Brennpunkt Europakreuzung

Wer kennt ihn nicht in Greifswald: der Knotenpunkt Platz der Freiheit, besser bekannt als Europakreuzung. Die Kreuzung funktioniert nur aus Autofahrersicht zufriedenstellend – für Fußgänger und Radfahrer nicht und bildet ein Ort des Wartens. Aus diesem Grund überqueren viele Radfahrer die Kreuzung Quer. Was vor ein paar Jahren noch undenkbar war, wird jetzt von breiten Mehrheiten im politischen Raum diskutiert. Die Sanktionierung der diagonalen Querung der Europakreuzung durch Radfahrer gleichzeitig mit den linksabbiegenden Autos.

Verkehrsplaner Gerhard Imhorst

Imhorst: „Diagonalquerung, mit neuer Lichtsignalanlage, löst eine Menge Probleme“

Aus Sicht der Verkehrssicherheit, werden somit „ausreichende Abstände und gute Sichtbeziehungen zwischen Kfz und Radfahrern“ geschaffen. Die Stadt teilt ebenso mit, dass seit 15 Jahren kein Unfall bei illegalem Queren verursacht wurde. Problematisch hingegend sind die Unfälle zwischen Radfahrern und rechtsabbiegenden Autos. Die sollen durch die Diagonalquerung reduziert werden. „Alle Genehmigungen liegen vor und die Idee muss nur noch umgesetzt werden“, teilt der städtische Verkehrsplaner Gerhard Imhorst mit. Die Maßnahme sei ein zentrales Projekt des Klimaschutzkonzepten und des Radverkehrsplans, so Imhorst weiter. Die Bürgerschaft der Hansestadt hat sich in mehren Beschlüssen zum Klimaschutz und zur Förderung des Fußgänger und Radverkehrs bekannt. „Die Diagonalquerung, mit neuer Lichtsignalanlage (LSA), löst eine Menge Probleme, fördert den Radverkehr und hat nur einen Nachteil, sie ist ungewöhnlich“, freut sich der Stadtentwickler.

Vorhaben gerät ins stocken

Doch nun gerät das Vorhaben ins stocken. „Es ist bisher noch keine Entscheidung gefallen, ob mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln 2010 begonnen werden kann. Die Verwaltung wird die Kosten der Gesamtmaßnahme für den Haushalt 2011 anmelden“ , sagte Pressesprecherin der Stadt Greifswald Andrea Reimann. „Die Bürgerschaft muss jetzt entscheiden, ob sie das Projekt möchte oder nicht“, so Reimann zur aktuellen Debatte weiter.

Diagonalquerung

Europakreuzung: Geplante Diagonalquerung üf Radfahrer

Hintergrund: Die CDU-Fraktion der Bürgerschaft steht nicht mehr hinter dem Projekt. In der geplanten Beschlussvorlage für die Bürgerschaftssitzung am 27. September, die dem WebMoritz vorliegt, heißt es: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Haushaltsstelle 1.63200.961000 die nach dem Haushaltsplan zum Umbau des Platzes der Freiheit festgelegt wurde umzuwidmen. Das Geld soll stattdessen zur Sanierung von Radwegen genutzt werden.“ Begründet wird der Antrag, dass das „Projekt zur Diagonalquerung nicht für die geplanten 100.000 Euro möglich“ ist. In der Planungsphase ergab sich eine Kostenspanne der Varianten von 128.000 bis 205.000 Euro. Die von der Verwaltung favorisierte Variante wird rund 160.000 Euro kosten zuzüglich 25.000 Euro für die LED-Ausstattung der neuen Ampel.

Linke nicht für Tod des Projektes

„Die Fraktion hat zwar noch nicht abschließend beraten aber den Tod des Projektes wird sie nicht unterstützen“, sagt Linksfraktiongeschäftsführer Marian Kummerow. Auch die Linke sieht die momentane Variante und die Finanzierungsfrage zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch, möchte die Idee aber letztendlich umgesetzt sehen. „Es ist eine pfiffige Idee aber es muss auch ausreichend Akzeptanz in der Bevölkerung für eine so hohe Summe geschaffen werden“, so Kummerow weiter.

Bilder : Stadt (Projektskizze), Gabriel Kords (Imhorst)

Greifswald und Stettin werden Partnerstädte

Partnerschaftsvertrag zwischen Greifswald und Sczcecin (Stettin)

Am Freitag, dem 20 August wird um 12 Uhr in der Aula der Ernst-Moritz-Arndt Universität die langjährige Freundschaft zwischen der westpommerschen Stadt Sczeczin (Stettin) und Greifswald mit einem Partnerschaftsvertrag  besiegelt. Bereits seit 1996 findet zwischen beiden Städten ein reger kultureller Austausch statt.

Langjährige Zusammenarbeit bei Kulturprojekten

Greifswald und Stettin sind nicht nur durch gemeinsame historische Wurzeln, sondern auch durch eine stetige Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst, Fremdenverkehr und Theater miteinander verbunden. So entstand beispielsweise die neue Dauerausstellung im Pommerschen Landesmuseum in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalmuseum in Stettin. Greifswald wiederum will die polnische Stadt bei der Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ 2016 mit Kooperationsprojekten verschiedener kultureller Einrichtungen, Vereine und Initiativen unterstützen. Zudem findet in Greifswald alljährlich der „polenmARkT“ statt, ein Projekt, das den kulturellen Austausch und die Völkerfreundschaft zwischen Polen und Deutschland fördern soll.

Ziel der Städtepartnerschaft ist neben der Stärkung der guten Beziehungen zwischen Deutschland und Polen vor allem die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen beiden Städten in den Bereichen Wissenschaft und Bildung, Kultur und Soziales, Maritimes und Segeln.

Im Bereich Wissenschaft und Bildung soll vor allem die in der Vergangenheit geführte Zusammenarbeit zwischen der Universität Sczcecin, der Pommerschen Akademie für Medizin in Sczecin mit der Greifswalder Universität sowie zwischen anderen Hochschulen, Forschungsinstituten, Schulen und anderen Wissenschaftlichen Einrichtungen  intensiviert werden.

Intensivierung der Zusammenarbeit mit Nationalmuseum Sczcecin

Zudem wird eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen dem Nationalmuseum Sczcecin und dem Pommerschen Landesmuseum in Greifswald sowie zwischen kulturellen Vereinen und Initiativen zwischen beiden Städten angestrebt. Im maritimen Bereich sollen künftig gemeinsame Veranstaltungen organisiert werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das Segeln gelegt. Der Greifswalder Museumshafen soll dabei besondere Berücksichtigung finden.

Die Initiative für die Städtepartnerschaft ist von Szczecin ausgegangen. Am 28. Juni stimmte die Greifswalder Bürgerschaft dem Angebot des polnischen Nachbarn zu. Bei der Besiegelung der Städtepartnerschaft zwischen Greifswald und Szczecin werden neben Oberbürgermeister Dr. Arthur König und dem Szczeciner Stadtpräsidenten Piotr Krzystek auch Erwin Sellering, Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Wladyslaw Husejko, Marschall der Wojewodschaft Westpommern sowie Marcin Zydorowicz, Wojewode Westpommerns anwesend sein. Darüber hinaus werden sich Ministerpräsident Sellering und die polnischen Gäste um 11 Uhr im Rathaus in  das Goldene Buch der Stadt Greifswald eintragen.

Kurzportrait Sczcecin (Stettin)

Stettin ist mit etwa 400.000 Einwohnern die größte Stadt Pommerns. Sie ist Ende des 12. Jahrhunderts aus einer wendischen und zwei benachbarten deutschen Siedlungen hervorgegangen. 1243 verlieh der pommersche Herzog von Barnim der Siedlung das Stadtrecht. Nachdem Ende des 13. Jahrhunderts die Aufnahme der Stadt in die Hanse erfolgte, machte Herzog Otto I. Stettin 1309 zur Residenzstadt Pommerns.

1570 wurde durch den Stettiner Friedenskongress der Nordische Siebenjährige Krieg beendet. Herzog Johann Friedrich verlieh mit der Umgestaltung des Schlosses im Renaissancestil weitestgehend sein heutiges Antlitz. Mit Bogislaw XIV. starb 1637 der letzte Greifenherzog in Stettin.

Von 1630/ 37 bis 1713/ 20 stand Stettin unter schwedischer Verwaltung. Im Zuge des Stockholmer Friedens fiel die Stadt an Preußen, nachdem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. sie bereits seit 1713 besetzte. Unter preußischer Regie wurde die Stettin zum Verwaltungszentrum Pommerns und zur Garnisonsstadt ausgebaut. 1815 wurde sie schließlich Hauptstadt der Provinz Pommern, nachdem Schweden ihre pommerschen Gebiete in Folge des Wiener Kongresses an Preußen abtreten musste. Die Stadt wurde, nachdem sie unter Preußen zur Hauptstadt der Provinz Pommern erhoben wurde, weiter zum administrativen und pädagogischen Zentrum der Region ausgebaut.

1940 waren Stettiner Juden die ersten, die ins besetzte Polen deportiert wurden. Vier Jahre später erfolgte durch britische Bomber die Retourkutsche für den Angriffskrieg der Nationalsozialisten und richtete innerhalb der Innenstadt große Schäden an. Die Altstadt wurde zu 90%, die übrigen Stadtteile zu 70% durch die Angriffe zerstört. Am 26. April 1945 befreite die Rote Armee Stettin schließlich vom Nationalsozialismus.

In Folge des von der Nationalsozialistischen Dikatur vom Zaun gebrochenen – und für Deutschland verlorenen – zweiten Weltkrieges zwischen 1939 und 1945 musste das besetzte Deutschland Stettin schließlich an Polen abtreten. Einheimische Deutscher Abstammung mussten Stettin verlassen und wurden per Bierut-Dekrete zwangsumgesiedelt. Bereits im Vorfeld flohen zahlreiche Stettiner nach Greifswald.

Innerhalb der neugegründeten Volksrepublik Polen erfolgte ein Wiederaufbau der Stadt, nun unter dem Namen Sczcecin. 1955 wurde der Hafen von der Sowjetunion in polnische Verwaltung übergeben.

Zwischen 1970 und 1980 wurde die Industriestadt zur Keimzelle der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc. Am 27. Mai 1990 erfolgte die erste demokratische Kommunalwahl in Sczcecin. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1999 wurde die Wojewodschaft Westpommern geschaffen und Sczcecin zur Hauptstadt dieser gemacht.

Heute ist die Stadt die siebentgrößte Polens. Neben einem der größten Ostseehäfen sind hier eine Universität und mehrere Hochschulen angesiedelt.

Fotos: Christine Fratzke (Galerie, Aufmacher), Marco Wagner (Partnerschaftsvertrag)

Bund informiert über Atommüllendlager

Im Juli machten Atomkraftgegner mit Demonstrationen in Greifswald und Lubmin sowie mit Infoständen auf sich aufmerksam und kündigten Protest gegen den nahenden Castor-Transport an. Zugleich plädierten sie für einen sofortigen Atomausstieg. Begründet wurde die Forderung nicht zuletzt aufgrund der ungeklärten Endlagerung der radioaktiven Abfallprodukte.

Das Bundesamt für Strahlenschutz fährt nun mit zwei LKW durch Deutschland, in dessen Containeranhänger über den gegenwärtigen Stand nach der Suche nach Endlagerstätten für Atommüll informiert wird. Die Containerausstellung ist ab heute am Museumshafen zu besichtigen. Bis zum 14. August bleibt er noch in Greifswald. Die Ausstellung kann Mittwoch bis Freitag von 12 Uhr bis 19 Uhr und Samstags von 10 Uhr bis 18 Uhr besichtigt werden. Sie ist Bestandteil der mobilen Endlagerausstellung in Berlin, die im April vorigen Jahres eröffnet wurde.

Schacht Konrad wird zum Endlager für schwach-mittelstark radioaktiven Müll umgebaut.

Interessierte Besucher sollen sich mit dieser Ausstellung sowohl fundiert informieren und sich einen Überblick über die komplexe Endlagerthematik verschaffen können. So vermittelt der Infocontainer I Grundlagen von Strahlung, Strahlenschutz und verbindet dies mit dem Endlagerproblem. Es werden außerdem die vergangenen Endlagerprojekte Asse, Schacht Konrad, Morsleben und Gorleben vorgestellt. Die Projekte in Asse und Morsleben mussten abgebrochen werden, da sie den hohen Sicherheitsstandards nicht gerecht werden. Der Schacht Konrad wird gegenwärtig zum Endlager für schwachen und mittelstark radioaktiven Müll umgebaut.Für die Endlagerung von hochradioaktivem Material gibt es gegenwärtig noch keine Lösung. Das Bergwerk Gorleben wird jedoch seit einigen Jahrzehnten als Endlagerungsstätte erkundet.

Der Infocontainer II ermöglicht dem Besucher eine virtuelle Befahrung des Erkundungsbergwerks Gorleben. In einer Zukunftsmaschine wird gezeigt, was bei der Einlagerung hochradioaktiver Abfälle in Salz, Ton oder Granit im Laufe der Zeit geschehen kann. Zudem wird ein Überblick über die Endlagersuche in anderen Ländern der Erde sowie über den derzeit vorhandenen radioaktiven Müll gegeben.

Teile der Ausstellung sind auch online verfügbar.

Foto: Georg Slickers via wikimedia commons

Bahnhof Greifswald wird nicht verkauft

In den letzten Tagen aufgetauchte Gerüchte über einen möglichen Verkauf des Bahnhofs Greifswald tritt die Bahn energisch entgegen. „Nein, dass ist nicht vorgesehen. Der Bahnhof Greifswald soll im Portfolio der Deutschen Bahn bleiben“, so Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert gegenüber dem webMoritz. Ein Grund scheint auch zu sein, dass die Bahn den Bahnhof erst umfangreich saniert hat.

Der Greifswalder Bahnhof wurde gerade erst saniert - und daher nicht verkauft.

Durch die energetische Sanierung des Bahnhofsgebäude soll künftig ein Drittel weniger Energie verbraucht werden. In Zahlen bedeutet dies laut Bahn etwa 70 Tonnen CO2 pro Jahr, was 27 Einfamilienhäusern entspricht. Damit will die Deutsche Bahn einen Beitrag zum Schutz des Ökosystems leisten. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) nannte dies einen „weiteren Meilenstein in der Erfolgsgeschichte der Hanse- und Universitätsstadt Greifswald. Was hier entstanden ist, kann sich sehen lassen“.

Bereits zwischen 2006 und 2008 wurden Bahnsteige, eine Personenunterführung und behindertengerechte Aufzüge neben Belechtung, Beschilderung und Lautsprechern im Rahmen der Bahnparallele Greifswald umgesetzt. Seit Oktober letzten Jahres wurde eine frische Außenfassade hinzugefügt, Dach,  Decken und Außenwände wurden gedämmt. Insgesamt wurden 618.000 Euro in die Bahnhofssanierung investiert. Täglich nutzen etwa 2.200 Fahrgäste den Bahnhof Greifswald.

Fotos: Gabriel Kords (webMoritz-Archiv)

Sozialministerin Schwesig besuchte Begegnungszentrum Schwalbe

Im Rahmen ihrer Sommertour unter dem Motto „Mecklenburg-Vorpommern gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ besuchte Landessozialministerien Manuela Schwesig (SPD) das generationenübergreifende Schönwalder Begegnungszentrum Schwalbe in Schönwalde II und ließ sich durch die städtische Einrichtung führen. Sozialamtsleiter Dirk Scheer verwies darauf, dass die Schwalbe, die er „gelebte Demokratie“ nannte, erst im März 2010 nach anderthalbjährige Umbauzeit eröffnet wurde, wofür das Land über zwei Millionen Euro zugeschossen habe.

Landessozialministerin Manuela Schleswig machte sich einen Überblick über die Kinder- und Jugendarbeit der Schwalbe.

Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Arthur König (CDU) und Scheer schien Manuela Schwesig begeistert über die Tanzeinlagen einiger Kinder, die in den ersten Wochen der Sommerferien in einem Workshop unter anderem Streetdancing gelernt haben. In einer kleinen Ansprache lobte sie die Schwalbe als „farbenfrohen Bau“ und betonte, dass „Kinder gesund aufwachsen, gute Bildung und Freizeitmöglichkeiten“ haben sollen. Sie forderte die Kommunen auf, „nicht in der Kinder- und Jugendarbeit zu sparen“.

Beim Rundgang durch die Schwalbe erfuhr Schwesig, die auch Landesgesundheitsministerin ist, viel über die Aktivitäten und die acht Nutzer des Hauses, die sich vorwiegend um eine offene Kinder- und Jugendarbeit kümmern. Hier sitzt aber auch die Volkssolidarität. Für  Jugendliche gibt es einen Bandraum und ein Internetcafé. Es gibt eine Hausaufgabenhilfe und mit den Kindern werden auch Mahlzeiten zubereitet. Neben einem Stadtteiltreff können auch externe Gruppen einen Veranstaltungsraum buchen. In der Schwalbe hat die Stadt auch ihre Erziehungshilfe samt Tagesgruppe und eine Beratungsgruppe eingerichtet.

Fotos: David Vössing

Nazis marschieren ungehindert durch Anklam

Etwa 200 Neonazis marschierten am 31. Juli unter dem Motto „Gegen kinderfeindliche Bonzen – für eine lebenswerte Zukunft in unserer Heimat – Freiheit statt BRD“ ungehindert durch Anklam. Ursprünglich hatte die NPD ein Kinderfest angemeldet, was jedoch von Seiten der Stadt nicht genehmigt wurde, da zur selben Zeit am selben Ort eine Jungbürgerversammlung abgehalten wurde.

Nachdem die NPD sich gerichtlich gegen diese Entscheidung nicht durchsetzen konnte, kündigte sie eine Demonstration unter besagtem Motto an. Diese wurde von Michael-„Poleninvasion stoppen“-Andrejewski angemeldet. Darauf hin folgte eine Mobilisierung zur Gegendemo durch die Antifa. Nachdem beide Demonstrationen durch den Landkreis Ostvorpommern verboten wurden, rief die Antifa dazu auf, nicht nach Anklam zu fahren. Es folgte einen Tag später, am 29. Juli von Seiten des Verwaltungsgerichtes Greifswald eine Aufhebung des Verbotes des Neonaziaufmarsches. Im Gegenzug entschied der Landkreis, das Verbot der Gegendemo wieder aufzuheben.

Ungeachtet dessen hielten die Organisatoren an der Demobilisierung fest. Der Anklamer SPD-Ortsverband und Greifswalder Jusos hofften bis zuletzt, dass sich ungeachtet der Demobilisierung dennoch genügend Antifaschistinnen und Antifaschisten einfinden würden, sodass doch noch eine  Gegendemo in kleineren Rahmen stattfinden könnte. Diese Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Zwar kamen aus Greifswald Vertreterinnen und Vertreter der Jusos, Linke.SDS, Jungen Union, Grüne und Liberale nach Anklam, allerdings reichte die Teilnehmerzahl nicht für eine Gegendemo oder Kundgebung aus.

„Diese Scheiß-Nazis!“

Die Neonazis, darunter auch Udo Pastörs, konnten ungehindert durch die Stadt marschieren und in der Südstadt eine Kundgebung abhalten. Ferner wurden die Bürgerinnen und Bürger von der Stadt dazu aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen, Fenster und Türen geschlossen zu halten und so den Nazis „die kalte Schulter“ zu zeigen. Und so war an diesem Tag außer rund 250 Polizisten, 200 Neonazis, vereinzelte Touristen und Passanten in Anklams Straßen kaum jemand zu sehen. Im Umfeld der Demontration hielten sich kleinere Gruppen von Neonazis auf, vermutlich um eventuelle Aktivitäten von Antifaschistinnen und Antifaschisten zu beobachten. Wenngleich sich die Neonazis – abgesehen von „Freiheit statt BRD“ und „Für den nationalen Sozialismus“-Parolen – ruhig verhielten, wurden die angereisten Nazigegner von der Polizei gewarnt, „nicht vor den Nazis herum zu springen.“

Das am Vortag von der Stadt Anklam am Steintor aufgehangene Protestplakat „Kein Ort für Neonazis in Anklam“ wurde in der Nacht zum Samstag von Neonazis mit Farbbeuteln beworfen. „Diese Scheiß Nazis“ kommentierte erregt ein vorübergehender Anklamer die Aktion. Ein ebenfalls vor dem Rathaus aufgehangenes Banner dieser Art wurde von den Faschisten entfernt. Die Neonazis kündigten zudem an, künftig an jedem Wochenende im September ein Kinderfest veranstalten zu wollen und hätten dies bereits angemeldet.

Friedensgebet gegen Nazis und Jungbürgerversammlung

Um 12 Uhr fand in der Marienkirche ein halbstündiges ökumenisches Friedensgebet statt, um dennoch ein Zeichen gegen den Neonaziaufmarsch zu setzen.  Die rund 50 Kirchenbesucher sangen mehrere Friedenslieder und beteten für den Frieden in Anklam. In dem Gebet äußerten sie die Hoffnung, dass „die Polizisten und Einsatzkräfte das Richtige tun  und der Versuchung der Macht widerstehen und Frieden suchen werden.“

Von der Stadt Anklam wurde am Nachmittag die zweite Jungbürgerversammlung unter Beteiligung von CDU, SPD, Initiative für Anklam und der Partei Die Linke. ausgerichtet. Die Veranstaltung diente dem Ziel, die Jugendpartizipation in der Stadt zu steigern. Anklams Bürgermeister Michael Galander kam somit mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch. Dieser war angesichts der Fragen teilweise überrascht. Es ging nicht nur um „Bolzplätze“ und die Sanierung von historischen Gebäuden, sondern auch um die vielen Baustellen. Die Ansiedlung von McDonalds war für die meisten Jugendlichen von besonderer Wichtigkeit. Der Neonazi-Aufmarsch vom Vormittag wurde von keinem der Anwesenden thematisiert. Dennoch distanzierte sich Galander indirekt von der NPD, indem er den Jugendlichen erklärte, wie viele „demokratische Parteien“ im Stadtrat säßen, mit denen er als Bürgermeister zusammen arbeite. Die NPD fiel nicht darunter.

Im Gespräch mit dem webMoritz äußerte Galander, dass künftig wesentlich stärker gegen Nazis vorgegangen werden soll. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt fühlten sich in den vergangen Jahren von der Kommunalpolitik vernachlässigt, was die NPD ausnutzte. Dem wolle man nun durch Aktionen wie eben beispielsweise dem Jungbürgerforum begegnen. Man wolle viel stärker den Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern suchen. „Nazis haben in Anklam nichts verloren. Erst wenn der letzte Nazi aus Anklam weg ist, geht es wieder aufwärts mit der Stadt“, so der 40-Jährige weiter. Daher werde es die Stadt auch nicht hinnehmen, dass die NPD jedes Wochenende im September ein Kinderfest in Anklam veranstaltet und kündigte Widerstand dagegen an. Auf einen Aufruf, an der von der Antifa angekündigten Gegendemo teilzunehmen, verzichtete der Bürgermeister, da er befürchtete, dass sich unter den nach Anklam anreisenden Demonstrantinnen und Demonstranten linke Gewalttäter befänden. Er wollte sich nicht hinter eine Demonstration stellen, bei der es seiner Meinung nach möglicherweise zu Ausschreitungen gekommen wäre.

Fotos: Fotografen sind der Redaktion bekannt.

Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde noch um eine weitere Information ergänzt, die beim Erstellen des Textes einzubauen versäumt wurde.