Umgekrempelt: Sieben Tage ohne Kaffee

Umgekrempelt: Sieben Tage ohne Kaffee

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Wer trinkt ihn nicht? Morgens zum Frühstück oder gleich als erste Flüssigkeit überhaupt am Tag. Der Kaffee. Wir Deutschen lieben unser schwarzes Gebräu, nicht umsonst besitzen wir eine richtige Kaffeekultur. 

Die einen brauchen ihn, um überhaupt in den Tag starten zu können, die anderen lieben ihn einfach zum Frühstück, bei der Arbeit oder eigentlich überall.

Ich darf mich wohl selbst zu den Leuten zählen, die ihren Kaffee, genauer gesagt ihren Latte Macchiato, jeden morgen zum Frühstück genießen und gerne auch mal im Café den einen oder anderen trinken. 

Und trotzdem habe ich mich entschieden, eine Woche auf Kaffee in all seinen Variationen zu verzichten. 

Der erste Tag stellte sich als besonders schwer heraus. Normalerweise trinke ich jeden morgen zum Frühstück einen Latte Macchiato oder einen Milchkaffee. Heute gab es einen Orangensaft. Das hat mich innerlich irgendwie sehr gestört. In der Bibliothek musste ich unweigerlich auch immer wieder daran denken, wie gut das schwarze Gebräu jetzt wäre. Als es in der Mittagspause in die Mensa ging und im Anschluss noch einmal ins Grüne, kam es gleich zum nächsten Verzicht. Statt eines Cappuccinos gab es eine Ginger-Mate. Ich glaube, ich habe meine Freundinnen etwas neidisch angesehen, während sie ihren Kaffee tranken. 

Der nächste Morgen verlief schon etwas besser. Ich hatte zwar immer noch das Verlangen, einen Kaffee zum Frühstück trinken zu wollen, aber es war schon deutlich weniger stark als am Tag zuvor. Trotzdem vermisste ich ihn bei der Mittagspause im Grünen. Gewohnheiten abzusetzen ist nicht so einfach wie erwartet. Und ich hatte auch das Gefühl, dass sich eine innere Unruhe an diesem Tag in mir breitmachte. 

Am nächsten Morgen ging es zum Frühstücken zur Bäckerei Junge. Dort holte ich mir eine Schlemmertasche. Auf dem Weg nach Hause ging ich am Café Küstenkind vorbei, wo ich mir normalerweise noch einen Latte Macchiato mitgenommen hätte. Etwas wehleidig bin ich am Café vorbei und dann nach Hause. An diesem Tag hat sich der Entzug richtig auf meine Laune übertragen. Eigentlich hatte ich durchgängig schlechte Laune und war von allem und jedem genervt. An diesem Tag habe ich auch auf das Mittagessen in der Mensa verzichtet.

Der Donnerstag jedoch begann merkwürdigerweise richtig gut. Ich hatte zuhause gefrühstückt und war später mit einer Freundin im Café Küstenkind verabredet. Und da kam auch die Gewohnheit zum Vorschein, denn ohne weiter darüber nachzudenken und vertieft in das Gespräch mit einer Freundin, bestellte ich mir einen Cappuccino. Der Fehler wurde mir erst klar, als wir das Café verließen. Ich muss ehrlich gestehen, es hat mir nicht sonderlich leid getan. Trotzdem habe ich etwas darüber nachgedacht, wie süchtig ich eigentlich nach Kaffee bin. Wobei ich glaube, mit zwei bis drei Kaffee am Tag noch zum allgemeinen Durchschnitt zu gehören. Meine Laune war dafür wieder richtig gut und ich würde sogar meinen, dass mich auch alles deutlich weniger stresste im Vergleich zu den vorherigen Tagen. Deshalb beschloss ich an diesem Punkt, das Experiment zu beenden. 

Ich hatte eigentlich angenommen, dass es mir leichter fallen würde auf Kaffee zu verzichten. Aber letztlich hat mich der Entzug gestresst und meine Stimmung beeinträchtigt. Ich glaube, dass es nicht mal am Kaffee selbst gelegen hat, sondern vielmehr daran, dass er seit Jahren fest in meiner Routine verankert ist. Frühstück – Kaffee, im Grünen – Kaffee. Oder im Café – Kaffee. Und plötzlich ohne einen richtigen Grund darauf zu verzichten führt unweigerlich zu Stress. Zumindest in meinem Fall. Trotzdem finde ich, dass es ein spannendes Experiment gewesen ist. Wiederholen würde ich es jedoch nicht.

Beitragsbild: Annabell Hagen
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retro.kolumne: Bands

retro.kolumne: Bands

Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern, stammten sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des ein oder anderen. Dieses Mal mit dem Thema: Bands

Rückblende: Wir befinden uns in den 90ern. Genauer gesagt im Jahr 1995. Denn genau in diesem Jahr erblickte ich das Licht der Welt. Mehr oder minder gehöre ich damit zur Generation der Millennials. Heute hat man schon fast vergessen, dass die Menschen damals an Silvester 1999 dachten, dass die Welt untergeht. In Anbetracht der heutigen umwelt- und klimapolitischen Lage ist diese Tatsache ein richtiger Schenkelklopfer. Aber weiter im Kontext…

Geprägt durch meine sehr viel ältere Schwester fand ich früh Kontakt zur Musik und zu den üblichen Fernsehsendern MTV und VIVA. Wenn ich eins vermisse, dann diese beiden Sender und zwar genauso wie sie Ende der 90er bis Anfang der 2000er waren. Nicht der Shit, der danach kam.

Music makes you lose control

Du wirst dir vielleicht denken, dass ich jetzt gleich von Tokio Hotel schreiben werde, aber nö. Diese Band war nicht so meins. Ich schreibe auch nicht von den Backstreet Boys. Es sollen keine traumatischen Erfahrungen geweckt werden. Gott, was war das damals für eine Katastrophe. Wo sie doch zuvor sangen ,,I’ll never break your heart“. Wir alle wissen spätestens nach unserer ersten Beziehung, dass dieser Satz eine Lüge ist.

Es ist für mich gar nicht so leicht eine Band zu finden, von der ich sagen würde, dass ich sie konsequent über die Jahre gehört habe. Nie habe ich ein Fan-Dasein gehegt. Fanszenen habe ich ehrlich gesagt nie so richtig verstanden. Dennoch gab es zwei Bands, die mich trotz ihres musikalischen Wandels immer wieder mit ihren Texten berührt haben.

Will eventually be a Memory of a time when…

Linkin Park hat sich im Jahr 1996 damals noch unter dem Namen ,,Xero“ gegründet. Die Band bedient ein weites Genrespektrum, welches von Electro Rock bis Post-Grunge reicht. Im Jahr 1999 gewann sie mit Chester Bennington ihren charismatischen Frontsänger hinzu und der Erfolg setzte prompt nach ihrem ersten Album ,,Hybrid Theory“ ein. Bis heute ist die Band eine der erfolgreichsten Bands des 21. Jahrhunderts. Am 20. Juli 2017 beging Chester Bennington Suizid. Für Millionen von Fans brach damit eine Welt zusammen. Durch seine Texte, die auch von Schwermut und Hoffnung geprägt waren, wird Chester aber dennoch in den Herzen seiner Fans am Leben gehalten.

Hier meine persönlichen Lieblingslieder:

  1. Crawling
  2. Bleed it out
  3. Faint
  4. Leave out all the rest
  5. Papercut

Please don’t put your life in the hand of a Rock’n’Roll Band

Zugegeben ist Coldplay keine Rock’n’Roll Band, sondern mehr eine britische Pop-Rock-Band. Ebenfalls wie Linkin Park gründete sich die Band im Jahr 1996. Anfang der 2000er Jahre fand Coldplay ihren kommerziellen Durchbruch mit ihrem ersten Album ,,Parachutes“. Mittlerweile hat die Band weltweit über 80 Millionen Tonträger verkauft. Aber ihr Erfolg ist ihnen nicht zu den Köpfen gestiegen. Seit mehreren Jahren unterstützt Coldplay soziale Organisationen wie Amnesty International und Oxfam.

Hier meine Lieblingslieder der Band:

  1. Shiver
  2. In my Place
  3. Don’t Panic
  4. Speed of Sound
  5. The Scientist

Welche Bands haben dich über die Jahre begleitet?

Umgekrempelt: Sieben Tage Meditation

Umgekrempelt: Sieben Tage Meditation

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Für die nächste Woche nehme ich mir vor, jeden Tag zehn Minuten zu meditieren. Allerdings bin ich schon, bevor mein Selbstexperiment überhaupt startet, überfordert. Denn was Meditation eigentlich genau ist und wie man nun richtig meditiert, davon habe ich keine Ahnung. Zwischen all den Meditations-Apps und nullachtfünfzehn Youtube-Anleitungen fühle ich mich schon nach dem ersten Mal Googeln verloren. Wie soll man sich denn da auch zurechtfinden? Ich schlage also wohl oder übel den Weg in die Bibliothek ein und werfe einen Blick in die Fachliteratur. Ich lerne, dass es beim Meditieren vordergründig gar nicht, wie laienhaft von mir angenommen, um Entspannung und Stressbewältigung geht, sondern darum, Einsichten in unser Sein zu bekommen. Nach einer Dreiviertelstunde Bücher wälzen beschließe ich schließlich, dass für meine Zwecke ein nullachtfünfzehn Video auf Youtube wohl doch ausreichen wird.

Montag

Da sitze ich nun im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen vor meinem Fernseher auf dem Boden. Viel mehr passiert auch nicht, als ich mir eine zehnminütige geführte Meditation für Anfänger auf Youtube anhöre. Meine Gedanken schweifen natürlich hin und wieder ab. Trotzdem kann ich mich überraschenderweise die allermeiste Zeit auf mich konzentrieren und am Ende der Meditation durchströmt mich ein seltsames Gefühl der Zufriedenheit. 

Dienstag

Leider komme ich heute erst später am Abend zum Meditieren. Aber ich muss sagen, ich habe mich schon den ganzen Tag auf diesen Moment gefreut. Wieder begleitet mich ein Youtube-Video bei meiner Meditation. Es ist alles so wie am Tag davor. Am Ende bin ich zufrieden und verwundert darüber, wie schnell zehn Minuten vorbeigehen können.

Mittwoch

Fast hätte ich das mit dem Meditieren heute vergessen. Ich habe echt viel zu tun diese Woche – umso besser, dass ich mich für ein paar Minuten nicht mit den Problemen des Alltags sondern nur mit mir beschäftigen muss. Und das klappt bisher unerwartet gut. Noch kann ich aber nicht feststellen, ob das Meditieren irgendeine positive Auswirkung auf den Rest meines Lebens hat.

Donnerstag

Am heutigen Tag probiere ich eine geführte Meditation für mehr Selbstvertrauen aus. „Du bist gut genug! Sei so, wie du bist!“ und andere nette Dinge sagt mir eine Stimme immer und immer wieder. Ich bin noch unschlüssig, ob mir das gefallen hat oder nicht. Und ob ich dadurch den Tag mit mehr Selbstvertrauen als üblich meistere, dabei bin ich mir auch eher nicht so sicher.

Freitag

Nach meinem gestrigen Ausflug zur Meditation für mehr Selbstvertrauen, wende ich mich heute dann doch wieder einer normalen Anfängermediationen zu. Und das gefällt mir auch deutlich besser: weniger Worte, die mich ablenken können.

Samstag

Heute ist eigentlich nichts anders als die letzten Tage. Meditieren klappt so gut, wie es eben klappt. Ab und zu kommen mir währenddessen sprunghafte Gedanken, aber trotzdem habe ich das Gefühl, im Laufe der Woche Fortschritte gemacht zu haben, was das angeht. 

Sonntag

Für den letzten Tag meines Selbstexperiments habe ich mir noch einmal etwas Besonderes überlegt. Da ich ja jetzt schon etwas geübter in Sachen Meditation bin, will ich versuchen, mal ganz allein ohne irgendeine leitende Stimme zu meditieren. Ich mache mir also entspannende Musik an und stelle einen Wecker auf 10 Minuten. Leider habe ich meine Fähigkeiten dann doch etwas überschätzt, währenddessen frage ich mich nämlich ständig, wie viele Minuten wohl noch übrig sind und kann mich nicht wirklich konzentrieren. Aber wie sagt man so schön: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Fazit

Um wirklich in die Tiefen meines Seins abzutauchen, muss ich wohl noch viel üben. Trotzdem hat mir die letzte Woche Spaß gemacht. Es fühlte sich gut an, sich bewusst ein paar Minuten am Tag nur Zeit für sich selbst zu nehmen. Ist schon komisch, dass das bei mir normalerweise nicht der Regelfall ist. Zwar haben mich die letzten sieben Tage nicht zu einem vollkommen neuen Menschen gemacht, aber mein Selbstexperiment hat mich hier und da entschleunigt und vom Stress um mich herum wenigstens für einen kurzen Moment befreit. In Zukunft werde ich mich wohl öfter, wenn auch nicht jeden Tag, dazu zwingen, mir bewusst Zeit für mich zu nehmen und meine Meditationskünste weiter ausbauen.

Und damit: Namasté!

Beitragsbild: Simon Rae auf Unsplash
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retro.kolumne: Löwenzahn

retro.kolumne: Löwenzahn

Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern stammen sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des einen oder anderen.

Wenn ich meine Lieblingsserien aus Kindertagen aufzählen soll, darf eine auf keinen Fall fehlen: Löwenzahn! Sofort habe ich die einprägsame Melodie des Intros in den Ohren und die Latzhose von Peter Lustig vor Augen.

Die Sendung mit dem Blumennamen gibt es bereits seit 1981 und erzählt in ihren unabhängigen Folgen stets eine fiktive Geschichte rund um Peter Lustig und seinen blauen Bauwagen. Die Rahmengeschichte ist dann zusätzlich mit kurzen informativen Beiträgen zum jeweiligen Thema der Folge ausgeschmückt. Insgesamt ist Löwenzahn darauf ausgelegt in einer interessanten Art und Weise Wissen an Klein und Groß zu vermitteln.

Seit 2006 moderiert Guido Hammesfahr als Fritz Fuchs die Sendung. Der neue Moderator bekam nicht nur einen neuen Bauwagen, sondern wird im Unterschied zu Peter Lustig stets von seinem Hund Keks begleitet. Der alte Bauwagen von Peter Lustig steht seither im Filmpark Babelsberg und kann von Besuchern bestaunt werden.

Nie werde ich den eigenartigen Nachbarn Herrn Paschulke vergessen, der regelmäßig in den Folgen auftrat und meistens oder eigentlich immer etwas zu meckern hatte. Leider verstarb der Schauspieler Helmut Krauss im letzten Jahr. Peter Lustig verstarb bereits 2016, doch das Gerücht, er hätte Kinder nie leiden können, hält sich bis heute. In diesem Artikel klärt Journalist Kai Biermann darüber auf, dass er an den Gerüchten schuld sei und Peter Lustig Kinder nicht hasste.

Übrigens wurde neben einem Kinofilm im Jahr 2011 seit einigen Jahren der Ableger Löwenzähnchen produziert, welcher sich an eine deutlich jüngere Zielgruppe richtet.

Falls Ihr jetzt Lust bekommen habt eine der über 300 Folgen Löwenzahn zu gucken, dann schaut doch einfach mal in die Mediathek vom ZDF hinein. Auf diese Weise könnt Ihr nicht nur in alten Kindheitserinnerungen schwelgen, sondern lernt vielleicht noch etwas Neues dazu.

Beitragsbild von Jennifer Harris auf Unsplash

retro.kolumne: Süßigkeiten vom Kiosk

retro.kolumne: Süßigkeiten vom Kiosk

Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern stammen sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des einen oder anderen.

Sobald ich früher ein bisschen Geld (also für mich damals bedeutsame 80 Cent) gespart hatte, ging es für mich nach der Schule zum Kiosk. Hier traf ich auf den Dealer meines Vertrauens und ein himmlisches Angebot für meine Sucht. Nach meinem stressigen Schultag, der sich aus einer Stunde Deutsch, einer Stunde Mathe, Sachkunde und Kunstunterricht zusammengesetzt hatte, gab es hier, was ich brauchte: Süßigkeiten!

Was gab es Besseres, als die süßen und oh-so-sauren Centershocks. Mit meinen Freunden wettete ich, wer es schaffte, am längsten gute Miene zum sauren Spiel zu wahren. Wenn ich mir aber mal etwas gönnen wollte, gab es eine Packung Puffreis, eine Flasche Liebesperlen oder einen sauren Toggo-Lutscher. Hoch im Kurs war auch die Leckkugel, die das seltsamste Prinzip überhaupt hatte – ewig habe ich an dieser Kugel geschleckt, die verschiedenen Schichten und Farben sind zum Vorschein gekommen und übrig blieb nach tagelanger Arbeit ein Stück hartes Kaugummi, das nach drei Minuten seinen Geschmack verloren hatte. Apropos Kaugummis, die ihren Geschmack verlieren: Neben den begehrten Kaugummikugeln aus dem Automaten, liebte ich das legendäre Magic Gum – das pinke, knisternde Pulver wurde erst im Mund zum Kaugummi. Und dann gab es die coolen Kaugummizigaretten. Ich habe mich damals wie eine „coole Jugendliche“ gefühlt, wenn ich so eine Packung mit mir trug (im Nachhinein echt seltsam, wie drogenverherrlichend dieses Produkt eigentlich ist). Großer Fan war ich auch von diesem nicht weniger perversen, pinken Kaugummi aus der Tube – ganz zu schweigen von Schleckmuscheln. Nachdem ich säuberlich meine Münzen abgezählt hatte, war es auch immer ein Highlight, eine bunte Tüte mit den schönsten Süßigkeiten zusammenzustellen. Für mein achtjähriges Ich gab es damals nichts Schöneres, aber auch kaum etwas Wichtigeres, mein Taschengeld überlegt zu investieren und sorgsam aus dem großen Sortiment auszuwählen: Gummischlangen, Himbeerbonbons, Uhren aus Zuckerperlen, Esspapierufos gefüllt mit Brausepulver, doppelte Kirschlutscher oder blaue Schlümpfe, die den ganzen Mund verklebten. Die Kindheit war einfach ein Zuckerschlecken.

Beitragsbild: Lilli Lipka

retro.kolumne: Fußball in den 90ern

retro.kolumne: Fußball in den 90ern

Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern stammen sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des einen oder anderen.

Oben genanntes Thema ist ein Musterbeispiel für eine kontroverse Diskussion. Fußball in den 90ern – das ist der Sieg der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft im Jahr 1996, Kaiserslautern wird als Aufsteiger Meister, Borussia Dortmund gewinnt die Champions League. Wir hatten noch ganz andere Spielertypen, ganz andere Atmosphäre in den Stadien. Irgendwo bin ich froh, dass ich noch etwas davon mitbekommen habe. Und das kam so…

Zwei Faktoren waren dafür verantwortlich, dass ich in den 90ern schon zum Fußball fahren konnte. Zum einen gehörte ich zu denen, die noch von ihrem Vater mit ins Stadion genommen wurden. Bei den vielen zerrütteten Elternhäusern und veränderten Interessen ist das heute sicherlich nicht mehr die Norm. Zum anderen hatte der Wiederaufstieg von Hansa Rostock im Jahr 1995 in die erste Bundesliga einen wesentlichen Anteil daran. Der einzige Profiverein im Osten kam aus Rostock. Nicht einmal die Hertha aus Berlin spielte im Oberhaus. Das waren Zeiten! Freitag nach der Schule wurde fix ein kleines Versorgungspaket geschnürt und schon war man auf der Landstraße nach Rostock, denn die A20 gab es damals noch nicht. An die Stimmung im Stadion kann ich mich kaum mehr erinnern. Einer stimmte was an, der Rest machte mit. An die Ultras war damals noch nicht zu denken. Die Wolgastä-Fahne und „Märtyrer“ hingen schon damals wie ein Fels in der Brandung. Auf dem Platz war es fast immer interessanter. Oft konnte ich von den Leuten neben mir hören, dass auf dem Platz der Kalte Krieg, Ost gegen West, weiter geht. Jedes nicht geahndete Foul war ein Schlag des Westens gegen den armen Osten, was ja auch im Prinzip bis heute anhält. Die Konzerne sitzen alle im Westen, und der Osten hat kaum Struktur. Der Sport leidet aktuell ziemlich heftig darunter. Jedenfalls waren wir zur Wiederholung der Freitagssendung von „ran“ auf „Sat 1“ dann wieder in den heimischen vier Wänden. Das hieß damals noch Platte! Diese hatten in dieser Zeit noch nicht so einen negativen Touch wie heute. Da wohnten die Chefärzt*innen neben den Hausmeister*innen. Über den Bildschirm flimmerten die Spielszenen von Charakteren wie Mario Basler, Lothar Matthäus, Oliver Kahn und vielen anderen Spielern, die sich irgendwie von den heutigen Schwiegersohntypen in der Bundesliga unterscheiden. Nicht glatt, sondern eckig, schroff und nicht einfach nur Nummern.

Hertha stieg 1997 auf, Hansa kassierte eine 2:5-Klatsche in der Hauptstadt. Fünfmal dudelte die Toreinspielung „Hertha, wieder Hertha, erste Liga, jetzt sind wir da!“. Das war auch mein einziges Spiel im Olympiastadion in dieser Saison.

Dann kam die Saison, die mit „Bochum“ zusammengefasst werden kann. Die letzte Sekunde der Saison 98/99 brachte die Entscheidung darüber, ob Hansa in der ersten Liga bleiben darf. Slawomir Majak erzielte das entscheidende Tor, während sein Kopf wegen einer Wunde verbunden war! Und wo war ich? Vom Schachverein aus spielten wir in Szczecin. Über das Ergebnis bekam ich nur durch das Autoradio mit. Ein Jubel im Auto! Handys waren noch Luxus.

Rostock reichte mir damals nicht. Ich stieß im Kicker-Sonderheft auf den FC Berlin, der als BFC Dynamo zehnmal Meister wurde. Außerdem war da ein 1. FC Union. Zuerst schnupperte ich mit Vater beim 1. FC Union vorbei. Sie spielten in Köpenick gegen den SV Babelsberg 03. Google Maps gab es damals noch nicht und somit keinen Stadtplan auf die Schnelle. Also fragten wir am S-Bahnhof nach dem Weg. Sogleich wurden wir angeraunzt: „Seit ihr etwa aus Babelsberg?“ Das Klima war rau, obwohl der Ketchup auf der Stadionwurst für 3,50 DM süß und klebrig zwar. So richtig bekam ich die wilde Zeit dann beim ersten Derby zwischen dem 1. FC Union und dem BFC Dynamo nach dem Fall der Mauer mit. Es war im Mai 1999. Die S-Bahn rollt in Köpenick ein. Man hört Dynamo-Gesänge. Plötzlich packt ein Glatzkopf einen anderen, die Polizei kommt, eine Glatze wird zu Boden gerissen und von der anderen Glatze verhaftet, ein Polizist in ziviler Kluft. Während des Spiels regnete es, die heute „legendäre“ Waldseite im Stadion an der alten Försterei war spärlich gefüllt. Ein paar Lappen hingen am Zaun. Die Fahne, die im Gedächtnis blieb, war die mit dem Spruch „Von der Wiege bis zur Bahre, wir bleiben treu“. Ich ärgere mich bis heute, dass ich fast nie etwas zum Knipsen mitnahm, denn auf der anderen Seite war es viel spannender. Dynamo führte mittlerweile mit 0:2. Ein dumpfes und extrem lautes „Dynamo, Dynamo“ fegte durch das marode Stadion. Dann begann der Gäste-Mob den Gästeblock auseinander zu nehmen. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Das war das wirre Klima nach der Wende. Da gab es Gelegenheiten, noch offene Rechnungen mit den Staatsdiener*innen von einst begleichen zu können, da Bautzen noch frisch im Gedächtnis war.

So war das damals.

Beitragsbilder: Michael Fritsche
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