Kurios aber kostbar: So war der Fleischervorstadt-Flohmarkt 2019

Kurios aber kostbar: So war der Fleischervorstadt-Flohmarkt 2019

Am Sonntag, den 12.05.2019, wurden in der Fleischervorstadt die Bürgersteige runtergeklappt. Bei schönstem Frühlingswetter fand der jährliche und schon 11. Fleischervorstadt-Flohmarkt statt.

Auf improvisierten Theken aus Malertischen, Wäscheständern und Bierbänken vermittelte die Nachbarschaft ihre Schätze und ihren Schrott an neue Besitzer*innen. Wenn die Nachbarskinder nicht selbst ihr altes Lego oder ihre Puppen an ihrem eigenen Stand verkauften, konnten sie ihr Taschengeld in ein relativ neues Schleichtier oder ein neues Puzzle investieren.

Fündig konnten hier alle werden. Auch wenn man nichts suchte, fand man zwischen dem ganzen Krimskrams und Krempel etwas, das man dann doch unbedingt brauchte. Angefangen bei diversen Büchern und DVDs bis hin zu ausgestopften Hirschen, Schreibmaschinen oder Medaillen der Bundesjugendspiele von 1973. Studierende verkauften ihre alten Lehrbücher oder gebrauchten Klamotten, und während eine mitgebrachten Musikbox den ultimativen Bummel-Flair versprühte, wurde um den Preis gefeilscht.

Um zwischen den viele Ständen mal Pause zu machen, boten sich bestens ausgestattete Hinterhöfe an. Es gab Kaffee, Kuchen, selbstgemachte Limonade oder Bier. (Der Döner-Laden hat an diesem Tag wahrscheinlich auch den Umsatz des Jahres gemacht.) Auch vor der Huschecke herrschte ausgelassene Stimmung: bei Long-Drinks, Bier und einem DJ fühlte sich der Sonntag in Greifswald fast wie ein Sonntag in Berlin an.

Der Fleischervorstadt-Flohmarkt ist nicht nur wegen des Stöberns und Findens immer wieder schön. Die Straßen sind voller alter Bekanntschaften und neuer Gesichter. Man entdeckt nicht nur schon lange vergessene Schätze, sondern auch die Nachbarschaft und das Gemeinschaftsgefühl in diesem Viertel ganz neu.

Beitragsbild: Lilli Lipka
Bilder: Anne Frieda Müller

Der Norden erklingt wieder

Der Norden erklingt wieder

In Greifswald tummeln sich bis zum 12.05. verschiedenste Bands, Künstler*innen, Autor*innen und auch der ein oder andere skandinavische Snack. Am Freitag, dem 3.05. startete, wie der Bürgermeister in seiner Rede richtig erkannte, der Nordischer Klang-Monat.

Die Eröffnung am Freitag um 18 Uhr im Theater Vorpommern war von humorvollen Darstellungen und Danksagungen gespickt. Fast alle Redner*innen bezogen sich in ihren Reden auf den Witz von Prof. Dr. Joachim Schiedermair aus der Skandinavistik, der Teil der Festivalleitung ist. Er hat mit Hilfe von moritz.tv einen Auftritt seines Hologramms simuliert. Auf der Leinwand war scheinbar eine Live-Übertragung zu ihm ins Büro geschaltet und der vermeintliche Hologramm- Prof. Dr. Schiedermair lief auf der Bühne hin und her, wie ihm in der Videobotschaft befohlen wurde. Der Gag war gelungen, wie das Publikum mit Lachern und Applaus bestätigte.

Wer ist jetzt der echte Prof. Dr. Schiedermair?

Witzig sollte der Abend werden, denn die Rektorin erklärte, dass der Nordische Klang auch als Endorphin-Schub gesehen werden kann. Oder als Vulkanausbruch der Freude, wie das diesjährige Design verraten soll.

Moment mal! Vulkanausbruch?

Genau, das Schirmherrenland des Nordischen Klangs 2019 ist Island. Das kleine europäische Land, das 2010 durch den Ausbruch eines unaussprechlichen Vulkans plötzlich weltweit in allen Nachrichten war. Der isländische Botschafter selbst spricht auf der Bühne von Vulkanausbrüchen – spricht die Namen ohne mit der Wimper zu zucken richtig aus. Er erwähnt den weltgrößten Ofen, in dem auf Island Brot gebacken werden kann: der Lavaglut eines ausgebrochenen Vulkans.

Auf Deutsch erzählt der isländische Botschafter Martin Eyjólfsson isländische Anekdoten.

Zwischen den Reden kündigte sich die isländische Band Moses Hightower schon an. Im Anschluss an die Eröffnung spielten sie das erste Konzert des Nordischen Klangs 2019. Sie waren schon einmal in Greifswald und freuen sich sehr, wieder hier zu sein. Viele Songs hatten ihr Debüt hier. Das Publikum war von der Musik begeistert. Als die Gruppe nach der Zugabe noch einmal auf die Bühne geklatscht wurde, mussten sie eingestehen, keine Songs mehr in petto zu haben. Die Musik kann als Neo-Soul beschrieben werden. Der melodische Gesang und die Gitarrenmusik wurde von Synthie-Sounds unterstützt oder unterbrochen, immer von hartem Schlagzeug begleitet.

Viele freudige und spannende Veranstaltungen erwarten uns in den nächsten Tagen. Hier erfahrt hier mehr zum Programm: http://nordischerklang.de/programm-2019/

Wer organisiert das Festival eigentlich und wie läuft die Planung ab? Das erklärt Euch moritz.tv hier. Konzertausschnitte und ein Interview mit der Band Moses Hightower findet Ihr hier.

Beitragsbilder: Magnus Schult, Hannah Weißbrodt


Optisch ein Hochgenuss

Optisch ein Hochgenuss

Antigone eine Theaterrezension, geschrieben von einer Amateurzuschauerin, zur Information von Interessierten und Entrüstung von Theaterliebhaber*innen.

„Wär’ ich doch nie auf Eure Schulen gegangen“ – das Resümee von Haimon, Sohn des Tyrannen und Verlobter Antigones in der Inszenierung von Sophokles Klassiker am Vorpommern Theater, wirkt eher wie eine Feststellung. Zuvor ist er mit seinen goldenen Schuhen über das Bühnenbild gefegt und hat verzweifelt versucht, das Schicksal seiner Verlobten abzuwenden. Symptomatisch für alle Männer des Stücks. Empörung, Wut, Verzweiflung und Resignation.

Das Stück „Antigone“ selbst ist über 2000 Jahre alt und vermutlich den meisten Menschen mit einer humanistischen Bildung mindestens vom Hörensagen bekannt. Der Plot, für alle anderen, ist folgender: Antigone, Tochter des berüchtigten mutteraffinen Ödipus, widersetzt sich der Anweisung von Kreon, Herrscher über die Stadt, ihren Bruder zu beerdigen. Der hat im Vorfeld Krieg gegen Kreon geführt und verloren. Als Strafe für ihren Ungehorsam erwartet Antigone nun das Todesurteil. Das Stück ist eine griechische Tragödie, die Hauptfiguren alle miteinander verbandelt – eigentlich braucht man keine Spoiler, um zu wissen, was passieren wird. Es ist also möglich, die Inszenierung unter ganz anderen Gesichtspunkten zu sehen. Sprache, Darstellung, Ausstattung.

Die Sprache, zur Einordnung, ist mehrheitlich aus einer Übersetzung Sophokles aus dem Altgriechischen von 1917 durch Walter Hasenclever. Leichte Unterhaltung wird durch die Sprache von vorneherein ausgeschlossen. Kann man mögen. Muss man aber nicht. In ihrer Inszenierung erweitert Annett Kruschke das Thema des zivilen Ungehorsams um die Genderdimension. „Du bist ein Weib. Gehorche!“ – mit diesem charmanten Einwand wird den Frauen der Stadt nahegelegt, sich der Herrschaft Kreons und der der Männer im Allgemeinen zu unterwerfen. In dem Szenario wird Antigones öffentlicher Gesetzesbruch zu Aktivismus gegen den patriarchalen Status quo. Auch den Männerchor des Stücks hat Kruschke überwiegend mit Frauen besetzt. Bühnenbild und Ausstattung sind aufwendig symbolisch und vereinen stilistisch gleich mehrere Jahrzehnte. Im Camouflage-Anzug Kreons spiegelt sich sein militaristisch-autoritäres Wesen, dessen Prunksucht durch die Accessoires goldener Borten, Schuhe und Krone kombiniert wird. Die Schwestern Ismene und Antigone wirken durch ihre Kostüme wie die symbolische Emanzipation von den 1960er Jahren in die 70er Jahre. Während Ismene zwar äußerlich das Minikleid rockt und empört über die Demütigung ihres gefallenen Bruders ist, sich aber lieber in die Gesellschaft einfügt, wirkt Antigones (Schlag-)Hosenanzug deutlich abgeklärter und kampfbereiter. Überhaupt überstrahlt Feline Zimmermann als Antigone die meisten ihrer Mitspielenden mühelos. Die Antigone Kruschkes und Zimmermanns ist mehr als nur eine Symbolfigur. Diese Antigone hadert mit ihrem selbstgewählten Schicksal und mit dem Bild, dass das Patriarchat von ihr hat.

Ismene bei ihren Geschwistern Antigone und Polyneikes in der Gruft.

Die Inszenierung ist keine leichte Kost, keine wirkliche neue Geschichte, aber wer einen optischen Hochgenuss mit vorsichtiger Neuinterpretation und großartiger Leistung der Hauptdarstellerin sehen will, sollte sich „Antigone“ noch am 12. und am 21. Mai in Greifswald und am 16. Mai in Stralsund ansehen.

Fotos: Vincent Leifer, Theater Vorpommern

Was geht denn ab? – Leoniden!

Was geht denn ab? – Leoniden!


Am vergangenen Freitag durfte sich Greifswald gleich zweimal über hohen Besuch freuen: Neben Robert Habeck, dem Bundesvorsitzenden der Grünen, verirrte sich auch die Kieler Indie-Band Leoniden in unser beschauliches Städtchen und sorgte bei ihrem Konzert im IKUWO für einen unvergleichlichen Abend.

Ein Beitrag von Paulina Goerg und Lena E. Schröpl.

2017 erschien ihr Debütalbum „Leoniden“ und nur eineinhalb Jahre später folgte bereits die zweite Platte mit dem Titel „Again“ – alles unter dem bandeigenen Label „Two Peace Signs“.  Seitdem werden die fünf Jungs von wachsendem Erfolg begleitet, spielen Konzerte und auf Festivals in ganz Deutschland und darüber hinaus. Moment – so eine Band in Greifswald? Ja, tatsächlich. Und dass Konzerte dieser Art hier keine Selbstverständlichkeit sind, merkte man dem Publikum auch mehr als deutlich an. Bereits während des Auftrittes der Rostocker Vorband Subbotnik, die ein „Krassover“ aus deutschem Hip-Hop, Rock und Synthie-Beats ablieferte, war der Saal bis unters Dach gefüllt und tobte vor Energie – im Gegensatz zu manch anderen Konzerten, bei denen der Support nicht so viel Anerkennung erhält. Dort gehen viele noch einmal an die Bar oder raus, um eine zu rauchen und sich die Wartezeit zu vertreiben.

Trotzdem schaffte es das Greifswalder Publikum sich nach einer dreißigminütigen Umbaupause selbst zu übertreffen, als es gegen 21 Uhr den sehnsüchtig erwarteten Hauptact des Abends im Sprechchor auf die Bühne rief: „Was geht denn ab? – Leeeoniden!“ Dieser Spruch erklang im Laufe des Abends immer wieder – und ist auch wahr, denn die Leoniden gingen zweifellos ab, so sehr wie wir es bisher selten erlebt haben. Dabei ließen sie sich auch nicht von der eher kleineren Bühne abhalten. Die Menge sprang vom ersten Ton an losgelöst mit und kurz nach Beginn des Konzertes wurde auch der Moshpit eröffnet. Es ist schwer zu sagen, wer hier energiegeladener war, ob Band oder Publikum. Live haben die Songs der Leoniden nochmal einen ganz besonderen Charakter bekommen und man konnte gar nicht anders als ausgelassen mitzufeiern und sich von dieser einzigartigen Stimmung überströmen zu lassen.

Die Leoniden äußerten sogar ein wenig Reue, nicht schon viel früher in Greifswald gespielt zu haben und die Freude über das Konzert sowie das Publikum war ihnen deutlich anzusehen. Liebe Leoniden, danke für diesen großartigen Abend, kommt bald wieder!

(Und alle Bands da draußen: Stattet doch auch kleineren Städten häufiger mal einen Besuch ab! Ihr werdet es ganz sicher nicht bereuen.)

Beitragsbild: Lena E. Schröpl.

Podiumsdikussion zur Europawahl

Podiumsdikussion zur Europawahl

Im Mai steht die Europawahl vor der Tür.

Am 24.04. startet die Bustour „Grenzenlos Europäisch“ der JEF (Junge Europäische Föderalisten) Deutschland zur Europawahl 2019.
Der Bundesverband der JEF Deutschland, der Landesverband JEF MV und die Europa-Union MV richtet an diesem Tage gemeinsam eine Podiumsdiskussion zum Thema aus.

Die Podiumsdiskussion „Grenzenlos Europäisch – Warum braucht MV Europa?“ findet also schon morgen (!) statt.
18 Uhr wird im Hörsaal 2 des Alten Audimaxes (Rubenowstraße 1 – 17489 Greifswald) gestartet.

Zu Gast sind Claudia Müller, MdB(Grüne), Sonja Steffen, MdB(SPD) und Thomas Lenz, Staatssekretär im Ministerium für Inneres und Europa.

Die Veranstaltung soll etwa zwei Stunden dauern. Marcel Knorn moderiert das Ganze und natürlich hat auch das Publikum an diesem Abend die Möglichkeit Fragen an die Gäste zu stellen.

Mehr informationen erhaltet ihr auch auf der Seite der JEF MV.

Wer keine Zeit hat, der Podiumsdiskussion beizuwohnen oder diese verpassen sollte, der kann sie voraussichtlich ab Freitag bei moritz.tv auf YouTube oder Facebook ansehen.

Bild: JEF MV

Photo by Waldemar Brandt on Unsplash

How to Capufaktur international

How to Capufaktur international

In Greifswald heißt der Verein Capufaktur, international gibt es aber noch mehr solcher jungen Beratungen, junior enterprises. Von Gabriel aus Brasilien haben wir mehr dazu gelernt – diesmal auf Englisch!

The idea of junior enterprises started 1967 in France. The students of the Paris School of Business learned everything about business administration and the techniques but they never had the chance to apply their knowledge and gain practical experience. Some students made it their business to change this situation and started to consult companies. The movement grew and spread fast and a European network, the JADE, was formed. During the next years the movement became even bigger and junior entrepreneurships were founded in Brazil, the United States, Vietnam and Tunisia. The movement in Brazil, for example, had an extremely strong growth and is now even bigger than the movement in Europe.

Through the network of junior enterprises (JE) the members have opportunities to get to know other JEs worldwide and learn from each other. Two times a year the global JE movement offers this opportunity to their members. You apply for a continent, do an interview and a lot of JEs get to know your profile. You meet the JEs who like your profile so you get to know each other. Finally, they decide where you will go. The exchange takes usually two to six weeks.

The aim of this international exchange program is to connect and exchange ideas. All groups are from the same movement in different countries and cultures. With this exchange the JEs learn about new ways of thinking, how to see things and how to do business. This is also a chance to get to know other cultures and countries and their lifestyles.

Gabriel is a JE exchange student from Brazil who studies psychology in Brasilia, the capital city of Brazil. He came to Greifswald for one month and stayed at different Capufaktur members’ places. During his exchange he participated in the Capufaktur club work and took part in the membership meetings and executive meetings as well. In these meetings the team discussed different issues and Gabriel was glad that he could give new input. The exchange is a great benefit for both sides – the attendee and the JE club. Capufaktur even took Gabriel to a small convention in Halle where he met other JEs from throughout Germany.

Gabriel helped the Capufaktur to develop a new strategy, which is important for the junior enterprises. They plan on how to achieve their goals and discuss their methodology. At the same time it is essential to incorporate the mission, vision and the values of the junior enterprise in their strategy.

The Brazilian JEs work mainly with entrepreneurship, while in Germany consulting is more prevalent. The ideas are similar to each other but the results are different. In Brazil your JE work is combined with your field of study. For example, Gabriel studies psychology and his JE consults on human resources. In Greifswald the Capufaktur consults in the fields of marketing and business. Another difference is that Brasilia is much bigger than Greifswald, so the number of JEs is much bigger as well. There are JEs with different strategies and they compete against each other. But overall the JE movement is about collaborative work. The JEs learn from and support each other.

Even though he had to pay for the flight and a little fund for his exchange, Gabriel told us that the experience was worth the price. He appreciates that the people are all students with the same mindset who still can learn a lot from each other. Both parties try to develop themselves and the exchange helps to encourage this. And even in completely different fields the exchange students can learn something new: Gabriel saw snow for the first time.

All JEs have the same goal: to help companies to develop and to help people with less money to make more money. Especially in developing countries the junior enterprise movement is a great opportunity where students have the chance to use their knowledge to help local businesses. Most of the JE work is offered for free or for a small price.

Besides the international exchange program, the international JE movement offers more opportunities for their members. There are international conferences every JE which is part of the JADE gets invited to. The members who want to attend must apply and when accepted, pay a fee of 50 Euros and the flight to the city in one of the 15 countries.

The students also have the opportunity to take part in an apprenticeship in the JE headquarter in the suburbs of Brussels. The attendees learn how to hold a workshop, how to design flip charts and how to moderate discussions. In one week they become managers. With their knowledge they can hold workshops on different topics at international conferences for members from all over the world.

You can always apply for a junior enterprise. It is an opportunity to practice all the things you are learning at university. At the same time all members are students, so it is a way of learning and committing mistakes on a level playing field. Once you are in it you will love the movement and the things you can do. You will find your professional way and see all the benefits and the big impact on your personal development – until you give a speech next to the former minister of environment of Sweden.

Beitragsbild: webmoritz.