) bis 10. Januar 2025 (12:00 Uhr)
Wo? Online Wahlsystem
Kontakt? E-Mail: wahl.stud@uni-greifswald.de
Beitragsbild: Vanessa Finsel/webmoritz.