Inosinat, Guanylat, Maltodextrin – das sind typische Zutaten einer Tütensuppe. Dass es auch ohne Zusatzstoffe geht, zeigen Lebensmittelgemeinschaften wie NaMiKo. Ob frisches Brot oder selbstgemachtes Pesto, hungrig bleibt hier niemand.

Entschleunigen“ prangt in großen Buchstaben auf dem weißen Stofftransparent, das quer über das verwahrlost wirkende Haus gespannt ist. Rosafarbene Plastikblumen und in die Wand eingelassene Glas- und Keramikscheiben verschönern den Eingang. Kleine Käfer, die auf die steinernen Stufen gemalt wurden, führen zur Eingangstür hinein, die wohl einmal in einem kräftigen Blauton geleuchtet hat. In diesem renovierungsbedürftigen Haus befinden sich unter anderem die beiden Lagerräume der Nahrungsmittelkooperative, auch NaMiKo genannt.

NaMiKo ist neben dem Food Coop im Ikuwo die zweite Lebensmittelkooperative in Greifswald. Der Begriff „Food Coop“ wurde von dem englischen Wort ‚food cooperative‘ abgeleitet und bezeichnet Zusammenschlüsse von einigen Menschen, die ihr Essen direkt vom Erzeuger beziehen. Statt im Supermarkt Fertiggerichte mit fragwürdigem Inhalt oder überteuerte Bioprodukte zu kaufen, kümmern sich Food Cooper selbst um ihre Nahrungsmittelbeschaffung. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten; die häufigsten Varianten sind Mitgliederläden, Bestellfoodcoops und Lagerfoodcoops. Bei einem Mitgliederladen wird von Food Coopern ein Laden mit angestelltem Personal betrieben, die die Ware verkaufen, wohingegen Bestell- und Lagerfoodcoops lediglich gemeinsam bestellen beziehungsweise ein gemeinsames Lager unterhalten.

Die ersten Lebensmittelkooperativen entstanden Ende der 70er Jahre. Als mögliche Gründe werden die sozialen Umweltbewegungen, unter anderem durch die Grünen, sowie der Mangel an Bioprodukten im Supermarkt gesehen. Viele Menschen fingen deshalb an, sich eigenständig um die Beschaffung ihrer Lebensmittel zu kümmern. Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Lebensmittelkooperativen“ schätzte im Jahr 2000 die Anzahl der Bestellgemeinschaften in Deutschland auf 2 000 und die Zahl der Lagerfoodcoops auf 250. Das Ziel der Food Coops ist die Versorgung mit ökologisch angebauten Lebensmitteln, die nicht mit Pestiziden behandelt wurden, und die Förderung der regionalen Kleinbauern. Mittlerweile wird auch der FairTrade-Handel vermehrt unterstützt und gestärkt.

Kartoffeln direkt vom Bauern

Die Lebensmittelgemeinschaft NaMiKo wurde 2006 ins Leben gerufen. Ihr gemeinsames Warenlager in der Grimmer Straße 2 wird durch einen Mitgliedsbeitrag von fünf Euro pro Monat finanziert und einer einmaligen Einlage von 25 Euro. In den zwei kleinen Räumen, die als Lager dienen, findet man alles, was das Herz begehrt. Kartoffeln, selbstgemachtes Pesto und Honig, sowie Mohrrüben, Spargel und Äpfel direkt vom Bauern. Lediglich Brot und Milch müssen vorbestellt werden. Auch exotische Früchte wie Bananen bietet NaMiKo für seine Mitglieder an. Natürlich wird die Umweltbelastung durch den Transport der Güter nicht verringert, wenn man statt zum Supermarkt zur Lebensmittelkooperative geht.

Zulieferer sind hauptsächlich regionale Bauern, Einzelpersonen und BIO-Großhändler wie Antakya, der Weltladen, Thomas Steger oder Biofrisch. „Es gibt aber auch die Möglichkeit, seine eigene ,Produktion‘ anzubieten. Also wenn ich jetzt Bärlauch pflücke und dann Bärlauch-Pesto daraus mache, kann ich das als Mitglied auch für die anderen anbieten“, erklärt Svenja Groy, die seit 2011 bei der Nahrungsmittelkooperative tätig ist. Sie ist eines der 56 Mitglieder von NaMiKo. Die Idee einer eigenverantwortlichen und umweltbewussten Lebensmittelbeschaffung verbindet die Mitglieder über Altersgrenzen hinweg. Sowohl Rentner, Familien als auch Studenten beziehen über NaMiKo ihre Lebensmittel.

Jeder ist verantwortlich

Die Gründe dafür können unterschiedlich sein; der erste wäre die umweltbewusste Ernährung durch rein biologische Ware ohne Schadstoffe. Deswegen hat jedes Mitglied auch die Möglichkeit, direkt auf die Bauernhöfe zu fahren, um sich dort vor Ort von der Qualität der Lebensmittel zu überzeugen. Ein weiterer Aspekt ist die Förderung der Kleinbauern in Mecklenburg-Vorpommern, wie der Finkhof oder der Alte Pfarrhof. „Außerdem bietet die NaMiKo einen guten Raum, selbst Verantwortung zu übernehmen“, nennt Svenja einen dritten Grund. Denn hierarchische Strukturen werden von Food Coops meist grundsätzlich abgelehnt, stattdessen werden Entscheidungen basisdemokratisch diskutiert. „Wie haben keinen Vorsitzenden oder so etwas, sondern wir treffen alle Entscheidungen gemeinsam im Plenum“, betont die 24-jährige Philosophiestudentin. Dementsprechend sollte man, wenn man Mitglied werden möchte, Spaß daran haben, Verantwortung zu übernehmen.

Große Nachfrage bei den selbstgemachten BIO-Produkten

Vom Bestellvorgang über das Auspacken bis hin zum Putzen ist alles in unterschiedliche Arbeitsgruppen eingeteilt, die von den Mitgliedern besetzt werden müssen. „Bei uns ist jeder mitverantwortlich. Wenn wir neue Mitglieder bekommen, dann werden sie zum Beispiel erst mal vom Schulungsdienst eingewiesen, damit sie wissen, wie das alles funktioniert. Außerdem haben wir einen Ausgabedienst, einen Kassendienst und einen Frischebestelldienst“, zählt die Studentin auf. Sie selbst ist für den Weltladendienst verantwortlich. Ihre Aufgabe besteht darin, FairTrade-Produkte für die Mitglieder bereitzustellen. Zu den Öffnungszeiten können Mitglieder ihre Produkte abholen und Interessierte vorbeikommen. Allerdings ist nur an bestimmten Tagen geöffnet, da die Mitglieder die Produktionsausgabe selbst übernehmen. Deshalb kann es auch vorkommen, dass das Lager an manchen Tagen unbesetzt ist.

Ein großer Pluspunkt ist aber der Preis. „Da man die Produkte direkt vom Erzeuger oder Biogroßhandel bekommt – ohne weiteren Zwischenschritt – ist das natürlich auch günstiger“, sagt Svenja und fügt hinzu: „Ich finde es gut, dass ich selbst bestimmen kann, welche Produkte ich konsumiere und dass sich jeder einbringen kann. Deswegen mag ich dieses offene Konzept von NaMiKo.“

Ein Bericht von Sabrina von Oehsen