TITEL: Einsam und allein

TITEL: Einsam und allein

mm104_14_Universum_SeminarVolle Seminarräume, unzählige Menschen in den Gängen und kein Platz mehr im Hörsaal – diese Situation kennen viele Studenten an unserer Universität. Es geht aber auch anders. Bei einzelnen Exoten unter den Studiengängen steht der Dozent vor fast leeren Vorlesungssälen.

Von den 11 736 derzeitigen Studenten an der Universität Greifswald studieren 755 in Masterprogrammen, das sind 6,6 Prozent aller Studierenden. Gerade die Philosophische Fakultät hat einige Studiengänge, die von weniger als zehn Studenten besucht werden. So zum Beispiel der Master of Arts (M.A.) Baltistik, den zurzeit nur eine Studentin anstrebt. Scheinen diese Zahlen doch eher negativ, sprechen sich die betroffenen Professoren positiv über ihre Studiengänge und deren Nachfrage aus. Professor Amei Koll-Stobbe, vom Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft und Ansprechpartnerin des M.A. Intercultural Linguistics, meint, dass es ein Massenstudium in Greifswald noch nicht gäbe und sie dieses mit der deutschlandweiten Personalmindestausstattung auch nicht anbieten könnten. „Wir setzen auf eine gute, individualisierbare Studienförderung und eine persönliche Betreuung“, so Koll-Stobbe. Auch einige ihrer Kollegen sprechen von der besonderen Ausbildung, die den Masterstudenten zuteil wird.  Bei kleineren Gruppen können Lernende und Lehrende besser aufeinander eingehen. Professor Stephan Kessler, Lehrstuhl für Baltistik, sieht eine Stärke darin, dass „man in einem größeren Studiengang nur einzelne Studenten besser kennt, während wir in unserem Masterstudiengang eigentlich alle gut kennen.“

Seminare werden fachübergreifend besucht

Der Besuch einiger Seminare ist nicht nur für fachinterne Studenten offen, sondern auch für Studenten anderer Fächer, die diese Seminare als General Studies oder zum Beispiel für die „Kulturkompetenz Osteuropa“ nutzen, die von den Fächern Deutsch als Fremdsprache, Geografie und Betriebswirtschaftslehre angeboten werden. Deshalb betrifft einige Professoren das Problem der leeren Hörsäle nicht. Ihnen fällt es einfacher, den wenigen Studenten eine umfassende und interessante Ausbildung zu ermöglichen. „Wir besprechen mit ihnen mögliche komplementäre Studienaufenthalte im Ausland, binden sie ein in Forschungsprojekte, betreuen sie bei der Suche nach berufsrelevanten Praktika und Masterarbeiten. Es entstehen keine Probleme, sondern Vorteile der Intensivierung des Studiengangs. Unsere Absolventen erhalten attraktive Positionen in Kultur, Wirtschaft und im Bildungssektor“, fasst Koll-Stobbe zusammen. Für sie würden höhere Studierendenzahlen im Master eine Verschlechterung der Bildungsqualität bedeuten. Die Professoren beschweren sich auch dahingehend nicht über die Studierendenzahlen, da sie nicht nur den lehrenden Teil ihres Berufs ausüben können, sondern auch genügend Zeit für ihre Forschungsprojekte haben. Professor Geo Siegwart, Lehrstuhl für Philosophie, erkennt einen klaren Vorteil bei den wenigen Studierendenzahlen: „Die Korrekturarbeiten sind weniger.“

Dekan will Masterstudiengänge fördern

Doch die niedrigen Studentenzahlen in den Masterprogrammen Greifswalds sehen nicht alle Professoren positiv. Der Dekan der Philosophischen Fakultät Professor Alexander Wöll spricht sogar davon, dass alle fremdsprachlichen Philologien der Philosophischen Fakultät ein Problem haben würden. Dieses Problem beziehe sich auf das Angebot von Masterstudiengängen in Greifswald, das auf Studenten nicht attraktiv wirke. Deshalb wird zurzeit an „einigen integrierten literatur- wie auch sprachwissenschaftlichen M.A.-Studiengängen wie auch an einem M.A.-Ostsee-Studiengang gearbeitet“, berichtet Wöll. Der erste Vorläufer dieser Entwicklung ist der gerade entstehende M.A. Kultur-Interkulturalität-Literatur (moritz berichtete im Heft 103). Beispiele für die Beliebtheit solcher Programme gibt es in München im M.A. Elitestudiengang Osteuropa und Regensburg im M.A. Ost-West-Studien. Nicht nur die mangelnde Attraktivität des Angebots lässt die Studenten nach abgeschlossenem Bachelor in die Großstädte Deutschlands schwärmen. „Greifswald hat generell das Problem, dass Studierende nach sechs Semestern Bachelorstudium in einer familiären und gut betreuten Atmosphäre ihren M.A. in einer Großstadt mit breitem Kulturangebot und vielfältigen Studentenjobs weiterstudieren wollen“, erklärt Wöll. Wobei Greifswald durch die Nähe zu den baltischen und skandinavischen Staaten einen Vorteil gegenüber Berlin oder München hat. Diesen muss man noch besser ausbauen. Ansätze zeigen sich in der Kooperation mit dem Alfried-Krupp-Kolleg, mit dem die Universität eine ukrainistische und polonistische Sommerschule anbietet. Wöll betont, dass gerade die fremdsprachlichen Institute national sowie international einen guten Ruf genießen.

Die meisten Studenten verspüren den Drang, während ihres Studium für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen. Doch da ein Master in der Regel zwei Jahre dauert, ist das Zeitfenster sehr klein und viele Studenten aus dem gleichen Semester gehen gleichzeitig weg. „Wenn man in einem Jahrgang sechs oder sieben Studierende hat und davon gehen dann womöglich drei oder vier zeitgleich ins Baltikum, dann wird es in den Lehrveranstaltungen schon knapp“, beschreibt Kessler dieses Problem in Bezug auf die Verteilung von Gruppenprojekten oder Referaten. Die Arbeit verteilt sich in so einem Falle immer „auf dieselben wenigen Schultern“.

Ein Problem stellen auch die hohen hochschulpolitischen Erwartungen dar. Statistisch gesehen studieren nur 0,3 Prozent aller Masterstudenten Deutschlands in Greifswald. Die Professoren müssen sich damit auseinandersetzen. „Dekanate kommen leicht in die Versuchung, aus wenig besuchten Studiengängen eine akademische Ratatouille zu mischen“, meint Siegwart. Kritisch äußert sich der Dekan über die generelle Unbeliebtheit der Philosophischen Fakultät. „Allen wird eingeredet, dass sie eine konkrete Ausbildung und keine umfassende Lebensbildung benötigen“, beklagt Wöll. Der Umgang mit anderen Kulturen ist in unserer heutigen Zeit besonders wichtig. Wöll sieht gerade in den baltischen Staaten großes Potenzial, dass die Masterstudiengänge in den nächsten Jahren immer weiter ausbauen werden. Als besonderes Beispiel nennt er dabei Polen. Mecklenburg-Vorpommern könne eine solche Entwicklung nicht vorweisen. Um die Verbesserung der Masterstudiengänge in Greifswald zu erreichen, hat Wöll dieses als Schwerpunkt seiner zweiten Amtszeit als Dekan der Philosophischen Fakultät gesetzt. Er sieht den Schlüssel dafür „in einer breiten interdisziplinären Vernetzung“.

Aber nicht nur philosophische Masterstudiengänge haben eine geringere Studierendenzahl, auch einige Bachelor-Studiengänge weisen wenig Studenten auf. Hierbei handelt es sich aber um besondere Ausnahmen. Im Bachelor Biomedical Science studieren dieses Semester rund 21 Studenten. „Ich finde, dass das völlig in Ordnung ist, handelt es sich doch um einen Studiengang, der zusätzlich zum zeitintensiven Medizinstudium belegt wird“, erzählt Professor Barbara Bröker von der Abteilung für Immunologie. Dabei soll der Studierende nach seinen Neigungen und den Erfordernissen seiner Arbeit sein Studium planen. Die Veranstaltungen finden dann übergreifend mit den Veranstaltungen der Biologie, Biochemie oder Biomathematik statt. „Das ist eine wunderbare Bereicherung, denn jeder Studiengang legt natürlich andere Schwerpunkte, sodass die Studierenden in meinen Veranstaltungen insgesamt aus einem sehr breiten Wissensgebiet schöpfen können“, so Bröker. Die Debatten sollen dadurch noch lebhafter und konstruktiver werden. „Zusätzlich zum Medizinstudium Biomedical Science zu studieren, bedeutet ein ganz ungewöhnliches Engagement.“

Die Hürde der Eignungsprüfung

Auch an der Philosophischen Fakultät gibt es Bachelorstudiengänge, die unterbesetzt sind. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um den Bachelor in Musik. Die Bewerber für diesen Studiengang müssen sich einer Eignungsprüfung unterziehen. „Die Eignungsprüfung muss feststellen, ob die Bewerber die Voraussetzungen haben, ein erfolgreiches Studium absolvieren zu können“, erklärt Professor Jochen Modeß, Direktor des Instituts für Kirchenmusik. Durch diese Prüfung soll einem Scheitern der Studierenden entgegengewirkt werden. Aber nicht nur das Scheitern wird zu verhindern versucht, auch die Seminargrößen werden klein gehalten. „Das fest angestellte Lehrpersonal ist bei uns ausgelastet, bei geringeren Studierendenzahlen brauchen wir weniger Lehrbeauftragungen“, meint Modeß. Aber ein Rückgang der Studierendenzahlen ist, genau wie im restlichen Deutschland auch, an diesem Institut zu merken. Gerade deshalb scheint die Eignungsprüfung eine Barriere zu sein, die aber durch Intensivkurse vor der Prüfung entschärft werden soll.

Wie es mit den genannten Studiengängen und ihren geringen Studierendenzahlen in den nächsten Semestern weitergeht, dass konnte niemand so recht vorhersagen. „Einen Propheten zu haben, wäre gut“, so Kessler.

Ein Bericht von Anne Sammler & Corinna Schlun

TITEL – Wenn das Geld nicht reicht

TITEL – Wenn das Geld nicht reicht

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Die Universität Greifswald hat zurzeit ein Defizit von 7,8 Millionen Euro. Wie die Möglichkeit für eine Lösung aussehen, fasst moritz zusammen.

Was könnte die Universität mit 7,8 Millionen Euro für die Studenten machen?

Mit 7,8 Millionen Euro könnte jeder Student das neue Iphone 5 von der Uni gesponsert bekommen, 1,7 Jahre auf Kosten der Uni in der Mensa essen gehen oder elf Semester an der Universität Greifswald studieren ohne die Rückmeldegebühr zu bezahlen. Dieses Geld steht der Universität aber nicht zur Verfügung, sondern das Gegenteil ist der Fall: Die Universität Greifswald hat ein Haushaltsdefizit von fast 7,8 Millionen Euro zu bewältigen. Gründe dafür sind vielseitig. Auf der einen Seite sind die Steigerungen der Energie- und Personalkosten. Die Gewerkschaft ver.di erhöhte die Beitragskosten um ungefähr drei Prozent, das Land glich aber nur mit circa 1,5 Prozent des Etats an, wodurch ein Minus von 1,5 Prozent entstand. Im letzten Jahr kam es zusätzlich zu einer Überarbeitung der Richtlinien zur Eingruppierung von Mitarbeitern, die knapp 300 Mitarbeiter betrifft. Diese wurden in eine höhere Lohngruppe einsortiert. Auch die Energiepreise sind angewachsen. Zusätzlich muss die Universität durch die EEG-Umlage weitere 200 000 Euro zahlen. Auf der anderen Seite ist die Energierechnung aus dem letzten Jahr noch vorhanden. Diese wurde zu niedrig berechnet und somit muss die Universität nun Nachzahlungen tätigen.

Drei Lösungsmöglichkeiten

Wie können die Lösungsmöglichkeiten dafür aussehen? Bis jetzt wurden drei Lösungsansätze entwickelt, die jedoch auch kombiniert werden könnten. Die erste Variante wäre eine Förderung durch das Land Mecklenburg-Vorpommern (MV). Diese jedoch wäre schwierig umzusetzen, da das Land nicht nur die Greifswalder Geldsorgen beheben muss. Auch Rostock hat ein Defizit, das aber deutlich höher als das in Greifswald liegt. Dort muss ein Loch von 17 Millionen Euro gestopft werden. Aber auch die anderen Hochschulen im Land brauchen Hilfe. Ende März entscheidet das Finanzministerium nach Sondierungsgesprächen mit dem Bildungsministerium darüber, ob etwaige überschüssige Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden können. Gleichzeitig gibt das Finanzministerium eine Tendenz zu den unterschiedlichen Fördermöglichkeiten. Die endgültige Entscheidung trifft dann der Landtag in Schwerin.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Förderung durch den Bund. Diese scheidet im Moment aus, da das vorhandene Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern dies unterbindet. Durch das Verbot darf der Bund sich in Bildungsfragen nicht einmischen. Wenn dieses durch eine Änderung des Grundgesetzes aufgehoben werden würde, müssten die Länder aber nicht nur mit der finanziellen, sondern auch mit der inhaltlichen Unterstützung rechnen. Der Bund hätte aber die Mittel, um die ausstehenden Summen zu begleichen.

Universität müsste Geld sparen

Die letzte Alternative wäre, dass die Universität selbst zahlt. Diese wäre die schmerzlichste, da die Summe im Haushalt 2014 eingespart werden müsste. Dabei wären Strukturanpassungen, wie Institutsschließungen und Personalabbau, unumgänglich. Gerade die finanziell schwächeren Institute könnte es bei dieser Lösung treffen. „Ich will jetzt nicht den Tod der Philosophischen Fakultät voraussagen, aber es könnte auf ein langsames Sterben hinauslaufen“, erklärt Erik von Malottki, Vorsitzende der Landskonferenz der Studierendenschaften (LKS).

Nun geht es darum, dass sich die drei Parteien – Bund, Land und Universitätsleitung – einigen. Doktor Wolfgang Flieger, der Kanzler der Universität, wollte erst mal keine Aussage bezüglich der Problemlösung machen. Ohne Druck solle das Bildungsministerium von MV eine Entscheidung treffen können. Dagegen äußerte sich Professor Hannlore Weber, Rektorin der Universität Greifswald, gegenüber moritzTV zu diesem Thema.  Sie erklärt, dass die Universität keine Schulden, sondern nur Mehrbedarf hätte. Dieser Mehrbedarf müsse im neuen Haushalt eingerechnet werden, damit die 7,8 Millionen Euro auch gezahlt werden können. Für die Bezahlung muss aber das Land diese Summe bereitstellen. Im Moment sei es kein großes Problem für die Studierendenschaft, da es bislang keine Institutsschließungen geben soll. Auch Mathias Brodkorb, Minister für Bildung in MV, möchte den Mehrbedarf der Universitäten decken. Er sieht es aber nicht nur als Problem der Universitäten und des Landes, sondern auch der Bund muss in der Finanzierung mit berücksichtigt werden. „Mit dem Hochschulpakt hat der Bund bereits deutlich gemacht, dass auf Dauer gar nichts anderes sinnvoll denkbar ist“, erklärt Brodkorb. Nicht nur der Bildungsminister, sondern auch die neue Bundesbildungsministerin Johanna Wanka spricht sich für eine Förderung durch den Bund aus. Hierfür hat der Bund den Ländern den Ländern einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Kooperationsverbots im Grundgesetz vorgelegt. „Die Länder müssen nur zustimmen“, so eine Sprecherin des Bildungsministeriums.

Mischmöglichkeit wäre beste Lösung

Die Beteiligten gehen aber davon aus, dass es nicht nur auf eine der drei Lösungen hinauslaufen wird. Eine Mischmöglichkeit wird es wohl eher werden. „Dass Bund und Land beide investieren, wäre für mich die beste Möglichkeit“, erklärt Erik. Bevor es jedoch zu dieser Möglichkeit kommen kann, muss das Kooperationsverbot mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundesrat und Bundestag gekippt werden. Es gibt bereits Bundesländer, die sich schon für die Abschaffung des Kooperationsverbots ausgesprochen haben, wie Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin und Brandenburg. Dem gegenüber stehen Bayern und Hessen, die gegen den Antrag zur Änderung des Grundgesetzes  gestimmt haben. Schon einmal wurde der Versuch unternommen, das Kooperationsverbot zu kippen. Damals brachte Annette Schavan den Antrag im Bundesrat ein. Am 21. September 2012 wurde dieser Entwurf vom Bundesrat abgelehnt. Grund für diese Ablehnung war, dass der Antrag nur eine Förderung der Hochschulen mit überregionaler Bedeutung unterstützen sollte. Die anderen Parteien, beispielsweise die Grünen, sehen aber auch eine Förderung des Schulwesens als nötig an.

Das Finanzproblem wird sich weiter verschärfen, wenn 2017 die Exzellenz-initiative ausläuft. Durch diese Initiative werden herausragende Forschungen an den deutschen Universitäten von Bund und Ländern gefördert. Das Ziel dieser Förderung ist es, im internationalen Vergleich besser abzuschneiden. Von 2006 bis 2017 stehen insgesamt 4,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Gerade Projekte und Universitäten, die die Forschung als Schwerpunkt haben, werden durch die finanzielle Förderung gestärkt. Universitäten, die sich dagegen eher um die Lehre kümmern, werden benachteiligt.

Exzellenzinitiative läuft 2017 aus

Gerade wegen des Auslaufens der Exzellenzinitiative bilden sich Interessenvereinigungen der Universitäten. Allen voran die „German U15“, die sich für die Abschaffung des Kooperationsverbots ausspricht, um nach 2017 weiter Förderungen zu erhalten. Die Idee einer Universitätsvereinigung ist nicht neu. Musterbeispiele bilden dabei Frankreich mit den „grandes écoles“ und die „Russell-Group“ in Großbritannien. Doch auch in Deutschland gibt es schon Vorbilder, so zum Beispiel die „TU9“, die neun Technischen Universitäten mit großer Einflussmacht und Tradition, oder die „UAS7“, ein Zusammenschluss von sieben deutschen Hochschulen zur Förderung ihrer Lehr- und Forschungsaktivitäten.

Um den Druck seitens der Studierenden auf die Bildungsminister zu verschärfen, hat sie die LKS entschieden, einen Termin Anfang April mit dem Bildungsminister von MV zu organisieren, um auf die Forderung nach einer Ausfinanzierung der Hochschulen hinzuweisen. Wenn die Verhandlungen zwischen dem Finanzminister und dem Bildungsminister keinen Erfolg zeigen, plant die LKS mehrere gemeinsame Aktionen der Studierendenschaften des Landes und eine bundesweite Kampagne gegen die Unterfinanzierung des Bildungssystems, um eine höhere Geldsummen für Bildung zu erhalten.

Wenn es zur keiner Einigung zwischen der Universität, dem Land und dem Bund kommt, muss die Universität dieses Geld im Haushalt 2014 einsparen und bekommt keine Unterstützung. Dies könnte zur Folge haben, dass Greifswald weniger Studiengänge in den Folgesemestern haben wird. Da kann man nur hoffen, dass sich die Beteiligten einig werden.

KOMMENTAR: von Anne Sammler

Unsere Universität liegt in einem Bundesland mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten und der Bund verteilt sein Geld lieber an elitäre Universitäten, die Deutschland international vertreten sollen. Im Jahr 2017 läuft ein Sonderprogramm des Bundes aus: die Exzellenzinitiative. Doch um sicherzugehen, dass der Geldstrom nicht versiegt, schließen sich die begünstigten Universitäten schon jetzt zu Vereinen zusammen, die sicherstellen, dass sie auch weiterhin bevorzugt werden. „German U15“, „TU9“ und „UAS7“: Das sind die Vereine der unterschiedlichen deutschen Hochschulen. Wer sich die Mitglieder ansieht, wird feststellen, dass die Universität Greifswald auf keiner dieser Listen vertreten ist.

Wie soll es also in Zukunft mit den kleineren Hochschulen Deutschlands weitergehen? Gerade die ärmeren Bundesländer kämpfen für den Erhalt eines präsentierbaren Bildungssystems. Da stellt sich also die Frage, warum der Bund nicht eingreift, wenn er sieht, dass Geld benötigt wird und die Universitäten keinen passablen Standard mehr gewährleisten können. Gerade jetzt kommt diese Debatte wieder auf den Tisch. Nicht nur die Universität Greifswald steht vor großen finanziellen Problemen, da könnte der Bund doch mit ein paar Millionen aushelfen. Aber das verbietet das Kooperationsverbot. Dagegen wird gekämpft. Doch da wir im Sommer Bundestagswahlen haben, möchte sich niemand festlegen und das lieber die kommende Legislatur entscheiden lassen. Man möchte sich auch bei den Wählern nicht unbeliebt machen. Studenten machen ja nur vier Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung aus.

Das Geld wird aber jetzt gebraucht. Die Politiker wehren sich dagegen. Für diese Änderung muss man die Grundstatuten unseres Staates angreifen: das Grundgesetz. Die Tradition der föderalen Bildungspolitik besteht schon seit 1871 und diese wurde nur zu Zeiten des Dritten Reiches und der DDR missachtet. Doch wäre es nicht besser, wenn alle Menschen in Deutschland dieselbe Grundbildung genießen könnten? Und auch die weiterführende Bildung sollte einigermaßen gleich sein. Die Politiker können die Qualität der Bildung nicht davon abhängig machen, wie reich das Bundesland ist. Das bedeutet den intellektuellen Tod für die ärmeren Bundesländer. Mecklenburg-Vorpommern ist schon ein gutes Beispiel dafür. Heißt es nicht immer: „Die Jugend ist die Zukunft“? Warum investieren die Politiker dann nicht in ihre Zukunft?

Die Länder wehren sich gegen diese Änderung, da der Bund bei Gesetzesänderung nicht nur den prallen Geldbeutel zücken, sondern auch inhaltlich mitreden wollen würde. Wozu haben wir denn eine Frau Wanka, wenn diese auch nicht eingreifen kann? Fakt ist, wir brauchen Geld. Wenn das nicht irgendwer aus dem Hut zaubert, dann muss die Universität selbst bluten. Wie das aussehen wird, bleibt abzuwarten, aber klar sollte jedem sein, dass 7,8 Millionen Euro nicht an weniger Schokopudding in der Mensa gespart werden. Dafür müssen strukturelle Kürzungen her, die ganz besonders die Philosophische Fakultät betreffen werden. Das würde auch eine Kürzung der Vielfältigkeit Greifswalds bedeuten.

 

Hintergrundinfo: German U15

Im Oktober 2012 haben sich 15 große forschungsorientierte und medizinführende Universitäten aus Deutschland zur „German U15“ vereinigt, um zusammen ihre Forderungen der Politik, Wissenschaft und Gesellschaft besser verständlich zu machen.

Vorsitzender des in Berlin eingetragenen Vereins ist der Rektor der Universität Heidelberg, Professor Bernhard Eitel. Sein Stellvertreter ist Professor Peter-André Alt, Rektor der Freien Universität (FU) Berlin.

Der Hauptschwerpunkt ist die Finanzierung der Universitäten, von denen 13 Gewinner der Exzellenzinitiative sind, die 2017 ausläuft. Die Politik soll das Kooperationsverbot noch in dieser Legislaturperiode abschaffen, sodass Bund und Länder dauerhaft Forschung und Lehre unterstützen können. Forschung und Lehre sollen weiterhin auch eine „untrennbare Einheit“ bilden, so die offizielle Internetpräsenz der „German U15“. Die Begründung für die Forderung nach mehr Geld ist der Wunsch, der Weltspitze anzugehören. Außerdem sehen sich die Universitäten den immer stärker ansteigenden Studentenzahlen nicht mehr gewachsen.

Weitere Schwerpunkte sind die Förderung der Spitzenforschung, die verstärkte Zusammenarbeit mit außeruniversitären Einrichtungen zur Nachwuchsförderung, die Steigerung der Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Deutschland international und national, die Verbesserung der Karrierechancen für Absolventen und die Bewahrung der Autonomie der Universitäten.

Kritiker wie der Eliteforscher Michael Hartmann führen an, dass Universitäten mit „überproportional verfügbaren Finanzmitteln aus staatlichen und privatwirtschaftlichen Quellen“ noch mehr Geld auf sich vereinen wollen und dabei aber der immer größer werdenden Studentenanfängerquote entgegenwirken, indem sie „irgendwelche Barrieren hochziehen und über die Gefährdung der Qualität von Lehre und Forschung lamentieren.“ Wenn die „German U15“ ihre Ziele erreiche, dann wäre das Resultat: „Nicht mehr Qualität für alle, sondern mehr Geld für die Spitze – eben noch mehr Elite.“

Die 15 Mitglieder sind die FU Berlin, die Humboldt-Universität Berlin, die Universitäten Bonn, Frankfurt/Main, Freiburg, Göttingen, Hamburg, Heidelberg, Köln, Leipzig, Mainz, Münster, Tübingen und Würzburg sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ein Feature von Anne Sammler & Corinna Schlun; mit Grafik von Daniel Focke

TITEL: Gekommen um zu bleiben oder warum gehst DU weg?

TITEL: Gekommen um zu bleiben oder warum gehst DU weg?

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Wenn ich mich in dem kleinen Dorf umsehe, in das es meine Eltern nach meinem Auszug verschlagen hat, kommt mir immer dieselbe Frage in den Sinn: Warum und wieso hier, wo nicht einmal ein Bus regelmäßig fährt?

Ich selbst war aber auch nie scharf darauf in einer größeren Metropole zu leben. Aber aufs Land ziehen, wo man auf den kleinen Konsum um die Ecke angewiesen wäre – nein danke. Wenn ich mich bei anderen Leuten umhöre, streben sie nach einem Leben in der großen Stadt. Berlin, Hamburg und München – ein Traum, denn dort ist das Arbeitsangebot am vielfältigsten. Mecklenburg-Vorpommern (MV) besitzt keinerlei Metropolen dieser Größe und so wandern immer mehr junge Menschen über die Grenzen des Bundeslandes ab. In Greifswald fällt dies nicht so stark auf, weil es hier aufgrund der Universität eine Bildungswanderung gibt. Hierdurch werden nicht nur junge Leute importiert, sondern auch die Kaufkraft weiterhin angekurbelt, wovon Einzelhandel, Gastgewerbe und der Wohnungs- und Immobilienmarkt profitieren. Dabei sollte man sich aber auch vor Augen halten, dass viele Studenten nach ihrem Abschluss MV auf dem schnellsten Wege wieder verlassen.

Doch woran liegt das? Als ich einige der hier ansässigen Studenten befragte, war die Antwort fast immer dieselbe: Es fehle an Perspektiven im Bundesland. Belegen könnte man dies mit der überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote vom Dezember 2012 in Höhe von zwölf Prozent. Diese ist aus dem Monatsbericht Dezember der Agentur für Arbeit MV zu entnehmen. Gleichzeitig liegt sie 5,2 Prozentpunkte über dem Gesamtdurchschnitt in Deutschland, wie eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom Januar 2013 zeigt.

Berufliche Vielfalt?

Ein weiterer Faktor scheint für mich die eingeschränkte, berufliche Vielfalt zu sein. Wie man aus einem Bericht des Landesportals MV entnehmen kann, ist die Landwirtschaft mit etwa 22 000 Beschäftigten mit einer der größten Arbeitgeber im ländlichen Raum. Aus einer Wirtschaftlichkeitsberechnung von 2010 des Tourismusverbandes MV geht hervor, dass rund 173 000 Personen durch den Tourismus in MV ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Wer sich nicht in touristischen oder agrarwirtschaftlichen Berufszweigen wiederfinden mag, wandert meist ab. Oder versucht in kleineren Berufszweigen wie der Universität eine Anstellung zu erhalten. Die Problematik, die sich daraus ergibt, ist ein Arbeitskräftemangel von jungen, qualifizierten Arbeitnehmern, welche mit neuen Ideen diesem Verlust entgegen wirken können. Ideen wandern ab in den Großstadtdschungel und nähren damit die dort ansässige Wirtschaft. Was bedeutet das eigentlich für den ländlichen Raum? Besonders in Regionen wie MV ist eine rasante Zunahme des demografischen Wandels ersichtlich. Doch was heißt demografischer Wandel eigentlich? Zum einen ist der demografische Wandel geprägt durch eine höhere Lebenserwartung der Bundesbürger aufgrund medizinischer Errungenschaften und einer bewusst gesünderen Lebensweise. Was somit eigentlich nicht negativ ist. Aber wir werden weniger, da die Geburtenrate immer geringer wird. Auslöser hierfür ist der Untergang der DDR, wodurch 1989 eine erhebliche soziale Verunsicherung einsetze, so aus dem Bericht „Demografie in Mecklenburg-Vorpommern – Auswirkungen auf Lebenswelten junger Menschen“ von Professor Helmut Klüter. Er ist Leiter des Lehr- und Forschungsbereiches Regionale Geographie an der Universität Greifswald.

Darin schreibt er, dass damals geltende Vergünstigungen, welche es Familien mit Kindern erleichtern sollte, gestrichen oder nicht weiter ausgebaut wurden. Ein Mangel, der selbst noch heute im Kritikzentrum steht. Hinzu kommen Abwanderungs- und Zuwanderungsprozesse. Besonders durch Abwanderungsprozesse der Jüngeren steigt das Durchschnittsalter der zurückbleibenden Personen an. Eine Dynamik, von welcher nicht nur ländliche Gegenden in MV betroffen scheinen, wie das Statistische Bundesamt 2011 prognostizierte. Es zeigte auf, dass 17 Millionen Menschen in Deutschland um die 65 und älter sind und somit 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Deutschland altert und schrumpft

Besonders junge Frauen gehören zu der Gruppe der Abwandernden, wodurch meist alte und gering qualifizierte Männer zurückbleiben. Hintergrund hierfür ist, dass Frauen sich bewusst gegen Kinder und Familie entscheiden und stattdessen Karriere machen wollen. Ein politisch bewegtes Jahr war daher für sie 2012, indem es um Fragen wie die Frauenquote in Führungspositionen, sowie Recht auf Betreuungsplätze von Kindern und die Thematik der Armutsrente ging. Kinder zu bekommen ist nicht mehr so attraktiv wie in den Babyboomgernerationen der 50er und 60er Jahre. Die Frauen und Männer dieser Zeit gehen in einigen Jahren in Rente und immer häufiger kommt die Frage nach nachfolgenden, qualifizierten Arbeitskräften auf. Woher nehmen wir diese, wenn wir immer weniger werden?

Deutschland altert, schrumpft und wie im Statistischen Bundesamt diagnostiziert wurde, hat man mit einem Rückgang der Bevölkerung um 12 bis 17 Millionen Menschen bis 2060 zu rechnen. Nach dieser Berechnung kommen 2050 auf ein Neugeborenes in Deutschland zwei 60-Jährige. Aus der Alterspyramide mit ihrer breiten Basis wird zunehmend ein Pilz. Dennoch sind die Regionen unterschiedlich von dem Rückgang betroffen. Städte wachsen und andere Landstriche verringern sich immer mehr.

Abenteuer demographischer Wandel

Wie wir uns entwickeln und in Zukunft damit umgehen sollten, beleuchtet das Thema „Die demografische Chance“ des Wissenschaftsjahres 2013. Die hierbei entstandene Ausstellung „Zukunft leben: Die demografische Chance“ der Leibniz-Gemeinschaft zeigt, wie sich der demografische Wandel auf unsere Lebensprozesse auswirken wird. Zurzeit zu sehen im Museum für Naturkunde in Berlin, später ist die Ausstellung in Mainz, Dresden, Bochum, Bremerhaven und München. Beleuchtet werden in neun Abteilungen, wie wir lernen, arbeiten, Familien gründen, wohnen und zu guter Letzt altern werden. Den Ausgangspunkt bilden Ergebnisse und Lösungsvorschläge aus der Forschung. Anschaulich durch begehbare Modelle, viele persönliche Fotografien und Comics wird den Besuchern das Abenteuer demografischer Wandel näher gebracht und erklärt, welche Faktoren die Bevölkerungsentwicklung in den kommenden Jahren beeinflussen werden.

Als ich nun selbst durch die Tore des zerstörten Bevölkerungsbaumes der letzten Jahre unseres Landes schritt, der aus hellem Holz gefertigt wurde und den Beginn der Ausstellung bildet, frage ich mich, inwieweit wird die Thematik vielleicht verharmlost? Selbst durch die warm gewählten Farben und Formen, welche eine beruhigende Atmosphäre auslösen sollen, spüre ich, dass einiges unausgesprochen bleibt, trotz des Informationsreichtums, der geboten wird. Es wirkt fast schon wie eine Art Hinnahme und Entwicklung, die unaufhaltsam scheint und wogegen wir nichts tun können. Mir kommen die Fragen in den Sinn: Wo sind die Alternativen? Wie können wir der Abwanderung aus ländlichen Gegenden entgegenwirken und ist es letzten Endes kein Problem, dass ganze Landstriche dünner besiedelt werden und die Städte fast platzen? In einem weiteren Bericht „Von der Dominanz der Agrarindustrie zum Garten der Metropolen“ von Klüter heißt es: „Der demografische Wandel gilt als gottgegeben und wird von der Landespolitik bis in die Ewigkeit verlängert. [Somit] diente [er] auch als Vorwand für die Kreisgebietsreform 2011.“ Dabei seien am stärksten die kleinen Gemeinden der ländlichen Regionen des Landes betroffen, so in seinem Bericht „Demografie in Mecklenburg-Vorpommern – Auswirkungen auf Lebenswelten junger Menschen.“ In diesem verweist er gleichzeitig auf eine Alternative zum demografischen Wandel in MV, deren Aufgabe es sein sollte, die ländlichen Räume aus ihren passiven Opferrolle zu befreien. Dabei sei es wichtig, zukunftsfähige Leitbilder zu erarbeiten, wie beispielsweise den „Garten der Metropolen“.

Dieses Leitbild würde die vorhandenen Faktoren – wie den Freizeit- und Erholungswert der ländlichen Räume – ausbauen sowie erweitern und miteinander verbinden. Das bedeutet weiterhin, dass die Landwirtschaft die eigene Bevölkerung sowie die Metropolen mit regional erzeugten Produkten bedient. Es würden zusätzlich Produktions-, Kunst-, Kultur- und Dienstleistungssektoren geschaffen werden, wodurch man nicht oder zeitweise nicht mehr auf das Arbeitsangebot in der Stadt angewiesen wäre. Damit könnte man ein qualitativ hochwertiges Wohnen und Arbeiten vor ländlicher Kulisse ermöglichen, in welcher Kind- und Familiengerechtigkeit gewährleistet wäre. Erreichen könne man diese Verbindung durch ein neues Monitoring für ländliche Räume und indem man ländliche Räume untergliedert, die dort ansässigen Gemeinden unterstützt, die Bindeglieder zwischen regional effektiver Landwirtschaft, Tourismus,  Kunst,  Kultur, Sozialbereich und Wohnen stärkt.

ein Feature von Ulrike Günther

moritz 104 – April 2013 – Keine Wahl

moritz 104 – April 2013 – Keine Wahl

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Die unerwünschten allsemesterlichen Prüfungen sind für die meisten von uns vorbei und man kann sich wieder schöneren Dingen hingeben, zum Beispiel dem alltäglichen Schwachsinn. In meiner Prüfungszeit habe ich immer die Angewohnheit mich zu Hause förmlichst zu verstecken und hauptsächlich nur zum Arbeiten rauszugehen. Wo dies nun so gut wie vorbei ist und der Abschluss zum Greifen nah (Jippiehh), fällt mir alltäglicher Schwachsinn neuerdings an allen Ecken förmlichst entgegen.

Dank Facebook und Co. wissen wir zwar, wie das Essen unserer Freunde aussieht, können aber immer noch nicht richtig kochen. Auch die neuesten Tassen bei Bäckerei Junge entgehen uns nicht. In Foren unterhält man sich ganz angeregt darüber, dass der neue Papst nun doch nicht schwarz ist und warum er nur einen Lungenflügel hat. Und irgendwie scheint das wichtiger zu sein als die Tatsache, dass Politiker wie Assad immer noch ungestört Menschen töten lassen.

Auf der Straße werde ich von Leuten regelrecht umgelaufen, weil sie nach unten auf ihr Handy gucken, anstatt in die Welt nach oben. Sie beschweren sich über Schnee, aber bemerken vor lauter Rumspielerei die Sonne gar nicht. In der Kaufhalle motzen Kunden, weil ein Angestellter zu langsam die Melone an der Salatbar schneidet, während sie selbst dann an der Kasse stundenlang nach Kleingeld suchen. Den Höhepunkt des alltäglichen Schwachsinns habe ich dann schlussendlich in meinem Fernseher gefunden, ganz zufällig beim Zappen.

Deutschland sucht den neuen erfolglosen Superstar und gleichzeitig heulen Mädels bei Heidi Klum rum, dass man ihre Haare abschneidet, damit sie das nächste, ebenfalls erfolglose Topmodel werden können. Während ­ein Typ namens Elvis in Russland versucht eine Frau mit Wodka rumzukriegen, streiten sich ein paar Weiber um einen Typen und seine Rosen. Der Bachelor im TV ist eben unterhaltsamer als der Bachelor auf dem Papier und Nadine weiß bei Frauentausch nach langem Überlegen immer noch nicht, welche Wurst sie am liebsten isst. Stumpf ist Trumpf.

Ich für meinen Teil habe nun beschlossen, dass der Fernseher noch häufiger als sowieso schon ausbleibt. Ich tausche Fernsehzeit und Internetblödsinn gegen ein Buch und Zeit mit meinen Freunden an der frischen Luft. Manchmal sind Prüfungen vielleicht doch gar nicht so schlecht, so bleibt man wenigstens etwas fitter im Kopf.

Laura-Ann Schröder

Das aktuelle Magazin findet ihr analog überall in der Uni, oder hier zum Download.

Ein GreifsWald voller Bücherbäume

Seit einem halben Jahr lädt ein öffentliches Tauschregal in der Innenstadt zum unkomplizierten Bücherhandel ein. moritz ist auf der Suche nach den Wurzeln des ersten Greifswalder Bücherbaums und den Früchten, die er trägt.

Winter in Greifswald – ein leidiges Thema. Die Straßen der Stadt sind vereist, der Himmel grau und die Bäume kahl. Bis auf einer.

Am Platz der Freiheit – den meisten besser als Europakreuzung bekannt – wurzelt seit Juli vergangenen Jahres ein besonders prächtiges Exemplar. Aus seinem Stamm wachsen Bücher der verschiedensten Genres und Farben. Ein bunt gefüllter Bücherbaum ist das.

Die Idee zu dem Projekt ist von der Spree zu uns herübergeschwappt. Wie so vieles in Greifswald, könnte man meinen. Mode, Mate und Musik, … jetzt eben auch Bücherbäume. Vielleicht kennen einige von euch sogar die Rotbuche in Berlin Köpenick/Grünau oder die fünf Baumstämme an der Ecke Kollwitzstraße/Sredzkistraße in Prenzlauer Berg, nach deren Vorbild das Greifswalder Projekt entstanden ist. Vertreter des Kulturamts, der Jugendkunstschule, der Stadtwerke Greifswald und des Vereins Bücherfreunde e.V. setzten sich vergangenen Jahres in einer Arbeitsgruppe zusammen und diskutierten lange über eine mögliche Umsetzung. Das Ergebnis: Im Sommer wurde die Skulptur des Stralsunder Bildhauers Raik Vicent an der Bushaltestelle in der Anklamer Straße aufgebaut. Die Finanzierung haben die Stadtwerke übernommen und auch die Sparkasse Vorpommern ist mit einem Metallschild am Baum als Sponsor vermerkt. Mitglieder der Bücherfreunde betreuen das öffentliche Tauschregal. Fast täglich füllen sie die Fächer mit Büchern aus ihrem Bestand auf und kontrollieren, was von den Passanten hineingestellt wurde. Dabei kann es allerdings auch vorkommen, dass „fremde“ Bücher mal eben entfernt werden, wenn sie dem Sinn der Bücherfreunde nicht entsprechen.

Buchdeckel mit dem Aufruf, sich beim moritz zu melden.

Diesem Eifer fiel wohl auch moritz zum Opfer. Anfang Dezember hatten unsere Redakteure einige Bücher mit einem kleinen Text  und der Bitte, sich bei „Fund“ zu melden, präpariert und in den Bücherbaum gestellt.  Auf eine Antwort warteten wir vergeblich. Dabei war durchaus ansprechende Literatur darunter: zwei Krimis, ein Kinderbuch, ein paar Romane. Aber wie Paul Kroll vom Verein deren Interessen und Bestand beschrieb: „Der Grundstock sind eben die guten DDR-Verlage.“

Von eben diesen finden sich hunderte, ja tausende wahre Klassiker und Raritäten in den Vereinsräumen in der Spiegelsdorfer Wende. Ein echtes Erlebnis, sich dort durch das Labyrinth aus Lesestoff zu forsten – wie in einem richtigen Bücherwald eben!

Weitere Bücherbäume geplant

Doch zurück zu dem einzelnen Baum an der Europakreuzung. Auch hier trifft man nicht selten Neugierige, die einen Blick in die Regalfächer werfen. Natalia Okuń ist eine von ihnen. „Immer wenn ich auf den Bus warte, schaue ich, ob etwas Interessantes für mich dabei ist“, verrät sie. Der Bücherbaum ist ein absolutes Novum für die polnische Austauschstudentin. „Am Anfang wusste ich nicht, wie das funktioniert, aber jetzt nutze ich das Angebot oft, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern.“ Im Gegenzug hat Natalia einige polnische Bücher in den Baum gesteckt für die Studenten, die hier in Greifswald ihre Sprache lernen.

Der Bücherbaum an der Europakreuzung.

Es scheint, als wäre dieser neue Trend ein voller Erfolg. Und die Akzeptanz der Bürger zahlt sich aus: Schon jetzt plant die Arbeitsgruppe um den Bücherbaum, weitere Exemplare in der Hansestadt zu etablieren. Nur wenige Meter entfernt vor den Kunstwerkstätten wäre so ein Standort. Und auch Schönwalde soll mit einem Bücherbaum aufgeforstet werden. Nur das liebe Geld verzögert wie gewöhnlich jegliches Vorhaben. Zumindest der Baum an der Europakreuzung bleibt vorerst bestehen. Die Bücherfreunde geben ihr Bestes, sein Inneres trocken zu halten, doch das raue Klima macht auch vor Bücherbäumen nicht Halt. Im Laufe der Monate hat sich das Holz mal zusammengezogen, mal ausgedehnt, schließlich hier und da gespalten. Ihn als mobile Tauschbörse zeitweilig in anderen Teilen der Stadt aufzustellen, wie ursprünglich angedacht, ist daher nicht mehr möglich. Allerdings gibt es zumindest in der Innenstadt auch noch andere Orte, die zum „Bookcrossing“ einladen. So befindet sich neben dem Jugendhaus Pariser seit Längerem ein in die Wand eingelassenes Tauschregal, ebenso in der Gützkower Straße am Waschsalon. Eine ältere Passantin begrüßt die Idee: „Es ist doch so: Man sammelt und sammelt, und irgendwann landet es im Keller. Hier haben die Bücher wenigstens noch Verwendung.“

Natalia ist von dem Prinzip sogar so begeistert, dass sie die Bücherbäume nun auch in ihrer Heimat vorschlagen will, zuerst an der Universität und später vielleicht im Stadtzentrum. Schon bald könnte es in Polen dann heißen: „Das haben wir uns aus Greifswald abgeguckt.“ Wer braucht schon noch Berlin als Trendsetter?

Ein Feature von Laura Hassinger; Bilder von Laura Hassinger

Lohmanns Lunch #4 – Vegetarische Burger

Na, seid ihr gut im neuen Jahr angekommen? Habt ihr die Schlemmereien überlebt und auch beschlossen „Ab jetzt lebe ich gesünder“? Ich für meinen Teil habe mich nach den weihnachtlichen Fressorgien zu zwei Wochen vegetarischem Dasein entschlossen, da ich kein Fleisch mehr sehen kann. Glücklicherweise gibt es eine Menge sehr leckerer, vegetarischer Gerichte, sodass keine Langeweile aufkommt, wie manche eingefleischte Fleischesser gerne behaupten. Vieles Asiatische, einiges Mediterrane und auch manches Deutsche ist fleischlos. Und selbst eines der klassischen Fleischgerichte – der Burger – ist ziemlich einfach vegetarisch zuzubereiten. Der Clou dabei sind natürlich die Bestandteile der Bratlinge, und ich zeige euch, wie ihr sie richtig schmackhaft hinkriegt.

Der Vorteil von Burgern ist, dass sie leicht zu variieren sind; mal mit Tomate und Zwiebel, mal mit Gurke, Salat und Zucchini, und jedes Mal eine andere Sauce. Dazu kommt, dass die vegetarischen Bratlinge nicht schwer im Magen liegen, im Gegensatz zum klassischen Hackfleischburger. Also ein gesunder, leichter Ausgleich zum Geschlemme über die Feiertage.

Ein bisschen Vorbereitung solltet ihr allerdings einplanen, denn die Linsen und der Reis müssen abkühlen, bevor ihr daraus die Bratlinge formen könnt. Also am besten morgens oder bereits am Vortag aufkochen. Dann geht alles fix: Sellerie, Zwiebeln und Knoblauch kleinschneiden, Möhren reiben, in einer Schüssel mit Reis, Linsen, Eiern und Kumin (Kreuzkümmel) mischen. Etwas Pfeffer und Salz dazu, eventuell auch Mehl, damit die Bratlinge nicht auseinanderfließen, sondern halbwegs formstabil sind.

In einer Pfanne bratet ihr die etwa handtellergroßen Bratlinge in Öl an, bis sie hellbraun sind, was eine Weile dauern kann (nicht auf höchster Stufe, sonst sind sie schnell schwarz). In der Zwischenzeit halbiert ihr die Brötchen und toastet sie. Das geht auch im Backofen, dauert nur etwas länger. Salat, Gurke, Tomate, Zwiebel und was ihr sonst noch auf eure Burger packen wollt, zurechtschneiden, Brötchen aus dem Toaster oder Ofen holen und mit Sauce bestreichen. Die genaue Schichtung eurer Burger ist euch überlassen, Hauptsache es schmeckt und ihr könnt noch gerade so abbeißen. Dazu passt eine Lemongrass-Limonade. Haut rein!

Für 12 Burger braucht ihr:

12 Burgerbrötchen (logisch)

125g Reis, am besten rot

125g Linsen

2 Möhren

1 Zwiebel

2 Knoblauchzehen

1 Stange Staudensellerie

1 TL Kumin (Kreuzkümmel), gemahlen

2 Eier

Salz, Pfeffer, Mehl

Zum Garnieren Salat, Gurke, Tomate, Zwiebel, Sauce, Käse, etc.

Von und mit Erik Lohmann; Bilder von Milan Salje