Die Ampel zeigt rot. In Greifswald werden die Blutkonserven knapp – mal wieder. Aufgrund des Coronavirus wurde die Blut- und Plasmaspende der Universitätsmedizin Greifswald schon vor einiger Zeit auf Terminspenden umorganisiert und das wirkt sich auf die Spendenzahlen aus.
Die rote Ampel auf der Internetseite der Blutspende bedeutet: „Unsere Patienten können nicht mehr indikationsgerecht versorgt werden. OP’s müssen verschoben werden. Eure Hilfe wird dringend benötigt!“. Damit die Spender*innen keinem Coronainfektionsrisiko ausgesetzt werden, ist es nötig, vorher telefonisch einen Termin zu vereinbaren. Damit kann nicht nur das Hygienekonzept eingehalten werden, sondern auch die Wartezeiten sind kürzer. Andererseits entfallen die Spontanspenden und das macht sich bemerkbar.
Die täglich bis zu 40 Anrufe, um einen Termin zu vereinbaren, reichen nicht aus, um die Kliniken, das Karlsburger Herzzentrum und das Kreiskrankenhaus in Wolgast zu versorgen. „Unsere einzige Chance ist es, selbst aktiv Blutspender anzurufen und zu fragen, ob sie bereit wären, in den nächsten Tagen eine Spende zu leisten. Bis zu 50 Telefonate pro Tag sind nötig, damit mindestens 20 zusätzliche Termine entstehen und wir unsere nötigen 60 Spenden am Tag zusammenbekommen“, so Ulf Alpen von der Blutspende in Greifswald.
Neben der Zahl der Vollblutspendenden ist auch die Zahl der Plasmaspender*innen zurückgegangen, dabei könnten geeignete Personen fast wöchentlich spenden. Bei der Plasmaspende wird nur Blutflüssigkeit ohne Blutzellen gebraucht und die Gerinnungseiweiße bilden sich innerhalb weniger Tage neu. „Studenten, die nicht von zu Hause aus, sondern in Greifswald anwesend studieren, wären sehr willkommen. Auf der Spenderliege ist eben auch Ruhe und Zeit, um nebenbei mit Lehrbuch oder Skript zu lernen.“
Weitere Informationen für euch Hier kommt ihr zur Website der Blutspende. Hier findet ihr die Voraussetzungen für eine Vollblutspende. Hier findet ihr die Voraussetzungen für eine Plasmaspende. Unter03834/86-5478 könnt ihr einen Vollblut- oder Plasmaspendetermin vereinbaren.
Vor drei Tagen wiesen verschiedene Organisationen mit einer Protestaktion auf die katastrophale Lage in Moria, dem Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Lesbos, hin. 13.000 leere Stühle wurden vor dem Bundestag aufgestellt, um zu zeigen: Wir haben Platz für 13.000 Menschen.
13.000 Stühle entsprechen ungefähr der Zahl an Menschen, die in Moria Schutz gesucht haben. 2.800 entspricht der Zahl, für die das Camp ursprünglich ausgelegt war. Die Menschen, die größtenteils aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und dem Irak kommen, lebten dort unter katastrophalen Bedingungen. Die Versorgung war schlecht, mehrere Menschen hatten sich mit dem Coronavirus infiziert und das Camp wurde unter Quarantäne gestellt. Zuletzt gab es Ausschreitungen im Camp. In der Nacht zum 09.09. brach in Moria schließlich ein Großbrand aus und zerstörte das Lager fast vollständig. Derzeit wird von Brandstiftung ausgegangen. Bisher wurden keine Todesopfer bestätigt, doch die Menschen mussten in die umliegenden Wälder oder auf die Straßen flüchten.
Anlässlich des Großbrandes fanden gestern Abend in mehren deutschen Städten Demonstrationen statt. Die Forderungen: sofortige Evakuierung des Camps und Aufnahme der Flüchtlinge. Auch die Greifswalder Organisation Greifswald Hilft rief gestern spontan zu einer Demonstration auf. Um 18 Uhr versammelten sich circa 100 Menschen, um den obdachlosen Geflüchteten Solidarität zu zeigen. In der zwanzigminütigen Sitzwache in der Langen Straße forderten sie friedlich: „Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für alle und auf Dauer“, Lager evakuieren, leave no one behind!
Vor etwa einem Jahr haben wir euch in der Nachhaltigkeitskolumne über das Konzept „Unverpacktladen“ informiert. Damals hieß es noch: „Leider haben wir in Greifswald (noch) keinen Unverpacktladen“. Zur Zeit ist das nächste verpackungsfreie Geschäft in Rostock gelegen – 100km Entfernung, eine Stunde Fahrtweg. Die Greifswalder Studierenden Esther Strohmer und Philippe Schäfer wollen genau das ändern und starteten am 21. August ihre Crowdfundingkampagne, mit dem Ziel, schon Ende des Jahres „Uver“, den ersten Unverpacktladen Greifswalds, zu eröffnen. Aber wer sind die beiden eigentlich? Woher kommt diese Idee? Wann eröffnet der Laden und wer ist die Zielgruppe dieses Geschäfts? Über das und vieles mehr haben wir mit den beiden gesprochen.
m.m: Am besten stellt ihr euch erst mal vor: Wer seid ihr, wo kommt ihr her, wie alt seid ihr, was studiert ihr?
Philippe: Also, ich bin Philippe. Ich bin 24 Jahre alt, wohne seit 2 Jahren in Greifswald und studiere hier Umweltnaturwissenschaften. Ich komme ursprünglich aus dem Saarland, da hab ich auch die meiste Zeit meines Lebens verbracht.
Esther: Ich bin Esther. Ich studiere Psychologie, allerdings als Fernstudium. Ich hab in Saarbrücken meinen Bachelor gemacht, da haben wir uns kennengelernt. Mit dem Bachelor komme ich hier nicht in den Master, deshalb das Fernstudium. Ich bin 27. Und ja, ich wohne auch seit 2 Jahren hier, also wir sind zusammen hergezogen.
m.m: Also kommt ihr beide ursprünglich aus Saarbrücken.
Esther: Ich nicht. Wir haben uns da nur kennengelernt. Da war ich auch zum ersten Mal in einem Unverpacktladen. In Saarbrücken hat also quasi diese Unverpackt-Geschichte ihren Anfang genommen.
Die Anfänge
m.m: Du warst da also in einem Unverpacktladen und hast dir gedacht: Das möchte ich hier auch umsetzen!
Esther: Das ist geil! [lacht] Ja, das war gut, weil der da relativ neu aufgemacht hat, deshalb war da einfach noch nicht so viel Betrieb, weil der noch nicht so bekannt war, also war Zeit zum Quatschen. Die Inhaberin ist super lieb, sie hat uns jetzt auch schon viel unterstützt. Und als wir weggezogen sind, war es so scherzhaft: [verstellt ihre Stimme] Ja, ihr könnt ja dann in Greifswald einen aufmachen! Wir so: Ja, können wir mal gucken! Und dann gab’s hier halt keinen, und irgendwie haben wir uns dann so ein Jahr später gedacht, wir könnten eigentlich wirklich einen aufmachen. Wir sind auch noch gut in Kontakt mit ihr, sie hat uns ganz viele Tipps gegeben, Connections und so weiter.
Philippe: Genau. Das war so im September letzten Jahres. Es war erst mal nur so ’ne Idee und dann haben wir immer mehr recherchiert und tatsächlich dafür gemacht, und dann hat das irgendwann angefangen, Form anzunehmen. Seit Anfang des Jahres sind wir so richtig an der Planung dran, schreiben einen Businessplan, machen uns Gedanken: Was brauchen wir alles, was müssen wir wissen, was müssen wir lernen? Wo kriegen wir noch die Unterstützung, die wir brauchen für das, was wir noch nicht haben? Und jetzt nimmt das Ganze Gestalt an.
m.m: Ihr seid also mit dem Unverpacktladen in Saarbrücken in Kontakt. Gibt es noch andere Betriebe oder Organisationen, die euch da ein bisschen fördern?
Philippe: Ja, aus allen möglichen Richtungen. Unverpackläden natürlich. Wir sind im Unverpacktverband drin, das ist ’ne ziemlich coole Sache. Da hat man Kontakt zu allen anderen Mitgliedern in dem Verein und hilft sich wirklich viel untereinander, und man kriegt Antworten auf seine Fragen. Wir sind jetzt auch mit Green Goldi [Unverpacktladen] in Rostock öfter mal in Kontakt. Die helfen uns auch viel, sie haben uns auch gesagt, was sie machen, was sie anders machen würden und so weiter. Genau, Saarbrücken. Was war noch?
Esther: Tante Olga [Unverpacktladen in Köln]. Das sind die, die den Verband auch quasi leiten. Ziemlich cool ist auch, dass die meisten Unverpacktläden wollen, dass es sich verbreitet. Sie sagen nicht so: Äh ne, das ist mein Wissen, ich sag dir das nicht! Sondern es ist echt ’ne super unterstützende Community.
Philippe: Genau. Es gibt da den Verband und es gibt auch auf Facebook noch eine Gruppe, da wird auch viel reingepostet, was es zum Beispiel für Glasbins gibt und was die für Vorteile haben oder was man Rechtliches beachten muss, solche Sachen. Da bekommt man richtig viel Unterstützung und Input.
m.m: Und hattet ihr vorher schon Erfahrung, im Vertrieb oder im Laden-Führen oder im Verkauf? Oder ist das jetzt alles learning by doing und von anderen lernen?
Philippe: Also, wir haben beide ein bisschen Erfahrung, wir haben beide nebenbei in ’ner Gastronomie gearbeitet.
Esther: Genau, wir sind also vertraut mit Lebensmitteln und Hygiene. Wir haben auch beide schon den Hygieneschein gemacht, und Erfahrungen im Umgang mit Kunden gesammelt. Kassenabschluss und so weiter, Laden aufmachen, Laden zumachen. Das haben wir auch alles gemacht.
m.m: Aber so einen Businessplan zu schreiben ist wahrscheinlich auch neu für euch, oder?
Philippe: Ja, wir haben da in den letzten Monaten echt so viel gelernt. Aber wir haben beide kein BWL studiert oder so. Da denkst du so: Joa, schreiben wir jetzt ’nen Businessplan! [lacht] Und dann hockst du dich da dran und siehst: Das, das und das muss ich noch alles wissen. Also lässt man sich natürlich beraten, und dann sagen die Leute, was du da alles noch reinschreiben musst und so krass viele Sachen, die du beachten und wissen musst, und du denkst: Das pack ich ja niemals! Aber man lernt es dann einfach on the go. Auch was die ganze Finanzplanung angeht, so was ist auch recht komplex. Aber man informiert sich dann halt, lässt sich beraten und dann checkt man das auch alles. Das geht eigentlich ziemlich gut.
Esther: Ja, mir hat das mit dem Businessplanschreiben auch super viel geholfen. Uns wurde eine Onlineseite empfohlen, auf der ein paar Punkte vorgegeben sind und was man dazu schreiben soll. Ein Punkt ist zum Beispiel Markt und Kunden: Was ist unsere Zielgruppe, was ist eigentlich unsere Konkurrenz, oder ist der Markt für unser Projekt geeignet, so was. Wir sind da anfangs super blauäugig dran gegangen: Wir machen mal ’nen Laden auf, blah blah, wird schon laufen. Und dann waren wir so: Hä, was ist eigentlich unsere Zielgruppe? So was hab ich mich nie gefragt!
Philippe: Und dann schreibst du da erst mal hin: Alle, irgendwie …
Esther: Ja, und alle ist natürlich genau die falsche Antwort [lacht]. Auch wenn wir das gerne hätten. Und dann haben wir uns überlegt: Okay, für wen könnte das aus welchen Gründen gut sein?
Studium, Standort, Spenden
m.m: Wollt ihr den Laden eigentlich nur zu zweit führen, als Hauptbeschäftigung?
Philippe: Ja, im Vordergrund steht erst mal der Laden, das ist im Moment das wichtigste für uns. Und mit dem Studium muss man schauen, ob das nebenbei geht.
Esther: Sollte es gut laufen, werden wir natürlich perspektivisch irgendwann jemanden anstellen, und dann können wir auch versuchen, uns mehr und mehr rauszunehmen, sodass wir dann auch noch Zeit haben. Wir haben jetzt beide fürs nächste Semester ein Urlaubssemester eingeplant, weil wir da auf jeden Fall eröffnen wollen. Ich kann sowieso auf Teilzeit gehen. Dieses Semester habe ich auch keine Klausuren geschrieben, das ist auch kein Weltuntergang. Und dann können wir das Studium ein bisschen ziehen.
Philippe: Ich mag mein Studium aber zum Beispiel voll gerne, das ist interessant und ich finde es schön, das zu machen. Das würde ich also gerne beenden, auch für mich.
m.m: Das mit dem Studium bekommt ihr also geregelt. Aber seid ihr sonst auf irgendwelche Hürden gestoßen in eurer Planumsetzung?
Esther: Ich finde, was gerade ’ne Hürde ist, ist einen guten Laden zu finden. Das ist ein bisschen schwierig, wir wollen gerne in der Innenstadt oder in Innenstadtnähe sein, und wir haben genaue Vorstellungen. Er soll so um die 150 Quadratmeter groß sein, ein gutes Lager haben, nicht zu weit weg, nicht zu teuer natürlich. Das ist nicht so leicht.
Philippe: Es gibt viel, aber oft muss man irgendeinen Kompromiss eingehen und dann muss man überlegen, welchen Kompromiss man eingehen will.
Esther: Oder ob wir die Eröffnung am Ende nicht noch weiter nach hinten verschieben. Corona hat uns super ausgebremst, weil wir da eigentlich schon mit unserem Crowdfunding starten wollten, aber dann haben wir unser Video nicht fertig gekriegt. Und als es losgehen sollte, hatten wir Angst, dass kein Mensch spenden würde, weil alle dachten: Oh Gott, nicht dass ich meinen Job verliere! Das verstehe ich auch voll! Aber irgendwie hab ich das Gefühl, ich warte schon so lange darauf, dass es losgeht und jetzt möchte ich auch, dass es losgeht, und dass wir einen Laden finden und nicht noch warten müssen, bis ein guter kommt.
m.m: Aber ihr habt da schon ein paar Optionen im Auge?
Esther: Ja … Aber die sind halte alle nicht optimal! [lacht]
Philippe: Aber es ist schon so, dass wir was finden würden, wenn wir jetzt dringend loslegen müssten [lacht]. Ja, das ist auf jeden Fall ’ne Hürde, das zu koordinieren – wann macht man was. Es kommt einem dann alles immer ziemlich viel vor, wenn man so sieht, was man noch alles zu tun hat. Das ist dann auch das Spannende, wie man das so geregelt kriegt.
m.m: Ihr seid aber noch optimistisch, dass das bis zur Eröffnung Endes des Jahres was wird?
Philippe: Ja, voll. […] Das würden wir auf jeden Fall hinbekommen. Die Frage ist halt, ob es vielleicht besser wäre, wenn es ein bisschen länger dauert.
Esther: Aber wir wissen nicht, ob bis dahin nicht vielleicht irgendwo ein guter Laden frei wird. Durch Corona müssen gerade viele Läden schließen. Das ist natürlich doof für die Läden, aber gut für uns. Wir wollen uns allerdings auch nicht drauf verlassen, dass das passiert. Nur das, was jetzt gerade da ist, ist leider nicht optimal.
m.m: Ein genaueres Datum oder einen Monat habt ihr aber noch nicht im Blick?
Philippe: Leider nicht ganz. Es wird jetzt so langsam absehbar. Wenn unsere Crowdfunding-Kampagne erfolgreich ist, können wir damit zur Bank gehen und dann wissen wir ungefähr, wie lange es noch dauert, bis der Kredit genehmigt ist. Und dann ist natürlich auch die Location noch ein Faktor. Ein richtiges Datum können wir also leider noch nicht festlegen.
m.m: Das Crowdfunding ist ja jetzt vor zwei Wochen gestartet. Seid ihr von den Spenden komplett abhängig oder habt ihr noch andere finanzielle Backups? Oder steckt ihr da auch euer privates Geld rein?
Philippe: Nee, also das ist kein privates Geld, wir sind schon abhängig davon. Es ist halt sehr kostenintensiv, den Laden zu machen. Was wir beim Crowdfunding bekommen, ist auch nur ein Teil von dem Geld, damit wir damit eine Finanzierung bei der Bank machen können. Da muss man nämlich immer Eigenkapital mitnehmen. Aber es läuft ja bisher super gut, also wir sind richtig, richtig dankbar, dass so viele Leute spenden und uns unterstützen, mittlerweile schon ungefähr 200 Leute. Das ist ein Haufen Kohle, der da so zusammenkommt, also ohne das wäre es echt ziemlich schwierig, das zu stemmen. Was voll schön ist, aber es fehlt halt immer noch einiges. Das ist immer so bei so einer Crowdfunding-Kampagne, in den ersten Tagen geht es immer erst richtig ab und dann ist meistens Flaute. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es jetzt bei uns weitergeht.
Esther: Ja, ich bin auch ein bisschen aufgeregt. Aber, das wird schon. Wir haben bisher noch kein eigenes Geld in diese Kampagne investiert, aber wir haben natürlich schon Geld in das ganze Projekt gesteckt. Zum Beispiel haben wir einen Marktstand, da kann man uns gerne besuchen, samstags, und dienstags wahrscheinlich auch. Auf unserer Instagramseite sagen wir immer, wann wir auf dem Markt sind und machen auf uns aufmerksam. Und da sind auch viele Leute, die so zu uns kommen: Ey, wo ist denn euer Laden? Oder: Wann macht ihr denn auf? Und dann erklären wir das und verweisen auf Startnext, und dass sie es weitererzählen und uns unterstützen sollen. Ja, das ist auf jeden Fall cool, Markt macht auch Spaß [lacht].
m.m: Auf dem Markt habt ihr sicherlich schon viele Reaktionen bekommen. Sind da auch Leute dabei, die gar keine Ahnung haben, was so ein Unverpacktladen überhaupt ist?
Esther: Es geht sogar.
Philippe: Die meisten wissen echt Bescheid.
Esther: Ja, die Leute, die bei uns anhalten wissen auch Bescheid. Ich glaub, die anderen, die sich denken: Hä, was soll das sein?, die gehen auch lieber weiter [lacht].
m.m: Seid ihr auch schon auf kritische Stimmen gestoßen?
Esther: Also, noch nicht persönlich … Eine Freundin von mir hat unser Projekt aber zum Beispiel auf Jodel geteilt und da kam so: Das wird ja eh nichts, das rechnet sich gar nicht! Ich frag mich, wie derjenige darauf kommt! Ich glaube, jemand anderes hat auch gesagt, das braucht es nicht, weil es schon drei Bioläden gibt. Aber der Unterschied zu den Bioläden ist natürlich, dass wir keine Verpackung haben. Und dann kann man sich überlegen: Braucht es das vielleicht doch.
m.m: Ihr habt es ja eben schon angedeutet, aber warum wollt ihr genau in Greifswald dieses Geschäft eröffnen?
Esther: Also, wir wohnen gerade hier [lacht]. Und würden dann natürlich auch selber bei uns einkaufen gehen [lacht].
Philippe: Richtig, wir wohnen halt hier, wir finden’s schön hier, wir sind gerne hier. Uns ist auch wichtig, dass diese Bewegung vorangetrieben wird und sich mehr verbreitet. Wenn man mal schaut, wo es Unverpacktläden gibt, ist hier oben irgendwie voll das riesige Loch. Es gibt nur den in Rostock. Es braucht halt auch Leute, die das Ganze ein bisschen vorantreiben.
Esther: Das war eigentlich auch unsere ursprüngliche Motivation. Und ich wohne richtig gerne hier, ich find’s wirklich schön, und ich denke auch, dass wir erst mal hier bleiben. Vielleicht nicht für ganz immer, aber das sehen wir dann. Für die nächsten Jahre auf jeden Fall.
Obwohl inzwischen fast ein Dreivierteljahr vergangen ist, seitdem das Wort „Coronavirus“ unsere Schlagzeilen prägt, sind die Pandemie und die damit einhergehenden Konsequenzen immer noch allgegenwärtig. Vor allem kleine Unternehmen und Betriebe bekommen die Auswirkungen zu spüren. So auch das Greifswalder Küstenkind: Das Café, das Anfang 2018 von den Studentinnen Debora und Samin eröffnet wurde, hatte sich zu einem Treffpunkt für Studierende etabliert, um gemütlich einen Kaffee zu trinken und das Treiben auf der Langen Straße zu beobachten. Und dann plötzlich: Ladenschließung, Lockdown, Lieferservice. Wir haben beim Café Küstenkind nachgehakt, wie sie auf die Pandemie reagiert haben und wie sie heute mit der Situation umgehen. Das Gespräch mit Samin lest ihr hier.
moritz.medien: Am 22. März 2020 mussten offiziell alle Gastronomiebetriebe in Deutschland schließen. Wie lief das bei euch?
Samin: Wir haben ein bisschen früher geschlossen. Wir haben zwar versucht, alle Regelungen einzuhalten, die veröffentlicht wurden, aber der Druck auf Instagram war sehr hoch. Das ist völlig okay, aber das war das erste Mal, dass wir mit äußerem Druck konfrontiert wurden. Wir haben dann beschlossen, zu schließen, auch wenn das für uns mit Verlusten einherging.
m.m: Man hat in den umliegenden Ländern ja schon die verschiedenen Reaktionen auf das Virus beobachten können. Trotzdem haben einige Gastronomiebetriebe nicht mit der Schließung gerechnet. Inwiefern wart ihr auf die Schließung vorbereitet?
Samin: Das kam schon völlig aus dem Nichts. Der Montag war schon ein bisschen leer, da haben wir uns gedacht: „Wie wird das jetzt in der nächsten Zeit? Schaffen wir das jetzt von den Umsätzen, wenn das so ruhig bleibt?“ Am Dienstag (17. März, Anm. d. Red.) haben wir noch einen halben Tag gemacht und dann haben wir entschieden, dass das überhaupt keinen Sinn macht und haben zugemacht.
m.m: Wie war euer Vorgehen nach der Schließung?
Samin: Erst dachten wir, wir lassen einfach geschlossen. Wir arbeiten sowieso sehr viel, haben ein Studium nebenbei. Wir haben uns gedacht, vielleicht ist das jetzt mal die Möglichkeit, runterzufahren und auch mal was für einen selbst zu tun.
Zwei Tage später haben wir dann doch den Lieferservice aufgebaut. Irgendwas mussten wir machen, um die Mitarbeiter, die auf das Geld angewiesen sind, zu unterstützen. Wir haben auch recht viele entlassen müssen, aber mit einer Wiedereinstellungsklausel. Aber für diejenigen, die sich komplett selbst finanzieren, wollten wir etwas aufbauen, um weiter Gehälter zu zahlen – auch wenn es uns direkt nicht so viel gebracht hat.
m.m: Wie wurdet ihr noch unterstützt?
Samin: Wir haben das große Glück, dass wir ein extrem tolles Team haben, das von einem auf den anderen Tag eine Spendenaktion eingerichtet hat. Da waren wir total überwältigt, weil sie jeden Tag auf Instagram gepostet und erinnert haben. Da kam so viel Geld zusammen, knapp 2000€. Wir haben dafür gar nichts gemacht und die Küstenkinder haben sich so dahintergeklemmt und so einen Wirbel gemacht. Das war nicht nur finanziell eine Unterstützung.
Es war so bewundernswert, dass Leute, die gerade ihren Job verloren haben, so an dem Café und auch an uns hängen und ihr Geld abgeben, obwohl sie gerade gar keins verdienen. Das war phänomenal. Davon waren wir sehr gerührt und das hat uns total Mut gemacht. Wir wussten, es ist eine blöde Situation, wir müssen wie in der Gründungsphase arbeiten. Aber wenn man dann Leute hat, die einen unterstützen, fällt das wesentlich leichter.
Eine Erleichterung waren auch die Zuschüsse vom Staat. Die Summe hat unsere Ausgaben komplett gedeckt und unser Vermieter hat uns glücklicherweise einen Aufschub gegeben und alles, was man an Steuern zahlen musste, konnte man erstmal aufschieben und später abarbeiten.
m.m: Die ganze Situation hat euch bestimmt viel Kraft gekostet und ihr musstet viele Mitarbeitende entlassen. Habt ihr zwischendurch Angst gehabt, euer Café komplett schließen zu müssen?
Samin: Ja, uns hat sich die Frage gestellt: Wie viel Geld lohnt es sich, hier rein zu stecken? Wir beide studieren, ich bin dieses Semester überhaupt nicht zum Studieren gekommen. Ich möchte irgendwann mal fertig werden und dann in dem Job als Psychotherapeutin arbeiten. Wenn man irgendwann den Absprung vom Café schaffen will und nicht mehr hauptberuflich hier arbeiten möchte, muss man sich überlegen, wie viel man hier noch finanziell investieren möchte – das war die ganze Zeit im Hintergrund.
Wir hatten eigentlich ein extrem gut laufendes Unternehmen, das gut strukturiert war. Die Mitarbeiter waren so gut eingearbeitet, dass alles von alleine lief und wir müssen nicht mehr jeden Tag da sein. Durch die Umstände mussten wir plötzlich wieder 16 Stunden am Tag arbeiten und hatten gar kein Geld. Das war schon beängstigend, denn mit sowas rechnet man gar nicht. Das Verwirrende war, dass man gute Arbeit geleistet hat, gute Rückmeldung bekommen hat – das hat aber einfach keine Auswirkungen gehabt.
m.m: Wie hat sich die Pandemie sonst noch bemerkbar gemacht?
Samin: Witzigerweise war es eine Zeit lang ein großes Problem, Hefe zu bekommen. Da habe ich meine Mitarbeiter immer beauftragt, Ausschau zu halten und mir sofort Bescheid zu sagen. Das war absurd, denn das ist etwas, was man eigentlich selbstverständlich hat.
m.m: Euer Café ist inzwischen seit Anfang Mai wieder geöffnet. Habt ihr Unterschiede im Betrieb zu „vor Corona“ gemerkt?
Samin: Das war ganz lustig, weil Debora und ich da unterschiedlicher Meinung waren. Ich habe gedacht, die Leute trauen sich nicht und wir müssen nicht so viel vorbereiten und bestellen. Debora dachte, die Leute werden direkt den Laden stürmen.
Es hat zwei Tage gedauert, in denen alle ein bisschen abgewartet haben und geguckt haben, was die anderen machen. Die Leute waren dann aber wahrscheinlich auch dankbar, mal wieder rauszukommen. Nach zwei Tagen ging es los und wir kamen gar nicht hinterher. Die Hygienemaßnahmen sind natürlich ein größerer Mehraufwand und eine Aufgabe, die dazugekommen ist. Aber die Leute nehmen es dankend an.
Wir haben mehr Touristen hier, ganz Deutschland macht hier gerade Urlaub. Es war schon immer eine stark besuchte Zeit im Sommer, aber nicht in diesem Ausmaß. Wir haben bessere Umsätze als im Jahr vorher, obwohl wir weniger Tische haben.
m.m: Welche Hygiene-Maßnahmen habt ihr im Küstenkind getroffen?
Samin: Wir dürfen nichts mehr auf den Tischen stehen haben, was von mehreren Gästen gleichzeitig benutzt werden könnte, also Salz- und Pfefferstreuer oder Besteck, weil die jedes Mal desinfiziert werden müssten.
Wir wollten eigentlich immer ganz viel auf Plastik verzichten und jetzt haben wir laminierte Karten, weil es nicht anders geht. Wir hatten zwar mal mit QR-Codes auf den Tischen angefangen, leider ist das schwieriger als gedacht. Bei einigen Handys funktioniert es gut, manche Leute sind da affin, andere dafür eher nicht so. Deswegen geben wir wieder Karten raus und die müssen immer desinfiziert werden.
Die Leute dürfen sich nicht mehr mit mehreren Parteien an einen Tisch setzen, man darf sich keine Decken nehmen, keine Polsterkissen haben. Wir müssen unsere schönen Möbel mit Plastikfolie abdecken, weil alles desinfizierbar sein muss.
Man ist viel am Erklären, was die Regeln sind und warum wir das machen müssen. Da fühlt man sich manchmal ein bisschen belehrend.
m.m: Gibt es auch manchmal Probleme mit Kund*innen, die sich nicht an die Maßnahmen halten wollen?
Samin: Es gibt die klassischen Maskengegner, die einem dann passiv-aggressiv zu verstehen geben: „Ich verstehe sie nicht unter ihrer Maske, können Sie die bitte absetzen?“. Wir haben uns die Regel ja nicht ausgedacht, dass wir Maskenpflicht haben möchten und die ganze Zeit Desinfektionsmittel benutzen wollen – das Rumsprühen ärgert nämlich auch viele.
Da muss man dann erklären, dass das die Vorschriften sind und wir das ja für uns alle tun. Es sind Anweisungen vom Staat, und oft müssen unsere Kellner dann ertragen, dafür angegangen zu werden.
m.m: Wie würdet ihr mit einer zweiten Welle umgehen?
Samin: Ich würde sagen, wir reagieren dann entspannter. Wir wissen jetzt, was wir leisten können. Es würde wieder einen Lieferservice geben, aber in einem kleineren Rahmen. Wir haben das ganze Verpackungsmaterial, das würde jetzt schneller funktionieren. Wir haben Rezepte, das Menü steht, man kennt die Fahrtwege.
m.m: Was würdet ihr bei einem erneuten Lockdown anders machen?
Samin: Wir haben ja beim ersten Lockdown sehr breit reagiert und hatten erst jeden Tag geöffnet. Es ist wichtiger, sich nicht zu überarbeiten und nicht super gestresst zu sein. Klar, wenn sowas zu oft passiert, wird es schwierig. Auch für Mitarbeiter, die unsicher beschäftigt sind.
m.m: Was wünscht ihr euch von eurer Kundschaft, falls es erneut zur Schließung kommt?
Samin: Wir wünschen uns eigentlich gar nichts von unserer Kundschaft, wenn wir noch mal schließen würden. Wir wünschen uns jetzt, dass sich alle an die Regeln halten. Sowohl andere Gastronomen als auch unsere Kundschaft, damit das gar nicht erst nochmal passiert und soweit kommt. Es ist frustrierend, zu versuchen, alles richtig zu machen, wenn dann nicht an allen Stellen mitgearbeitet wird.
m.m: Was liegt euch sonst noch auf dem Herzen?
Samin: Wir sind super froh über die ganze Infrastruktur, die wir über die Zeit hatten. Dass uns so viel Verständnis entgegengebracht wurde, gerade von unseren Mitarbeitern, die eine Stütze waren und keine Forderungen gestellt haben. Wir sind dankbar, für jeden, der Geduld hat, dass wir gerade versuchen die Maßnahmen so gut es geht zu erfüllen.
Wir, die Redakteur*innen der moritz.medien, machen uns natürlich auch weiterhin Gedanken über unsere Umwelt und berichten daher in einem zweiten Teil unserer Nachhaltigkeitskolumne über weitere Themen, Tipps und Gedanken, damit ihr euer Leben (noch) nachhaltiger gestalten könnt.
Leckeres, frisches und ökologisches Gemüse aus der Region für die Menschen in der Region – das ist das Ziel der Gründer*innen von „WildeMöhre“.
Charlotte Zeigner und Benedikt Gerigk leben mit ihren drei Kindern in Tremt, einem kleinem Ort zwischen Greifswald und Stralsund. Angrenzend an ihren Hof soll das Solawi-Projekt „WildeMöhre“ umgesetzt werden. Solawi steht für „solidarische Landwirtschaft“, das heißt, die angebauten Lebensmittel werden nicht über den Markt vertrieben, sondern unter den Mitgliedern von „WildeMöhre“ aufgeteilt. „Solidarität bedeutet dabei für uns nicht nur das Teilen der Ernte sondern auch das Teilen des Anbaurisikos“, wird auf der Crowdfunding-Seite erklärt. Zusätzlich werden durch Projekte wie diesem bäuerliche und vielfältige Landwirtschaft gefördert und den Menschen ein neuer Erfahrungs- und Bildungsraum geboten.
Das Ziel der gemeinschaftlich organisierten Gemüsegärtnerei ist ökologischer, überschaubarer und fairer Anbau. „So leisten wir einen Beitrag für weniger weltweiten Transport, weniger Verpackung und weniger Lebensmittelverschwendung bei höchster Transparenzund leckerstem Gemüse in unseren Töpfen“, fassen die Gründer*innen zusammen.
Der Bodenaufbau wird natürlich und nachhaltig umgesetzt, denn das Gemüse soll im Freiland und in Folientunneln wachsen. Dort werden die Beete biointensiv genutzt, also weder intensiv bewässert, noch mit großen Maschinen umgepflügt. Stattdessen werden die Flächen mit Mulch und Kompost bearbeitet.
Damit das Projekt umgesetzt werden kann, starteten die Gärtner*innen im Juni eine Crowdfunding-Kampagne über Startnext. Mithilfe der geplanten 10.000€ sollen Folientunnel, Wildtierzaun, eine Einachsfräse und ein Lagerraum finanziert werden. Mit derzeit knapp 8.000€ ist das Ziel schon fast in greifbarer Nähe, noch bis zum 8. August kann gespendet werden.
Langfristig wünschen sich die Gründer*innen 2 ha Land für den Anbau, dafür stehen Verhandlungen mit unserer Universität und benachbarten Landwirtschaftenden aus. „Mit der WildenMöhre wollen wir hier in Vorpommern zeigen, wie ländliche Entwicklung funktionieren kann und wie eine nachhaltige Lebensmittelproduktion mit Mensch und Natur gelingt.“
In Anbetracht der Corona-Pandemie wurde das Fischerfest Gaffelrigg dieses Jahr bedauerlicherweise abgesagt. Zum Glück müssen wir trotzdem nicht ganz auf die Atmosphäre der sonst von etwa 50.000 Menschen besuchten Veranstaltung verzichten, denn ab morgen, dem 17. Juli 2020, sind zahlreiche digitale Angebote geplant.
Interessierte können sich ab Freitag nicht nur durch die Highlights der letzten Jahre in einer Bildergalerie klicken, sondern auch einem virtuellen Rundgang auf der Greif folgen. Weitere maritime Videos und der Ausblick aus dem Riesenrad sollen die Wartezeit auf das Fischerfest im nächsten Jahr verkürzen.
Für all diejenigen, deren Internet mal wieder Probleme macht, lädt ab Freitag eine reale (!) Bildergalerie in Wieck, insbesondere an der Wiecker Brücke, zum Staunen ein. Für diese rief das Fischerfest Gaffelrigg Kinder dazu auf, ihre schönsten Erlebnisse vom Fischerfest auf Papier festzuhalten. Die über 100 eingegangen Werke können wunderbar bei einem kleinen Spaziergang betrachtet werden und machen sicherlich Lust auf das Fest im nächsten Jahr.
Wer kurzzeitig dem Prüfungsstress und den näher rückenden Abgabefristen für Hausarbeiten entkommen möchte, kann unter den folgenden Seiten dem Geschehen des digitalen Fischerfests folgen und in Erinnerungen an vergangene Jahre schwelgen: