Wie ergeht es einem Volk, das seine eigene Sprache nicht sprechen darf? Welche Auswirkungen hat dieser Umstand auf seine Kultur, auf seine Bildung? Und was heißt eigentlich Unterdrückung?Die letzte Frage bewegte Landschaftsökologiestudent Malte, 26 Jahre alt, besonders – und ging am vergangenen Donnerstag spontan zum Vortrag „Bildung und Sprache – Menschenrechte, die verletzt werden“ im IKuWo.
Im Zusammenhang mit den entwicklungspolitischen Tagen wurde die Veranstaltung von der Save-me-Gruppe organisiert. Etwa 50 Gäste lauschten den Ausführungen von Feryad Fazil Omar. Der Präsident des Instituts für Kurdische Studien Berlin e.V. zeigte am Beispiel des Kurdischen Volkes, wie sich Sprechverbote äußerten. „Wir haben hier ein spannendes Thema“, sagte er, am Overheadprojektor stehend, eine Folie des Nahen Osten auflegend.
Verzicht auf die eigene Sprache
Feryad Fazil Omar vom Instituts für Kurdische Studien Berlin e.V.
Zunächst widmete sich der Dozent für kurdische Sprache, Literatur und Geschichte (Freie Universität Berlin) der kurdischen Sprachgeschichte. Es ist eine Sprache, die allgemein zu den indoeuropäischen Sprachen zähle und die Sprache eines Volkes, dass in vielen Staaten lebe. „Bereits im siebten Jahrhundert, im Zusammenhang mit der Islamisierung“; erläuterte Omar, „ bildete sich mit dem Arabischen eine neue Schriftsprache aus. Das kurdische Volk musste auf einen Teil seiner Identität, nämlich seine Sprache, verzichten.“ Diese Entwicklung zog sich durch die Jahrhunderte und die weitere Geschichte des Kurdischen Volks. Neben dem historischen lieferte der Wissenschaftler auch einen geographischen Überblick.
Wie der Staatsfeind Nummer 1
Feryad Fazil Omar zeigte anschließend in den Ländern, in denen heute viele Kurden leben, Missstände auf. Beispielsweise sähen die Perser, dass Kurdische nur als einen Dialekt der persischen Sprache an. Im Irak, wo die Schriftsprache Arabisch vorherrscht, darf in der Schule bis zur sechsten Klasse in der Muttersprache unterrichtet werden. Danach galt es, Arabisch zu lernen. „Du hast sehr früh gemerkt, dass du unterdrückt wirst und deine Sprache unerwünscht ist“, betont Omar. Es gebe zwar vereinzelt kurdische Publikationen von Intellektuellen, doch seien auch politische Verfolgungen nicht ausgeschlossen. Einen thematischen Schwerpunkt seiner Ausführungen legte der Sprachwissenschaftler auf die Türkei und Syrien. So werden Kurden in der Türkei als „Bergtürken“ bezeichnet. In Syrien leben etwa 200.000 Kurden – ohne Pass. „Die werden wie der Staatsfeind Nummer eins behandelt“. Omar verlieh seinen Worten gelegentlich Nachdruck, er erläuterte sehr leidenschaftlich.
In seinem einstündigen Vortrag weist er neben den Problemen auch auf vereinzelte Lichtblicke hin, beispielsweise einen neuen türkischen Fernsehsender, der in kurdischer Sprache sendet. Anschließend hatte das Publikum die Gelegenheit, noch einige Fragen zu stellen. Die Erwartungen vom Landschaftsökologiestudent Malte wurden erfüllt. Er wollte mehr über die Hintergründe erfahren. „Es war viel Historie und letztendlich erhellend, wie die Situation der Kurden im Nahen Osten ist“, äußerte er.
Im Rahmen der Entwicklungspolitischen Tage in Greifswald findet am 5. November um 20 Uhr im Internationalen Kultur- und Wohnprojekt (IKuWo) (Goethestraße 1) eine Vortragsabend mit dem Linguisten und Historiker Feryad Fazil Omar statt. Omar spricht über die Unterdrückung ethnischer Minderheiten am Beispiel der kurdischen Bevölkerung in der Türkei in Syrien und im Iran.
Feryad Fazil Omar
Der Referent ist Präsident des Instituts für Kurdische Studien Berlin e.V. und Dozent für kurdische Sprache, Literatur und Geschichte an der Freien Universität Berlin.
In der Pressemitteilung heißt es:
Überall auf der Welt werden Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit unterdrückt – trotz gesetzlichen Minderheitenschutzes. (…) Doch was passiert mit den Kognitionen eines Volkes, das die eigene Sprache nicht sprechen, die eigenen Feste nicht feiern und die eigenen Geschichten nicht aufschreiben darf? Wie wirkt sich dieser Umstand auf die Bildung und damit auf die Sprache aus? Der Vortrag soll den Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und der kurdischen Sprache und Bildung sichtbar machen.
Im Rahmen der Entwicklungspolitischen Tage in Greifswald findet am 4. November im Literaturzentrum Vorpommern (Bahnhofstraße 4) eine Lesung mit dem Historiker und Publizisten Alexander Bahar statt. Bahar liest dabei aus seinem Buch „Auf dem Weg in ein neues Mittelalter?“. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.
Alexander Bahar
Der iranischstämmige Autor, der in Freiburg und Frankfurt studierte, legt in seinem im April erschienen Buch eine umfassende Gesamtbetrachtung des Themas vor – historisch, international und bezogen auf die aktuellen Anlässe.
In der Pressemitteilung heißt es:
Wird die Würde des Menschen antastbar? Das Folterverbot ist eine der größten Errungenschaften der Zivilisation. Dennoch scheinen Folter sowie gewaltsame Verhörmethoden leider erneut Einzug in die Sphären der Politik zu halten.
(…) Auch in Deutschland wird die Folter wieder zum Teil befürwortet. Selbst mancher seriöser Jurist oder Politiker hält sie „unter bestimmten Umständen“ für anwendbar. Das absolute Folterverbot, das jahrzehntelang die Basis des Rechtsstaats bildete, wird mehr und mehr untergraben.
Am kommenden Mittwoch, dem 4. November zeigt der Verein „Greifswalder Internationales Studentenfestival“ (GrIStuF) noch einmal den Film „Die Todesreiter von Darfur“ von Ricki Stern und Anne Sundberg. Die Vorführung beginnt um 19 Uhr im Cinestar in der Dompassage und kostet einen Euro Eintritt. die Veranstaltung wird gefördret von der Rosa – Luxemburg – Stiftung.
Flyer zur Veranstaltung. - Klick zum Vergrößern.
Bereits letzte Woche fand die traditionelle Filmvorführung von GrIStuF statt, der große andrang sorgte jedoch dafür dass viele Interessierte nicht mehr eingelassen werden konnten. Nun gibt es also eine zweite Chance für alle, die den Film beim ersten Mal nicht sehen konnten und auch für die, die jetzt erst davon erfahren!
Der Film aus dem Jahr 2007 beschäftigt sich mit dem anhaltenden Darfur-Konflikt im Sudan und orientiert sich am gleichnamigen autobiografischen Buch von Brian Steidle: Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst fliegt Steidle als Militärbeobachter der „Afrikanischen Union“ nach Darfur in den Sudan. Er muss mit ansehen, wie im Auftrag der dortigen Regierung ein systematischer Völkermord betrieben wird. Dörfer werden niedergebrannt und deren Einwohner vergewaltigt, als Geiseln genommen, bei lebendigem Leibe verbrannt oder erschossen. Doch er darf als Militärbeobachter nicht eingreifen. Frustriert kehrt er in seine Heimat zurück und schafft es, eine Protestbewegung ins Leben zu rufen, die auch die Regierung zur Kenntnis nehmen muss.“ Die beiden Regisseurinnen und Autorinnen Ricky Stern und Annie Sundberg haben ein aufrüttelndes Dokument über Hass, Blindheit und Menschenverachtung geschaffen.
Am 31. Oktober stieg einmal mehr die größte Studentenparty des Nordostens – die Clubs-u-night in Greifswald. Als Kooperationsparty der fünf Studentenclubs (Mensa, Kiste, C9, Geographen- und Geologenkeller) zog die Veranstaltung viele hunderte Besucher in die Mensa am Schießwall. Neben der Greifswalder Band Double OCC traten Lex Alex Contrax, Budzillus und Nemo als Live-Acts auf. Unser Podcast und die Foto-Galerien sollen euch einen Eindruck von der Veranstaltung geben oder auch ein paar Erinnerungen an den letzten Abend wecken.
Gestern wurde die Nachspielzeit des „18. dokumentART“ Filmfests im kleinem Kreis vom Leiter Klaus Charbonnier, von Claudia Heinicke aus der Studenten-Jury Greifswald und Peter Heibing, einem Vertreter der Findlings-Jury im St. Spiritus in Greifswald eröffnet. Die „dokumentArt“ ist ein deutsch-polnisches Filmfestival, bei dem vom 16.10. – 21.Oktober 54 Filme aus 11 verschiedenen Ländern parallel in Neubrandenburg und Stettin präsentiert und mit Preisen dotiert wurden. Am Samstag und Sonntag wird eine Auswahl im Greifswalder Cinestar und im St. Spiritus gezeigt.
Logo der Veranstaltung
Für einen kleinen Einblick wurden gestern drei Preisträger vorgestellt, die durch ihre Verschiedenartigkeit in Thema und Umsetzung die Vielfalt des Stilmittels Dokumentarfilm zeigten: Der Gewinner des Publikumspreis des Norddeutschen Rundfunks (NDR): „Man stirbt“ (Dtl 2009), der Favorit der des Studentenwerkes Greifswald: „Odd’s Odds“ (Norwegen 2009) und Preis des Marschalls-Gewinner, der im Zeichen der Verständigung verschiedener Völkergruppen verliehen wird: „The Tale of Nicolai and The Law of Return“ (Israel 2008).
Über den normierten Todesfall, die Einsamkeit eines Lebens und das absurde Glück des Schicksals
"Man stirbt" erhielt den Publikumspreis des NDR
„Man stirbt“ nimmt durch die Inszenierung mit Laiendarstellern einen Sonderstatus ein und zeigt vor einem weißen Hintergrund, der nur durch die Protagonisten und sparsamen Equipment gefüllt wird, den Ablauf eines durchschnittlichen Todesfalls in unserem Staat. Dabei liegt der Charme des Films in der Komik und dem Kopfschütteln, welches er durch das Aufzeigen des Umgangs mit dem Tod als Geschäftsroutine vermittelt, wenn z.B. von normierten Vollholzsärgen mit saugfähiger Matratze und vorgedruckten Trauerkarten die Rede ist.
Bezeichnend für den zweiten Film ist eine Szene, in der die schwarze Silhouette des Hauptdarstellers bei einem Nachtspaziergang, nachdem sie sich anfangs von dem weißen Schneehintergrund abgehoben hat, mit dem Dunkel der Nacht verschmilzt.
Die norwegische Dokumentation „Odd’s Odds“ über das erfolglose Leben und den ebenso erfolglosen Selbstmordversuch eines Mannes, der ein farblos gewordenes Leben in der Monotonie der Einsamkeit und des Rückzugs führt, besticht durch seine vollkommene Schlichtheit in der Umsetzung. So konzentriert sich der Film auf die bloße, unkommentierte Beobachtung des Protagonisten.
Der dritte Film „The Tale of Nicolai and The Law of Return“ zeigt die absurde Wendung im Leben des rumänischen Arbeiters Nicolai, der nach Tel Aviv auswandert, in der Hoffnung so für seine Familie Geld zu verdienen. Durch Zufall erfährt er vom „Law of Return“, das in Israel herrscht und besagt, dass jede Person, die mindestens einen Großelternteil jüdischer Abstammung hat, das Recht zur Immigration besitzt. Umgesetzt wurde das letztendlich glückliche Schicksal des bis dahin ausgenutzten und von der Familie getrennten Arbeiters in einem fremden Land durch Ausschnitte auf seinem Lebensweg unterlegt mit humoristischen Kommentar.
Das Beste des Filmfestivals heute und morgen in Greifswald
In den nächsten Tagen werden im Cinestar Greifswald vier Blöcke mit jeweils 3-5 der Dokumentarfilme für jeweils 6€ Eintritt laufen. So z.B. „Urlaub vom Frieden“, der Gewinner des Findlings-Preises und der nach Peter Heibing ein sehr streitbarer Film über einen österreichischen Söldner in Jugoslawien sei, der präzise, aber in einer beeindruckend unreflektierten Art über seine dortigen Kriegserlebnisse berichte. Der Abschluss am Sonntag wird wieder um 20 Uhr im St. Spiritus stattfinden und u.a. den den Film „fleur et couteau“ zeigen. „Das ist ein Film, der das Publikum gespalten hat“, so Klaus Charbonnier. „Für die einen ist er Meisterwerk des Dokumentarfilms, die anderen wissen mit ihm nichts anzufangen.“
Ein Dokumentarfilm ist kein Spielfilm, bietet aber gerade auf Grund seines Stils die Möglichkeit, sich auf die Protagonisten und ihre Geschichten einzulassen. Wer also interessiert an einem Einblick in andere Lebenswelten ist, der findet hier das Programm der dokumentART und die genauen Kinozeiten.
Mehr Infos zu den einzelnen Filmen und Preisträgern auf der Homepage der dokumentART: