Geschichte wiederholt sich?

Geschichte wiederholt sich?

Am 18. Mai postete der Fachschaftsrat Geschichte ein offizielles Statement auf einem inoffiziellen Instagramaccount (@frsgesch). In diesem wurden Vorwürfe gegen unterschiedliche Stellen der Universität erhoben. Es herrsche ein Ungleichgewicht in der Zusammenarbeit, dem FSR würde die Arbeit erheblich erschwert und auf Grund der daraus entstehenden psychischen Folgen wäre die einzige Konsequenz gesammelt zurückzutreten. Dies wirkt außergewöhnlich, bedenkt man die kurze Zeit im Amt. Um den Geschehnissen auf den Grund zu gehen, haben die moritz.medien sich genauer erkundigt.

Wie über viele Stellen der Universität kursierten auch über den alten Fachschaftsrat Geschichte (2023/24) diverse Gerüchte. Es gibt eine erschreckend hohe Anzahl an nicht aufgearbeiteten Awarenessfällen in zahlreichen Bereichen der Universität. Immer mehr Fachschaftsräte machen Awareness deshalb zu einem zentralen Thema. So auch der alte FSR Geschichte, der dem nachgehen wollte und sich daher entschied eine Onlineumfrage unter den Studierenden des Historischen Instituts durchzuführen. Größter Knackpunkt hierbei: die Umfrage wurde über Google durchgeführt, sie war also weder repräsentativ noch datenschutzrechtlich konform. Das Image des Fachschaftsrates Geschichte litt sehr darunter. Auf Rückfrage beim AStA, weshalb ein Neuanfang nötig gewesen wäre, berichtet dieser, dass es zu Schwierigkeiten zwischen dem Institut und dem FSR gekommen sei. Ein Aufpolieren vom Image war also dringend notwendig. Im Januar begann die neue Wahlperiode und mit großer Spannung wurde eine Neuaufstellung (2024/25) erwartet.

Laut Angaben des nun zurückgetretenen FSRs Geschichte (2024/25) machte dieser sich auch direkt an die Arbeit. Es habe zwei Awarenessbeauftragte gegeben, die sich eingehend mit der Ausarbeitung eines neuen Awarenesskonzepts auseinandergesetzt hätten. Keypunkte in diesem wären gewesen: Einen Safespace bei Veranstaltungen zum Rückzug zu schaffen, klar erkenntlich als Awarenessperson aufzutreten und auch die Idee eines Safe Words habe im Raum gestanden. Die Idee dahinter lässt sich mittlerweile auch in vielen Bars finden. Betroffene können einen bestimmten Drink an der Bar bestellen. Der Name des Drinks ist nicht auffällig, die Person an der Bar weiß durch die Bestellung aber Bescheid, dass Hilfe benötigt wird. Laut FSR wäre die Idee des Safe Words auch vom AStA aufgegriffen worden und bei den Awarenessschulungen an die Teilnehmenden weitergegeben worden. Nach eigenen Angaben hätte der neu gewählte Fachschaftsrat sich klar von dem alten abgrenzen und neue Konzepte und Ideen in Bezug auf Awareness erarbeiten und umsetzen wollen.

Warum kam es also zu einem kollektiven Rücktritt nach so kurzer Zeit im Amt, wenn doch eigentlich alles so vielversprechend startete? Wird ein Blick auf das Statement geworfen lässt sich entnehmen, dass die Arbeit des FSRs von vielen Seiten eingeschränkt wurde. Im Interview äußert der zurückgetretene Fachschaftsrat, dass ein gutes Beispiel für diese Einschränkung der Umgang des Historischen Instituts mit dem neu erarbeiteten Awarensskonzept gewesen sei. Es habe ein gemeinsames Gespräch darüber gegeben, in dem jedoch nicht zugesichert werden hätte können einen Rückzugsort zu schaffen. Der dafür angedachte Raum könnte in Zukunft eventuell für andere Zwecke gedacht sein. Als Kompromiss wäre sich für Plakate entschieden worden. Diese wurden in den Räumlichkeiten des Instituts aufgehangen. Darauf dargestellt seien die verschiedenen Anlaufstellen für Betroffene.

So weit so harmlos. Dieser Umstand allein kann nicht zu einem Rücktritt geführt haben. Um diesen zu verstehen, ist es sinnvoll einen Blick auf den Ablauf der Geschehnisse zu werfen. Der Beginn der Misere war eine Einladung zu einem Gespräch vom Historischen Institut an den FSR. Dieser schildert, dass einzelne Mitglieder während des Gesprächs am Anfang der Woche mit unterschiedlichen Vorwürfen konfrontiert worden wären. Es sei sofort eine Stellungnahme und ein kollektiver Rücktritt verlangt worden. Daraufhin wäre seitens des Fachschaftsrates um etwas Zeit gebeten worden, um den Anschuldigungen nachgehen zu können und sich intern zu besprechen. Es wurde eine Frist zum Ende der Woche gesetzt, gäbe es bis dahin keine Reaktion käme es zu Konsequenzen seitens des Instituts. Der FSR erläutert im Interview, dass es im Verlauf der Woche noch zu weiteren Gesprächen mit dem Institut gekommen wäre. Mit dabei sei auch eine Person aus dem Rektorat gewesen. Auf Anfrage teilt das Rektorat mit, dass es lediglich Kenntnis über den Rücktritt aus der an die Mitglieder der Hochschule geschickten Mail habe. Über weitere Sachverhalte bezüglich des Themas gäbe es keine weiteren Informationen.

Weiterhin erläutert der Fachschaftsrat, dass sich parallel zu den Gesprächen mit dem Institut einzelne Mitglieder darum bemüht hätten den Anschuldigungen nachzugehen und Rat von anderweitigen Stellen der Universität einzuholen. Die Vorwürfe wären sehr ernstgenommen worden. Nach intensiver Beschäftigung hätte sich ergeben, dass die Anschuldigungen nicht haltbar seien.

Auf Anfrage bezüglich des Verlaufs der Geschehnisse gibt der AStA an, dass der FSR vor der gesetzten Frist um eine Beratung gebeten hätte. Dem FSR wäre von einer Stelle der Universität mit einer Kassensperrung durch den AStA gedroht worden. Von dieser Androhung habe der AStA bis zum Beratungsgespräch jedoch keine Kenntnis gehabt und eine solche Androhung durch eine andere Stelle als dem AStA selbst sei nicht rechtens. Berufen wird sich hierbei auf die Selbstständigkeit und die Selbstverwaltung der Studierendenschaft. Die Arbeit des AStA wäre an die Satzung des Landeshochschulgesetzes und die Satzung der Studierendenschaft gebunden. Zudem teilte der AStA uns auf Anfrage mit, dass er gebeten wurde als neutrale Instanz einem Gespräch zwischen ausgewählten Mitgliedern des FSRs und dem Historischen Institut beizuwohnen. Dieses Gespräch fand nach dem Ablauf der vom Institut gesetzten Frist statt. Der Fachschaftsrat schildert, dass bei diesem Gespräch andere Vorwürfe im Raum gestanden hätten als die zu Beginn geäußerten. Von Fristen sei keine Rede mehr gewesen und auch ein kollektiver Rücktritt wäre nicht mehr gefordert worden. Den neu geäußerten Vorwürfen gingen die Mitglieder des Fachschaftsrates ebenso nach wie den zuvor geäußerten. Auf Grund des anhaltenden erhöhten psychischen Drucks auf alle Mitglieder entschied sich der FSR jedoch parallel dazu kollektiv zurückzutreten.

Wir haben den AStA gefragt, ob dieser von Fehlverhalten oder rechtlichen Bedenken bezüglich des zurückgetretenen Fachschaftsrates wisse. Beides verneinte dieser. Die Arbeit wäre erledigt worden, wie sie sein solle. Kenntnis von Schwierigkeiten habe der AStA erst erhalten als die Mitglieder vom FSR zur Beratung bezüglich der angedrohten Kassensperrung zu ihm kamen. Auf die Frage weshalb auch der AStA im Zusammenhang mit dem Ungleichgewicht in der Arbeit genannt wurde, nennt dieser ein Missverständnis bezüglich des Institutsrats. Hier wäre es auf Anraten des AStA zu einer Umfrage für die Aufstellung eines*r studentischen Kandidaten*in durch das Institut gekommen, obwohl diese Aufgabe eigentlich in den Arbeitsbereich des FSRs falle. Dies hätte parallel stattgefunden, weil nicht bekannt gewesen wäre, dass dieser sich bereits darum gekümmert hatte. Darauf angesprochen winkt der FSR jedoch ab und sagt, dass daraus kein Problem entstanden sei.

Wir haben im Zuge der Recherche neben dem Rektorat auch das Historische Institut um die Beantwortung einiger Fragen rund um die Geschehnisse gebeten. Uns wurde mitgeteilt, dass die Beantwortung aus datenschutzrechtlichen Gründen und zum Schutz der Studierenden nicht in Frage käme. Ohne diese Beantwortung bleiben leider viele Fragen bezüglich des möglichen Eingriffs in die studentische Selbstverwaltung offen.

Beitragsbild: Keegan Everitt


Zur Person der*des Autor*in

Einer kommt, einer geht – blond besteht

Einer kommt, einer geht – blond besteht

Am 01. April hat Lukas Voigt das Amt des studentischen Prorektors an unserer Universität übernommen. Er tritt in die Fußstapfen von Hennis Herbst, der als Erster dieses Amt an der Universität Greifswald inne hatte. Die moritz.medien haben sich mit beiden zu einem Interview getroffen, um zu besprechen, was sie umtreibt. Da das Interview ausführlich geführt wurde, haben wir die Fragen in übergreifende Themenblöcke eingeteilt. Die Reihenfolge der Fragen entspricht der Reihenfolge des Interviews.

1. Block: "Ein Resümee"

moritz.medien: Hennis, Du warst jetzt zwei Jahre im Amt. Wie geht es Dir nach der erfolgreichen Amtsübergabe?

Hennis: Sehr gut, ich besuche wieder außergewöhnlich viele Seminare. Da bin ich vorher dann doch eher weniger zu gekommen.

 

moritz.medien: Wenn Du auf deine Amtszeit zurückschaust, worauf bist Du besonders stolz?

Hennis: Ich habe ja nicht nur das Prorektorat gemacht, sondern war vorher auch AStA Vorsitzender. Das habe ich während der Corona Zeit angefangen. Der wichtigste Meilenstein war das Erkämpfen der Verlängerung der Regelstudienzeit für die Corona-Semester. Damals standen wir in intensivem Austausch mit der Landesregierung. Das Andere war die Änderung der Rahmenprüfungsordnung, da haben wir einen Prüfungsversuch mehr erkämpft. Und dann während meiner Amtszeit im Rektorat erinnere ich mich gerne an die Proteste zurück, die wir organisiert haben. Das Land hatte ja sehr umfangreiche Kürzungen angekündigt an den Hochschulen. Da haben wir uns als Studierendenschaft mit den anderen Standorten mobilisiert und uns zur Wehr gesetzt. Es hat nicht ganz gereicht, wir hatten trotzdem Kürzungen, aber es konnte ein beträchtlicher Teil zurückgenommen werden. Wir haben unter anderem erkämpft, dass die Studierendenwerke mehr Geld bekommen haben, als Krisenausgleich. Damit zum Beispiel die Mensa- und Wohnheimpreise stabil bleiben. Zusätzlich haben die auch eine weitere Stelle für die Psychosoziale Beratung bekommen. Auch das ist ein Erfolg der letzten Jahre. Das sind so die großen Themen über die ich dann doch sehr glücklich bin.

 

moritz.medien: Wenn Du darauf zurückblickst, wo hätte es besser laufen können?

Hennis: Was die Finanzierung der Hochschulen und des Studierendenwerks insgesamt anbelangt, sind wir natürlich trotzdem noch sehr knapp ausgestattet hier in Mecklenburg-Vorpommern. Da könnte noch mehr gehen und das sind ja auch Probleme, die alle Studis im Alltag hier merken. Grad wenn ich an das Studierendenwerk denke, was die Ausstattung von Wohnheimplätzen angeht. Da haben wir in Greifswald eine Unterversorgung. Daran haben die letzten Jahre auch nichts geändert, das mit dem Wohnungsmarkt ist auch eher schlimmer geworden, weil auch durch die Krise die Preise gestiegen sind. Was mir auch Sorgen macht, ist die Studienfinanzierung insgesamt. Ich hatte, als ich im AStA angefangen habe, einen Termin mit der damaligen Bundesbildungsministerin. Und die habe ich da schon gefragt, wie es mit einer BAföG-Reform aussieht. Es ist sehr unbefriedigend, dass hier nur 16% der Studierenden BAföG erhalten. Die sagte mir damals klipp und klar, dass es das mit ihr nicht geben würde. Da müsse ich auf die nächste Regierung warten. Jetzt haben wir eine andere Regierung, aber immer noch keine anständige Reform. Jetzt haben wir da eine minimale Erhöhung gesehen, und eine weitere Welle mit dem Startgeld für einige Studierende von 1000€. Das ist ja an sich keine Studienfinanzierung, die einer breiten Studierendenschaft hilft. Da seh‘ ich große Baustellen.

 

moritz.medien: Finanzen bleiben also weiter ein schweres Thema und die Lage sieht nicht grade rosig aus. Lukas, weshalb hast Du dich angesichts der schwierigen Lage auf das Amt beworben?

Lukas: Ich hab zusammen mit Hennis 2021 im AStA angefangen und auch den AStA Vorsitz gemacht für ein Jahr. Ich war jetzt ein Jahr im Studierendenparlament und ich will einfach weiter Dinge anpacken und bewegen. Gerade weil wir so viele Sachen haben, die angegangen werden müssten. Da glaube ich, dass es vor allem eine starke Stimme im Rektorat braucht, weil dort auch andere Sachen bewegt werden können. Zum Einen innerhalb der Universität, aber wie Hennis eben gesagt hat, auch auf Landesebene. Mit den jeweiligen Kontaktpersonen muss man da ins Gespräch kommen und eine starke Stimme für die Studierenden sein. Das möchte ich gern sein. Grade wenn wir über Wohnungsbau reden. Wir sind bei ca. 8% was die Versorgung mit Wohnheimplätzen angeht und wir haben enormen Sanierungsbedarf. Da braucht es Mittel vor allem von Landesebene und dafür müssen wir uns als Studierende einsetzen, auch hochschulstandortübergreifend.

 

moritz.medien: Wird das zu den großen Herausforderungen in deiner Amtszeit gehören?

Lukas: Ich glaube, die größte Herausforderung wird sein, nicht nur große Sachen anzupacken, sondern sie auch zu Ende zu bringen. Das sind teilweise sehr sehr lange Prozesse. Also so ein Wohnheim baut sich nicht in zwei Jahren. Das braucht vier bis fünf Jahre, bis das auch steht. Die Prozesse müssen so schnell wie möglich vorangetrieben werden; es muss alles mögliche getan werden, um sie auch zu einem Ende zu bringen.

 

moritz.medien: Wenn Du sagst, dass solche Dinge wie ein Wohnheim zu bauen länger braucht als eine Amtszeit. Was kannst Du konkret dafür tun, dass die Dinge auch über Deine Amtszeit hinweg funktionieren und zu Stande kommen?

Lukas: Ich steh‘ jetzt schon im Austausch mit dem Studierendenwerk darüber. Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit Frau Dr. Wolf-Körnert, der Leiterin des Studierendenwerkes. Und da geht es vor allem darum, Fördermöglichkeiten für den Wohnungsbau zu ermöglichen. Es gibt da von der Bundesebene ein Projekt, das heißt „junges Wohnen“. Und da geht es vor allem um die Fördermöglichkeiten aber auch um den Förderrahmen. Also in Mecklenburg-Vorpommern liegt der ungefähr bei 11%, wenn man da einen Antrag auf Förderung stellt für soziale Wohnungen. Das ist nicht ausreichend. Da geht es erstmal darum die Rahmenbedingungen gemeinsam mit der Politik und den Ministerien zu schaffen. Um das dann voranzutreiben, muss man nachhaken und nervig dranbleiben.

 

2. Block: "Das Repräsentationsproblem"

moritz.medien: Der Ausschreibungsprozess des Amtes des studentischen Prorektorats wurde die letzten Jahre vermehrt kritisiert. Kernpunkt der Kritik war, dass der Ablauf der Ausschreibung sehr intransparent ablief. Seht ihr Verbesserungsmöglichkeiten für diesen Prozess?

Hennis: Ich hab‘ das ja jetzt mehrfach durchlaufen und von beiden Seiten erlebt. Manch einer mag sich erinnern, dass es, bevor ich das gemacht habe. schon eine Ausschreibung gab und auch den Versuch, das studentische Prorektorat zu besetzen. Das ist leider nicht geglückt. Aber damals habe ich mich zum Beispiel auch um die Ausschreibung gekümmert und kann mich daher gut daran erinnern. Wir haben damals alle Studierenden aufgerufen, sich zu bewerben, und auch beschrieben, was das Amt leisten muss. Und so war es dann auch bei der Ausschreibung, als ich mich beworben hab‘. Bei der Ausschreibung, bei der ich mich das zweite mal darauf beworben habe, wurde der AStA vom StuPa kritisiert, weil eine Inforundmail vergessen wurde. Das ist natürlich sehr bedauerlich und natürlich ist das eine Position, die alle Studierenden angeht. Und deswegen sollte das auch eigentlich eine breite Basis treffen. Es sei mal dahin gestellt, wie groß dann das eigentliche Interesse ist, aber es sollte natürlich mit dem Wunsch rangegangen werden, da möglichst viele mit einzubinden. Und das ist ja jetzt bei der Ausschreibung von Lukas ganz gut gelaufen.
Lukas: Das lief auf jeden Fall besser. Also der Ablauf ist bisher, dass es dazu einen Antrag im StuPa gibt, mit dem sich auf ein Verfahren geeinigt wird. Deswegen würde ich sagen, dass das diese Legislatur und Ausschreibung besser eingehalten wurde, als davor. Ich glaube es wäre sehr wichtig, das ganze in der Satzung zu verankern. Das ist natürlich etwas langwieriger, das hat Hennis auch schon mit angestoßen. Und dann gibt es natürlich, wie bei allen Ämtern, den Weg das wirklich gut zu bewerben. Also dass in der Studierendenschaft versucht wird, Aufmerksamkeit für diese studentische Selbstverwaltung zu bekommen und das die Ämter prominent beworben werden. Das hat aber nicht nur was mit dem studentischen Prorektorat zu tun. Das sehen wir auch bei den FSRs oder bei den AStA-Stellen. Da müssen wir generell bessere Arbeit machen und vermitteln, dass wir hier was schaffen können, wenn wir uns engagieren.

 

moritz.medien: Das Problem der Sichtbarkeit des Ehrenamts in der Hochschulpolitik besteht schon länger. Waren die bisherigen Versuche, das zu verbessern einfach erfolglos?

Lukas: Es gibt schon Wege, und der AStA beispielsweise hat schon gute Wege gefunden, auf Veranstaltungen hinzuarbeiten. Wir müssten halt mehr auch diese Ausschreibungsverfahren am Anfang der Wahlperiode öffentlich machen. Zum Beispiel über die Mensaaufsteller und solche Kleinigkeiten, um diese Ämter auch präsent im Alltag der Studierenden sichtbar zu machen. Am Ende des Tages sollten wir uns nicht nur darauf verlassen, dass wir die Posten gut ausschreiben und gut bewerben, sondern es geht auch darum, eine gewisse Wertschätzung für das Ehrenamt an unserer Universität zu schaffen. Und auch zu zeigen, dass wir Dinge bewegen können. Es gibt viele Sachen, die wir als Studierende durch WSP-Mittel (Wohnsitzprämie) finanzieren, oder wir arbeiten mit Studierendenclubs zusammen. Vielleicht muss das auch ein bisschen präsenter werden, dass das alles ehrenamtlich getragen wird von uns als Studierenden. Und dass es einen gewissen Mehrwert hat, wenn man sich hier engagiert vor Ort.

Hennis: Da würde ich gern auch noch mal anschließen. Als ich im AStA angefangen habe, da waren wir zu viert. Das mag man sich heute gar nicht mehr vorstellen, weil der AStA seitdem auch nahezu immer voll besetzt war. Wir hatten ja auch früher StuPa-Legislaturen in denen nicht mal genug Kandidierende fürs StuPa da waren. Das ist inzwischen auch nicht mehr so. Nach den Corona-Jahren ist da auch wieder etwas mehr Schwung reingekommen. Insofern würde ich es nicht ganz negativ sehen. Andere Hochschulen haben da auch noch weitaus größere Herausforderungen, was das Engagement angeht. Aber ansonsten stimme ich dem zu, dass man darauf aufmerksam machen muss und das auch über Themen machen kann. Wenn wir dann über die Themen reden, dann sehen wir ja auch, dass sich viele Studierende dafür interessieren. Ich erinnere an die Urabstimmung zum Semesterticket. Da sehen wir, dass die Themen schon ankommen und die Studierenden sich auch interessieren.

 

moritz.medien: Laut den Angaben der Uni Greifswald von 2023 sind 10.356 Personen an der Uni eingeschrieben. Davon sind mehr als die Hälfte weiblich, divers oder haben keine Angabe gemacht. Es drängt sich die Frage auf, weshalb schon wieder ein Mann im studentischen Prorektorat sitzt.

Lukas: Die Frage kann ich nicht abschließend beantworten, einfach weil ich auch keine FLINTA* Person bin. Also es wäre falsch, wenn ich sagen würde, ich kenne die Gründe, weshalb sich keine FLINTA* Person beworben hat. Ich glaube aber auch, dass es natürlich an den Rahmenbedingungen und an den Ansprüchen, die an das Amt gestellt werden, liegt. Hennis hat schon gesagt: In der Vergangenheit hat er eher an wenigeren Veranstaltungen teilgenommen. Das hat damit zu tun, dass man ein hohes Arbeitspensum hat, das nicht immer sehr attraktiv ist. Manchmal wird das Studium dadurch auch komplizierter. Deshalb trauen es Leute sich vielleicht nicht zu. Das ist ein Erklärungsgrund.

Hennis: Ich hab‘ mir da natürlich auch drüber Gedanken gemacht. Auch weil ich ja nicht nochmal kandidiert habe, mein Ende war in dem Amt absehbar. Ich habe mich da auch bemüht, Frauen anzusprechen, die ich in der Hochschulpolitik kennenlernen durfte. Ob sie nicht Lust hätten sich darauf zu bewerben. Ich hab‘ leider immer nur Ablehnung gehört aus den Gründen, die Lukas auch schon genannt hat. Dass in dem Moment das studienorganisatorisch nicht hingehauen hat, oder man schon eine andere Position in der Hochschulpolitik hat und das auch lieber weiter machen möchte. Das ist dann natürlich auch zu respektieren. Das muss nicht für alle gelten, aber das waren so die Gründe, die mir entgegengebracht wurden.

Lukas: Die Bewerberlage war ja generell sehr gering. Es gab zwei Kandidierende. Vielleicht kann man auch generell sagen, dass wir darauf achten müssen, dem Amt eine gewisse Nahbarkeit zu geben. Damit auch gesehen wird, was den Job ausmacht. Durch mehr Transparenz trauen sich das vielleicht auch mehr Leute zu. Ich glaube auch, dass das natürlich FLINTA* Personen machen können. Dass es auch Leute machen können, die FSR-Erfahrung haben. Oder auch Erfahrung im AStA gesammelt haben. Und wenn wir das vermitteln, dann hilft es natürlich dabei, auch dort mehr Leute für Hochschulpolitik zu gewinnen.

 

moritz.medien: Das wäre also auch ein Ansatz um nächstes Mal andere Personen direkter anzusprechen? Also das Amt und den Alltag einfach bis dahin transparent zu gestalten?

Lukas: Auf jeden Fall. Aber es ist ja auch nicht so, dass das bisher nicht gemacht wurde, wie Hennis schon meinte. Wir haben versucht, auf FLINTA* Personen zuzugehen und auch auf Personen, die momentan noch nicht in einem Amt sind. Es ist auf jeden Fall ein Ziel, das zu verbessern, das wäre gut.

 

moritz.medien: Hennis, Du bist stellvertretender Landesvorsitzender der Linken MV. Lukas, Du bist aktiv bei der Linksjugend MV. Ihr beide wart davor auch hintereinander als AStA-Vorsitz tätig, jetzt löst der eine den anderen im Amt des studentischen Prorektors ab. Man könnte meinen, das Amt würde innerparteilich weitergereicht werden. Weshalb glaubt ihr trotz diesem sehr ähnlichen Werdegang und den gleichen Positionen, die Vielfalt der Studierendenschaft repräsentieren zu können?

Hennis: Ich war bei meiner Bewerbung damals schon Mitglied der Linken. Seit Beginn bin ich auch sehr transparent damit umgegangen. Das fand ich sehr wichtig. Dazu kommt, dass in der Hochschulpolitik und auch im Rektorat die Parteipolitik eigentlich keine Rolle spielt. Man hat natürlich einen politischen Kompass. Und natürlich schlägt der auch aus, wenn man dann eine andere Funktion besetzt wie beispielsweise das studentische Prorektorat. Aber es ist ja nicht so, dass man da Parteipolitik machen würde. Ich bin da auch nicht auf Interessenskonflikte gestoßen und hatte immer den Eindruck, dass ich das vor allem immer die Meinung der Studierenden gut repräsentieren konnte. Das war für mich bei allen Entscheidungen maßgeblich, die ich da getroffen habe.

Lukas: Ich würde auch noch dazu ergänzen, dass es eher ausschlaggebend war, dass wir beide schon viel in der Hochschulpolitik gemacht haben. Hennis hat dieses Amt etabliert und dafür gesorgt, dass wir das studentische Prorektorat haben. Und ich habe mir nach meiner Zeit im AStA auch gesagt, dass ich auf dieses Amt auch nochmal Lust hätte, und dass ich es mir zutraue. Da spielt natürlich eine Rolle, dass wir die Jahre davor Erfahrung gesammelt haben. Was mir auch wichtig ist, ist dass wir natürlich trotzdem alle Studierenden repräsentieren wollen. Das war auch immer mein Anspruch. Schon vor meiner Wahl habe ich mich mit den anderen Hochschulpolitischen Gruppen zusammengesetzt, mich dort vorgestellt und bin auch in den Austausch gegangen. Das möchte ich auch weiter leben. Auch mit den studentischen Senatoren stehe ich in gutem Austausch. Sodass wir da auch auf Hochschulpartei-Gruppenbasis einen guten Austausch pflegen und Ziele zusammen verfolgen.

 

3. Block: "Große Erwartungen – kleines Geld"

moritz.medien: Wie sähe das denn konkret aus, wenn Entscheidungen anstehen? Holst Du dann erstmal die Meinungen von allen hochschulpolitischen Gruppen ein?

Lukas: Hennis hat schon als ein Ziel von ihm angegeben, dass die Änderung der Rahmenprüfungsordnung anstand. Die steht jetzt wieder an, es gab wieder entsprechende VV-Anträge (Anträge in der studentischen Vollversammlung). Da ging es vor allem darum, die Anmeldezeit für Prüfungen zu verkürzen. Da sind wir grade am Anfang des Prozesses. Da geht es darum, eine Arbeitsgemeinschaft zusammen mit dem Prüfungsamt und dem AStA zu bilden, um alle Studierenden vertreten zu können. Im zweiten Schritt geht es dann auch darum, die Meinung studentischer Senatoren einzuholen. Da kann ich mir auch gut vorstellen, zu einer Runde einzuladen und den Sachverhalt zu diskutieren, um alle Perspektiven einzuholen. Ich studiere Politik und Kommunikationswissenschaft. Ich weiß nicht, wo in Biochemie der Schuh drückt. Das können natürlich die anderen aktiven Leute in der Hochschulpolitik schildern und ich glaube, dieser Austausch ist sehr wichtig fortzusetzen. Eine Idee wäre auch, eine Veranstaltung mit den FSRs auf dem Dies Academicus zu machen. Es geht darum, im Austausch zu sein.

 

moritz.medien: So wie die Notwendigkeit des Austausches steht auch die Beschäftigung mit der studentischen Wohnungsnot auf dem Plan. Was ist dein konkreter Plan neben dem langfristigen Denken, um das Problem anzupacken?

Lukas: Der engste Partner, wenn wir über studentisches Wohnen reden, sind immer die Studierendenwerke. Ich glaube, da müssen wir ganz eng an der Seite des Studierendenwerks stehen und dieses mit einbeziehen. Was mir oft geschildert wurde ist, dass es ohne eine studentische Beteiligung und Bewegung oft schwer wird, gegenüber dem Land gewisse Nöte kundzutun. Ich glaube, dass es vor allem im ersten Schritt darum geht, dem Studierendenwerk den Rücken zu stärken. Im zweiten Schritt müssen wir dann auch mitarbeiten und die Studierendenwerke verbessern. Hennis hat schon angesprochen, dass viel daran gearbeitet wurde, eine zweite Psychosoziale Beratungsstelle im Studierendenwerk zu etablieren. Zukünftig erhoffe ich mir da, auch einen weiteren Ausbau des Studierendenwerkes zu bewirken. Grade wenn wir jetzt über die studentische Wohnungsperspektive sprechen, geht es hier auch kurzfristig um Sanierungsarbeiten. Nur ungefähr 9% der Studierenden wohnen in Studierendenwohnheimen hier in Greifswald. Das ist viel zu gering und ein langfristiges Problem. Da müssen neue Wohnungen her. Kurzfristig gilt es, die Wohnungen, die wir haben, zu sanieren. Da reden wir über den Ernst-Thälmann-Ring in Schönwalde aber auch über die Wilhelm-Holtz-Straße, die in einem wirklich schlechten Zustand ist. Das Studierendenwerk weiß das und möchte nicht, dass die Studierenden in den Zuständen leben müssen, aber können auch nur entscheiden zwischen einer Schließung oder einer Sanierung. Dann braucht es finanzielle Mittel. Da geht es auch um den Kontakt mit der Stadt und sich darum zu kümmern, das kurzfristig zu erreichen. Ein anderes Thema ist auch Wohnplätze für die Erstiwoche bereitzustellen. Da stehen wir seit Jahren im Austausch mit unterschiedlichen Akteuren, das ist aber sehr schwierig. Wir haben die Lösung etabliert mit der Wohnraumbörse. Das ist aber keine abschließende Lösung und auch nicht flächendeckend.

 

moritz.medien: Apropos Geld: das knappe Geld war während der Legislatur von Hennis schon ein Problem und wird auch weiterhin ein Problem darstellen. Für uns als moritz.medien, aber auch für andere studentische Initiativen ist es interessant zu wissen, wie Existenzen gesichert werden. Für uns als Medien kommt hinzu, wie Unabhängigkeit möglich ist ohne institutionellem und finanziellem Druck ausgesetzt zu sein.

Lukas: Erstmal würde ich sagen, dass es einen großen Konsens innerhalb der Studierendenschaft gibt, dass die moritz.medien sehr wichtig sind und neutrale und unabhängige Medien gebraucht werden. Bisher konnte sich in der Studierendenschaft immer geeinigt werden, dass die Medien, aber auch die Vereine einen wichtigen Part spielen. Da kann ich natürlich nicht für den AStA reden, aber ich würde es immer befürworten, dass die moritz.medien und die Vereine ein wichtiger Teil der lebhaften studentischen Kultur sind und finanziert werden müssen. Ausfinanzieren ist natürlich schwierig, es gibt immer Sachen, die besser finanziert werden müssen. Aber es ist wichtig, dass die Universität auch Räume zur Verfügung stellt. Das sehe ich auch in meinem Aufgabenbereich; Die Bedürfnisse anzunehmen und so gut wie möglich Orte zu schaffen, an denen die Vereine und Initiativen stattfinden können.

 

moritz.medien: Hennis, wir haben vorhin darüber gesprochen, was gut gelaufen ist und worauf Du stolz bist. Gibt es etwas auf Deiner To-Do Liste, das untergegangen ist, oder wofür Du dir mehr Zeit gewünscht hättest?

Hennis: Also die großen Themen insgesamt sind natürlich noch nicht erledigt, die nimmt Lukas sich ja auch weiterhin vor. Es gibt natürlich auch andere Themen, die ich begleitet habe. Der ganze Bereich Nachhaltigkeit zum Beispiel. Das Bestreben der Universität klimaneutral zu werden, ist noch nicht so weit; da sind noch viele Prozesse im Gang. Da habe ich mit Lukas aber auch eine Amtsübergabe gemacht, damit er da gut vorbereitet ist und diese Prozesse fortsetzen kann. Das liegt glaube ich einfach in der Natur dieser Dinge, dass sie nicht nach zwei Jahren erledigt sind.

 

moritz.medien: Was würdest Du Lukas für sein Amt mitgeben?

Hennis: Ich würde ihm wünschen, dass er viel Durchsetzungskraft mitbringt und auch die guten Termine mitnimmt. Das er interessante Gesprächspartner trifft, Eindrücke sammelt und nicht nur die knallharten Sitzungen erlebt, die viel Anstrengung mit sich bringen. Und natürlich, dass er eine laute Stimme für die Studierenden ist. Das ist im Rektorat ganz klar notwendig.

 

moritz.medien: Lukas, was nimmst Du von Hennis‘ Amtszeit mit?

Lukas: Ich hatte Immer das Gefühl, dass Hennis ein lautes Sprechrohr für die Studierenden innerhalb des Rektorats war. Hennis hat das sehr gut institutionalisiert zwischen FSK Vorsitz, AStA Vorsitz und studentischem Prorektorat einen engen Austausch zu haben. Ich glaube, genau darum geht es: Dass man da eine enge Verzahnung hinbekommt und dann als Sprechrohr in das Rektorat reinwirkt. Man muss hinhören, wenn Sachen besprochen werden, die die Studierenden etwas angehen und auch was dazu sagen. Das hat Hennis immer sehr zuverlässig gemacht. Das andere ist das Brücken bauen. Es ist auch immer sehr wichtig Brücken zwischen Verwaltung und Studierendenschaft zu bauen. Das ist nicht immer einfach, gerade wenn wir über zum Beispiel die Rahmenprüfungsordnung reden. Aber es ist sehr wichtig.

 

moritz.medien: Was kann die Studierendenschaft von Dir erwarten, Lukas?

Lukas: Dass ich immer offen da bin, wenn es Probleme gibt. Egal, ob es im FSR ist, im AStA, oder sonst wo. Ihr könnt mich immer ansprechen. Ich werde die Interessen der Studierenden immer gut vertreten und die Prozesse weiter treiben, die Hennis angestrebt hat. Wie zum Beispiel die Nachhaltigkeit, das ist einfach ein großes Thema. Wir müssen da Schritte einleiten und sind da in der Nachhaltigkeitskommission schon auf dem Weg, Etappenziele einzuführen. Da geht es am Ende ganz hart darum, wie Dienstreisen klimaneutral gestaltet werden können und wie wir es schaffen, dass alle ihren Beitrag leisten. Da ist es auch meine Pflicht, den Finger in die Wunde zu legen und daran zu arbeiten, dass wir bis 2030 klimaneutral werden.

Das Interview wurde für die Verständlichkeit gekürzt und paraphrasiert. Wir danken Hennis und Lukas für Ihre Zeit und wünschen Lukas viel Erfolg in seinem Amt.

Beitragsbild: Jan Meßerschmidt


Zur Person der*des Autor*in

web.woche vom 27. Mai bis 02. Juni

web.woche vom 27. Mai bis 02. Juni

Was geht eigentlich ab in Greifswald? In der web.woche geben wir euch eine Übersicht über die kommenden Veranstaltungen in und um unsere Studierendenstadt. Hier findet ihr Termine, Neuigkeiten und Altigkeiten, von Politik und Region, über Universität und Wissenschaft bis hin zu Kultur und Sport. Im Kalender findet ihr eine Übersicht über alle anstehenden Veranstaltungen. In der Übersicht danach haben wir nicht nur die Veranstaltungen in einzelne Ressorts zusammengefasst, sondern auch weitere Neuigkeiten (und Altigkeiten) zusammengetragen.

von  Juli Böhm, Simon Fortmann und Nora Stoll


moritz.kalender

Hier sammeln wir wichtige Termine für Euch


Veranstaltungen

  • Was? Hafensalsa
  • Wann? Donnerstag, 30.05.2024, 18 Uhr
  • Wo? Museumshafen

  • Was? Kunstvortrag: Wie romantisch ist das denn?!
  • Wann? Freitag, 31.05.2024, 18 Uhr
  • Wo? Spielhalle Kunst

Neuigkeiten

  • Das Caspar-David-Friedrich-Zentrum zeigt die Ausstellung Caspar David Friedrich: das verborgene Leben der Bilder.
  • Die diesjährige Landeskunstschau steht unter dem Motto Luft nach oben!. Zu sehen ist sie in der Marienkirche und der Spielhalle KUNST.
  • Die Ausstellung straucheln und lichten im Koeppenhaus beschäftigt sich in Fotografien und Texten mit dem Thema Licht im Wald.
  • Im Pommerschen Landesmuseum lässt sich in der Ausstellung Caspar David Friedrich. Lebenslinien der künstlerische Werdegang Friedrichs nachverfolgen.

Altigkeiten

  • Die Schüler*innen der Kunstleistungskurse des Jahngymnasiums zeigen ihre Werke in der Ausstellung DINGE&ICH in der STRAZE. 
  • Die Ausstellung Drucke für Friedrich vereint Arbeiten von über 100 Künstler*innen, die im St. Spiritus, im Koeppenhaus, im KunstLADEN und in der kleinen Rathausgalerie gezeigt werden.
  • Die Künstlerin Lara Faroqhi beschäftigt sich in ihrer Ausstellung 12 Arten, das Wachsen zu beschreiben in der Spielhalle Kunst mit verschiedenen Aspekten des Gartens.
  • Der BUND zeigt seine Alleen-Wanderausstellung in der Marienkirche.
  • Zu Ehren Caspar David Friedrichs wird der Vorplatz des Pommerschen Landesmuseums dieses Jahr von der Lichtinstallation „cdf-light“ von Götz Lehmberg erleuchtet.
  • Im Kunstkubus CUBIC ist die Installation „Romantisches Leuchten“ zu sehen.

    Veranstaltungen

    • Was? Führung durch Aula und Karzer der Uni
    • Wann? Montag, 27.05.2024, 15 Uhr
    • Wo? Treffpunkt am Rubenow-Denkmal
    • Preis? 5€ (3,50€ ermäßigt)
    • Weiteres? Keine Anmeldung notwendig. Findet bis September täglich statt.

    • Was? Altstadtrundgang
    • Wann? Montag, 27.05.2024, 11 Uhr
    • Wo? Greifswald-Inforrmation
    • Preis? 10€ (8€ ermäßigt)
    • Weiteres? Anmeldung bei der Greifswald-Information nötig. Findet bis September täglich statt.

    • Was? EM-Lehmkugelaktion
    • Wann? Donnerstag, 30.05.2024, 15 Uhr
    • Wo? Klosterruine Eldena, am Teich

     

    Neuigkeiten

    • Zur Unterstützung bei der Durchführung der bevorstehenden Europaparlaments-, Kreistags- und Gemeindevertretungswahl am 9. Juni 2024 bittet die Gemeindewahlbehörde der Universitäts- und Hansestadt Greifswald wieder interessierte Bürger*innen, sich als ehrenamtliche Helfer*innen für die Arbeit in einem Wahlvorstand zu melden. Grundsätzlich kann jede*r Wahlberechtigte zum*zur Wahlhelfer*in berufen werden, und es sind für diese Tätigkeit keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich. Wahlhelfer*innen müssen für die jeweilige Wahl wahlberechtigt sein, und jede Person darf bei einer Wahl lediglich ein Ehrenamt übernehmen. 

    Altigkeiten

    • Es gibt einen neuen Hörspaziergang der Stadt Greifswald. Den Hörspaziergang findet ihr ganz einfach in der kostenlosen Greifswald-App. Bei dem Spaziergang kommt ihr an zwölf unterschiedlichen Gebäuden und Orten vorbei. Dabei sollt ihr Interessantes über Geschichte, Architektur und Kultur in der Innenstadt erfahren

    • Kannst du dich noch an die Radstation am Bahnhof erinnern? Dort kannst du dein Fahrrad nun günstiger abstellen. So kostet ein Stellplatz in der Sammelgarage ab sofort nur noch 50 Cent statt eines Euros, für eine Woche zahlt man nur noch 3 Euro, für einen Monat 6 Euro (bislang 15 €) und für das ganze Jahr 50 Euro (bislang 130 €). Der Grund für die Vergünstigung sei, dass damit die Akzeptanz und die Auslastung der Radstation deutlich erhöht werden sollen, die bisher unter den Erwartungen lag.
    • Ihr sucht eine Toilette in Greifswald? Euer Glück: WC4FREE startet. Dabei werden Gästen der Universitäts- und Hansestadt der Weg zu den WC-Anlagen gewiesen, die sie kostenlos nutzen können, ohne Kunde der Einrichtung sein zu müssen. Zum Start beteiligen sich insgesamt 17 Institutionen, darunter unter anderem die Brasserie Hermann, das Caféhaus Marimar und das Hôtel Galerie. Ausgewiesen werden die Partner mit Aufklebern im Eingangsbereich.
    • In Greifswald wurde das Angebot an Leihfahrrädern erweitert. Um ein Fahrrad auszuleihen, muss zunächst eine Registrierung über die Webseite www.mv-rad.de erfolgen. Seit dem 1. Mai 2022 kann dies auch über die MV-Rad App erfolgen. Die Kosten für 15 Minuten belaufen sich auf 1 Euro, der 2-Stunden-Tarif kostet 6 Euro und der 4-Stunden-Tarif 9 Euro. Wird das Fahrrad für einen Tag gebucht, fallen Kosten in Höhe von 12 Euro an. Bei mehr als drei Tagen Leihfrist gibt es gestaffelte Rabatte auf den Tagespreis.

      Veranstaltungen

      Alle Veranstaltungen der Universität findet ihr hier aufgelistet.

      • Was? Sitzung der Gender Trouble AG
      • Wann? Montag, 27.05.2024, 18:15 Uhr
      • Wo? Seminarraum 1.13 (Ernst-Lohmeyer-Platz 3)
      • Was wird besprochen? Unter anderem geht es um einen Aktionsmonat und um einen Stammtisch.

      • Was? Außerordentliche AStA-Sitzung
      • Wann? Montag, 27.05.2024, 20:15 Uhr
      • Wo? AStA-Konferenzraum
      • Was wird besprochen? Unter anderem geht es um einen queeren Monat und um die 24-Stunden-Vorlesung.

      • Was? Aktionsstand zum World Blood Cancer Day 2024 – hier könnt ihr euch als potentielle Spender*innen registrieren lassen
      • Wann? Dienstag, 28.05.2024, 10:30 bis 14 Uhr
      • Wo? Ernst-Lohmeyer-Platz und Berthold-Beitz-Platz

      • Was? Ordentliche Sitzung des Haushaltsausschusses (HHA)
      • Wann? Dienstag, 28.05.2024, 19:15 Uhr
      • Wo? Hörsaal 2 (Ernst-Lohmeyer-Platz 6)
      • Was wird besprochen? Unter anderem geht es um einen Finanzantrag der Kiste.

      • Was? Ordentliche Sitzung des Studierendenparlaments
      • Wann? Dienstag, 28.05.2024, 20:15 Uhr
      • Wo? Hörsaal 2 (Ernst-Lohmeyer-Platz 6)
      • Was wird besprochen? Unter anderem geht es um die Wahl sämtlicher AStA-Referate und um den Fachschaftsrat Geschichte.

      • Was? Dies academicus
      • Wann? Mittwoch, 29.05.2024, 14 bis 1 Uhr am nächsten Tag
      • Wo? Campus Loefflerstraße

      Neuigkeiten

      Altigkeiten

      • Lukas Voigt ist neuer studentischen Prorektor. Hennis Herbst verabschiedet sich von der Hochschulpolitik.
      • Die Universität Greifswald ist Teil des Nachhaltigkeitsbündnisses Greifswald.
      • Seit dem 17. April 2023 bietet das Studierendenwerk Greifswald wieder offene Sprechzeiten an. Diese sind in den Bereichen Ausbildungsförderung, Studentisches Wohnen, Sozialberatung, Psychologische Beratung (nur in dringenden Fällen, sonst mit Termin), Mietbuchhaltung und Kasse. Die genauen Zeiten findet ihr auf der Website des Studierendenwerks. Es ist aber auch weiterhin möglich, einen Termin außerhalb der Sprechzeiten zu vereinbaren.
      • Die Uni baut ein Beschwerde- und Konfliktmanagement auf. Mehr dazu findet ihr auf dieser Seite der Uni.
      • Seit dem 18.06.2022 sind die historischen Gewächshäuser im Botanischen Garten wieder geöffnet. Alle Informationen findet ihr auf dieser Website oder in diesem webmoritz.-Artikel.

        Veranstaltungen

        • Was? Kinder Fest
        • Wann? Samstag, 01. Juni 2024 ab 9:30 Uhr
        • Wo? Kiste

        Neuigkeiten

        • Am 01.06. ist Kindertag mit jeder Menge Aktionen, etwa am Museumshafen oder im Tierpark.
        • Jeden Mittwoch findet von 10 bis 11.30 Uhr in der STRAZE eine feministische Krabbelgruppe statt. Gemeinsam sollen sich Menschen mit Babys oder Kleinkindern über Themen wie gleichberechtigte Elternschaft austauschen.

        Altigkeiten

        • Jeden Samstag findet ab 10.30 Uhr in der Stadtbibliothek das „Vorlesen am Samstag“ statt. Hierbei lesen ehrenamtliche Vorleser*innen Geschichten für Kinder ab 3 Jahren vor. Treffpunkt ist der Kinderbereich der Bibliothek. Der Eintritt ist frei. 
        • Jeden Donnerstag findet in der STRAZE von 16 bis 18 Uhr der Druck- und Zucktreff für alle Jugendlichen ab 14 Jahren statt.

          Veranstaltungen

          • Was? Jubiläumsabend Kiste: Handmade Electro, Offbeat Rock´n´Soul & DJ+Drummer
          • Wann? Samstag, 01. Juni 2024 ab 20 Uhr
          • Wo? Kiste
          • Eintritt? Für Studis 3 Euro und für alle anderen 5 Euro

          • Was? Rock im Geokeller
          • Wann? Freitag, 31. Mai 2024 ab 22 Uhr
          • Wo? Geographenkeller
          • Eintritt? 2 Euro

          • Was? Brainstorm Bash: 2000er & 2010er Hits
          • Wann? Freitag, 31. Mai 2024
          • Wo? Club 9
          • Eintritt? 3 Euro für Studis und Azubis und 5 Euro für alle anderen

          • Was? Karaoke
          • Wann? Donnerstag, 30. Mai 2024 ab 21 Uhr
          • Wo? Ravic

          • Was? Profs@ Turn Tables: Pop/Dance, Glam Rock/ Disco Funk/ Covers, Punk Rock/Grunge/ Alternative Rock, House/Disco Edits
          • Wann? Mittwoch, 29. Mai 2024 ab 21 Uhr
          • Wo? Club 9
          • Eintritt? Für Studis und Azubis 3 Euro und für alle anderen 5 Euro

          • Was? Medi Meisterschaften
          • Wann? Freitag, 31. Mai 2024 ab 23:59 Uhr
          • Wo? Rosa

          • Was? Rosa Hits: 90er & 2000er
          • Wann? Samstag, 01. Juni 2024 ab 22:59 Uhr
          • Wo? Rosa

          Neuigkeiten

          • Am 7. Juni ist das vom GrIStuF e.V. organisierte Running Dinner unter dem Motto „Europa wählt, die Ostsee kocht“. Bis zum 4. Juni könnt ihr euch noch als Team unter https://rd.gristuf.org/ anmelden.

            Wir haben ein wichtiges Event in dieser Woche vergessen? Ihr habt noch einen heißen Tipp für die nächste Woche? Schreibt uns einen Kommentar oder eine Nachricht, wenn ihr etwas zur web.woche beisteuern wollt!

            Beitragsbild: Julian Schlichtkrull

            Dies Academicus 2024 – Uni Greifswald feiert Gründungstag

            Dies Academicus 2024 – Uni Greifswald feiert Gründungstag

            Beim Dies Academicus am Mittwoch, den 29.05., gibt es wie letztes Jahr viele Möglichkeiten die Gründung unserer Alma Mater zu feiern – unter anderem mit feierlichen Preisverleihungen, Musik, Vorträgen und Führungen durch die Teile der Universität, die sonst verschlossen bleiben. Außerdem gab es Gerüchte über eine Hüpfburg und Freibier…

            Am 29. Mai 1456 erhielt die Universität Greifswald ihre Gründungsurkunde (deren Text ihr übrigens auf dem Rubenowplatz nachlesen könnt), und um diese Gründung zu feiern findet seit 2023 jährlich am 29. Mai der Dies Academicus statt. Bei dieser akademischen Jahresfeier werden verschiedene Preise verliehen, es gibt einen Festvortrag und ein vielfältiges Kulturprogramm, gestalten von den Mitgliedern der Universität. Die hochschulöffentliche Feier findet am Campus Loefflerstraße statt und beginnt um 14 Uhr. Wie letztes Jahr finden an diesem Tag ab 12 Uhr keine Lehrveranstaltungen mehr statt. Neben Getränken und Snacks wird auch Kinderbetreuung angeboten.

            Neben den Veranstaltungen auf und an dem Campus Loefflerstraße gibt es auch Führungen durch die historischen Räume der Universität, die Alte Universitätsbibliothek, die Gustaf-Dalman- Sammlung, das Zoologische Museum und die Sternwarte auf dem Historischen Campus. Für diese kann man sich hier kostenlos anmelden.

            Die Eröffnung, die Verleihung der Preise und der Festvortrag finden im Hörsaal 2 im neuen Hörsaalgebäude ELP 6 statt, das Fest mit den Angeboten der verschiedenen Mitgliedern der Universität findet draußen auf dem Campus Loefflerstraße statt und die Afterparty mit Profs am DJ-Pult findet im C9 statt.

            Hier das komplette Programm:

            14:00 – 15:30 Eröffnung des Dies Academicus durch die Rektorin
            Verleihung der Lehrpreise der Universität
            Verleihung des DAAD-Preises für Studierende
            Verleihung des Nachhaltigkeitspreises
            musikalische Begleitung durch Lege & Lena und Immanuel Musäus (Zink)

            15:30 Eröffnung des Universitätsfests mit Kaffee und Kuchen durch die Rektorin

            16:00-17:00 Festvortrag von Kilian Heck und Christian von Savigny: „Caspar David Friedrich interdisziplinär, oder was Physik und Kunstgeschichte voneinander lernen können“, moderiert von Elisabeth Ansel

            ab 17:00 Buntes Kulturprogramm, gestaltet von den Mitgliedern der Universität
            u.a. mit der Bigband, Prof. Dr. Michael Lalks Vorlesung „Feuer und Flamme“ und Angeboten durch die verschiedenen FSR

            ab 21:00 Afterparty mit Professor*innen an den Turntables (Nicole Endlich, Uwe Bornscheuer, John Rock und Eckhard Schumacher)

            Beitragsbild: Universität Greifswald

            Ostseefluchten aus der DDR: In die Freiheit oder in den Tod

            Ostseefluchten aus der DDR: In die Freiheit oder in den Tod

            Im Kalten Krieg war die Ostsee das militärisch am dichtesten überwachte Meer der Welt. Der Hintergrund war offensichtlich der konstant schwelende Konflikt zwischen Ost- und Westblock. Die Gefahren und Ängste, die durch das fortlaufende Wettrüsten zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika entstanden, sind allgemein bekannt. Weitaus unbekannter ist das Leid, das viele Bürger*innen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erfuhren, die versuchten über die Ostsee ins Ausland zu fliehen. Im Gegensatz zu den Fluchten entlang der innerdeutschen Grenze sind sie weitgehend unbekannt. Dieser Artikel gibt Einblicke in ihr Schicksal.

            Von 2018 bis 2023 entstanden in einer kooperativen Forschung der Freien Universität Berlin, der Universität Potsdam und der Universität Greifswald mehrere Arbeiten zu Menschen, die bei dem Versuch aus der DDR zu fliehen, starben. Durch dieses Projekt entstand auch eine Internetseite „Eiserner Vorhang“. Bereits seit 2020 können dort Informationen zu Opfern der innerdeutschen Grenze mit einer interaktiven Karte eingesehen werden. Im Herbst 2023 sind die Todesfälle aus gescheiterten Versuchen auf dem Landweg in andere Ostblockstaaten zu fliehen und die Todesfälle aus versuchten Ostseefluchten hinzugekommen.

            Gefährlicher Weg in die Freiheit

            Bereits unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs versuchten Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone und später aus der DDR über die Ostsee in die westlichen Besatzungszonen beziehungsweise die Bundesrepublik Deutschland, nach Dänemark oder nach Schweden zu fliehen. Zwischen dem Bau der Berliner Mauer 1961 und ihrem Fall 1989 versuchten etwa 5.600 Menschen die Flucht über die Ostsee, aber nur etwa 1000 gelang dies erfolgreich. Mindestens 170 Menschen starben bei ihren Fluchtversuchen. Das Grenzregime der DDR ging dabei immer heftiger gegen fluchtwillige Bürger*innen vor. In geheimen Dienstanweisungen der Volksarmee, die erst nach der deutschen Einheit öffentlich wurden, wurden die Grenzbeamt*innen dazu aufgefordert, die Schiffe Flüchtiger „einzufangen oder zu vernichten“. Nach den Gesetzen des Regimes war es also legitim und sogar erwünscht, die Schiffe, in denen Menschen versuchten aus der DDR zu fliehen, zu versenken. Personen, die bei Fluchtversuchen vom Grenzregime der DDR verhaftet wurden, mussten in der Regel hohe Geldstrafen zahlen. Einige Fluchtversuche wurden bereits in der Vorbereitungsphase vom staatlichen Sicherheitsapparat festgestellt und unterbunden.

            Tödlicher Weg in die Freiheit

            Über viele der „Republikflüchtigen“, die in der Ostsee ertranken, ist nur wenig bekannt. Zu einigen lassen sich aber recht umfangreiche Biographien konstruieren, die auf der Internetseite „Eiserner Vorhang“ dargestellt werden. Einer von ihnen ist Martin Burghardt. Er wuchs in Sachsen in einer sehr entlegenen Gegend bei Löbau östlich von Dresden auf, wo er 1944 geboren worden war. Sein christlicher Glaube hatte für ihn – im Gegensatz zu vielen anderen Christ*innen in der DDR – nur wenig Nachteile. Seit er sieben Jahre alt war, lebten Burghardts Eltern getrennt, er selbst bei seiner Mutter. Er wurde Maurer, empfand den Beruf aber als „eintönig“ und deprimierend. Der Tod seiner Mutter verstärkte sein Unglücklichsein weiter. 1964 reiste er erstmals an die Grenze der DDR, um Fluchtrouten auszukundschaften. Dabei wurde er verhaftet, aber mangels Beweise wieder freigelassen, konnte danach von 1965 bis 1967 sein Abitur erwerben und erhielt einen Studienplatz im begehrten Fach Geophysik. Dennoch unternahm er im Sommer 1967 an der tschechoslowakisch-österreichischen Grenze einen ersten Fluchtversuch, bei dem er jedoch entdeckt und verhaftet wurde, woraufhin er über ein Jahr im Gefängnis verbrachte. Es wird vermutet, dass er dort auch Zwangsarbeit leisten musste. Dennoch blieb sein Wunsch, aus der DDR zu fliehen, bestehen und verfestigte sich sogar. Bereits vor seinem ersten Fluchtversuch und auch danach stellte er immer wieder Ausreiseanträge, die jedoch allesamt abgelehnt wurden. Nach seinem Gefängnisaufenthalt arbeitete er wieder in seiner alten Heimatstadt als Maurer, sah aber keinerlei Sinn mehr in einem Leben in der DDR. Im Sommer 1970 reiste er daher an die Ostseeküste, um schwimmend nach Dänemark zu fliehen. Seine Familie dürfte davon nichts gewusst haben. Kurz vor seiner Flucht schrieb er kurze Postkarten an mehrere Familienmitglieder. Bei seinem Versuch, nach Dänemark zu schwimmen, ertrank er.

            Zwei weitere „Republikflüchtige“ sind Burghard Reimer und sein Freund Johannes. Die beiden lebten Anfang der 1980er Jahre in Schwerin, wo beide als Schornsteinfeger arbeiteten. Über ihre Gründe für die „Republikflucht“ ist nichts bekannt, allerdings über den Ablauf ihrer Flucht. Sie wollten die Ostseegewässer der DDR schwimmend verlassen und so internationales oder westdeutsches Gewässer erreichen. Dazu hatten sich beide Neoprenanzüge, einen Kompass und weitere Werkzeuge gekauft. Von Schwerin aus fuhren sie zunächst nach Wismar, dem Wohnort der Eltern von Johannes. Sie hatten sich beide Urlaub genommen, um nicht frühzeitig vermisst zu werden. Von Johannes‘ Elternhaus in Wismar aus gingen sie zu Fuß zur Fliemstorfer Huk, die am Ende der Wismarer Bucht liegt. Von dort wollten sie in das internationale Gewässer der Lübecker Bucht schwimmen. Diese Strecke ist mit ungefähr 25 Kilometern extrem lang. Die beiden gingen um 22 Uhr ins Wasser und schwammen vielfach unter Wasser, um das Risiko entdeckt zu werden, zu minimieren. Es zeigte sich, dass Johannes deutlich besser als Reimer schwimmen konnte, weshalb er mehrmals zu ihm zurückschwimmen musste. Nach etwa elf Stunden – gegen 9 Uhr – verlor Johannes dennoch völlig den Kontakt zu ihm und beschloss, die Flucht allein fortzusetzen. Zwei Tage später gegen 08:40 Uhr wurde Johannes von der Bundesmarine völlig entkräftet und unterkühlt im Wasser entdeckt und gerettet. Er wurde ins Krankenhaus Neustadt gebracht und überlebte. Der Militärarzt an Bord des Marineschiffs ging davon aus, dass er 55 bis 60 Stunden im Wasser verbracht hatte. Sein Freund Reimer hingegen ist bei der Flucht ertrunken.

            Eine andere tödliche Flucht ist die der Familie Balzer. Die Eheleute Renate und Ulf Balzer versuchten zusammen mit ihrer zweijährigen Tochter Ines und Ulfs Bruder Lutz sowie dessen Frau Manuela Balzer im September 1979 aus der DDR zu fliehen. Die Familie lebte in der sächsischen Kleinstadt Arnsdorf östlich von Dresden. Dort arbeiteten Ulf und Lutz Balzer in einem Industriebetrieb. Die Familie war Teil eines recht großen Freundeskreis, der sehr deutlich westlich geprägt war, besonders kulturell. Die genauen Beweggründe für den Wunsch der Familie, in den Westen zu fliehen, sind aber nicht bekannt. Man weiß nur, dass die Flucht relativ lange im Voraus geplant worden war, da die Familie bereits im Sommer 1979 während eines Polterabends mit Freund*innen darüber gesprochen hat. Die Flucht wurde von Rügen aus gestartet. Dorthin reiste die Familie in zwei Teilen, der zweite Teil mit Manuela Balzer etwas später, sodass sie noch ihre Ausbildung zur Krankenschwester abschließen konnte. Sie reisten zunächst zum von ihnen häufig besuchten Campingplatz Nonnevitz nahe der nordöstlichen Küste und erregten so keinerlei Aufsehen. Der Plan bestand darin, in der Nacht zwei von ihnen improvisatorisch gebaute Faltboote zu einem Katamaran zu verbinden, der durch einen von Ulf Balzer speziell hierzu gebauten Außenbordmotor angetrieben werden sollte. Zum Verhängnis wurde der Familie hierbei ein heftiger Sturm der kurz zuvor noch als Hurrikan eingestuft worden war. Offensichtlich zerbrach dadurch der Katamaran, denn die Leichen der einzelnen Familienmitglieder wurden später an verschiedenen Stellen auf der offenen Ostsee in Fischernetzen geborgen. Man deklarierte die Tode als Badeunfall. Der Grund dafür, dass die Familie trotz des Sturmes an ihrem Plan festhielt ist unbekannt. Es wird vermutet, dass sie Absprachen mit Personen im Westen getroffen hatten, aufgrund derer der genaue Zeitpunkt ihrer Flucht für sie sehr wichtig war. Das Ziel ihrer Flucht kann ebenfalls nicht sicher bestimmt werden. Da aber in ihrem Besitz ein deutsch-schwedisches Wörterbuch gefunden wurde, scheint es naheliegend, dass sie nach Schweden wollten.

            Flucht für die Freiheit

            Diese Einzelschicksale zeigen deutlich, welchen Gefahren sich DDR-Bürger*innen aussetzten, die versuchten, über die Ostsee aus ihrem Land zu fliehen. So zeigen sie aber zugleich auch, wie groß das menschliche Bedürfnis nach Freiheit und guten Lebensverhältnissen ist. Viele Menschen waren und sind bis heute willens und bereit ihr Leben zu riskieren, um in Freiheit und Wohlstand zu leben. Dies immer wieder in Erinnerung zu rufen, ist das Ziel dieses Artikels und sicherlich auch eines der Ziele des Forschungsprojekts zum „Eisernen Vorhang“. Schreibt gerne eure Gedanken zu dem Thema in angemessener Weise in die Kommentare!

            Beitragsbild: Pavel Neznanov auf Unsplash


            Zur Person der*des Autor*in