Kreisgebietsreform: webMoritz-Umfrage zum neuen Kreisnamen

Der Schweriner Landtag hat bekanntlich die Kreisgebietsreform beschlossen, die nun sechs statt bisher zwölf Kreise vorsieht. Die Zahl der kreisfreien Städte wird von sechs auf zwei reduziert, Rostock und die Landeshauptstadt Schwerin. Am 4. September 2011 müssen die Wahlberechtigten neben Landtag, Landrat und Kreistag auch über den Namen des künftigen Großkreises entscheiden.  Auf dem Wahlzettel dürfen dabei maximal vier Namen stehen.

Grünen Fraktionsmitglied Stefan Fassbinder

Die Bürgerschafts-Fraktion der Greifswalder Grünen schlägt “Vorpommern” als Name des zukünftigen Großkreises vor. Mit Hinblick auf die noch laufende Klage vor dem Landesverfassungsgericht erklärt Stefan Fassbinder (Grüne) in einer Pressemitteilung: “Sollten die Richter des Verfassungsgerichtes nicht weiser entscheiden als die SPD-CDU-Koalition im Schweriner Landtag, dann droht ab September der neue Monsterkreis, gebildet aus den Kreisen Ostvorpommern, Uecker-Randow, Greifswald und zwei Ämtern des Kreises Demmin. Wenn man Glück hat, dann kann der Name auch noch ein Werbeträger für die Region sein. Unserer Meinung nach erfüllt ‘Vorpommern’ diese Kriterien eher als das etwas verquere ‘Südvorpommern'”. Über 95 % des neuen Kreises gehörten zum historischen Vorpommern. Damit sei ein weiteres Kriterium für einen geeigneten Kreisnamen erfüllt. “Der überwiegende Teil der Region Vorpommern wird sich im neuen Großkreis befinden”, so Fassbinder weiter.

Liskow und König nur für zwei statt vier Abstimmungs-Vorschläge

Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU) machte in der Vergangenheit den Vorschlag, nur mit zwei Namen ins Rennen zu gehen und gab damit auch einen Wunsch von Oberbürgermeister Arthur König (CDU) wieder. Im  Begleitausschuss der Bürgerschaft zur Kreisgebietsreform hatte sich für dieses Vorgehen eine überfraktionelle Mehrheit abgezeichnet. So soll verhindert werden, dass am Ende nur knapp mehr als ein Viertel der Wähler hinter dem neuen Namen steht. Die Namensvorschläge müssen bis Juni 2011 von den Kreistagen Ostvorpommern und Uecker-Randow sowie der Greifswalder Bürgerschaft beschlossen werden.

Die CDU selbst möchte aber mit keinen Vorschlag ins rennen gehen, so CDU-Fraktionsgeschäftsführer Christian Weller. Sie setzt auf den Erfolg der Verfassungsbeschwerde gegen das Kreisstrukturgesetz. Der Vorsitzende des Greifswalder Sonderausschusses zur Kreisgebietsreform Gerhard Bartels (Die Linke) erhielt Zustimmung für seinen Vorschlag, Namen zu sammeln, die aus geographischen oder historischen Gründen zur Region passen.

Ju-Chef und Bürgerschaftsmitglied Liskow

Bürgerschaftsmitglied und JU-Chef Liskow

Obwohl die Junge Union (JU) Greifswald immer noch der Meinung ist, dass die beschlossene Kreisgebietsreform nicht ihren eigentlichen Sinn erfüllen wird, spricht sie sich für „Vorpommern-Greifswald“ als Namen aus. „Unser Namensvorschlag spiegelt auf der einen Seite die Geschichte unseres Landstrichs wieder und betont auf der anderen, dass nur Greifswald antreibende Motor für den neuen Großkreis fungieren kann“, sagt Greifswalds JU-Chef Franz-Robert Liskow (CDU).

Bei der Linke-Fraktion sowie der FDP ist der “Meinungsbildungsprozess” noch nicht abgeschlossen. “Wir sind aber gegen den bisherigen Vorschlag “Südvorpommern”. Dieser Begriff ist einfach nicht positiv besetzt, aber wir brauchen auch keine Mammut-Konstitutionen”, sagte der Greifswalder Chef der Liberalen Andre Bleckmann. Mit dem Vorschlag “Vorpmmern” könne man sich anfreunden aber die Bezeichnung “Greifswald” sei knackiger und kürzer, so Bleckmann weiter.

webMoritz-Vote: Welchen Namen findet ihr gut?

Der webmoritz sucht den Namen für den Großkreis und fragt euch:

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Das webMoritz-Vote ist keine repräsentativen Umfrage. Sie geben lediglich ein Stimmungsbild derjenigen wieder, die bei den Votes mitmachen. Mehrfach-Abstimmungen sind nicht erwünscht, lassen sich technisch aber nicht ganz ausschließen. Die Teilnahme ist unverbindlich und freiwillig.

Fotos: Fassbinder (Grüne/Archiv), F-R. Liskow (JU-Pressefoto), Aufmacher (Jan Henrik Wiebe via jugendfotos.de), Grafikbild (Maximilian Dörrbecker via wikipedia)

An dem Tag wird auch der neue Landtag gewählt.

Planungssicherheit: Zielvereinbarungen mit Hochschulen unterzeichnet

Nach der Zustimmung des Kabinetts hat Bildungsminister Henry Tesch (CDU) mit den Rektoren aller sechs Hochschulen des Landes die Zielvereinbarungen für den Zeitraum 2011 bis 2015 feierlich in Schwerin unterzeichnet. Sie gelten für die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, die Universität Rostock, die Hochschulen Neubrandenburg und Wismar, die Fachhochschule Stralsund und auch die Hochschule für Musik und Theater Rostock hat sich angeschlossen. “Die Zielvereinbarungen bilden den Rahmen für die kreative Weiterentwicklung unserer Hochschulen. Unser gemeinsames Anliegen sind weitere Leistungssteigerungen in Lehre und Forschung, wobei wir die Herausforderungen im internationalen Wettbewerb ebenso im Blick haben wie die nationalen und regionalen Aufgabenstellungen. Für unser Land Mecklenburg-Vorpommern sind für die jetzt vereinbarte Etappe die Schwerpunkte übergreifend auf den Ausbau der Gesundheitswissenschaften sowie die Modernisierung und Forcierung der Lehrerbildung gelegt”, sagte Minister Tesch.

Bildungsminister Tesch und Rektoren bei der Unterzeichnung.

Die Zielvereinbarungen zeigen die Grundlinien der weiteren Entwicklung auf folgenden Gebieten auf:

  • Sicherung der Zahl der Studienanfänger/-innen entsprechend den Zielwerten des Hochschulpakts
  • Fachliche Schwerpunkte in Studium und Lehre und Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses
  • Qualitätssicherung in Studium und Lehre, u.a. Ausbau der Hochschuldidaktik
  • Neustrukturierung und inhaltliche Neugestaltung der Lehrerbildung
  • Profilierung der Forschung entlang der Linien der nationalen und europäischen Programme
  • Nachwuchsförderung
  • Gleichstellung von Männern und Frauen und Chancengleichheit für Studierende verschiedener Bildungsherkunft
  • Weitere internationale Öffnung, vor allem auch zu den besonders entwicklungsstarken Weltregionen
  • Hochschule und wirtschaftliche/gesellschaftliche/kulturelle Entwicklung der umgebenden Region

Letztendlich soll die Grundlagenforschung die Hauptaufgabe der Hochschulen bleiben. In der  Zielvereinbarung werden auch weitere Stellenkürzungen bis 2020 ausgeschlossen. Landschaftsökologie soll zum fünften Forschungsschwerpunkt der Uni-Greifswald entwickelt werden. Zudem konnte die Zukunft der Lehrerausbildung in Greifswald gesichert werden. Grundlage für die Verhandlungspositionen der Universität war der Hochschulentwicklungsplan 2009. Der Senat der Universität Greifswald hatte dem nun unterzeichneten Text der Zielvereinbarung bereits Anfang November zugestimmt. Trotzdem hat das Ministerium für Bildung und Kultur noch vor wenigen Tagen ohne Rücksprache versucht, wichtige Formulierungen zu verändern.

“Die Zielvereinbarung können wir als fairen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Ausgangsvorstellungen von Universität und Bildungsministerium betrachten. Die in unserem Hochschulentwicklungsplan festgelegten Arbeitsbereiche, Fächer und Studiengänge können erhalten bleiben. Dies gilt insbesondere für die Lehramtsstudiengänge, den Diplomstudiengang Betriebswirtschaftslehre und das Fach Anglistik.  Trotzdem kommen wir nicht umhin, Landesregierung und Landtag aufzufordern, im Interesse der Gesamtentwicklung des Landes mehr Geld für Bildung und Wissenschaft bereit zu stellen. Ganz konkret bedeutet das für unsere Universität, dass dringend zusätzliche Mittel für eine raschere Verbesserung der Gebäudesituation bereit gestellt werden müssen, um konkurrenzfähig in Forschung und Lehre zu bleiben”, so der Greifswalder Uni-Rektor Rainer Westermann.

Alle Chefs der Hochschulen versammeln sich um Minister Tesch (3.v.li.).

Mit der Vereinbarung wird der Greifswalder Uni zugesichert, dass die begonnenen oder bereits im Landeshaushalt festgeschriebenen Baumaßnahmen beendet werden. Dies betrifft auch die Sanierung der ehemaligen Kinderklinik in der Soldmannstraße für die Botanik und die Zoologie. Das Land hat sich mit der Zielvereinbarung auch verpflichtet, den alten Klinikkomplex in der Greifswalder Innenstadt für die Geistes- und Rechtswissenschaften zu sanieren. Außerdem ist an diesem Standort ein Neubau mit Hörsälen, Bibliothek und Ausgabemensa geplant. “Dieses Projekt hat für uns außerordentlich Priorität, da dies zu einer spürbaren qualitativen Verbesserung für Lehre und Forschung führen wird. Aus diesem Grund haben wir uns nach längerer Abwägung und mit Zustimmung des Senats bereit erklärt, für die Sanierung der Inneren Medizin beziehungsweise der Klinik für Chirurgie bis zu 12 Millionen Euro entsprechend des Baufortschritts zu verauslagen. Das Land hat sich verpflichtet, nach Fertigstellung der Maßnahme das Geld in fünf Jahresraten zurückzuzahlen”, erklärte Westermann weiter.

Besonders hart gerungen wurde um die Zukunft der Lehrerausbildung an der Universität Greifswald. Mit dem ausgehandelten Kompromiss kann die Universität Greifswald die bestehenden Lehramtsstudiengänge mit einer hinreichend großen Studierendenzahl fortführen. Konkret will das Land gemäß der Lehrerbedarfsprognose bis 2030 langfristig 4.000 Studienplätze in der Lehrerbildung für allgemeinbildende und berufliche Schulen halten. Rund 1.500 Studierende können demnach in Greifswald eingeschrieben sein.

Kritik äußerten die Greifswalder Grünen an dem Paket: “Die Zielvereinbarung zwischen Universität und Land geht nicht mit der personellen Ausstattung einher, die zu ihrer Umsetzung nötig wäre. Damit wird von außen Unruhe in die Universität hineingetragen, und es drohen endlose Verteilungskämpfe zwischen den Fachrichtungen”, sagte Sandro Teuber, Mitglied des Kreisvorstandes. Johannes Saalfeld, hochschulpolitischer Sprecher des bündnisgrünen Landesverbandes, verwies auf den chaotischen Verlauf der Verhandlungen und stellte fest, dass damit kein großer Wurf gelungen sei.

Fotos: Bildungsministerium M-V

Stadt bereitet sich auf Castor-Gegner vor

Pressekonferenz der Stadtverwaltung zur geplanten Demonstration in Greifswald.

Mit Blechtonnen, Fahrrädern und Segelschiffen machten die Gegner des Castortransportes bereits in der Vergangenheit in und um Greifswald auf sich aufmerksam. Der Höhepunkt der Proteste gegen den Castortransport, der in etwa einer Woche in den Werkbahnhof Lubmin rollen soll, findet am kommenden Samstag in Form einer Demonstration um die Greifswalder Innenstadt statt . Insgesamt werden 4000 Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. „Zehn Busse aus MV und weitere 14 aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich schon angemeldet“, sagte Ulrike Berger (Grüne), Sprecherin des Anti-Atom-Bündnisses Nordost. Die Protestierenden kommen unter anderem aus dem Wendland, Hamburg und Braunschweig.

Mehrere hundert Polizisten sollen den Protest absichern

Die Polizeidirektion Anklam und die Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt bereiten sich umfassend auf die Führung des geplanten Einsatzes zur Transportbegleitung vor. Mehr als 500 Polizisten sollen nach Angaben der Ostsee-Zeitung die Anti-Atom-Demonstration absichern. Die Einsatzkräfte sollen aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, der Hansestadt Hamburg und der Bundespolizei kommen. „Wir halten starke Reserven aus dem gesamten Bundesgebiet bereit“, teilte der Einsatzleiter Polizeioberrat Gunnar Mächler mit. Bisher gebe es jedoch keine Hinweise auf die Anreise gewaltbereiter Demonstranten. Falls sich die Erkenntnisse in den Tagen ändern sollten, werden auch die polizeitaktischen Maßnahmen angepasst. Bislang seien aber keine Kontrollen an den Ortseinfahrten nach Greifswald geplant.

Dezernent Ulf Dembski (SPD) rechtet mit Verkehrsbehinderungen.

Stadt verspricht Unterstützung bei Schneefall

„Die Stadt heißt alle friedlichen Demonstranten Willkommen“, sagte der zuständige Dezernent für öffentliche Ordnung, Ulf Dembski (SPD). Der Demonstrationszug führt einmal im Kreis um die Innenstadt, dabei wird auch die Europakreuzung schneiden. Einwohner und Gäste der Stadt müssen sich jedoch auf weiträumige Sperrungen einstellen. „Es wird erhebliche Verkehrsbehinderungen geben“, so Dembski gegenüber dem webMoritz. Die Stadtverwaltung und Polizei erwarten darüber hinaus zahlreiche Tages-Gäste, die entweder den Weihnachtsmarkt oder das Mitternachts-Shopping besuchen wollen. “Die Stadt wird gegebenenfalls bei Schneefall,  die Demonstrations-Route vom Winterdienst räumen lassen”, erklärte Dembski weiter

Zwei Kundgebungen am Bahnhof

„Die Bahnhofstraße wird ab morgens 9 Uhr voll gesperrt und die Bushaltestelle verlegt“, teilte Dembski weiter mit. Die Kundgebung beginnt ab 12 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz. Der Demonstrationstross wird sich gegen 13.30 Uhr in Bewegung setzen. „Nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung gesetzt hat, werden, je nachdem, die entsprechenden Zufahrtstraßen zeitweise gesperrt“, sagte Einsatzleiter Mächler. In den Straßen, die auf der Demonstrationsroute liegen, gilt komplettes Halteverbot. „Das ist auch im Interesse jedes Fahrzeugführers. Schließlich könnten Handtaschen gegen die Autos in den zum Teil sehr schmalen Straßen stoßen und sie beschädigen“, wirbt Mächler für die Maßnahme. Die Polizei wird den Protestmarsch nach vorne und hinten absichern. „Nach der etwa zweistündigen Demonstration gibt es eine große Abschlusskundgebung am Bahnhof“, so Ulrike Berger. Auf parteipolitische Redner habe man bewusst verzichtet, um die gesellschaftliche Breite der Protestbewegung darzustellen.

Kostenfreies Bürgertelefon

Polizei-Einsatzleiter Gunnar Mächler spricht von einer guten Zusammenarbeit.

Die ersten Bürger aus Greifswald nutzten die Möglichkeit, sich am Bürgertelefon über die am Samstag in Greifswald mit der Großdemonstration im Zusammenhang stehenden Straßensperrungen und Umleitungen zu informieren. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800 – 58 92 984 bemühen sich die Mitarbeiter, Fragen und Probleme möglichst schnellen zu klären. Befürchtungen von Anrufern, dass auch der Straßenverkehr zwischen Lubmin und Kröslin ab Freitag betroffen sein könnte, entkräfteten die Mitarbeiter am Bürgertelefon. Die Polizei wird rechtzeitig über die Medien und am Bürgertelefon die notwendig werdenden Maßnahmen informieren.

Der katholische Polizeiseelsorger Mecklenburg-Vorpommerns Dr. Stephan Handy ruft, anlässlich der Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Transport in das Zwischenlager Nord (ZLN), dazu auf gewaltfrei zu demonstrieren: “Die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern haben vor 21 Jahren die Erfahrung gemacht, dass friedliche Demonstrationen zu Freiheit und Demokratie geführt haben. Freiheit und Demokratie brauchen, damit sie Bestand haben, allgemein akzeptierte und geschützte Regeln. Diese sind im Grundgesetz verankert. Dazu gehört auch das Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Die Polizei hat den Auftrag, dieses Recht zu schützen.”

Fotos: Torsten Heil (Pressekonferenz, Gunnar Mächler), Carsten Schönebeck (Ulf Dembski/Archiv), Marco Wagner (Grafik/Google Maps), Jörn Zahlmann via jugendfotos.de (Aufmacher-Bild)

Route:

Busbahnhof (ZOB) – Bahnhofstraße – Goethestraße – Stephaniestraße – Lange Reihe – Platz der Freiheit – Hansering – Steinbeckerstraße – Loefflerstraße – Wollweberstraße – Lange Straße – Karl-Marx-Platz – Bahnhofstraße – Busbahnhof (ZOB)

Als Redner sind der pommersche Bischof Hans-Jürgen Abromeit vorgesehen, Konrad Ott, Professor für Umweltethik an der Greifswalder Universität, Oskar Gulla als Chef der Bürgerinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk, Kerstin Rudek, die Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg, Ulrike Mehl, die stellvertretende BUND-Vorsitzende und für die atomkritische DDR-Bürgerrechtsbewegung Johann-Georg Jaeger. Ferner sollen Vertreter des DGB sowie des Republikanischen Anwaltsvereins zu Wort kommen.

Klartext im Hermann

Am 16. November fand um 20 Uhr in der Brasserie Hermann unter dem Motto „Tacheles“ zum ersten Mal eine vom Grünen Michael Steiger organisierte und moderierte Diskussionsrunde statt. Ähnlich dem Speakers‘ Corner im Londoner Hyde Park konnte jeder, der Lust hatte, vorbeikommen, um seine ganz persönliche Sicht zu einem beliebigen Thema dem versammelten Publikum zu präsentieren. Einzige Einschränkung war, dass sich das Thema auf Greifswald beziehen sollte und man auf Beleidigungen verzichten musste. Die Redezeit wurde auf fünf Minuten beschränkt. Für Widersprüche oder Kommentare von den Zuhörern blieb trotzdem noch Zeit. Auf „Tacheleszetteln“ wurden alle Beiträge des Abends an einer Wand gesammelt.

Ruth Terodde leitet die Diskussionsrunde ein

Bis 20 Uhr hatten sich etwa 40 Personen im Roten Salon des Hermann, in dem normalerweise Fußballübertragungen laufen, versammelt. Zuerst meldete sich Ruth Terodde zu Wort, um ihre Verwunderung über die Deutsche Bahn bezüglich den Änderungen der IC-Verbindungen und der Gutscheinpolitik zu äußern. Ein vollkommen anderes Thema sprach beispielsweise Anja Matz von der Beratungsstelle Flüchtlinge an. Sie störte, dass ein neues Flüchtlingsheim in Greifswald nicht wie üblich ausgeschrieben wurde und somit ihre Organisation keine Chance bekam, sich für die Trägerschaft des Heimes zu bewerben.

Themenschwerpunkte

Ein immer wiederkehrender Themenschwerpunkt der Redner waren die Bautätigkeiten der Stadt. Angefangen mit einer längeren Diskussion über Radfahren in Greifswald, angeregt von Robert Brockmann mit einem Beitrag zur gescheiterten Diagonalquerung an der Europakreuzung, dominierten die Beiträge schnell Kritik an der Stadtverwaltung, insbesondere an Oberbürgermeister Arthur König. Aus dem Beitrag von Ulrich Rose, Besitzer eines Antiquariates in der Innenstadt,  welcher der Stadt Korruption im Zusammenhang mit den Auftragsvergaben für das Technische Rathaus und der Stadthalle vorwarf, entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über die Informationpolitik der Stadt und die Bürger, die sich mehr einmischen sollten. Tacheles reden also.

Bürgerliches Engagement war ebenfalls ein Themenschwerpunkt, der sich im Laufe des Abends herauskristallisierte. Beiträge zu Intoleranz, rechtsextremen Schmierereien, Brandanschläge in der Mühlenstraße oder dem Umgang der Stadtverwaltung mit Projekten in der Stralsunder Straße 10 sorgten für Gesprächsstoff und der einzigen Ermahnung des sonst friedlichen Abends wegen einer Beleidigung.

Rückfragen vom Publikum

Am letzten Beitrag des Abends war dann doch eindeutig erkennbar, dass die Veranstaltung von den Grünen organisiert war. Er wurde genutzt um zur Auftaktdemo am 11. oder 18. Dezember gegen den kommenden Castortransport aufzurufen.

Genauso wie das Publikum zeigte sich auch Michael Steiger zufrieden mit der ersten Tacheles-Runde. „40 Leute sind eine gute Zahl, jedoch hätte ich mir eine größere politische Pluralität gewünscht“, teilte er dem webMoritz in einer kurzen Einschätzung mit. „Gut fand ich, dass verschiedene Leute gesprochen haben, die sonst nicht so oft laut sind.“ fügte er hinzu.

Michael Steiger

Die gesammelten Beiträge sollen am 13. Dezember bei der nächsten Bürgerschaftssitzung Arthur König übergeben werden, um zu zeigen, welche Debatten die Bürger bewegen. Besser sei es jedoch, wenn jeder Bürger mit seinem Anliegen selbst in das Rathaus gehen würde. Im Zusammenhang mit der Diagonalquerung meinte er: „Ich glaube, wenn alle Studenten in die Bürgerschaft gehen würden, dann wird das Ding sofort angestrichen.“

Fotos: Simon Voigt

Solidaritätsdemo: Schwabenstreich in Greifswald

Vor dem Bahnhof soll heute um 19 Uhr eine Solidaritätskundgebung für die Stuttgart-21 Gegner stattfinden.

Heute, am 1. Oktober, soll um 19 Uhr in Greifswald auf dem Bahnhofsvorplatz eine Solidaritätskundgebung für die Protestierenden gegen das milliardenschwere Umbauprojekt des Stuttgarter Hauptbahnhofes stattfinden. Die Veranstaltung wird von den Greifswalder Grünen organisiert. Als Rednerinnen und Redner werden Christian Prasser, Mitglied im Landesvorstand der Grünen Mecklenburg-Vorpommerns, Ruth Todde, Mitglied im Kreisvorstand Greifswald Uecker-Peene sowie Kay Karpinsky, Verkehrspolitischer Sprecher des Kreisverbandes der Grünen auftreten.

Über 100 Demonstranten durch Polizei verletzt

Das sieben Milliarden Euro teure Prestige-Projekt “Stuttgart 21” erhitzt seit mehreren Wochen nicht nur die Gemüter der Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Nachdem die Polizei gestern mehreren übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstrantinnen und Demonstranten, darunter auch Kinder und Jugendliche, vorging, wurden noch gestern spontan Solidaritätsdemonstrationen organisiert. Über zahlreiche Online-Medien wurde das Foto eines Demonstranten verbreitet, der in Folge des Polizeieinsatzes angeblich sein Augenlicht verlor. Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes wurden bei den Auseinandersetzungen 117 Demonstrantinnen und Demonstranten ambulant behandelt, 16 wurden in Krankenhäuser gebracht. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zu Folge sei die Gewalt ausschließlich von der Polizei ausgegangen. Augenzeugen berichten von schlagenden Polizisten, etwa 400 Augenverletzungen seien dokumentiert worden.

Özdemir (Grüne) spricht von Skandal, Ministerpräsident Mappus verteidigt Einsatz

Stuttgarter hängen an ihrem Bahnhof: Demonstration gegen "Stuttgart 21"

Unterdessen verteidigt der Baden-Württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus die Polizeigewalt. “Ich stelle mich hinter unsere Beamtinnen und Beamten” positionierte sich Mappus gegenüber der Süddeutschen Zeitung und sprach indes davon, dass das Vorgehen “notwendig” geworden sei.

“Es ist eine skandalöse Art und Weise, Schüler und ältere Damen und Herren mit Pfefferspray zu besprühen” kritisierte Cem Özdemir (Grüne) das Vorgehen der Polizistinnen und Polizisten. Politiker von SPD und Linken forderten inzwischen den Rücktritt von Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech. Wer versuche, angemeldete Schülerdemos mit Schlagstöcken, Reizgas und Wasserwerfern aufzulösen, der müsse als Innenminister seinen Hut nehmen, zitiert die Süddeutsche Zeitung Ulrich Maurer, den stellvertretenden Vorsitzenden der Linken.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft wies hingegen jegliche Schuldvorwürfe zurück. Schließlich seien Polizisten unter anderem mit Kastanien beworfen worden, weshalb Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, an dem Einsatz “nichts, aber auch gar nichts auszusetzen” habe.

Weitere als “Schwabenstreich” bezeichnete Solidaritätskundgebungen gegen Stuttgart 21 werden heute außerhalb von Stuttgart unter anderem in Aachen, Augsburg, Berlin, Chemnitz, Dresden, Dessau, Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt, Freiberg, Gelsenkirchen, Hamburg, Hannover, Kassel, Kiel, Leipzig, Lörrach, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Müllheim, München, Nürnberg und Potsdam stattfinden.

Fotos: Gabriel Kords (Bahnhof Greifswald, webMoritz-Archiv), Mussklprotz via Wikipedia (Abrissarbeiten Bahnhof Stuttgart)