Die sechste Kurzfilmnacht: Filme, Filme, Filme

Zahlreiche Filme, die man garantiert noch nicht gesehen hat, bietet die Greifswalder Kurzfilmnacht. Bereits zum sechsten Mal findet die Kurzfilmnacht (KuFiNa) statt. Wie in den vergangenen Jahren ist der Ausstrahlungsort des Filmfestivals die Räumlichkeiten der Medienwerkstatt in der Bahnhofstraße 50. Neu ist, dass die Nacht an zwei Abenden ausgerichtet wird: am 2. und 3. Dezember. In der Vergangenheit mussten die Interessierten rechtzeitig kommen, um einen der heiß begehrten Plätze zu ergattern. Viele mussten daher am Einlass abgewiesen werden. Daraus lernten die Veranstalter rund um die KuFiNa.

Der Flyer zur Veranstaltung.

Festlich wird es aber bereits am ersten Abend. Ab 19 Uhr ist hier Einlass, eine halbe Stunde später geht es los. Durch den Abend führt das Mitglied des Organisationsteams Jens Leuteritz. In zwei Blöcken je 45 Minuten werden die Kurzfilme gezeigt, in der Pause gibt es ein Buffet. Am Abend des 2. Dezembers wird dann eine Preisverleihung stattfinden. Der Gewinner des Publikumpreises erhält 150 Euro.

Was es für Filme zu sehen gibt, möchte Organisator Jens Leuteritz noch nicht verraten. Beiträge wurden auch aus Österreich und der Schweiz eingesendet, außerdem sei die Qualität der Kurzfilme sehr gut. „Es gibt auf jeden Fall Real- und Animationsfilme, Action und Grusel, Melancholie und Witz“, gibt Jens preis.

Einen Tag später, am 3. Dezember, können noch einmal alle Filme gesehen werden – allerdings dann ohne Preisverleihung und Buffet. Der Eintritt für die Veranstaltung beträgt zwei Euro.

Flyer: Veranstalter

Ausstellung: Neue Wege führen zu kaputten Häusern

In die polnische Stadt Bytom entführt der (Wahl-)Greifswalder Fotograf Olaf Matthes die Besucher der Ausstellung „Verbundpflaster“. Die oberschlesische Großstadt war einst geprägt von Stahlindustrie, sowie Kohlebergbau und hat seit der Wende mit den Folgen des Niederganges dieser Industriezweige zu kämpfen. Das nahezu komplette Verschwinden der Montanindustrie hat bis heute viele Arbeitslose zurückgelassen und Orte, die nun keine Funktion mehr haben. Dazu gehören gewaltige Fabrikruinen, zurückgebaute Lagerhallen, und vor allem weite, teilweise überschwemmte, Brachflächen. Und trotzdem ist die perspektivlose Industrieregion von neuen und ausgebesserten Wegen durchzogen. Mit Geldern der Europäischen Union wurde dieses sogenannte Verbundpflaster verlegt, ohne überhaupt zu wissen, welche Funktion die neuen Wege und Flächen, an denen sie vorbeiführen, einmal haben werden. Gleichzeitig haben sich inzwischen abseits der befestigten Wege informelle Strukturen von Pfaden gebildet, welche von den Bewohnern selbst gewählt wurden.

Gelassene Trostlosigkeit

Bilder aus der Verbundpflaster-Austellung

Bilder aus der Verbundpflaster-Austellung

Die schwarz-weißen Panoramafotos zeigen eine menschenleere Landschaft, in der einmal viel passierte, die aber nun von der Natur zurückerobert wird. Ganze Fabriken sind verschwunden oder zusammengefallen, Schrotthändler haben das Letzte aus ihnen heraus geholt und alles ist immer noch mit einem unendlichen Netz an Rohren verbunden. Alles scheint abgebrochen und liegen gelassen. Mittendrin stehen noch die Wohnblöcke der früheren Fabrikarbeiter, welche in dieser Umgebung besonders trostlos aussehen. Und trotzdem strahlen diese Fotos aus einer chaotischen, ungeordneten Region Ruhe und Gelassenheit aus.

Mit seiner selbst gebauten Panoramakamera versuchte Olaf Matthes, diese Ästhetik im Verfall der Region einzufangen, wie Heiko Krause, befreundet mit Olaf Matthes sowie Künstlerischer Assistent am Lehrstuhl für Bildende Kunst, visuelle Medien im Caspar-David-Friedrich-Institut mitteilte. Dabei geht es besonders um den Kontrast, den das neu verlegte Pflaster zwischen den maroden Strukturen bietet. Aus Sicht des Fotografen steht es sinnbildlich für die Suche der Region nach einer neuen Identität. Es könnte für einen Wandel und Neubeginn der Region stehen. Als wären es die Wege in eine Zukunft, die aber möglicherweise überhaupt nicht stattfinden wird.
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Dezember von Dienstag bis Freitag in der Medienwerkstatt im Erdgeschoss der Bahnhofstraße 50 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Fotos: Olaf Matthes (Aufmacher), Simon Voigt(Austellung)

Junge Literatur in Europa – ein Nachbericht

Auch dieses Jahr lud die Hans-Werner-Richter-Stiftung erneut talentierte Jungautoren zur Autorentagung „Junge Literatur in Europa“ ins Begegnungszentrum „Felix Hausdorff“ der Universität Greifswald ein. Auch wenn man aufgrund von Grippeerkrankungen und Terminüberschneidungen auf die Lesungen Mariana Lekys, Nuran David Calis‘ und Vladimir Vertlibs verzichten musste, zeigte sich Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, erfreut über die diesjährige Besetzung und das Wiedersehen mit ehemaligen Teilnehmern. So wolle man in der Tradition der von Hans Werner Richter organisierten Treffen der bedeutenden Gruppe 47 weder über ästhetische Grundfragen, noch politische Kontexte diskutieren, sondern lediglich „den Text zum Zentrum der Kritik“ machen.

Besonders am zweiten Tag zeigt sich die Tagung auch von "außerhalb" gut besucht.

Über drei Tage hinweg trugen die Künstler unter der Moderation von Literaturprofessoren, Lektoren oder Übersetzern halbstündige Auszüge aus ihren Prosawerken vor, die in einer anschließenden, ebenfalls halbstündigen Diskussion erörtert wurden. Das Publikum der Tagung variierte stark von Lesung zu Lesung. Waren bei den meisten Lesungen hauptsächlich die Autoren und ihre Moderatoren anwesend, so füllte sich der Saal bei den nordeuropäischen Schriftstellerinnen Leena Parkkinen, Asta Põldmäe und Amanda Svensson bis an die Grenzen seiner Kapazitäten mit Studierenden der Nordistik.  Bei den vorgetragenen Texten handelte es sich nicht nur um bereits veröffentlichte Werke, sondern teilweise auch um unvollendete Manuskripte, deren weiterer Verlauf noch nicht abzusehen war. Daher waren die anschließenden Diskussionen und „besonders auch die privaten Gespräche nach den öffentlichen Lesungen, in denen der Umgang untereinander offener war“ wertvolle Rückmeldungen auf das noch glühende Metall, wie Jan-Peter Bremer verriet. Die Auswahl der Künstler erwies sich sowohl auf inhaltlicher als auch darstellender Ebene als facetten- und abwechslungsreiche Konstellation. So fanden die Organisatoren eine ausgewogene Mischung zwischen „schwerer“, nachdenklicher Literatur und humorvollen Darstellungsweisen nicht minder tragischer Personen und zwischenmenschlicher Verhältnisse.

Melancholisch-Schwere und…

Reinhart Kaiser-Mühlecker im anschließenden Autorengespräch

In Andreas Schäfers Roman Wir Vier (2010) legt sich der Mord am ältesten Sohn bleiern über das alltägliche Leben einer vierköpfigen Familie. Dieser ist jedoch nur der Anstoß zu einer feinfühligen Darstellung der verschiedenen Haltungen der Verbliebenen zum Mörder, in denen sich auch die verschiedenen Bindungsebenen zum ältesten Sohn widerspiegeln. Ein intakteres aber kommunikativ ausbaufähigeres Familienleben zeigte Reinhard Kaiser-Mühlecker bei der Lesung aus einem noch namenlosen Manuskript auf. Hier projizierte er die eigenen Erfahrungen seines Zivildienstes in Bolivien und die Heimkehr zur Familie in die österreichische Provinz in ein literarisches Konstrukt, das über die nüchterne Beschreibung eines Bemerkens kultureller Unterschiede allerdings kaum hinausgeht. Den wohl ambitioniertesten Beitrag zum Thema „Familienschicksale“ steuerte Jen Petersen mit seiner Erzählung bei. In „Bis dass der Tod“ (2009) stürzt eine dem Wachkoma ähnliche Krankheit das intakte Leben von zwei Liebenden in den Abgrund. Entgegen aller Ratschläge lässt der Partner seine Geliebte nicht in ein Sanatorium einliefern, sondern beschließt, die Pflege seiner Frau in eigene Hände zu nehmen. In der vorgetragenen, deutlich von Cormac McCarthy (The Road) beeinflussten, Schlussszene stilisiert Petersen minutiös jedes Detail seiner Erzählung, vom Aussehen der handelnden Figuren bis hin zu deren karger Umgebung, die in einen modernen Epos über die Ambivalenz von Euthanasie alle Anwesenden sichtlich gefangen nahm.

Amüsant-Aufmerksame Literatur

Neben Erzählungen über die tragischen Abgründe des Lebens gab es auch humorvoll konotierte Auszüge zu hören. Patrick Hofmanns Roman Die letzte Sau (2009) beispielsweise thematisierte die Zwangsumsiedlungen ostdeutscher Gemeinden auf Grund geplanter Tagebauerweiterungen. Die von ihm inszenierte Familie sinniert jedoch nicht über die Unmenschlichkeit und Kurzsichtigkeit derartiger Baumaßnahmen, sondern plaudert in aufmerksam dokumentiertem Lausitzer Dialekt über Kriegs- und Nachkriegserlebnisse der Großeltern. Darüber hinaus wird die Familie, die das Schlachten einer Sau plant, weit mehr von der Ankunft der weiblichen Schlachterin als von den drohenden Abrissbaggern erschüttert.

Patrick Hofmann bei der multimedialen Vermittlung seines Romans "Die letzte Sau"

Auch der Protagonist aus Jan Peter Bremers unveröffentlichtem Manuskript Der Amerikanische Investor, ein erfolgloser Schriftsteller, taumelt zwischen den Extremen psychischer Unzurechnungsfähigkeit und pointierter Selbstironie. In seiner Wohnung liegend praktiziert der Schriftsteller eine literarische Chaostheorie, die sich anhand rhetorischer und in ihrem Ausmaß fast schon neurotischer Fragestellungen ins Unermessliche steigert; und doch steckt hinter allen witzigen Kopfkino-Trailern die Ungewissheit in der eigenen Existenz, die Konstruktion und Dekonstruktion des Selbst. An deutsche Popliteratur im Stile Benjamin von Stuckrad-Barres erinnerte schließlich die Lesung aus Amanada Svenssons Debütroman Hey Dolly (2008), dessen Übersetzung durch Studierende und Lehrende des Skandinavistikinstituts der Univserität Greifswald erarbeitet wurde. Unter Zuhilfenahme vieler Zitate der modernen Popkultur, die im anschließenden Gespräch durch Prof. Schiedermair amüsant näher beleuchtet wurden, und unerwarteter Anekdoten schildert Svensson die Identitätssuche einer jugendlichen und gelangweilten Schwedin, die in schwedischen Literaturzeitschriften für großes Aufsehen sorgte.

…und Grenzgängerinnen

Am eindringlichsten verkörperte dennoch Lucy Frickes Roman Ich habe Freunde mitgebracht (2010) die Synthese aus Tragödie und Komödie. In einer beklemmend-lakonischen und desillusionierten Ausdrucksweise porträtiert sie, wie sich vier Freunde Mitte 30 in ihren gescheiterten Lebensentwürfen wiederfinden und nun mit der Frage nach dem eigenen Zukunftsentwurf konfrontiert sind. In der kurzen Formel „war’s das schon?“ schlägt sich die bittere Tragik der vier Existenzen wie ein Vorschlaghammer nieder. Die Erzählweise der jungen Wahlberlinerin offenbart zwar mit jedem Komma einen neuen Abgrund ihrer Figuren, doch verbergen sich in einigen Nebensätzen treffend zynisch-sarkastische Beobachtungen und Paradoxien der modernen Gesellschaft. Einen außergewöhnlichen Kontrast zu den „deutschen“ Schreibarten bot die estnische Schriftstellerin Asta Põldmäe mit ihrer Kurzprosa Briefe an die Schwalben (2009). In einer sehr sensiblen und naturalistischen Sprache gibt sie die Gedanken und Emotionen einer unerwiderten Liebenden wieder, deren einzige Gesprächspartner die am Himmel kreisenden Schwalben sind. Ihre lyrisch-prosaische Grenzwanderung besticht durch einfühlsame Anspielungen auf estnische Symbolizismen und wirkt neben den Selbstverständlichkeiten moderner Prosawerke, wie beispielsweise von Fricke oder Svensson, beinahe wie ein anachronistisches Faszinosum, das von den Wundern vergangener Tage und Welten erzählt.

Fazit

Auch Nicht-Germanisten bot die diesjährige Tagung „Junge Literatur in Europa“ einen umfangreichen Einblick in die Gegenwartsliteratur, der abseits der Lesungen auch vertiefende und lockere Gespräche mit den Autoren ermöglichte. Diese und die Moderatoren zeigten sich gegenüber allen Formen von Kommentaren und Fragen zu ihren Büchern interessiert und aufmerksam, sodass jeder Hauch von Elitarität im Keim erstickt wurde. Auf der Prämisse, es werde lediglich über den Text diskutiert, ruhte sich der eine oder andere Autor allerdings ein wenig zu sehr aus. So sorgte die naive Frage eines Besuchers, der offenbar nicht der Eröffnungsrede beiwohnte, nach einer ästhetischen Innovation des Genres und der Kolonialisierung Südamerikas für nervöse Schnappatmung, große Augen und hilfesuchende Blicke. Verständlich, denn wer kann schon von einem Schriftsteller erwarten, sich darüber Gedanken zu machen? Und letztlich standen bei fast allen Diskussionen Fragen bezüglich der Textgenese und Schreibmotivation im Vordergrund, die selten den Text als solchen thematisierten. Vermutlich muss man sich hier aber damit zufrieden geben, dass die Autoren, wie Jan-Peter Bremer meinte, in den öffentlichen Diskussionen mit Kritik zurückhielten, um diese im Privaten etwas detaillierter zu äußern. Nichtsdestotrotz bietet „Junge Literatur in Europa“ eine in Greifswald einmalige Möglichkeit, sich thematisch breit gefächerter Gegenwartsliteratur zuzuwenden, und wenn’s nur zum Signieren des eigenen Exemplars ist.

Fotos: Felix Kremser; Startseite: Sabine Schmutzler via jugendfotos.de;

Male Instrumenty – unbeschreiblich, abwechslungsreich, spannend

Maly Instrumenty aus Polen

Die Bühne im IKuWo gleicht an diesem Abend einem Instrumentenkinderzimmer. Ein Cello, Piano, Flügel, hier eine Gitarre, dort eine Balalaika, irgendwo ein Schlagzeug. Ein Becken, dass auf dem Synthesizer liegt. Und überall liegen Melodicas. Rechts auf der Bühne eine merkwürdige Konstruktion, die nicht ansatzweise nach einem Instrument aussieht. Das Besondere: Kaum ein Instrument, was die Bühne bevölkert, hat seine übliche Größe. Der Flügel misst bestenfalls eine Breite von 50 Zentimetern, das Becken einen Durchmesser von schätzungsweise drei Zentimetern. Wie wird man wohl auf diesen Instrumenten spielen können? Und was haben Gummiente und Gummischwein auf der Bühne zu suchen?

In dem Moment, als die fünf Männer der Band Male Instrumenty die Bühne betreten und zu musizieren beginnen, wird es deutlich: Ente und Schwein sind Musikinstrumente. Und für die nächste Zeit wird die Bühne in eine Manege verwandelt, die fünfköpfige Orchesterbesatzung zu Artisten im musikalischen Zirkus. Das Zusammenspiel der unzähligen Instrumente ergibt Kompositionen, die durch viel Humor und kindliche Freude geprägt sind. Und so wird der Hörer recht schnell vom Erwachsensein verlassen und taucht ein in die weite, grenzenlose Welt und alle Sorgen, Probleme, die vorher bestanden, sind nicht nur in weite Ferne gerückt, sie existieren gar nicht mehr. Plötzlich ist man wieder so klein, wie die Instrumente auf der Bühne und man befindet sich in seinem unaufgeräumten Kinderzimmer. Nur dass die Eltern nicht da sind, die zur Ordnung mahnen.

Reise ins Reich der Phantasie

Die Stücke entführen den Zuschauer ans rauschende Meer, auf dem dröhnende Dampfer fahren, Delphine springen und Möwen schreien. Doch damit ist bei weitem noch nicht das letzte Wort gesprochen. Es gibt kaum eine Band, dessen Stücke beim Hörer so unterschiedliche und abweichende Emotionen, Gefühle und Gedanken erzeugen. Und es gibt kaum ein Orchester, dessen Musik sich so schwer beschreiben lässt, wie diese. Weil die Musik zu abwechslungsreich ist. Sie entführt zu Alice ins Wunderland, oder zu Charlie in die Schokoladenfabrik. Sie versetzt den Besucher in gemütliche Trance.

Der Zirkus? Welcher Zirkus? Ach so, der von vorhin… Der ist längst vergessen. Jetzt existiert eine andere Welt. Mit jedem neuen Lied wird eine andere Wirklichkeit konstruiert, die in sich stimmig wirkt und sich am Ende von selbst auflöst. Mit jedem musikalischen Experiment werden andere Sinne geschärft, andere Emotionen hervorgerufen. Obwohl die Musik außerordentlich ungewöhnlich ist und das Mittel der Entfremdung bis zur Ekstase gesteigert wird, wirkt dennoch alles vertraut und harmonisch. Das Chaos ist die Ordnung, welche die Musik, das Zusammenspiel der Instrumente zur Maxime setzt.

Fraglich bleibt indes, wie man die Musik einordnen soll. Es ist genau genommen gar nicht möglich, die Kompositionen in irgendein Genre zu pressen. Wer das versucht, oder es einfach nur oberflächlich als „Indie“ bezeichnet, foltert und quält das Kunstwerk der Kombo. Denn es ist ein anarchistischer Albatros, der keine Grenzen kennt und über die Welt fliegt, sie so sieht, wie sie ist: farbenfroh, lebendig, unendlich.

Großartiges Konzert eines fünfköpfigen Orchesters

Und so spielt es fraglos auch nicht die geringste Rolle, dass eine Gummiente ein Kinderspielzeug für die Badewanne ist. Wer sagt denn, dass eine Gummiente ein Kinderspielzeug ist? Eben. Warum nicht auch einmal als Instrument? Ein Eierschneider ist nicht nur zum zerschneiden hart gekochter Eier für das Frühstücksbrot zu verwenden. Man kann mit ihm genau so gut musizieren. Damit wird jede Komposition zu etwas ganz besonderem, die von den Spielern außerordentlich hohes musikalisches Können abverlangt. Jeder Tonanschlag, der die Unordnung der Stücke vervollständigt, muss wohl gesetzt sein. Ein Griff daneben, schon wirkt es nicht mehr stimmig. Besonders positiv hervorgehoben werden muss zudem die Tatsache, dass kaum ersichtlich wird, wo Improvisationen beginnen oder enden. Alles wirkt immer wie aus einem Guss.

Zurück von dem Abend bleibt die Erinnerung an ein großartiges Konzert eines fünfköpfigen Orchesters mit zum Teil winzigen, kaum augenscheinlichen Instrumenten, dessen Kompositionen ungeahnten Facettenreichtum und Abwechslung hervor riefen, das Publikum fesselten und dazu zwang, die begrenzte Welt ins Unendliche zu erweitern und ins Reich der Phantasie zu entführen. Ein Konzert des Kleininstrumenten-Orchesters Male Instrumenty zu besuchen, kann allen nur ans Herz gelegt werden, die genügend Offenheit entgegen bringen, sich auf absurde, groteske, zum Teil auch folkloristische, summa summarum unbeschreibliche musikalische Experimente einzulassen.

Fotos: Christine Fratzke

GrIStuF präsentiert: Running Dinner am 7. Dezember

Hungrig? Hier lang! Im regnerischen und kalten Winterwetter kann man in Greifswald schon mal die Orientierung verlieren und das Haus nicht mehr verlassen wollen. Wir haben da was für euch: Einen Abend großartiges Essen, viele neue Leute und als Sahnehäubchen eine Party obendrauf!

Hier geht’s zum Running Dinner! Nach altbewährter Tradition werden am 7. Dezember wieder die Kochtöpfe rausgekramt und die Tische beladen. Ihr bildet ein Running Dinner-Team aus zwei bis drei Leuten eures Vertrauens und bereitet entweder eine Vorspeise, ein Hauptgericht oder eine Nachspeise zu. Jeweils drei Teams treffen sich, um einen Gang des Menüs zu verspeisen. Der Zufall entscheidet die Kombination. In der Wohnung von Team A wird die Vorspeise verzehrt, kurz danach „rennt“ das Team weiter. In neu gemischter Runde isst man nun das Hauptgericht bei Team B. Danach „rennt“ ihr zum nächsten Haus von Team C, um dort in wieder anderer Gesellschaft das Dessert zu genießen.

Der Weg dahin ist einfach: Bis 3. Dezember auf rd.gristuf.org anmelden. Ihr erhaltet dann einen Brief und eine Mail vom GrIStuF e.V., in der ihr erfahrt, welchen Gang ihr zubereiten werdet und wer eure jeweiligen Gastgeber sind. Freut euch auf einen Abend mit viel Essen und noch mehr netter Gesellschaft!

Nach dem Essen ist vor der Party

Ab 23 Uhr könnt ihr dann die Leute des Running Dinners wiedersehen und auf der Running Dinner Party im IKuWo (Goethestraße 1) die aufgenommen Kalorien abtanzen. Mächtig einheizen werden euch dazu Meesta Lampe & Cut.a Strophe, die mit Funk, Soul und Breakbeats den letzten Rest Wintermüdigkeit rauspusten werden. Die elektronische Musik von Sander Bekeschus tut ihr übriges, um den Abend abzurunden.

Der Eintritt kostet 1,50 Euro für alle Teilnehmer des Running Dinners und 2,50 Euro für alle anderen.

Also: Schwingt die Kochlöffel und zieht die Regenhose an, wenn es wieder heißt: Guess who’s coming for dinner?

Flyer: GrIStuF

Rezension: Schauspiel „Stalker“ im Rubenowsaal

Veranstaltungsplakat

Die Zone – ein unheimlicher Ort, an dem Naturgesetze außer Kraft sind. Niemand weiß, wie diese entstanden ist. War es ein Meteoriteneinschlag oder der Besuch einer außerirdischen Zivilisation? Eines aber ist sicher: Die Zone zu betreten, ist gefährlich.

Das Theater Vorpommern führt zum Jahresabschluss das Stück „Stalker“ auf. „Stalker“ ist eine Kooperation mit dem Studententheater StuThe, dem Theater Vorpommern und dem Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald. Angelehnt an Andrej Tarkowskis gleichnamigen Kultfilm erzählt es die Geschichte des namensgebenden Stalkers, der sein Geld als Fährtenleser innerhalb dieser „Zone“ verdient. Seine beiden ungleichen Kunden, Wissenschaftlerin und Schriftsteller, soll er tief in der Zone zum „Zimmer“ führen. Hier, so sagt man, werde der innigste Wunsch eines jeden Wirklichkeit. Die Reise dorthin wird für die drei wie für den Zuschauer jedoch zu einer Reise in das eigene Selbst.

Die Bühne im Rubenowsaal der Stadthalle ist nur spärlich mit Requisiten ausgestattet. Die Kulisse besteht aus einem Gebilde aus Gerüststangen, welche sich bis in die Publikumsreihen erstreckt. Diese befinden sich links und rechts des Gerüstes. Eine strikte Teilung zwischen Schauspiel- und Zuschauerraum gibt es nicht, das Publikum betritt mit dem Stalker die Zone, begleitet ihn und seine Gefährten während des Stückes. Wird umschwirrt von den Suchern, Schauspielern in archaisch anmutenden Kostümen, die die Zone und ihre Wechselwirkungen mit dem Stalker symbolisieren. Doch nicht nur der Zuschauerraum ist Bühne, die Schauspieler beziehen auch emporragende Gestänge mit in ihre Darbietung ein. Die Mimen klettern und hangeln sich von Stahlpfosten zu Stahlpfosten, hängen sich an die Konstruktion, springen wieder zu Boden.

Nicht nur die Bühnenkonstruktion bietet Überraschendes. Insgesamt zehn Schauspieler wirken an dem Stück mit. Neben dem Stalker und seinen Begleitern, hört man auch die Frau des Spurensuchers aus dem Off, sieht ihr Kind und die bereits erwähnten Sucher. Während ihrer Reise ersetzen zudem sogenannte Wiedergänger die Professorin und den Schriftsteller. Sie tauschen die Geschlechter und zeigen, wie in einem Flashback, Geschehnisse, die sich vor ihrem Aufbruch in die Zone ereignet haben. Die Wiedergänger bieten tieferen Einblick in die Seelen ihrer Originale, stiften aber auch beim Publikum Verwirrung. Nur langsam werden dem Zuschauer diese Wandlungen, die Etappen der Seelenreise klar.

„Stalker“ ist kein reines Theaterstück. Vielmehr ist es ein Kunstprojekt. Als solches angekündigt, wird es tatsächlich dieser Beschreibung gerecht. Die Atmosphäre, die Tarkowski in seinem Film noch mit Hilfe von Naturaufnahmen und Wechseln in der Farbigkeit aufbaute, wird hier nun mittels Bühnenkonstruktion, Videoprojektionen und den Suchern und Wiedergängern evoziert – nicht in der gleichen Weise bildgewaltig, aber ebenso eindringlich. Beladen mit Symbolen nimmt das Stück den Zuschauer mit zum Wunschzimmer, aber auch tief in die Seelen der Akteure – und in die eigene.

Fotos: Vincent Leifer