Das Greifswalder Festival rund um nordische Kultur, das alljährlich im Mai Leben in die Stadt bringt, findet in diesem Jahr in den Wohnzimmern statt – COVID-19 hat auch den Nordischen Klang ins digitale Abseits gedrängt. Am 8. Mai fand die Eröffnungszeremonie auf YouTube statt.
Jeden Mai stellen sich in Greifswald Künstler*innen aus dem Norden Europas vor. Die Ausstellungen, Filmvorführungen und Konzerte locken zahlreiche Besucher*innen in die Stadt. Wegen der aktuellen COVID-19-Pandemie können die Veranstalter*innen in diesem Jahr das Festival nur digital ermöglichen. Von den ursprünglich Eingeladenen beteiligen sich zur Zeit etwas über die Hälfte mit eigenen Beiträgen. Einige schicken Grußworte, andere, wie zum Beispiel Rosa Cruz, spielen exklusive Konzerte ein. Durch den Wegfall der Tickets brechen nicht nur dem Festival wichtige Einnahmen weg, sondern auch den gebuchten Künstler*innen. Für die exklusiven Konzerte bekommen sie zwar immer noch etwas, allerdings „eher eine Aufwandsbeschädigung“ wie Prof. Dr. Pantermöller von der Festivalleitung erklärt. Immerhin bekommen durch die Onlineperformance alle Aufmerksamkeit, Künstler*innen wie Festival. Die Festivalleitung hofft durch die extensive Nutzung aller Kanäle auf eine größere Reichweite, die sich dann auch nachhaltig ins folgende Jahr überträgt. Der erwartete höhere Lokaltourismus im folgenden Jahr könnte deswegen zu mehr Besucher*innen beim 30-jährigen Jubiläum des Nordischen Klangs 2021 sorgen. Einige der für 2020 gebuchten Künstler*innen wurden direkt für 2021 wieder eingeladen. Die Organisation arbeitet zur Zeit noch daran, zwei Konzerte im Herbst nachzuholen. Welche das sind und wann genau die stattfinden können, ist noch nicht sicher. Da die Flugsituation noch lange nicht absehbar ist, können keine Künstler*innen eingeflogen werden. Wer kommt, muss daher über den Landweg anreisen können.
Programm in Evolution
Einige Programmpunkte wurden bereits seit Beginn des Monats online gestellt. Der Schwerpunkt der Beiträge wird aber vom 8. bis zum 17. Mai bleiben. Am 8. Mai um 18.00 Uhr hatte auf YouTube die Feierliche Eröffnung Premiere. Alle ursprünglich eingeplanten Redner*innen sind dabei geblieben und haben ihren Beitrag geleistet. Im Anschluss gab es dänischen Jazz. Dänemark ist in diesem Jahr „Schirmherrenland“ und wurde zusätzlich am Freitag durch die Swingbassistin Ida Hvid vertreten. Es gibt aber schon fest eingeplante Pop- R&B- Folk- Jazz oder Funkkonzerte. Darüber hinaus wird es auch Fotostrecken, Rezepte, Poesie, einen Podcast, Filme und eine DJ-Nacht geben. Es lohnt sich immer ein Auge auf die Webseite und die sozialen Medien des Nordischen Klangs zu haben. „Es gibt immer wieder auch positive Überraschungen“ erzählt Pantermöller. Künstler*innen, die ursprünglich keinen Beitrag einspielen konnten, kommen spontan zurück ins Programm. Neben den Beiträgen auf YouTube, Facebook, Twitter und Instagram gibt es auch einen Blog mit Hintergrundberichten.
Von Stand zu Stand bummeln wird dieses Semester leider nicht möglich sein, trotzdem soll auch dieses Jahr wieder ein Markt der Möglichkeiten stattfinden – und zwar online.
Auf dem Markt der Möglichkeiten können Studierende – ob neu in Greifswald oder nicht – mit studentischen Vereinen und Organisationen in Austausch treten. Normalerweise werden hier von den Vereinen Sekt oder Shots verteilt, Sticker unter die Leute gebracht und locker am Stand geschnackt. Ganz so wird es in diesem Jahr nicht ablaufen. NOVA hat gemeinsam mit Capufaktur und dem AStA für dieses Jahr einen virtuellen Markt der Möglichkeiten auf die Beine gestellt.
Morgen, am Donnerstag den 7. Mai von 15 bis 17 Uhr könnt ihr euch einen Überblick über die studentischen Angebote verschaffen. Über diesen Link gelangt ihr auf den digitalen Marktplatz. Von dort aus habt ihr die Möglichkeit, verschiedene virtuelle Räume zu betreten. Hier stellen sich die 30 unterschiedlichen Organisationen per Video vor und währenddessen könnt ihr im Chat Fragen stellen. Vielleicht trefft ihr hier ja auf einen Verein, dem ihr beitreten wollt oder eine Institution, die euch schon länger interessiert hat. Und das ganz entspannt vom Sofa aus.
Heute ist es wieder soweit. Wir haben den 8. März. Weitläufig bekannt unter Frauentag, Weltfrauentag, Frauenkampftag oder wie ich am liebsten sage: Internationaler Frauen*kampftag (denn der Klassenkampf ist noch immer international und intersektional). Das sind meine Gedanken für alle Feminist*innen und die, die es vielleicht noch werden wollen und denen es nicht ausreicht, einmal im Jahr zum 8. März ihr T-Shirt mit dem Aufdruck ,,feminist‘‘ zu tragen.
Bekanntlich sind wir mittlerweile im Jahr 2020 angelangt, doch in vielen Köpfen schlummern noch oder schon wieder die Gedanken aus dem 20. Jahrhundert. Angela Merkel ist gefühlt schon so lange Kanzlerin, wie ich am Leben bin, und diese Tatsache wird von vielen Wikipedia-Artikel-Feminist*innen schon für einen großen Erfolg gehalten. Aber fangen wir von vorne an. Was sind die großen Erfolge der Frauen*bewegung?
Seit 1908 dürfen Frauen* das Abitur machen und wurden auch an der Universität Greifswald das erste Mal zum Studium zugelassen. An Wahlen in Deutschland dürfen sie seit 1919 teilnehmen, was gleichzeitig auch einen demokratischen Schub bedeutete. Während der NS-Herrschaft passierte lange nichts, bis Frauen* 1949 nach dem Krieg formal gleichgestellt wurden. Wir alle kennen die Passagen im Grundgesetz Artikel 3 Absatz 1 ,,Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.‘‘ und Absatz 2 ,,Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.‘‘ Dass die Realität bis heute anders aussieht wissen wir auch, aber weiter im Text. In der BRD dürfen Frauen* seit 1958 eine Fahrerlaubnis erwerben, seit 1961 verhüten und seit 1962 ein eigenes Konto führen. 15 Jahre später durfte Frau* auch ohne die Erlaubnis des Ehemanns endlich selbst entscheiden, ob und als was sie arbeitet und wohlgemerkt ist erst seit 1997 (!) die Vergewaltigung in der Ehe eine Straftat. Übrigens sitzen viele der Abgeordneten, die Vergewaltigungen in der Ehe gut fanden, bis heute im Bundestag bzw. kriechen wieder aus der Versenkung. Friedrich Merz, der jetzt irrationale Kanzlerschaftsambitionen hegt, ist einer von ihnen und die Junge Union feiert ihn.
Frauenrechte
sind Menschenrechte
Es gibt so viele Dinge, die noch zu verbessern sind. Frauen* verdienen immer noch weniger als Männer.* Haben schlechtere Einstellungschancen, wenn sie sich im gebärfähigen Alter befinden. Über 92% der Chefetagen werden von Männern besetzt, die nicht besser qualifiziert sind als Frauen*. Jede vierte Frau* wird Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt in einer Partnerschaft. Ungefähr jeden dritten Tag wird eine Frau* von ihrem Partner getötet. Femizide sind unsichtbar. Fast genauso unsichtbar sind Frauen* in den Parlamenten. Von 709 Abgeordneten im Bundestag sind gerade einmal 219 Frauen*. Dass dann Gesetze wie der Paragraph 218 und 219 bestehen bleiben, ist nahezu logisch. Frauen* wissen, dass ihr Körper ihnen nicht ganz gehört, ihr Uterus gehört dem Staat. Dass daran auch die Kirche einen großen Anteil hat, könnte ich erklären, aber das würde den Artikel sprengen. Ich bin auf jeden Fall für den Laizismus.
We live in a
wonderful, misogyn (!) world
Ich könnte davon schreiben wie antifeministisch die Welt ist. Das würde aber das Problem nicht an der Wurzel packen. Die Wurzel des Übels heißt Misogynie. Es fängt bei der Nicht-Unterstützung von Frauen* an und hört beim Femizid auf. Auch Antifeminismus und Sexismus fallen darunter. Vereinfacht gesagt ist der grundlegende Gedanke, dass Frauen* weniger Wert sind als Männer. Dieser Gedanke hält indirekt Einfluss in unsere Erziehung und lässt sich in Glaubenstexten vieler Religionen und auch unseren Gesetzen ausfindig machen. Der Gender Social Norm Index (eine aktuelle Studie der UN) zeigt, wie weit dieses Denken weltweit verbreitet ist. 9 von 10 Menschen hegen Vorurteile gegenüber Frauen*. Ein Viertel aller Menschen denkt, es sei gerechtfertigt, dass Ehefrauen körperlich misshandelt werden. Du kannst die Studie gerne einmal weiterlesen. Es ist desaströs.
We are equal!
Frauen* sind nicht das schwächere Geschlecht. Frauen* können anziehen was sie wollen, ohne Männern gefallen zu müssen. Sie müssen sich selbst gefallen. Frauen* können alles was auch Männer können. Sie sind nicht die besseren, aber auch nicht schlechteren Menschen. Frauen* können Sex haben oder auch nicht, mit wem und so viel sie wollen. Sie sind keine Schlampen. Frauen* sind auch Frauen*, wenn sie keine Kinder wollen oder bekommen können. Sie sind mehr als Objekte der Fortpflanzung.
Es ist okay, dass Du eine Frau* bist. Es ist okay, dass Du ein Mann* bist. Wir sind Menschen, die zum ersten Mal leben und dann auch nur einmal. Wenn Ungerechtigkeiten in Gesetzen niedergeschrieben sind, dann können wir sie ändern. Wir müssen sie nicht akzeptieren. Vielleicht hast Du jetzt verstanden, warum Feminismus so wichtig ist. Der Internationale Frauen*kampftag ist nur einmal im Jahr. Sich für Geschlechtergerechtigkeit zu engagieren ist jeden Tag möglich. Es fängt mit Deinen Gedanken an, die Dir sagen: ,,Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Solidarität begegnen.‘‘ (Art. 1 der Allgemeinen Erklärung des Menschenrechts.)
* In dem Artikel wurden die Männer bewusst nicht mit dem Gendersternchen gekennzeichnet. Das patriarchale Problem geht, insofern man den Faktor ,,Macht“ hinzuzieht, von weißen Cis-Männern aus.
Zu diesem Thema luden vorgestern, am 06.02., der AkJ, LOBBI und das Bündnis ,,Greifswald für alle‘‘ zur Podiumsdiskussion ins St. Spiritus ein. Als Gäste auf dem Podium saßen Gunnar Mächler (leitender Polizeidirektor aus Greifswald), zwei betroffene Menschen aus Rostock und Greifswald und die TAZ-Journalistin Christina Schmidt, welche zu Nordkreuz recherchiert hat. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Kristin Zimmermann vom Radio LOHRO.
Nach ein paar kurzen einleitenden Worten von LOBBI fing die Diskussion an. Im Zentrum der Thematik standen dabei aber nicht die Täter*innen und ihr Weg von der Arbeit als Beamt*innen der Exekutive bis zum Teil einer rechtsextremen Terrorgruppe, sondern die Betroffenen.
Zwei Personen erzählten von unterschiedlichen Vorfällen, die sie zum Opfer von rechten Polizist*innen machen. Person A arbeitet im sozialen Bereich und war jahrelang parteipolitisch aktiv in der Kommunalpolitik. Er erfuhr Monate nach dem Bekanntwerden der rechtsterroristischen Nordkreuzgruppe per Schreiben durch das Landeskriminalamt, dass er auf der Liste der Personen steht, die bei einem Zerfall der politischen Ordnung (gemeint ist hiermit das rein subjektive Empfinden der Nordkreuzmitglieder, welche an Verschwörungstheorien wie die des „großen Bevölkerungsaustauschs“ glauben) mit Löschkalk und Leichensäcken beseitigt werden sollten. Person B aus Greifswald wurde durch die Veröffentlichung ihrer bisher unveröffentlichten personenbezogenen Daten durch Rechte in einer Facebook-Gruppe hellhörig. Sie stellte einen Antrag zur Überprüfung ihrer abgefragten Daten und wurde dabei auf dem Namen eines AfD-nahen Polizisten aufmerksam. Dieser Fall geht seit einigen Tagen auch durch die Presse.
Über das Thema Nordkreuz alleine kann man schon ein Buch schreiben, deswegen wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Schilderung verzichtet. Was auch nach der Podiumsdiskussion bleibt ist die Gewissheit, dass der Staat hilflos erscheint im Kampf gegen Rechte innerhalb und außerhalb staatlicher Institutionen. Und es bleibt die Angst der Betroffenen. Derer, die informiert wurden durch das Landeskriminalamt, aber auch von jenen, welche nicht informiert wurden, weil Verantwortliche wie Lorenz Caffier seit Jahren massiv die Gefahr von Rechts unterschätzen und dadurch indirekt Unterstützung leisten, dass sich rechte Strukturen stärken.
Interessant waren auch die teilnehmenden Gäste der Veranstaltung. Neben einigen Polizist*innen, war auch ein Mitglied einer AfD-nahen Studentenverbindung anwesend, welcher auch mit Nikolaus Kramer (ehemaliger Polizist, MdL und Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag) zu Besuch bei der Landtagsfraktion war und natürlich regelmäßig mit den hiesigen rechtsextremen Burschenschaften verkehrt.
Wer mehr zum Thema (Un)sicherheitsbehörden erfahren möchte, dem sei das Buch ,,Extreme Sicherheit – Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz‘‘ von Matthias Meisner ans Herz gelegt.
Das Wochenende startet literarisch und musikalisch: Die AFTER HOURS im IZfG gehen in die zweite Runde. Diesen Freitag liest und spricht der Schriftsteller, Musiker und DJ Thomas Meinecke aus und über seinen Roman Tomboy. Popliteratur, Identitätssuche und Empfang in der Rubenowstr. 3, ab 18.30 Uhr.
Und danach? Ab 23 Uhr geht es in die AFTER AFTER HOURS in der ROSA mit Thomas Meinecke, Prof. Eckhard Schumacher aus der Neueren deutschen Literatur und Fierce House Music aus den 1990er Jahren. You Better Work! – für uns mal als Pause von Bib und Büchern.
Auch der diesjährige NS-Gedenktag wird in Greifswald wieder von einer Veranstaltung begleitet. Heute Abend, am 27. Januar um 19 Uhr wird in der Aula der Universität (Domstraße 11) im Besonderen an die katholischen Priester gedacht, welche trotz angeblicher Souveränität der katholischen Kirche unter Beobachtung und Verfolgung litten. Trotz aller Diskussion um das Ausmaß des Widerstands der katholischen Kirche sollte nicht vergessen werden, dass es beispielsweise auch im Dachauer Konzentrationslager einen eigenen Block für Priester gab. Nach einem gesamthistorischen Einblick wird das Schicksal eines hingerichteten Greifswalder Pfarrers vorgestellt. Musikalische Begleitung erhält der Gedenktag von der hiesigen Musikschule.
Hier könnt ihr das aktuelle Video von moritz.tv sehen.
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