CaMeTa-Staffellauf: (un-)sichtbares Licht

CaMeTa-Staffellauf: (un-)sichtbares Licht

Was hat es mit dem CaMeTa-Staffellauf auf sich? Der CaMeTa-Staffellauf ist eine kollaborative Beitragsreihe zu einem großen Thema in Zusammenarbeit mit anderen Campusmedien deutschlandweit. Das Thema dieses Mal: „Un-)sichtbar“. Auch wir sind wieder bei diesem Projekt dabei, dieses Mal mit gleich zwei Artikeln. Den Ersten durftet ihr euch bereits am 08.07. zu Gemüte führen und wenn der Stab einmal quer durch Deutschland gewandert ist, folgen wir nun mit dem Zweiten.

Was hat es mit dem Ganzen auf sich?

Ist Licht wirklich unsichtbar, oder macht seine Existenz die Dinge erst sichtbar? Die Naturwissenschaft hat auf diese Frage klare Antworten: Ja und Nein.
Das Thema ist leider ein bisschen komplizierter, weshalb wir zuerst ein paar Vorüberlegungen anstellen müssen. Grundsätzlich muss für den Rahmen dieses Artikels festgelegt werden, was Unsichtbarkeit eigentlich für uns bedeutet.

Von Zitronensaft und Affen-NFTs

Hierzu ein kleines Beispiel: Jede*r von euch kennt den Trick der Zaubertinte aus Zitronensaft. Wenn man diesen auf Papier aufträgt, ist deutlich zu sehen, wo der Saft aufgetragen wurde. Trocknet der Saft allerdings, hinterlässt er keine sichtbaren Spuren auf dem Papier. Erst wenn Licht das Papier durchleuchtet, sind die Saftspuren erkennbar.

Daraus schließen wir, dass etwas existiert, wenn wir es sehen können. Bei dieser Definition fallen jedoch einige Dinge aus dem Raster. Beispielsweise digitale Güter wie NFTs oder Cryptowährungen. Natürlich kann ich den Betrag in meiner Bitcoin-Wallet einsehen oder mein überteuertes Affen-NFT bestaunen, jedoch sind dies nur digitale Konstrukte, welche am Ende des Tages aus Nullen und Einsen bestehen, die wiederum selbst keine physischen Objekte darstellen. Wenn von einem Moment auf den nächsten alle technischen Geräte verschwinden und wir keine neuen bauen können, kann ich mein Affen-NFT nicht mehr sehen. Existiert es dann noch?

Wir wollen noch einen Schritt weiter gehen. Stellt euch vor, ich habe kurz vor dem imaginären Zusammenbruch der digitalen Welt einen Insider-Tipp bekommen und es tatsächlich geschafft, mein NFT zu verkaufen und den Erlös zu Bargeld – oder noch besser: Gold – zu machen. Selbst, wenn jetzt nie wieder ein NFT seine*n Besitzer*in wechseln kann, und eine jede Cryptowährung an Bedeutung verloren hat, wird mein Geld oder Gold trotzdem einen gewissen Wert haben. Das Affen-NFT existiert sozusagen metaphorisch in meinen zukünftigen Einkäufen weiter. Seine Existenz ist demnach nicht von der Hand zu weisen.

Daraus ergibt sich, dass etwas existiert, wenn wir seine Wirkung wahrnehmen können. Aber warum der ganze Definitionskram? Weil Licht schlicht und ergreifend in genau diese Lücke fällt: Wir können es nicht sehen, aber wahrnehmen.

Hähhh, wie Licht nicht sehen?

Licht besteht aus kleinsten energiegeladenen Teilchen – den Photonen. Diese bewegen sich mit der namensgebenden Lichtgeschwindigkeit durch die Gegend. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt dabei 299 792 458 m/s. Damit legt es die Strecke von hier bis zum Mond in ungefähr 1,3 Sekunden zurück und die zur Sonne (oder eher von der Sonne zu uns) in knapp 8 Minuten. Darüber hinaus kennen unsere aktuellen physikalischen Vorstellungen nichts Schnelleres als die Lichtgeschwindigkeit. Und hier haben wir auch schon das Problem: Wir können dem Licht nicht voraus sein, keine Momentaufnahme machen. Einzelne Photonen sind einfach so schnell und gleichzeitig so klein, dass wir sie nicht ausmachen können.

Aber große Mengen an Photonen könnten doch durchaus erkennbar sein. Schließlich ist es auch nicht ganz leicht einzelne Regentropfen auszumachen, den dazugehörigen Regenschauer erkennen wir aber spätestens dann, wenn wir nass werden. Und wie erklären sich eigentlich an bewölkten Tagen einzelne Lichtstrahlen, die gut sichtbar durch die Wolken brechen?

Welche Farbe hat das Licht?

Eine weitere wichtige Eigenschaft des Lichts ist sein Auftreten. Licht breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit in einer elektromagnetischen Welle aus. Diese Welle trifft auf ihrer Reise auf unzählige andere Teilchen, die mit den Photonen aufeinanderprallen. Dabei geben die Photonen ihre Energie an die viel langsameren Atome und Moleküle aus der Umgebung ab, was die Wellenlänge der Photonen verändert. Und das sogar ganz erheblich. Die Wellenlängen von Strahlung im elektromagnetischen Spektrum können zwischen 0,0001nm (kleiner als ein Atom) im Falle von Gamma-Strahlung und mehreren hunderten Metern im Falle von langwelligen Radiowellen ausfallen. So riesig dieses Spektrum auch sein mag, kann unser Auge nur den Bereich zwischen zirka 400nm und 780nm erkennen. Das entspricht gerade einmal 0, 000 000 004% des gesamten elektromagnetischen Spektrums. Jedoch ist dieser Bereich alleine genug, um alle Farben, die wir kennen, wahrzunehmen.

Damit lässt sich auch das Geheimnis hinter den Lichtstrahlen erklären: Während die Photonen von der Sonne auf die Erde treffen, durchqueren sie die Wolkenschicht über der Erde und stoßen dort gegen etliche Wasser- und Gasteilchen und verändern ihre Wellenlänge und damit die Farbe, die wir wahrnehmen.

Das wirklich (un-)sichtbare Licht

Nun stellt sich die Frage nach dem restlichen Spektrum. Das Licht mit Wellenlängen außerhalb des sichtbaren Spektrums ist zwar für unsere Augen nicht direkt erkennbar, der Mensch hat allerdings trotzdem dutzende Anwendungsgebiete für ebendieses Licht gefunden. Fangen wir beim sehr kurzwelligen Bereich an: Die kurzwelligste Strahlung ist die Gamma-Strahlung, wessen Photonen auch die meiste Energie mitbringen. Entsprechend schädlich ist direkter Kontakt mit dieser Form von Strahlung. Glücklicherweise schützt die Ozon-Schicht der Erde vor direkter Gamma-Einstrahlung. Außerhalb der Erdatmosphäre ist diese schützende Schicht jedoch nicht mehr da, weshalb unter anderem auch eine Besiedlung anderer Planeten nach wie vor unvorstellbar wäre. Auf der anderen Seite können Gamma-Detektoren an Satelliten Strahlung von weit entfernten Galaxien messen, etwa im Fall einer Supernova (ein Stern, der in sich zusammenbricht). Solche Messinstrumente erlauben die Betrachtung von Teilen des Universums, welche zu weit entfernt sind, um sie mit Teleskopen zu beobachten.

Nicht weniger interessant und für unser heutiges Leben nicht mehr wegzudenken sind X-Rays (Röntgenstrahlung). Röntgenaufnahmen von unserem Inneren sind nur möglich, da Röntgenstrahlen gerade genug Energie haben, um durch weniger hartes Material wie Gewebe oder Organe hindurch zu strahlen, aber von den härteren Knochen aufgehalten werden. Röntgenstrahlen sind etwas langwelliger und besitzen demnach auch weniger Energie. Aus diesem Grund sind sie erst so umfangreich in der Medizin anwendbar, da ein direkter Kontakt deutlicher weniger fatale Folgen mit sich bringt, verglichen mit den energiereicheren Gamma-Strahlen. Lange sollte man sich den Röntgenstrahlen jedoch trotzdem nicht aussetzen.

Noch ein bisschen langwelliger, aber noch nicht ganz sichtbar ist die ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung). Diese ist ebenfalls für uns gefährlich, wenn auch nicht ganz so akut wie beispielsweise die Gamma-Strahlung. Dafür tritt die UV-Strahlung gleich in 3 Varianten auf: UV-A Strahlung wird von der Atmosphäre absorbiert und erreicht die Erde nicht, UV-B und UV-C Strahlen dringen jedoch in die Erdatmosphäre ein und erreichen auch die Erdoberfläche. Dabei sind UV-B Strahlen energiereicher und in der Regel auch für den klassischen Sonnenbrand verantwortlich.

Knapp oberhalb des sichtbaren Spektrums befindet sich das Infrarotlicht, das vor allem in der Signalübertragung seine Anwendung findet. Beispielsweise schicken TV-Fernbedienungen ihre Signale per Infrarot. Weiterhin wird es für Wärmebildkameras, Überwachungssysteme oder in der Medizin zur Schmerzlinderung oder der Feststellung von Krebserkrankungen genutzt.

Was ist Licht denn jetzt genau?

Licht ist sichtbar. Nur eben ein sehr kleiner Teil des gesamten Spektrums. Wenn wir uns allerdings vor Augen halten, wie viele Farben wir alleine mit dieser kleine Spanne wahrnehmen können, würde unser Gehirn wahrscheinlich durchdrehen, wenn wir einen deutlich größeren Teil des Lichtspektrums sehen könnten. Auch würde sich aus evolutionstechnischer Sicht eine Ausweitung des sichtbaren Spektrums als nicht sonderlich nützlich erweisen. Die meisten Formen der Strahlung unterhalb des sichtbaren Bereichs werden größtenteils durch die Erdatmosphäre geblockt. Erst der technische Fortschritt hat es uns überhaupt ermöglicht mit diesen Formen der Strahlung in Kontakt zu kommen. Und darüber hinaus kann ich mir gar nicht vorstellen, wie es sein müsste in einer Stadt zu stehen und jedes Handy- oder TV-Signal wäre für das Auge sichtbar.

Am Ende ist es wahrscheinlich ganz gut, dass wir nur so viel Licht sehen können, wie wir es tun. Eine Welt in der wir allerdings nur das sichtbare Spektrum des Lichts wahrnehmen können, ist für uns nicht mehr vorstellbar. Demnach ist das Licht der Held unserer Welt, das sich nur dann zu erkennen gibt, wenn wir es am meisten brauchen.

Titelbild: Adrian Siegler
Beitragsbild: Will Swan auf Unsplash