Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen wollen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Ins Kino gehen – wenn 200 Leute dabei zusehen, wie Kate Winslet einfach keinen Platz auf ihrer Tür machen möchte und die Romantik trotzdem nicht versinkt. Das Kino ist wohl der Ort, an dem die meisten menschlichen Zustände parallel nebeneinander auftreten können. Manche schauen den Film und lieben es, manche schauen den Film und hassen es, manche schauen den Film und empfinden gar nichts, manche schauen den Film nicht und schlafen, manche schauen Schindlers Liste nicht und machen drei Stunden lang dabei rum und manche wollen den Film eigentlich schauen und sind dann so abgelenkt von der wilden Haarfarbe der Person drei Reihen weiter vorne leicht links (ist das rot, ist das grün, was soll das sein?). Das Kino ist also ein Ort, an dem man sich gerne etwas stoßen kann. Daher ist es an der Zeit aufzuzeigen, wo die Probleme des Kinos liegen und welche cleveren Ideen es geben kann, damit die Unterhaltung auf 21 mal 12 Metern trotzdem für die Zukunft gesichert ist.

Aber fangen wir ganz vorne an. Denn bereits an der Kinokasse treten die ersten elementaren Probleme auf. Man muss es einfach mal so drastisch formulieren: Wer hat damit angefangen, die Snacktheke zum extremsten Ausläufer des Kapitalismus zu machen? Denn für ein kleines Popcorn soll es wohl zum guten Umgang gehören, sein Erstgeborenes an den*die 15-jährige*n Aushelfende*n zu opfern. Der Materialwert eines Produktes, welches aus Zucker (dazu kommen wir gleich noch) und Maiskörnern besteht, kann sich wohl nicht darauf belaufen, dass Snackfreund*innen dafür Teile des Bernsteinzimmers eintauschen müssen. So wird sich das Kino in seinem Überlegenheitskomplex bestimmt in sein vergoldetes Fäustchen lachen.
Über die Kinopreise selbst muss wohl nicht mehr viel gesagt werden, wenn man sich für einen Film mit Überlänge auch einen Monat eines beliebigen Streaminganbieters leisten kann, bei dem mitunter die Filme schon während der Kinolaufzeit verfügbar sind. Es lässt sich jedoch darüber streiten, ob Zuhause schauen und ins Kino gehen das gleiche Erlebnis bietet.

Als nächstes folgt unvermeidbar auch die Frage, warum die Kinospaßunterdrückenden ihren lieben Bürger*innen die Ideologie aufzwingen müssen, dass Popcorn süß zu sein hat. Wozu haben Menschen Jahrhunderte lang Kriege um Salz geführt, um dann nicht dessen volles Potenzial auszuschöpfen? Daher würde ich es mir von ganzem Herzen wünschen, rein salziges oder gemischtes Popcorn nicht nur in wenigen Ausläufern der großen Ketten zu sehen, sondern in jedem Kino des Landes. Zudem ist es langsam mal an der Zeit, neue Snackideen einzuführen, um die verstaubte Tüte M&M’s aus dem Regal zu vertreiben. Mein Vorschlag dazu wäre, die Modern Bowl noch einmal umzudenken und eine umso postmodernere Snackbowl daraus zu machen. Die gemischte Tüte in Zeiten von Metaspace.

Angekommen im viel zu weichen Sitz beginnt das Leinwanderlebnis mit einer angenehmen halben Stunde Werbung. Das wäre auch absolut in Ordnung, würde sich das Kino über die Werbung ausreichend finanzieren, sodass Ticket- und Snackpreise verträglich wären. Ist aber — wie besprochen — wohl nicht so. Daher ich gehe nicht ins Kino um einen Film zu sehen, der kommt natürlich auch, aber später, viel später. Nein, ich gehe ins Kino um Werbung zu schauen. Und so sehe ich: „Ooh der neue Lambogotti Fasterossa, ooh der neue Keili, das ist ja toll, uuuund Eispause.“

Auf den Film selbst hat das Kino natürlich keinen Einfluss. Dennoch schaffen sie es, mit der Erfindung der sogenannten Sneak Previews oder Sneak Peaks, bei denen man nie weiß, welchen Film es zu sehen gibt, künstlich Spannung zu erzeugen. An diesem Konzept kann trotzdem noch weitergearbeitet werden. So wäre es beispielsweise möglich, den Anfang von einem Film und dann das Ende von einem anderen Film zu zeigen. Dann könnten Zuschauer*innen erst den Anfang von Sinn und Sinnlichkeit sehen und dann das Ende von Saw. So hat wirklich niemand Spaß.

Zudem hat das Kino leider auch die Eigenschaft, dass dort von Zeit zu Zeit andere Menschen anzutreffen sind. Über Menschen braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Aber wer ins Kino geht, um ein Gespräch zu führen, der ist fehl am Platz. Man geht doch auch nicht ins Schwimmbad, um Tennis zu spielen, oder auf ein KIZ Konzert, um gute Musik zu hören.

Zum Schluss muss noch einmal eine Frage gestellt werden: 3D ist doch wirklich nicht so das Ding, oder? Dabei meine ich, es hat gut angefangen und man konnte fliegende Gummibärchen im All fangen. Doch im Film war es schon immer eine Enttäuschung, die niemand wirklich vermissen würde. Dabei ist das Potenzial von mehr Dimensionen durchaus da. Aber wo sind die versprochenen Dimensionen 4 bis 17? Wo sind sie? Obwohl es doch so viele Ideen für ein immersiveres Erlebnis geben würde: Geruch, Wasser tropft von der Decke, bunte Lichteffekte oder deine Versagensangst schreit dich an, weil du alles falsch machst.

Somit bleibt uns nichts anderes übrig, als begeistert festzustellen, dass ein Film ins Kino kommt, den man unbedingt sehen muss, es dann zu vergessen und drei Wochen später festzustellen, dass es den Film schon bei Disney+ gibt.

Beitragsbild von Geoffrey Moffett auf unsplash.com
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Umgekrempelt: Ein Haushalt ohne Palmöl

Umgekrempelt: Ein Haushalt ohne Palmöl

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Der Bedarf an Palmöl in der Industrie ist groß. So groß, dass für den Anbau und für die Holzwirtschaft Regenwälder abgeholzt werden. Dies ist aus vielerlei ökologischen und sozialen Gründen problematisch. Zusammengerechnet nehmen Palmölplantagen weltweit etwa eine Fläche ein, die so groß ist wie ein Drittel von Deutschland. Die Plantagen befinden sich überwiegend in Indonesien und Malaysia, es gibt sie aber auch in Südamerika und Afrika. 

Durch das Abholzen und Trockenlegen von Regenwäldern auf Torfmoorböden werden Treibhausgase frei, die zur Erderwärmung beitragen. Außerdem entstehen durch die großflächigen Palmölplantagen riesige Monokulturen, welche für die biologische Vielfalt ungünstig sind und zahlreichen Tieren den Lebensraum nehmen. Auch soziale Probleme in den Anbauregionen werden durch die Palmölplantagen verschärft, denn die Bevölkerung profitiert gegenüber den großen Konzernen kaum von dem Ölpalmenanbau. Auf den Plantagen herrschen oft schlechte Arbeitsbedingungen, es kommt zu Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen. Zudem machen sich die Konzerne ungeklärte Landrechte zu Nutze und bauen auf Land, das die Bevölkerung als Gemeindeland ansieht. Nicht selten werden für die Rodung auch Kleinbäuer*innen und Indigene aus ihrem Zuhause vertrieben. 

Aber Palmöl hat auch einige wirklich gute Eigenschaften, weswegen es ja auch so oft genutzt wird. So ist es ist zum Beispiel sehr ertragreich. Aus einem Hektar Ölpalmen lassen sich etwa 3,8 Tonnen Öl gewinnen, während es bei Raps und Sonnenblumen gerade mal 0,8 Tonnen Öl sind. Eine wirkliche Alternative gibt es also nicht, denn man könnte bei weitem nicht so viel Platz für Raps- und Sonnenblumenfelder hergeben, wie es zum Decken des Ölbedarfs nötig wäre. Zudem ist Palmöl günstig und vielfältig einsetzbar. Es ist in den meisten stark verarbeiteten Lebensmitteln, in vielen Kosmetika, Hygieneprodukten, Wasch- und Reinigungsmitteln und auch in Biokraftstoffen enthalten. Eigentlich überall, wo Fett drin ist. Und bisher gibt es keine staatlichen Siegel mit klaren Vorgaben für nachhaltig erzeugtes Palmöl. Lediglich eine Regelung existiert, dass auch die Herkunft des pflanzlichen Fettes auf der Zutatenliste bei Lebensmitteln stehen muss. Bei Kosmetika, Hygieneprodukten, Wasch- und Reinigungsmittel ist dies jedoch nicht der Fall. 

Da ich die Herstellungsbedingungen momentan für nicht vertretbar halte, versuche ich nun, auf Palmöl zu verzichten. Ich gehe mit der Einstellung in das Projekt rein, dass das doch gar nicht so schwer sein kann. Ich koche und backe sowieso schon viel selbst und für alles andere gibt es doch bestimmt auch Alternativen. 

Der Anfang.

Beim ersten Prüfen meiner bereits gekauften Lebensmittel in der Küche, fällt auf, dass es gar nicht so viel ist, das ich ersetzen muss. Das könnte damit zusammenhängen, dass ich gerade erst aus den Weihnachtsferien bei meinen Eltern zurückgekommen bin und daher sowieso nicht besonders viel an Lebensmitteln da habe. Aber ich habe einen Christstollen mitgebracht, den zuhause niemand essen wollte, weil es eben nicht der Selbstgemachte von Oma ist. Nun stellt sich heraus, dass im eh viel zu dicken Dekorzucker des Stollens, dessen Verpackung eigentlich mit großem Trara sehr viel Tradition verspricht, Palmöl drin ist und ich den jetzt eigentlich auch nicht essen möchte. Da er aber doch gegessen werden muss und ja auch ganz lecker ist (auch wenn die Zuckerschicht meiner Meinung nach auch weggelassen werden könnte), entschließe ich mich, den Stollen doch noch zu essen, bevor ich richtig mit dem Experiment beginne. Auch Erdnusscreme und Nutella, die ich noch vorrätig habe, enthalten Palmöl, auf beides kann ich momentan aber verzichten. 

Das Prüfen meiner bereits gekauften Wasch- und Putzutensilien stellt sich schon als deutlich größere Herausforderung heraus. Schließlich ist das Kauderwelsch der Inhaltsangaben auf den Packungen kaum zu verstehen. Lediglich Zutaten mit dem Wortteil „Palm-“ kann ich eindeutig identifizieren. Jedoch gibt es noch jede Menge anderer Palmölderivate, die häufig verwendet werden, aber am Namen allein nicht erkannt werden können. Nur mein Duschgel ist da etwas zuvorkommend, denn dort steht hinter jeder Zutat auch die Herkunft. Jedoch steht bei den Ölen auch nur „vegetable oil“, weshalb ich mir auch da nicht ganz sicher sein kann, ob da nicht doch eventuell Palmöl enthalten ist. Und bei meinem Badreiniger steht noch nicht einmal eine richtige Liste mit den Inhaltsstoffen drauf, lediglich eine Angabe, dass dort 5 % nichtionische Tenside drinnen sind. Aber auch Tenside sind häufig aus Palmöl. Schnell stellt sich also heraus, dass es mir eigentlich unmöglich ist, auf Palmöl in Wasch- und Putzartikeln zu verzichten, solange es nicht deutlich draufsteht.

Das Einkaufen.

Im Supermarkt muss ich jetzt auf jedes Etikett gucken und jede noch so kleine Zutatenliste durchlesen. Dadurch stehe ich nicht nur dauernd im Weg rum, sondern stelle auch meine eigene Geduld auf die Probe. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich das Wort Palmöl entdecke. Oft kann ich aber auch Alternativen finden. Aber es hängt auch damit zusammen, wo ich einkaufen gehe. So gibt es im Discounter ziemlich viele Produkte mit Palmöl und wenige Alternativen, während sich im übergroßen Edeka hingegen deutlich häufiger Produkte ohne Palmöl bzw. mehr Alternativen finden lassen. Und nicht immer (wenn auch häufig) sind die palmölfreien Produkte die teureren.

Oft sind es die etwas süßeren Lebensmittel, in denen Palmöl enthalten ist. So habe ich kaum Kekse ohne Palmöl gefunden und auch meine Lieblingsschokolade sowie zahlreiche bekannte Marken (Hanuta, Raffaelo und kinder Schokolade zum Beispiel) enthalten Palmöl. Kekse habe ich also kurzerhand selbstgebacken und meine Lieblingsschokolade diesmal gegen eine andere Sorte ausgewechselt. Erstmal kein Problem. Auch die Nutella habe ich gegen eine „echte“ Schokoladencreme ohne Palmöl austauschen können. 

Im Drogeriemarkt ist es schon deutlich schwieriger. Dort ist es mir meistens nicht möglich, Produkte zu kaufen, die ganz sicher ohne Palmöl sind. Jede Zutatenliste mit einer über 100 Punkten langen Liste an Palmölderivaten abzugleichen, scheint mir auch nur bedingt sinnvoll. Schließlich ist in fast jedem Produkt etwas davon enthalten und es könnte ja auch eine andere Herkunft haben. Meistens greife ich dann also auf die Bio-Produkte zurück, solange nicht auch diese eindeutig mit Palmöl hergestellt wurden.

Der Lauf der Dinge.

Meine Hände sind inzwischen sehr trocken, denn in meiner alten Handcreme ist eindeutig Palmöl drin und durch die neue Handcreme sind meine Hände so lange fettig, dass ich nie einen passenden Moment zum Eincremen finde. Ansonsten fällt es mir bisher aber nicht so schwer, die palmölhaltigen Produkte im Laden zu lassen. Mein Frühstücksmüsli, das Brot zum Mittag und mein gekochtes Abendessen sind meistens überhaupt kein Problem. Aber mit der Zeit fallen gerade die Kleinigkeiten auf, auf die ich doch verzichten muss. Außerdem fällt es mir dann auch recht schwer, mich beim Essen zurückzuhalten und nicht gleich alles zu essen, das lecker ist.

An einem Tag gehe ich zur Bäckerei. Dort wird es kompliziert, denn dort hat nicht jedes Brötchen eine Zutatenliste, die ich mir selbstständig angucken kann. Also muss ich die Verkäuferin fragen, zum Glück ist nicht so viel los. Ich habe Lust auf ein Schokoladencroissant. Aber da ist Palmöl drin. Dann vielleicht ein Franzbrötchen? Nein, da ist auch Palmöl drin. Es stellt sich heraus, dass die süßen Teilchen fast alle mit Palmöl sind. Letztendlich wird mir ein Mandelhörnchen empfohlen. Das stellt sich dann zwar auch als lecker heraus, aber ist aber nun einmal kein Croissant. Für das nächste Mal weiß ich jetzt immerhin, dass in den normalen Brötchen und Brot kein Palmöl drin sein sollte.

Das Fazit.

Letztendlich stelle ich fest, dass es manchmal doch gar nicht so leicht ist, auf Palmöl zu verzichten. Zum einen liegt das an mir, weil mein Wille zuweilen nicht stark genug ist, um auf die leckeren Sachen zu verzichten. Zum anderen liegt es aber auch an den teilweise wenigen Alternativen, vor allem bei den Drogerieartikeln und Süßwaren. Zum Beispiel möchte ich meine Kekse nicht immer selbst backen müssen oder auch einfach mal ein Schokoladencroissant essen, wenn ich Lust dazu habe. Aber eigentlich musste ich meine Essensgewohnheiten insgesamt nicht allzu sehr umstellen. Daher nehme ich mir vor, mehr darauf zu achten und auch in Zukunft zumindest deutlich weniger Palmöl zu konsumieren.

Quellen und weitere Informationen:

Beitragsbild: Juli Böhm

Eine Liebeserklärung an … Lichter in der Advents- und Weihnachtszeit

Eine Liebeserklärung an … Lichter in der Advents- und Weihnachtszeit

Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Artikel geht es um die wundervolle Tradition der Weihnachtslichter.

Es ist der Abend des 30. Dezembers und ich mache mit meiner Familie einen Spaziergang durch die verschneiten Straßen meines kleinen Heimatdorfs in Mecklenburg. Weihnachten ist fast vorbei, denke ich, und wie in jedem Jahr überkommt mich ein seltsam sehnsüchtiges Gefühl, wenn ich in die Fenster der Häuser mit ihren goldenen, silbernen oder auch bunt funkelnden Lichterketten und Sternen blicke. Seit Anfang Dezember brachten mich die kleinen Lichter auf meinen Wegen zum Einkaufen, zur Uni oder zum Hochschulsport jedes Mal ein wenig zum Lächeln. Denn für mich bedeuten sie mehr als nur erhöhte Stromkosten in der dunklen Jahreszeit.

Neben der reinen Freude am Betrachten der hübschen Lichtdekorationen spielt für mich auch die mit ihnen verbundene Hoffnung auf eine Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit nach den rastlosen Tagen der Vorweihnachtszeit eine Rolle. Außerdem erinnern sie mich jedes Jahr, wenn ich kurz vor Weihnachten noch in Greifswald bin, an die Vorfreude auf meinen Heimatort, meine Familie und all die schönen Momente, die das Fest mit sich bringt.

Doch warum stellen die Menschen eigentlich Lichter in der Advents- und Weihnachtszeit auf? Aus dem Gedanken der Vorfreude heraus entstand bereits im 7. Jahrhundert nach Christus der Brauch, Lichter zur Dekoration von Innenräumen und Außenbereichen zu verwenden. Denn in der „tempus ante natale Domini“ (Zeit vor der Geburt des Herrn), die uns heute als Adventszeit bekannt ist, bereiten sich Christ*innen auf die Geburt Jesu vor, der dem Glauben nach als Licht in die Welt gekommen ist und diese erhellt.

Unabhängig davon, ob man nun religiös ist oder nicht, kann ich besonders in den kalten und dunklen Wintermonaten in Norddeutschland nachvollziehen, warum die Menschen teilweise an Lichtdekorationen gar nicht sparen wollen und diese erst im Januar wieder abbauen. Meine Familie und ich bleiben beim Anblick eines mit besonders knalligen, bunt-blinkenden LEDs dekorierten Hauses kurz stehen und müssen unwillkürlich schmunzeln. Was dem*der einen angesichts der grellen Farbenvielfalt die Tränen in die Augen treibt, sorgt bei den Installateur*innen offenbar für ein festliches Gefühl – eben für Weihnachtsstimmung.

Ich merke, dass die kleinen, noch aufgebauten Weihnachtslichter gerade jetzt nach dem Fest und kurz vor dem Jahresende in besonderer Weise weiter nachklingen. Im Schimmer der kleinen Sterne und Lichterketten wandern wir weiter durch die dunklen Straßen. Irgendwo hört man das Zischen einer abgefeuerten Silvesterrakete und der Himmel wird durch einen Schauer aus gold-glitzernden Funken und Lichtfäden erhellt. Gemeinsam erinnert man sich daran, wie schön die Tage im Kreis der Familie waren und welche kleineren und größeren Hürden das Jahr 2021 mit sich brachte. Es ist schon eigenartig, was für ein Gefühl aus Freude und Nachdenklichkeit die kleinen Lämpchen bei mir auslösen. Aber vielleicht ergeht es anderen ja ähnlich. Die Tradition der Weihnachtslichter lädt die Menschen dazu ein, der Hektik des Alltags zu entfliehen und sich sowohl auf die Bedeutung von Weihnachten als auch auf die schönen und möglicherweise auch weniger schönen Erlebnisse des fast vergangenen Jahres zu besinnen.

Stundenlang könnte ich, beinahe mit kindlicher Freude, den festlich beleuchteten Baum in der Wohnstube betrachten oder aus meinem Fenster auf die kleinen Lichtpunkte in der Straße blicken. Für mich ist es die Tradition der Weihnachtslichter auf jeden Fall wert, einmal diese kleine Liebeserklärung zu schreiben. Auch wenn Weihnachtssterne, Lichterketten und Schwippbögen bald wieder in Kisten und auf Dachböden verschwinden, wünsche ich allen webmoritz.-Leser*innen für das neue Jahr, dass die schöne Stimmung der Weihnachtslichter auch in den kommenden Wochen noch etwas nachklingen möge.

Beitragsbild: neelam279 und blueartpapelaria auf pixabay

Adweb.kalender 23. Fensterchen: Eine Liebeserklärung an … Schnee

Adweb.kalender 23. Fensterchen: Eine Liebeserklärung an … Schnee

Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 21. Fensterchen erwartet euch: eine Liebeserklärung an … Schnee.

Der erste Schneefall ist nicht nur ein Ereignis, er ist ein magisches Ereignis. Du gehst zu Bett in einer Welt, und wachst in einer völlig veränderten wieder auf. Und wenn das keine Verzauberung ist, was dann?

John B. Priestley

Schnee verändert die Welt. Er bemalt Bäume, Dächer, Straßen mit einer dicken Schicht aus weißer Farbe. Er lässt die Luft glitzern, wenn er sacht zu Boden fällt, wenn ein Eisnebel über Gehwege zieht und unzählige Silberkristalle mit sich nimmt, die nicht zu Boden fallen, sondern schweben, wirbeln, tanzen. Er verwandelt die Geräusche. Lässt die Stiefelsohlen dumpf knarzen, wenn sie durch seine weiche Oberfläche dringen. Seine Flocken auf der Fensterscheibe leiser als Regen und doch nicht gänzlich lautlos.

Und draußen herrscht Stille. Wer bewegungslos auf einem Winterfeld steht und lauscht, kann sie hören, so durchdringend, dass es fast schon ohrenbetäubend ist. Die Welt ist ruhig unter dem Mantel aus Schnee. Er scheint das Säuseln des Winds zu schlucken, den Lärm, der von Autos aus der Ferne herüber getragen wird. Selbst die Vögel zwitschern ruhiger, verhaltener, wenn es schneit. Die Stille lässt Raum für Gedanken, in den unterschiedlichsten Formen, und es fällt leichter, sie frei umher fliegen zu lassen, wenn man das weiße Treiben beobachtet.

Ich wüsste gern, ob der Schnee die Bäume und die Felder liebt, wo er sie so zärtlich küsst.

Lewis Carroll

Und mit jeder Minute im tiefen Schnee kriecht mehr Kälte durch die dicken Stiefel, legt sie sich mit eisigen Fingern auf Schenkel, Hände, Wangen. Der Atem formt heiße Wolken vor dem Gesicht, die für einen kurzen Moment wärmen, aber wirklich nur kurz, während einen die Füße schneller und schneller nach Hause tragen. Die Finger zittern, wenn sie den Schlüssel drehen, die Tür öffnen, und schnell huscht man hinein ins Warme, löst sich aus dem dicken Mantel, schlüpft in flauschige Hausschuhe, kuschelt sich unter eine wollene Decke. Es ist nicht wärmer in der Wohnung geworden, seit man das Haus verlassen hat, doch nun scheint alles zu glühen und schnell ist die Kälte vergessen.

Mit einer Tasse heißem Tee oder Glühwein vor dem Fenster sitzen und durch die Gitter aus Eis und Schneeflocken hinaus auf die Stadt schauen. Wo alles glänzt und glitzert, wo Kinder lachen, weil sie sich über den ungewohnten Anblick freuen, und Erwachsene, weil sie sich einmal mehr daran erinnern, Kind zu sein. Und erneut zieht es einen nach draußen, wo man sich in den Schnee fallen lässt und Arme und Beine Schneeengel formen, und man mit Freunden erbitterte Schneeballschlachten ausficht, in denen es nur Gewinner geben kann.

It had snowed softly and thickly all through the hours of darkness and the beautiful whiteness, glittering in the frosty sunshine, looked like a mantle of charity cast over all the mistakes and humiliations of the past.

Lucy Maud Montgomery

Manchmal können das Weiß und die Stille auch schwerere Gedanken heraufbeschwören. Denn der Schnee leitet die letzte Zeit des Jahres ein, wiegt die Welt in einen Winterschlaf, und so blickt man hinaus in den glitzernden Flockentanz und denkt an alles, was war und was nicht mehr ist. Aber wie den Abschied verkündet der Schnee auch einen Neubeginn, bereitet die Welt unter seinem kalten Tuch darauf vor, neu zu erwachen im kommenden Jahr. Und wer aufmerksam lauscht, kann sie jetzt schon hören: die Eichhörnchen und Fledermäuse, die in ihren Winterquartieren leise schlummern, die Krokusse und Märzenbecher, die bereits darauf warten, zaghaft ihre Blüten durch Eis und Tau zu schieben.

Doch noch nicht jetzt. Noch ist es zu früh, und auf dem geräuschlosen weißen Feld und im schnellen Schlittenrutsch von einem Berg und im warmen Haus mit einer Tasse Tee in den Händen, wo der Schnee nicht Haare und Haut, sondern nur die Fensterscheibe benetzt, wird die Tür zu einem anderen Land geöffnet. Einem Land, in dem Zeit und Raum keine Rolle mehr spielen, in dem die Seele zum ersten Mal seit Langem frei aufatmen kann. Einem Land des Winterzaubers.

Beitragsbild: Julia Schlichtkrull

moritz.playlist – Detechtive

moritz.playlist – Detechtive

Musik – Töne mit Zusammenhang, oder gerne auch ohne. Im Prinzip systematischer Krach. Jede*r hat schonmal Musik gehört, aber was ist die Geschichte hinter den einzelnen Stücken, auch Lieder genannt, und womit verbinden wir sie? Was lösen sie in uns aus und wer hat sie erschaffen? webmoritz. lässt die Pantoffeln steppen, gibt vor, was angesagt ist und buddelt die versteckten Schätze aus. Unsere Auswahl landet in eurer moritz.playlist.

Ein Sommerabend. Die hiesige Musikschule veranstaltet im Rahmen der Greifswalder Kulturnacht eine Jamsession sowie ein paar Konzerte – unter anderem von Detechtive. Die Zuschauer*innen sitzen auf Sofas, Sesseln und Stühlen. Hier und da steht auch so eine altmodische Lampe mit Bommeln – es hat was von einem riesigen Wohnzimmer, nur eben unter freiem Himmel. Die Stimmung ist gut und die Musik auch. Der Abend bleibt im Kopf. Aber nicht nur als Erinnerung an den schönen Live-Act lohnt es sich, mal bei Detechtive reinzuhören. 

Hinter Detechtive steht die Solokünstlerin Mirja Maier, die ihre Songs in Eigenregie komponiert und produziert. Sie ist in Süddeutschland aufgewachsen, wohnt jedoch seit letztem Jahr in Berlin, wo sie sich ein eigenes kleines Studio eingerichtet hat. Nach der Schule fing sie an, in Freiburg Pop- und Jazzmusik zu studieren. Dort hatte sie auch die Idee, klassische Instrumente mit zeitgemäßer Popmusik zu kombinieren, woraus schließlich Detechtive entstanden ist. Den Namen hatte sie schon länger im Kopf, zuerst als Idee für eine Techno-Band, doch dann brauchte sie selbst einen Namen, und Detechtive passte zu der Technologie hinter ihren Songs. Genretechnisch ist ihre Musik schwer einzuordnen, sie beinhaltet Elemente der Popmusik, Jazz und Klassik. Das Genre ist aber auch nicht so wichtig – wichtiger ist ihr der rote Faden, der sich durch ihre Songs zieht. Inspiriert wurde Mirja Maier von Künstlern wie IAMX, Radiohead und Cosmo Sheldrake.

Der moritz.playlist werden nun zwei Songs von Detechtive hinzugefügt. Beide Lieder spiegeln Detechtive auf thematischer und musikalischer Ebene wider – es geht um gesellschaftliche Missstände, Emotionen und Mirjas Erfahrungen. Zudem sind sehr unterschiedliche Instrumente zu hören, die letztendlich aber doch irgendwie zusammenpassen.

Das Lied „Anger“ aus diesem Jahr kritisiert den Sexismus und andere Ungleichheiten in der Gesellschaft. Inspiriert wurde Mirja hier von einem Zitat der Autorin und Kolumnistin Margarete Stokowski aus ihrem Buch „Untenrum frei“: „Aber Wut ist nicht dasselbe wie Hass. Hass will Zerstörung. Wut will Veränderung. Hass ist destruktiv. Wut ist produktiv.“ Der letzte Teil findet sich dabei auch im Refrain wieder. Wobei dies, meiner Meinung nach, nicht nur auf Feminismus zutrifft, sondern auch auf verschiedenste andere Probleme. Es ist eine Erinnerung daran, dass reiner Hass meistens nur wenig bringt und Wut gerne mit Hass verwechselt wird.

Das Lied „What will last“ von 2020 klingt erstmal ziemlich drastisch mit dem Refrain „If you would die tomorrow, what would last?“, aber eigentlich geht es darum, dass wir uns meistens viel zu sehr dem anpassen, was wir in der Gesellschaft für angebracht halten, anstatt das zu tun, was wir wirklich wollen. Auch hier geht es um gesellschaftliche Missstände, die wir nicht ignorieren sollten und darum, dass wir Veränderungen selbst in die Hand nehmen müssen – „be the change you want to see“.

Musik allein mag vielleicht keine Probleme lösen, aber sie kann aufmerksam machen und zu Veränderungen anregen. Und neben der Message sind die Songs auch mit spannendem Sound aufgebaut. Sie sind geprägt von jazzigen Klängen, Synth-Bässen und einer unverwechselbaren Stimme. Trotz der kritischen und negativen Aspekte finden sich in den Songs auch stets hoffnungsvolle und positive Aspekte wieder. Sie sorgen so vielmehr für Kampfgeist als für deprimierende Stimmung.

Beitragsbild: Detechtive

umgekrempelt: Eine Zeit ohne Handy

umgekrempelt: Eine Zeit ohne Handy

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Nein, wir machen keine Reise in die Vergangenheit. Es ist auch kein Experiment, das ich hier wage, um mir eine Auszeit von Social Media & Co zu nehmen. Ich hatte leider keine andere Wahl, als eine Woche ohne Handy auszukommen. Wie überlebt man sowas nur? Geht das überhaupt?

Der Anfang vom Ende

Als ich am Montagmorgen aufgewacht bin, ging mein Handy nicht an. Mein erster Gedanke war natürlich nicht, dass jetzt alles vorbei war, sondern dass es nicht richtig geladen hatte über Nacht. Was macht man in so einem Fall also? Natürlich das Smartphone wieder ans Ladekabel hängen, dieses Mal aber überprüfen, dass auch alles wirklich an Ort und Stelle sitzt. Aber irgendwie passierte auch nach ein paar Minuten einfach gar nichts. In dem Moment war ich immer noch relativ entspannt und habe das Handy erst mal neugestartet.

Als es nach mehrmaligem Neustarten immer noch nicht anging, stieg langsam die Panik in mir hoch. Ich musste heute noch von Bamberg nach Greifswald mit dem Zug fahren. Am nächsten Tag musste ich früh aufstehen, da ich ein Seminar hatte. Und das alles sollte ohne Handy funktionieren? Panisch versuchte ich erneut, mein Smartphone irgendwie zu starten und recherchierte auch, wo das Problem liegen könnte. Erst war ich noch hoffnungsvoll, da das Problem auch andere schon hatten, aber die Anleitung, wie man das iPhone wieder zum Laufen bringen konnte, hat bei mir absolut gar nicht funktioniert. Da ich aber bald zum Zug musste, hatte ich erst mal keine weitere Zeit, mich damit zu beschäftigen.

Da kam auch gleich schon das erste Problem der Handy-freien Zeit auf mich zu. Wie hat man heutzutage sein Ticket dabei? Natürlich elektronisch auf dem Smartphone. Jetzt durfte ich nicht vergessen, das Zugticket noch auszudrucken. Zusätzlich dazu habe ich mir sicherheitshalber meine Umsteigezeiten und die Gleise notiert, damit ich auch wirklich in Greifswald ankommen würde. Außerdem habe ich mir einen Wecker von zuhause mitgenommen. Ansonsten hätte ich meine ganzen Kurse um 8 Uhr sicherlich verschlafen.

Als ich wieder in Greifswald war, stiefelte ich am nächsten Tag sogleich zu einem Telekom Laden, um mir dort eine Meinung einzuholen. Der Besuch resultierte schnell in einer Hiobsbotschaft: ich selbst würde das Handy nicht wieder zum Laufen bringen, es sei ein Softwareproblem und müsse eingeschickt werden.

Ich war so intelligent und habe das Smartphone vor einem halben Jahr direkt bei Apple gekauft, da ich damit mein altes iPhone mit Apple Trade loswerden konnte. Das erschien mir damals äußerst clever von mir. Jetzt war es das leider ganz und gar nicht, denn nur ein Apple Händler könne das Handy einschicken, wurde mir beim Telekom Laden mitgeteilt. Der nächste Apple Laden war aber nicht Greifswald aufzufinden, den gab es erst in Rostock. Ohne Handy nach Rostock fahren und wieder zurück? Nein, darauf hatte ich keine Lust. Außerdem müsste ich das bestimmt auch wieder in Rostock abholen. Also entschied ich mich, das iPhone erst einschicken zu lassen, wenn ich wieder zuhause war. So schlimm konnte es doch ohne Smartphone nicht sein….oder??

Von Banküberweisungen, Freunde treffen und Wäsche waschen

Schon ging es weiter mit den Problemen. Ich hatte bei meinem Einzug bei einem Möbelgeschäft Möbel gekauft und ein Möbelstück musste noch nachgeliefert werden. In der Woche vor meinem Handyausfall habe ich von der Firma telefonisch erfahren, dass das fehlende Möbelstück nun geliefert worden war und die Schreiner sich bei mir melden würden, wann sie es bei mir aufbauen würden. Dummerweise funktionierte ja aber mein Smartphone jetzt nicht. Also musste meine Mutter mit der Firma den Termin ausmachen, was echt umständlich war!

Auch ganz andere Probleme stellten sich mir auf einmal. Überweisungen konnte ich jetzt nicht tätigen, da ich bei einer Online-Überweisung einen Code auf mein Handy geschickt bekomme. Rechnungen mussten also erst mal warten.

Zum Glück und komischerweise funktionierte jedoch WhatsApp an meinem Laptop weiterhin. Ohne das wäre ich komplett von der Außenwelt abgeschnitten gewesen.

Dann kam mir auf einmal der geniale Gedanke, dass ich auf Instagram und Facebook auch auf dem Laptop zugreifen konnte. Nur leider stellte sich das schnell als sehr große Enttäuschung heraus. Ich war nämlich so intelligent gewesen, einzustellen, dass mir auf mein Handy eine SMS mit einem Code geschickt wird, wenn man sich bei einem dieser Plattformen mit meinem Profil anmeldet, damit ich nicht gehackt wurde. Falls WhatsApp also nicht mehr funktionieren würde auf meinem Laptop, bliebe mir nur E-Mail schreiben übrig! Hilfe!

Jedoch entpuppte sich WhatsApp am Laptop offen zu haben auch als ein Problem, denn normalerweise schließe ich die App an meinem Laptop, wenn ich einen Kurs hatte. Jetzt konnte ich es natürlich nicht riskieren, die App zu schließen und damit womöglich meine Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt zu verlieren, falls WhatsApp nach dem Schließen nicht mehr funktionieren sollte. Also lebte ich in ständiger Angst, dass mich eine Dozierende oder ein Dozierender in einem Seminar aufriefe, während eine Nachricht eintrudelt und der oder die Dozierende hört, dass ich einen Nachrichtenmessenger offen habe. Deshalb wurden nun alle, mit denen ich viel Kontakt habe, von mir angewiesen, dass sie sich nur zu bestimmten Uhrzeiten bei mir melden durften.

Freunde treffen geht auch ohne Handy, wenn WhatsApp ja am Laptop funktioniert? Sollte man meinen. Allerdings nur, wenn man bereits den Weg zu ihnen kennt. Da ich erst im Oktober hierher gezogen bin, kenne ich mich noch nicht so gut in Greifswald aus. Deshalb mussten mich meine Freunde in meiner handylosen Zeit entweder bei mir zuhause besuchen, wir haben uns in der Stadt an einem mir bekannten Punkt getroffen und ansonsten konnte ich nur zu denen in die Wohnung kommen, bei denen ich davor schon einmal war. Wie ging sowas nur früher in den Zeiten ohne Smartphone?

Wäsche waschen. Das kann man doch bestimmt ohne Handy erledigen, werdet ihr jetzt sagen. In meinem Fall leider nicht! In meinem Wohnheim muss man sich eine App fürs Smartphone herunterladen, die die Waschmaschinen und Trockner in Gang bringen und gleichzeitig Geld von seinem Konto für den Vorgang abbucht. Zum Glück war in der Woche kein Waschtag angesetzt, sonst hätte ich bei meiner Nachbarin klingeln müssen und sie bitten müssen, dass sie meine eigene Wäsche startet.

Auch mein Einkaufserlebnis war anders. Früher hatte ich in meinen Notizen am Handy vermerkt, welche Lebensmittel ich einkaufen wollte. Jetzt hatte ich tatsächlich einen Zettel aus Papier dabei!

Wenn ich, als mein Handy noch mein treuer Begleiter war, spazieren war, habe ich mir entweder Podcasts angehört oder Sprachnachrichten beantwortet. Ich war quasi nie alleine unterwegs. Das sah in der Woche ganz anders aus! Ich weiß tatsächlich nicht, wann ich das letzte Mal davor meine Wohnung verlassen habe, ohne dass ich mein Smartphone dabei hatte. Aber auch alle Warte-Situationen wie am Bahnhof, bei der Kasse am Supermarkt, im Wartezimmer beim Arzt, haben etwas gemeinsam: jeder zückt sein Handy und studiert Social Media oder ähnliches. Ich hatte jetzt dagegen die Zeit, Menschen zu studieren. Ich kann jedem nur empfehlen, das auch mal auszuprobieren! Es ist wirklich sehr spannend und man lernt viel. Insgesamt geht man anders durch die Welt, wenn man kein Smartphone dabei hat. Ich habe die Umwelt bewusster wahrgenommen und habe mich auch irgendwie mehr verbunden mit mir selbst gefühlt, da ich wieder mehr Zeit mit mir alleine hatte. Nur der eigene Kopf quatscht einen voll, wenn man alleine spazieren geht und keine Sprachnachricht einer Freundin oder ein Podcast.

Mein Fazit

Was habe ich in der Zeit gelernt? Nicht alles nur auf seinem Handy abzuspeichern, immer Backups zu machen, einen Wecker in der Wohnung für Notfälle zu besitzen, dass man auch ohne Handy und Kopfhörern spazieren gehen kann und dass man tatsächlich eine Woche ohne Smartphone überleben kann.

Ob ich das noch einmal brauche? Wohl eher nicht. Handys sind einfach Teil unseres Alltags geworden, die man nicht nur für Social Media benutzt, sondern auch, um Überweisungen zu tätigen, oder sich in einer fremden Stadt mit Google Maps zurechtzufinden. Aber ich möchte weiterhin ohne Handy spazieren gehen und auch zukünftig ohne mein Smartphone Warte-Situationen erleben.

P.S.: Mein iPhone funktioniert zwar immer noch nicht, aber mittlerweile habe ich das alte Handy einer Freundin. Jetzt folgt jedoch ein großes ABER. Ihr Handy hat die Hälfte meines Speicherplatzes und jetzt lädt WhatsApp auf dem Smartphone nicht. Zum Glück habe ich jedoch auch Signal und Instagram, sodass es trotz allem immerhin ein Fortschritt ist und ich wieder besser mit der Außenwelt in Kontakt treten kann. Mein kaputtes Handy werde ich jetzt, wenn ich wieder zuhause bin, gleich einschicken.

Beitragsbild: JESHOOTS-com auf Pixabay
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