Die Frage nach den Grundrechten (1)

Die Frage nach den Grundrechten (1)

Das Landgericht Köln stellte im Mai in einem Urteil fest, dass es sich bei der religiösen Beschneidung um eine Körperverletzung handelt. moritz suchte in Greifswald nach verschiedenen Meinungen; den Anfang macht ein muslimischer Student:

 

Esam Al-Anwah (28), ist stellvertretender Vorsitzender des Islamischen Kulturzentrum Greifswald e.V.

Esam, hast Du die Debatte um das Beschneidungsurteil mitbekommen?
Ja, klar. Das kann ich nicht verstehen. Da soll eine Sache verboten werden, welche seit vielen Jahren gemacht wird. Wo ist da die Gerechtigkeit, wenn der Gesetzgeber kommt und unseren Glauben nicht mehr respektiert. Ein kleines Problem wird da groß geredet.

Habt ihr das Thema hier in der Moschee besprochen?
Nein, wir sind hier im islamischen Kulturzentrum, da machen wir uns keinen Kopf, da wir auch nur selbstorganisierte Studenten sind und keinen Imam haben. Uns interessiert das alles, aber als Thema wurde es bisher nicht angesprochen. Auch haben wir keine Familie und damit auch keine Kinder, deswegen ist es uns momentan nicht wichtig.

Wie siehst du die Diskussion?
Oft geht es bei der Beschneidung um die Sorge, dass nach der Entfernung der Vorhaut gesundheitliche Probleme auftreten. In den arabischen Ländern gibt es die Beschneidung seit über tausend Jahren. Wir haben niemals gehört, dass es nicht gut für die Kinder ist. Im Gegenteil, viele Studien haben gezeigt, dass es gut ist für die Gesundheit der Kinder und auch das HIV-Risiko ist niedriger; dies ist auch bestätigt durch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation. Auch ist es wichtig für die Sauberkeit und Reinlichkeit. Ich sehe ein Problem darin, dass in Deutschland und auch in den westlichen Ländern von Freiheit gesprochen wird und auch von der Freiheit von Kindern. Und bei der Beschneidung soll das Kind nun gefragt werden ob es das will oder nicht. Letztendlich gibt es aber viele andere Dinge, welche die Eltern, aber auch der Staat früh bestimmen, ohne die Kinder zu fragen. (mehr …)

Lohmanns Lunch

Es wird Oktober und Halloween steht vor der Tür. Auf einmal kann man sich gar nicht mehr vor diesem komischen orangen Gemüsezeug retten, das untrennbar mit diesem importierten „Feiertag“ verbunden ist. Von Halloween kann man halten, was man will, aber aus Kürbis kann man leckere Sachen machen zum Beispiel Kürbissuppe, und … äh…. Kürbissuppe und… ja, vielleicht, Kürbissuppe?

Dabei ist Kürbis eigentlich sehr vielseitig: Ob als Beilage oder als Snack, als Vorsuppe oder als Hauptgang, Kürbissamen zum Knabbern oder Kürbisöl im Salat, sogar Kürbisschnaps gibt es. Kürbis macht einfach immer eine gute Figur, und das im doppelten Sinne, denn er hat wenig Kalorien und viele Vitamine.

Ich möchte euch einen Weg abseits der ausgetretenen Pfade der Kürbissuppe zeigen: Gebackener Kürbis in Orangensauce.

Den Ofen auf 180° vorheizen, Kürbis entkernen, schälen und würfeln. Die Kürbisstücke mehrmals mit einer Gabel einstechen. Gewürze, Orangensaft und Honig vermischen und über den Kürbis gießen. Auflaufform mit Alufolie abdecken und für circa eine Stunde im Ofen backen, bis der Kürbis weich ist. Zusätzlich könnt ihr mit frisch geschlagener Sahne garnieren. Als Getränk passt dazu einfach alles, wonach euch der Sinn steht. Merket Kinder: „Schnaps geht immer!“ (Empfehlung von Metre de cuisine) Sofern ihr nicht die Gewürze kaufen müsst, solltet ihr mit 5 Euro auskommen.

Ihr braucht (fur 4 Personen):
2,5kg Kurbis
Saft von zwei großen Orangen
Eine Prise Salz
1,5 TL Zimt
1 TL Piment (aus dem
Gewurzregal)
1 EL Honig (am besten flussig)
2 EL brauner Zucker

mit Erik Lohmann // Fotos: Milan Salje

Zerfall und Abriss einer Stadt

Im Pommerschen Landesmuseum wird von Oktober bis Ende Januar eine Ausstellung mit Architekturfotografien von Robert Conrad gezeigt. Er dokumentiert eine bewegende und traurige Zeit für die Greifswalder Bürger in den 80er Jahren.

Blick von der Fleischerstraße zur Bachstraße um 1987

Der Schulweg des Fotografen Robert Conrad veränderte sich zunehmend und bald stand für ihn fest, dass das nicht mehr sein Greifswald ist, wie er es kennt. In den 70er Jahren begannen die Abrissarbeiten, die er live erlebte und bald musste Conrad feststellen: „Von der Hafenstraße aus über die Bachstraße hinweg, entlang der Roßmühlenstraße und die Knopfstraße hinauf war die Stadt verschwunden.

Auch dahinter fehlten inzwischen ganze Blöcke, so dass meine alte Schule mit ihrer Turnhalle und ein einzelnes Giebelhaus nun wie Inseln inmitten der von schweren Baumaschinen planierten Freiflächen standen.“ Im Laufe der Nachkriegszeit wurde größtenteils nicht mehr in die Instandhaltung von Häusern investiert. Ganze Städte zerfielen nach und nach. Oftmals sollten die Innenstädte sich einfach selbst überlassen werden und es wurde günstig und effektiver neu gebaut. Dazu gab es verschiedene und utopische Großprojekte aus den 70er Jahren. (mehr …)

moritz 99 – Juni 2012 Müll Mahlzeit

moritz 99 – Juni 2012 Müll Mahlzeit

Schaut euch an!


Hallo, liebe moritz-Leser und Leserinnen,
„Face to Face – Paving the way to a nonviolent society“ – unter diesem Motto stand das diesjährige GrIStuF-Festival. Zum Greifswald International Students Festival kamen über 100 junge Menschen aus 26 Ländern und nahmen an acht Workshops rund um das Thema „Gewalt“ teil. Und ich mittendrin.

Gemeinsam mit den drei moritz-Redakteuren Johannes, Felix und Ole habe ich den Workshop „Violence in the media“ organisiert und geleitet. Wie wird Gewalt in den Medien dargestellt? Wie können Medien Gewalt auslösen und ausüben? Warum üben Krimiserien so eine große Faszination aus? Diese und andere Fragen standen im Diskussionsmittelpunkt. Unsere Workshop-Teilnehmer stammten aus Weißrussland, der Ukraine, Indonesien, Thailand und Tunesien. Ich fand es sehr interessant zu erfahren, wie frei sie ihre Medien oder wie groß sie deren Einfluss auf die Politik und Gesellschaft einschätzten.

Besonders spannend war für mich, als die beiden Tunesier ihre Erlebnisse rund um den Arabischen Frühling mit uns teilten. In Tunesien ging es im Vergleich zu Ägypten noch recht ruhig zu. Die Medien seien nun nicht mehr so stark kontrolliert; auch werde viel mehr gezeigt. Aber die sozialen Medien wie facebook und Twitter hatten wirklich großen Einfluss – und haben ihn immer noch, was einer der Tunesier eher kritisch sieht.

Die Teilnehmer aus Thailand und Indonesien waren der Ansicht, dass ihre Medien frei wären. Das überraschte mich, war ich doch der Meinung, dass die staatliche Kontrolle deutlich größer sei. Jedoch machten die Thailänderinnen auch gleich wieder eine Einschränkung: Man dürfe den König nicht kritisieren. Ansonsten könne man sich aber im Internet zum Beispiel frei bewegen.

Bereits zum sechsten Mal fand GrIStuF statt. Tagsüber gab es viel Trubel in den Workshops, abends war viel Trubel auf den vielen Festen und Feten: Running Dinner, Fête de la musique oder Meeting of the Continents waren einige der abendlichen Veranstaltungen. Entspannend war es da, nachts bei einer Tasse Tee in der Küche zu sitzen und den Erlebnissen meines russischen Schlafgasts zu lauschen.

Ab und an war auch ein Abstecher in die Redaktion drin, schließlich musste das Heft 99 fertig gestellt werden, damit ihr es, liebe Leser und Leserinnen, rechtzeitig in den Händen haltet. Ich wünsche euch viel Spaß beim Durchblättern, Schmökern und Rätseln!

Katrin Haubold

Das komplette Heft als pdf könnt ihr hier herunterlesen, einzelne Artikel wie immer auch direkt online lesen und kommentieren.

TITEL Festmahl aus der Tonne

Man kennt es als Containern, Dumpstern oder Mülltauchen, doch was hat es mit diesem Trend auf sich und wie lässt es sich in Greifswald containern? Rumpel aus der Sesamstraße hat‘s vorgemacht und moritz nachgefragt.

Aus dem Müll auf den Tisch

Beim Containern handelt es sich allgemein gesehen um die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel. Dabei tendiert die Bewegung dazu, Mülltonnen von Supermarktketten zu durchforsten und die noch verwendbaren Lebensmittel herauszufischen. Der aus den USA kommende Trend ist auch in unserer Hansestadt angekommen. moritz wurde von Lias (Name von der Redaktion geändert), einer Dumpsterin, berichtet, dass es in Greifswald schätzungsweise zehn bis fünfzehn Gruppen gibt. Diese bestehen aus je vier bis fünf Personen und durchforsten immer zu später Stunde die Mülltonnen.

Doch wie genau fühlt man sich selbst, wenn man des Nachts Mülltonnen nach Essbarem durchwühlt? Sobald die Tonne geöffnet wird und einem ein säuerlicher Geruch in die Nase steigt, spürt man eine wachsende Spannung. Es ist alles noch dunkel. Erst wenn die Taschenlampen das Tonneninnere erleuchten, enthüllt sich das Geheimnis: Ein Berg voller Snacks an Obst- und Gemüsebeilagen gepaart mit Milchprodukten, die seit einem Tag abgelaufen sind, kommt zum Vorschein. Das große Wühlen beginnt, am Anfang ziemlich gehemmt und scheu, später wird die Tonne immer beherzter umgegraben. Mit einem Ohr immer nach verdächtigen Geräuschen lauschend, füllt man seine Supermarkttüten. Wenn alles gesichtet wurde, steigt man schnell auf sein Fahrrad und je nachdem, wie ergiebig die Beute war, heißt es ab zum nächsten Container oder nach Hause. Dort wird alles gesäubert, auf dem Tisch wie ein wahres Festmahl ausgebreitet und gerecht aufgeteilt, ein bisschen so wie Erntedank. (mehr …)

TITEL Ohne BIO, ohne mich!

Inosinat, Guanylat, Maltodextrin – das sind typische Zutaten einer Tütensuppe. Dass es auch ohne Zusatzstoffe geht, zeigen Lebensmittelgemeinschaften wie NaMiKo. Ob frisches Brot oder selbstgemachtes Pesto, hungrig bleibt hier niemand.

Entschleunigen“ prangt in großen Buchstaben auf dem weißen Stofftransparent, das quer über das verwahrlost wirkende Haus gespannt ist. Rosafarbene Plastikblumen und in die Wand eingelassene Glas- und Keramikscheiben verschönern den Eingang. Kleine Käfer, die auf die steinernen Stufen gemalt wurden, führen zur Eingangstür hinein, die wohl einmal in einem kräftigen Blauton geleuchtet hat. In diesem renovierungsbedürftigen Haus befinden sich unter anderem die beiden Lagerräume der Nahrungsmittelkooperative, auch NaMiKo genannt.

NaMiKo ist neben dem Food Coop im Ikuwo die zweite Lebensmittelkooperative in Greifswald. Der Begriff „Food Coop“ wurde von dem englischen Wort ‚food cooperative‘ abgeleitet und bezeichnet Zusammenschlüsse von einigen Menschen, die ihr Essen direkt vom Erzeuger beziehen. Statt im Supermarkt Fertiggerichte mit fragwürdigem Inhalt oder überteuerte Bioprodukte zu kaufen, kümmern sich Food Cooper selbst um ihre Nahrungsmittelbeschaffung. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten; die häufigsten Varianten sind Mitgliederläden, Bestellfoodcoops und Lagerfoodcoops. Bei einem Mitgliederladen wird von Food Coopern ein Laden mit angestelltem Personal betrieben, die die Ware verkaufen, wohingegen Bestell- und Lagerfoodcoops lediglich gemeinsam bestellen beziehungsweise ein gemeinsames Lager unterhalten. (mehr …)