Proteste gegen Castor-Transport nach Lubmin

Der Castor-Transport aus dem französischen Cadarache lief am 16. Dezember ins Zwischenlager Nord bei Lubmin ein. Die Ankunft verzögerte sich jedoch um etliche Stunden aufgrund zahlreicher Mahnwachen und Sitzblockaden.

Castor-Transport im Zwischenlager angekommen

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Von Christine Fratzke

Der Bahnübergang bei Brünzow.

Nach zweitägiger Tour und etwa 1.800 Kilometer vom französischen Cadarache nach Lubmin ist der Castor in Mecklenburg-Vorpommern angekommen. Am 15. Dezember überquerte dieser die französisch-deutsche Grenze, er rollte über Saarbrücken, Erfurt, Magdeburg. Am heutigen Vormittag führte ihn sein Weg über Schwerin, Rostock und Stralsund. Die Strecke war zuvor nicht  durch die Behörden bekannt gegeben worden.

Vor Magdeburg Buckau stoppte der Castor um 5 Uhr heute morgen. Hier gab es eine Blockade mit 20 Aktivisten, die den Transport für eine halbe Stunde stoppten. In Magdeburg selbst gab es einen Personalwechsel, sowie technische Änderungen am Zug. Kurz vor acht Uhr setzte sich der Castor wieder in Bewegung.

Auf dem Weg von Greifswald nach Lubmin.

Auch in Ludwigslust gab es, laut castorticker.de, eine Zwangspause des Castortransports. Etwa 20 Gegner blockierten die Strecke am Morgen, der  Castor musste etwa eine halbe Stunde anhalten. Die Landeshauptstadt wurde kurz vor elf Uhr passiert. In Vierow, zwischen Lubmin und Greifswald, sowie in Brünzow befinden sich etwa 300 Gegner auf den Gleisen.

Der Zug fährt um Rostock und wird über den Greifswalder Hauptbahnhof fahren.  Von dort aus wird der Zug nach Lubmin weiterfahren.

An der Ecke Neunmorgenstraße Bleichstraße ist nun ein Treffpunkt für einen Schienenspaziergang eingerichtet worden.

*Update 12:47 Uhr*

Unsere webMoritz-Redakteure berichten, dass das Durchkommen nach Lubmin stark erschwert wird. In Lubmin selbst herrsche laut Polizeiangaben Verkehrschaos. Außerdem wurden mehrere Wasserwerfer in Lubmin, aber auch in Greifswald und in Brünzow gesehen.

Ab hier tickert Marco Wagner

12:58  Der Castor-Transport ist mittlerweile auf der Zielgeraden nach Lubmin. Er hat nach Informationen des Castor-Tickers hat der Zug 12:49 Ribnitz-Damgarten passiert. Die voraussichtliche Ankunftszeit des Castors ist 13:36 Uhr.

13:04 Es sind mittlerweile vier Gruppen a 20 Leute von Kräpelin auf den Weg zu den Schienen. Im Moment kommt man noch nach Kräpelin, die Mahnwache in Vierow ist zur Zeit wieder über Ludwigsburg und Gahlkow erreichbar.

13:18 Die Polizei droht mittlerweile den auf den Schienen sitzenden Demonstranten Gewalt an, wenn sie nicht freiwillig die Gleise verlassen. Lubmin-Nixda wirft der Polizei derweil vor, sich “nicht an die Spielregeln zu halten.” Die TAZ berichtet derweil, dass zur Zeit rund 4.000 Polizeibeamte im Einsatz seien. Greenpeace habe entlang der Strecke mehrere Protestbanner entrollt.

13:20 Der Castor ist durch den Stralsunder Hauptbahnhof gefahren. Bislang gab es keine weiteren Zwischenfälle entlang der Strecke.

Es tickert Thomas Grothe

13:55 Zwischen Kemnitz und Dietrichshagen findet eine Ankettaktion mit Beton statt.

Transport passiert Greifswald


NACHTRAG 19:30: Das obenstehende Video wurde am Abend veröffentlicht. Es stammt NICHT von Mitgliedern der webMoritz-Redaktion.

14:15 Der Castor passiert den Greifswalder Hauptbahnhof ohne jeglichen Widerstand. Nicht einmal Trillerpfeifen bekundeten den Unmut. Die HedonistInnen entrollten neben dem Haus der Markomania ein Atomkraft-wegbassen-Banner.

Der Castor durchfährt den Greifswalder Hauptbahnhof

Der Castor durchfährt den Greifswalder Hauptbahnhof (Foto: C. Fratzke)

14:20 Der Castor hält bis die Aktivisten von den Schienen geräumt werden.

14:35 Demonstranten haben sich nahe Friedrichshagen an einen Betonblock auf den Schienen gekettet.

14:45 Der Kessel in der Nähe von Brünzow wurde aufgelöst und die Aktivisten wurden in Verwahrung genommen.

14:57 Nach Schätzungen von Anwesenden wurden ca. 250 Aktivisten einzeln von den Schienen bei Vierow getragen und, soweit es die Kapazität zulässt, in Polizeibusse gesetzt.

15:03 Von und nach Lubmin sind alle Straßen unzugänglich bis der Castor sein Ziel erreicht hat.

Der Transport steht in Diedrichshagen

15:05 Die Blockade der Robin Woodler wurde gerade durch die Polizei um ihre Betreuer erleichtert. Die Blockierenden sind jedoch trotzdem noch aktiv.

16:01 Nach lubmin-niXda werden die in Gewahrsam genommenen Aktivisten in Bussen nach Greifswald gebracht.

16:04 Der Castor wurde bei Vierow gesehen. Daher muss er sich zwischen Brünzow und Lubmin befinden.

16:13 Die Redakteure des MoritzTV und Torsten Heil sind gegenwärtig aufgrund der Straßensperren in Lubmin gefangen.

16:16 Es wurde ein Schleichweg zwischen Kemnitz, Neuendorf und Vierow gefunden mit dem die Straßensperrungen umgangen werden können.

16:20 In Kräpelin hat sich eine kleine Spontan-Demo mit knapp 20 Leuten zusammengefunden.

16:31 Nach aktuellen Schätzungen eines Polizisten wird der Castor noch 4 bis 5 Stunden bis zum Lager brauchen.

Polizeikräfte räumen eine der Blockaden der Aktivistinnen

Polizeikräfte räumen eine der Blockaden der Aktivistinnen (Foto: Torsten Heil)

16:33 Auf Höhe Neuendorf-Kemnitz gibt es ein Verkehrschaos, welches das Durchkommen stark behindert.

16:43 Die Information von 16:04 hat sich als falsch herausgestellt. Der Castor steht noch still, weil der Betonblock noch nicht beseitigt werden konnte.

17:00 Die Polizei beginnt mit der Beseitigung des Betonblocks. Nach inoffiziellen Polizeiangaben, kann dies 10-11 Stunden dauern.

17:04 Nach Angaben von lubmin-niXda wird Presse an der Blockade zugelassen.

17:30 Erste Studierende der EMAU sind in Wolgast in Polizeigewahrsam. Nach ihren Angaben sollen sie nach dem Castortransport wieder auf freien Fuss gesetzt werden. Zu rechtlichen Konsequnzen konnten noch keine Angaben gemacht werden.

17:36 Redakteure des webMoritz haben gesehen wie ein Traktor den Bahnübergang in Kemnitz passiert hat. Es wird vermutet, dass mit diesem Traktor das Betonblockproblem in kürze gelöst wird.

17:38 Die Pferdestaffel der Polizei verlässt den Schauplatz.

17:40 Nach Angaben einer erfahrenen Demonstrantin wird der Castor in ungefähr einer halben Stunde weiterfahren können.

17:47 Ulrike Berger, Sebastian Jabusch und Florian Geyder befinden sich nach Angaben verschiedener Redakteure in Güstrow in Polizeigewahrsam.

Ab hier tickert Kilian Dorner

18:26 Die TAZ berichtet in ihrem Ticker über Ulrike Berger und anonyme Polizisten ()

Zwischenticker von Carsten Schönebeck

18:44 In Wolgast werden die ersten Gefangenen wieder freigelassen und müssen dort abgeholt werden. Abholpunkt: Am Fuchsberg 4. Derweil wird die Blockade um Lubmin gelockert. Die webMoritz-Redakteure können, wie auch viele andere, die Stadt wieder verlassen.

18:48 Die erste webMoritz-Galerie des Tages: (mit Fotos von K. Dorner, C. Fratzke mit freundlicher Unterstützung von Martin Hackbarth und Julien Radloff, T. Heil)

Ab hier tickert Gabriel Kords

Die Polizei versucht, Robin-Wood-Aktivistin Sarah Ann loszuschneiden. (T. Heil)

18:58 Der Castor-Transport steht jetzt bereits seit über vier Stunden bei Diedrichshagen.

19:01 Unser Redakteur Torsten Heil versucht schon seit längerem, zu den einbetonierten Aktivisten vorzudringen. Nach seinen Angaben ist einer von ihnen soeben befreit worden.

19:03 Die männliche Person ist befreit worden und wurde mit dem Krankenwagen abtransportiert. Torsten Heil befindet sich mit einigen anderen Medienvertretern und Aktivisten in unmittelbarer Nähe des Geschehens, muss aber gehörigen Abstand halten. Fotos von Ort und Stelle können wir wegen überlasteter Mobilfunknetze und Technik-Problemen derzeit nicht zur Verfügung stellen.

19:05 Torsten Heil zur Lage an der Blockade: “Sehr viele Sanitäter, der Zug steht knapp 100 Meter entfernt. Die Polizisten sind unzählbar. Der Ort ist voll ausgleuchtet, die Stelle mit den Aktivisten ist mit einem Zelt überdacht. Es sind sehr wenige Aktivisten und Medienvertreter anwesend. Die Polizisten vermitteln rege Betriebsamkeit”.

Sprecher Daniel Häfner. (T. Heil)

Im Gespräch mit Robin-Wood-Aktivisten19:14 Daniel Häfner von Robin Wood sagt im Gespräch mit dem webMoritz, er sei froh, dass es dem ersten Aktivisten “den Umständen entsprechend halbwegs gutgeht.” Das Verhalten der Polizei sei “weitestgehend sehr professionell gewesen.” Über die ‘Technik’ der Aktion sagt er: “Wir haben einen Tipp bekommen, dass es hier an der Strecke einen Betonblock gibt, an dem sich zwei Aktivisten festgemacht haben. Der Block befand sich im Bahnbett und unsere Aktivisten konnten sich mit den Armen in den Block ketten.”

19:23 Die zweite Aktivistin steht kurz vor der Befreiung. Der so genannte “Schienenstopfzug” der Bahn zur Reparatur der Gleise steht in Position und wird das Teilstück reparieren, bevor der Zug rollt.

19:26 Torsten Heil konnte kurz mit der zweiten Aktivistin, die noch festgekettet ist, gesprochen. Sie sagte ihm, sie sei wohlauf, könne ihren Körper aber nicht mehr richtig spüren. Von der Polizei werde sie gut behandelt. Leider können wir euch keine Fotos von der Stelle zur Verfügung stellen.

Zug wird wohl noch für Stunden stehen

Das Bahngleis wurde vollständig unterhöhlt. (T. Heil)

19:30 Nach Angaben der Polizei wird der Zug noch mehrere Stunden an der Stelle stehen. Torsten Heil sagt, es sei ein “Riesenloch” in der Strecke.

19:33 Ex-webMoritz-Chefredakteur Sebastian Jabbusch twittert dieweil rege aus der Gefangenensammelstelle in Wolgast, die er offenbar – im Gegensatz zu vielen anderen – noch nicht verlassen darf. Seine Tweets kann man hier lesen.

Ab hier tickert Christine Fratzke

19:52 Derweil sind wieder unsere Redakteure aus Lubmin wiedergekommen. Dreieinhalb Stunden dauerte die Fahrt aus dem Seebad. Dort seien etwa 300 Demonstrierende gewesen. Bis auf das EWN-Gelände sind sie aber nicht vorgedrungen. Fotos aus Lubmin sind in der Bildergalerie (Simon Voigt, Tjorven Hinzke) zu sehen:

19:55 In Stilow ist, laut Claudia Sprengel,von den Gegnern keiner mehr vor Ort – was der Castorticker derzeit anders darstellt.

19:56 In Lubmin haben die drei webMoritz-Redakteure einen Polizisten aus Lübeck getroffen, der den Einsatz befürwortet, aber schade findet, dass der Einsatz so viel Geld kostet. Mit diesem hätte man anderes anstellen können, beispielsweise in Bildungsprojekte stecken, meinte der Beamte.

20:02 Torsten Heil sprach in der Zwischenzeit mit Reiner Urban, Polizeihauptmeister in der Bundespolizei. Der 59-jährige Beamte berichtete, dass die Polizei seit dem frühen Nachmittag in Friedrichshagen/Diedrichshagen vor Ort war. Die Betonröhre, die von den Aktivisten genutzt wurde, sei zuvor nicht aufgefallen. Die speziell ausgebildeten Polizisten, die sich im Zug befanden, arbeiteten sich stückchenweise mit Spezialwerkzeug vor. Die verbleibende Aktivistin werde demnächst frei kommen. Ein Video, von Torsten Heil mit Handy aufgenommen, zeigt die Aktion.

20:15 Die Tagesschau berichtete ebenfalls über den Castortransport und spricht von 3.000 Polizeieinsatzkräften. Ex-webMoritz-Chefredakteur Jabbusch ist nun auch wieder frei.

Die Aktivistin wird in den Krankenwagen abtransportiert. (T. Heil)

20:37 Wie Torsten Heil eben berichtete, wurde nun nach dem Robin Wood Aktivisten Peter, 28, auch die 27-jährige Sarah aus dem Beton befreit. Es wird jetzt allerdings noch etwa eine Stunde dauern, bis der Castor-Transport sich wieder in Bewegung setzt.

21:14 Das Loch unter den Schienen wird gerade gestopft, der Castorzug wird sich vermutlich bald in Bewegung setzen. Torsten Heil tritt indes den Rückzug an.

21:16 Nur zwei Minuten später setzt sich der Zug nach der sechsstündigen Zwangspause wieder in Bewegung.

21:53 Nach TAZ hat der Castortransport den Bahnübergang Lubmin passiert. Er dürfte damit in Kürze sein Ziel, das Zentrallager Nord bei Lubmin, erreichen.

22:54 Nach einigen Rangiermanövern haben die Castoren nun die Halle des Zwischenlager Nord erreicht.

Artikel-Fotos: Christopher Denda (Brünzow, Lubmin), Torsten Heil (Aufmacher, Blockade, Video_2), Christine Fratzke (Castor im Bahnhof)

Der Castor rollt, die Gegner sind bereit

Zwei Aktivisten besetzten mit einem Strandkorb die Gleise nach Lubmin.

Von Christine Fratzke und Marco Wagner

Der Castor ist am Abend des 14. Dezember im französischen Cadarache gestartet. An diesem Tag gab es mehrere Aktionen: Ein Strandkorb wurde auf die Gleise nach Lubmin gelegt, eine Lichterkette zog sich bis Eldena und am Abend fand eine Demonstration statt.  Unter dem Motto “Atomkraft raus, Nazis abschaffen” versammelten sich etwa 100 Aktivisten am Greifswalder Bahnhof.

Trotz des massiven Polizeiaufgebots in und um Greifswald ist es einigen Castorgegnern gelungen, sich mit einem Strandkorb auf den Schienen nach Lubmin zu platzieren. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Anti-Atombündnisses Nordost hervor. Die Castorgegner wollen mit der Aktion auf den möglichen Imageschaden für die Region Vorpommern aufmerksam machen, der durch den Castortransport in das Zwischenlager Nord entsteht.

Dabei haben die Demonstranten vor allem die beiden großen Tourismusschwerpunkte Mecklenburg-Vorpommerns im Blick: Die Inseln Rügen und Usedom. Es wird allerdings auch auf einen der letzten Fischereihäfen im Nachbarort Freest verwiesen. “Die Folgen eines Zwischenfalls für Mensch und Natur wären katastrophal. Die Kosten (auch für Strommonopolisten und Politiker) unbezahlbar”, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Grund für die Sorgen um einen möglichen Zwischenfall ist die fehlende “heiße Zelle” im Zwischenlager Nord bei Lubmin. Dabei handelt es sich um einen Isolationsraum für undichte Castoren, in dem Brennstäbe ohne radioaktive Emissionen umverpackt werden können. Aufgrund der Tatsache, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Sicht der Aktivisten immer noch kein Endlager für hochradioaktiv strahlendes Material gefunden wurde, besteht die Sorge, dass Lubmin langfristig ein Endlager für Atommüll wird.

Nazis schottern, Castor raus

Etwa 100 Demonstrierenden versammelten sich auf dem Bahnhofsvorplatz.

300 Polizeibeamte waren dann am Abend am Greifswalder Bahnhof. Ursprünglich waren von Seiten der Organisatoren, der Antifa Greifswald, ebenfalls 300 Demonstranten angemeldet.  Aber 200 weniger waren trotz eisiger Kälte vor Ort: Gekleidet mit Strahlenschutzanzügen und gewappnet mit zahlreichen Flaggen trafen sie sich um acht Uhr vor dem Bahnhof. Ihre Route verlief vom Bahnhof über die Rubenowstraße und Lange Straße, dem Markt bis zum Museumshafen. Auf der ersten Kundgebung am Bahnhof sagten die Veranstalter: “Wir begrüßen es nicht, wenn Nazis auf Atomprotesten demonstrieren.” Darüber hinaus wurde gefordert: “Nazis schottern, Castor raus!”

Der Castor wird voraussichtlich am 15.  Dezember die französisch-deutsche Grenze erreichen. Der weitere Weg werde, laut Ostsee Zeitung, über Rostock und Stralsund führen. Voraussichtlich erreicht der Castor am Donnerstag Vormittag Lubmin. Weitere Aktionen sind geplant: Vom 15. bis 16. Dezember wird es unter anderem eine Sitzblockade geben.

Foto: Anti-Atom Nordost, Christine Fratzke (Demonstration, Aufmacher Europakreuzung)

Impressionen: Ein Tag gegen Atomkraft in Greifswald

Beitrag von Thomas Grothe, Torsten Heil, Simon Voigt und Marco Wagner

Zu Tausenden zogen heute Demonstranten um die Greifswalder Innenstadt. Tausende, die sich einen gesunden Planeten wünschen. Tausende, die sich nicht mit einer Atomkraftpolitik abfinden wollen, die nicht die ihre ist? Oder gibt es so viele verschiedene Gründe, wie Protestierende? Als alle Augen auf die Bühne gerichtet waren und alle Ohren den verschiedenen Rednern lauschten nutzte der webMoritz die Gelegenheit und fragte nach:

Protest-Familie Reul aus Greifswald.

Wir sprachen mit der Familie Reul aus dem Stadtteil Wieck in Greifswald. Thorsten und Kristina Reul kamen mit ihrem kleinen Sohn Peter: “Es geht doch auch um die Zukunft unseres Kindes.” Die junge Familie war von der Beteiligung an der Veranstaltung enttäuscht. Sie hätten sich gewünscht, dass mehr Leute für die Zukunft Peters und aller Anderen demonstrieren. Sogar an der deutlich kleineren Fahrraddemo von Greifswald nach Lubmin haben sie schon teilgenommen. Denn sie finden, dass “das Problem der Endlagerung” ein zu hoher Preis für Strom ist.

Ein anderer erfahrener Demo-Besucher ist Burghart Kleiner. Er besucht Veranstaltungen wie diese seit seinem achtzehnten Lebensjahr und dies war mit Sicherheit auch nicht die Letzte, so der mittlerweile 53-jährige. Trotz des großen Demo-Erfahrungsschatzes war der Wendländer über die Anzahl der Teilnehmer positiv überrascht. Beeindruckend: Kleiner hat ohne Internet, Fernseher und Telefon von der heutigen Anti-Castor-Demo erfahren.

Demo-Veteran Burghart Kleiner aus dem Wendland.

Dagegen ist Franziska Solbrig grade durch eine E-Mail auf den Massenumzug gestoßen. Als Mitarbeiterin der Universität Greifswald freute sie sich über die bunte Zusammensetzung der friedlichen Protestler, denn jede Altersklasse war vertreten. “Mein Problem mit der Atomkraft ist die Risikofrage”, sagte die 26-jährige. Was kann nicht alles passieren, fragte sich Solbrig weiter. Das Spektrum der möglichen Unfälle reiche von einem entgleisten Atommülltransport bis zum Unglück von Tschernobyl, die Uni-Mitarbeiterin.  Jeder hat seine eigene Motivation. Dennoch kämpfen alle Demonstranten für das gleiche Ziel: den Atomkraftausstieg für Deutschland.

Die Teilnehmer machten ihrem Ärger Luft. Mit Trommeln und Pfeifen protestierten die Aktivisten akustisch während des Umzugs. Der Protest verlief gewaltfrei und die Polizei blieb stiller Beobachter. Andere demonstrierten mit Witz: Sie verkleideten sich als Clowns oder offenbarten ihre Meinung mit lustigen selbstgemalten Schildern. Daraus bildete sich vor der Bühne ein buntes Plakat- und

Uni-Mitarbeiterin Franziska Solbrig am Rande der Demo.

Fahnenmeer. Auch das Interesse der Anwesenden an den Reden war durch ihr respektvolles Schweigen hörbar. Nur für zustimmenden Applaus wurde die Konzentration gelegentlich unterbrochen und die Hände gewärmt. Mit Kaffee, Bratwurst, Döner und vor allem warmer veganer Suppe wurde die Kälte bekämpft.

Das tat vor allem den vielen Kindern gut, welche von ihren Eltern mit zur Demonstration genommen wurden. Auffallend viele Kinderwagen fügten sich in den Demonstrationszug mit ein, sodass dieser streckenweise einem gemütlichen Wochenendspaziergang glich. Auf bunten Schildern machte auch der Nachwuchs darauf aufmerksam, dass die Lagerung von Atommüll vor allem ein Problem für die zukünftigen Generationen ist.

Fotos: Simon Voigt, Marco Wagner und Torsten Heil

Stadt bereitet sich auf Castor-Gegner vor

Pressekonferenz der Stadtverwaltung zur geplanten Demonstration in Greifswald.

Mit Blechtonnen, Fahrrädern und Segelschiffen machten die Gegner des Castortransportes bereits in der Vergangenheit in und um Greifswald auf sich aufmerksam. Der Höhepunkt der Proteste gegen den Castortransport, der in etwa einer Woche in den Werkbahnhof Lubmin rollen soll, findet am kommenden Samstag in Form einer Demonstration um die Greifswalder Innenstadt statt . Insgesamt werden 4000 Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. „Zehn Busse aus MV und weitere 14 aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich schon angemeldet“, sagte Ulrike Berger (Grüne), Sprecherin des Anti-Atom-Bündnisses Nordost. Die Protestierenden kommen unter anderem aus dem Wendland, Hamburg und Braunschweig.

Mehrere hundert Polizisten sollen den Protest absichern

Die Polizeidirektion Anklam und die Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt bereiten sich umfassend auf die Führung des geplanten Einsatzes zur Transportbegleitung vor. Mehr als 500 Polizisten sollen nach Angaben der Ostsee-Zeitung die Anti-Atom-Demonstration absichern. Die Einsatzkräfte sollen aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, der Hansestadt Hamburg und der Bundespolizei kommen. „Wir halten starke Reserven aus dem gesamten Bundesgebiet bereit“, teilte der Einsatzleiter Polizeioberrat Gunnar Mächler mit. Bisher gebe es jedoch keine Hinweise auf die Anreise gewaltbereiter Demonstranten. Falls sich die Erkenntnisse in den Tagen ändern sollten, werden auch die polizeitaktischen Maßnahmen angepasst. Bislang seien aber keine Kontrollen an den Ortseinfahrten nach Greifswald geplant.

Dezernent Ulf Dembski (SPD) rechtet mit Verkehrsbehinderungen.

Stadt verspricht Unterstützung bei Schneefall

„Die Stadt heißt alle friedlichen Demonstranten Willkommen“, sagte der zuständige Dezernent für öffentliche Ordnung, Ulf Dembski (SPD). Der Demonstrationszug führt einmal im Kreis um die Innenstadt, dabei wird auch die Europakreuzung schneiden. Einwohner und Gäste der Stadt müssen sich jedoch auf weiträumige Sperrungen einstellen. „Es wird erhebliche Verkehrsbehinderungen geben“, so Dembski gegenüber dem webMoritz. Die Stadtverwaltung und Polizei erwarten darüber hinaus zahlreiche Tages-Gäste, die entweder den Weihnachtsmarkt oder das Mitternachts-Shopping besuchen wollen. “Die Stadt wird gegebenenfalls bei Schneefall,  die Demonstrations-Route vom Winterdienst räumen lassen”, erklärte Dembski weiter

Zwei Kundgebungen am Bahnhof

„Die Bahnhofstraße wird ab morgens 9 Uhr voll gesperrt und die Bushaltestelle verlegt“, teilte Dembski weiter mit. Die Kundgebung beginnt ab 12 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz. Der Demonstrationstross wird sich gegen 13.30 Uhr in Bewegung setzen. „Nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung gesetzt hat, werden, je nachdem, die entsprechenden Zufahrtstraßen zeitweise gesperrt“, sagte Einsatzleiter Mächler. In den Straßen, die auf der Demonstrationsroute liegen, gilt komplettes Halteverbot. „Das ist auch im Interesse jedes Fahrzeugführers. Schließlich könnten Handtaschen gegen die Autos in den zum Teil sehr schmalen Straßen stoßen und sie beschädigen“, wirbt Mächler für die Maßnahme. Die Polizei wird den Protestmarsch nach vorne und hinten absichern. „Nach der etwa zweistündigen Demonstration gibt es eine große Abschlusskundgebung am Bahnhof“, so Ulrike Berger. Auf parteipolitische Redner habe man bewusst verzichtet, um die gesellschaftliche Breite der Protestbewegung darzustellen.

Kostenfreies Bürgertelefon

Polizei-Einsatzleiter Gunnar Mächler spricht von einer guten Zusammenarbeit.

Die ersten Bürger aus Greifswald nutzten die Möglichkeit, sich am Bürgertelefon über die am Samstag in Greifswald mit der Großdemonstration im Zusammenhang stehenden Straßensperrungen und Umleitungen zu informieren. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800 – 58 92 984 bemühen sich die Mitarbeiter, Fragen und Probleme möglichst schnellen zu klären. Befürchtungen von Anrufern, dass auch der Straßenverkehr zwischen Lubmin und Kröslin ab Freitag betroffen sein könnte, entkräfteten die Mitarbeiter am Bürgertelefon. Die Polizei wird rechtzeitig über die Medien und am Bürgertelefon die notwendig werdenden Maßnahmen informieren.

Der katholische Polizeiseelsorger Mecklenburg-Vorpommerns Dr. Stephan Handy ruft, anlässlich der Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Transport in das Zwischenlager Nord (ZLN), dazu auf gewaltfrei zu demonstrieren: “Die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern haben vor 21 Jahren die Erfahrung gemacht, dass friedliche Demonstrationen zu Freiheit und Demokratie geführt haben. Freiheit und Demokratie brauchen, damit sie Bestand haben, allgemein akzeptierte und geschützte Regeln. Diese sind im Grundgesetz verankert. Dazu gehört auch das Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Die Polizei hat den Auftrag, dieses Recht zu schützen.”

Fotos: Torsten Heil (Pressekonferenz, Gunnar Mächler), Carsten Schönebeck (Ulf Dembski/Archiv), Marco Wagner (Grafik/Google Maps), Jörn Zahlmann via jugendfotos.de (Aufmacher-Bild)

Route:

Busbahnhof (ZOB) – Bahnhofstraße – Goethestraße – Stephaniestraße – Lange Reihe – Platz der Freiheit – Hansering – Steinbeckerstraße – Loefflerstraße – Wollweberstraße – Lange Straße – Karl-Marx-Platz – Bahnhofstraße – Busbahnhof (ZOB)

Als Redner sind der pommersche Bischof Hans-Jürgen Abromeit vorgesehen, Konrad Ott, Professor für Umweltethik an der Greifswalder Universität, Oskar Gulla als Chef der Bürgerinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk, Kerstin Rudek, die Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg, Ulrike Mehl, die stellvertretende BUND-Vorsitzende und für die atomkritische DDR-Bürgerrechtsbewegung Johann-Georg Jaeger. Ferner sollen Vertreter des DGB sowie des Republikanischen Anwaltsvereins zu Wort kommen.