von Marco Wagner | 22.03.2011
Dieses Jahr will Udo Pastörs durch Greifswald marschieren.
Nazis wollen erneut versuchen, in Greifswald Fuß zu fassen. Nachdem im vergangenen Jahr die NPD damit scheiterte, einen Stand auf dem Greifswalder Fischmarkt aufzubauen, will sie am 1. Mai erneut den Versuch starten, in Greifswald auf sich aufmerksam zu machen.
Wie aus einer Mitteilung des Informationsdienstes Nena.MV hervor geht, planen die neuen Nationalsozialisten einen Aufmarsch durch die Universitäts- und Hansestadt. Angemeldet wurde die Versammlung von Michael Grewe, Landesorganisationsleiter der NPD. Geht es nach dem Willen und Wünschen der Rechtsextremisten, sollen bis zu 500 Neonazis am ersten Mai in die Hansestadt kommen.
Aufmarschgebiet ist Schönwalde I und II
Vom Südbahnhof beginnend, wollen die Neonazis über den Ernst-Thälmann-Ring durch die Stadtteile Schönwalde I und II marschieren. Als prominentester Teilnehmer wird Udo Pastörs, Fraktionsvorsitzender der NPD im Mecklenburg-Vorpommerschen Landtag, erwartet. Darüber hinaus hat der Landtagsabgeordnete Tino Müller seine Anwesenheit angekündigt. Nach Informationen der Universitäts- und Hansestadt Greifswald wollte die Stadt im Vorfeld der Demo ein Koordinationsgespräch mit den Rechtsextremisten führen, was diese jedoch ablehnten.
Oberbürgermeister Dr. Arthur König kündigte einer Pressemitteilung der Stadt Greifswald zufolge an, in enger Abstimmung mit der Polizei versammlungsrechtliche Schritte gegen die angemeldete Versammlung unternehmen zu wollen. „Dabei wird auch entschieden, ob Voraussetzungen für ein Versammlungsverbot vorliegen. Sollte die Chance bestehen, die Demo zu verbieten, werden wir diese natürlich nutzen. Parallel dazu sind alle Greifswalder aufgerufen, sich gemeinsam der NPD entgegenzustellen. Wir wollen den menschenverachtenden Parolen mit bunten und vielfältigen Aktionen antworten. Dazu sind die Ideen aller Demokraten gefragt“, so König abschließend.
Bürgerschaft will über Gegenwehr beraten
Wie Andrea Reimann, Pressesprecherin der Stadt Greifswald, mitteilt, wird am kommenden Montag das erweiterte Präsidium der Bürgerschaft zusammentreten, um über eine gemeinsame Strategie gegen die Neonazis zu diskutieren. In der kommenden Woche möchte der Oberbürgermeister Vereine, Verbände und Initiativen ins Rathaus einladen, um gemeinsam Pläne für eine Gegenaktion zu schmieden. Bei den Vorbereitungen wolle man auch auf die Erfahrungen der Gegendemonstration von vor zehn Jahren zurückgreifen. Institutionen und Vereine, die Aktionen gegen den Aufmarsch der neuen Nazis unterstützen wollen, können sich an die Koordinatorin des Präventionsrates Dr. Christine Dembski wenden.
NPD möglicherweise nicht im kommenden Landtag vertreten
Ob die NPD erneut im Schweriner Landtag residieren wird, ist bislang fraglich.
In den vergangenen Monaten sind Neonazis in Greifswald vorwiegend durch Graffitis in der Innenstadt aufgefallen, mit denen sie gegen Homosexuelle hetzten und für die Mitgliedschaft in einer angeblich existierenden Nationalsozialistischen Hochschulgruppe warben. Zudem beschädigten Greifswalder Rechtsextremisten in der Vergangenheit Banner des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Greifswald und besprühten oder beklebten an mehreren Orten und Gebäuden der Stadt die Adresse ihres Internetportals.
Die NPD, welche am 1. Mai mit möglichst vielen ihrer Kameraden durch die Stadt Greifswald marschieren will, zog vor vier Jahren erstmals in den Mecklenburg-Vorpommerschen Landtag ein. Neuere Umfragen sehen die NPD jedoch nicht mehr im kommenden Landtag vertreten. Nach einer Spiegel-Online Befragung liegt die rechtsextreme Partei gegenwärtig bei 4 Prozent. In Greifswald holte die NPD bei der vergangenen Landtagswahl fünf Prozent der Stimmen, während im angrenzenden Landkreis Ostvorpommern die NPD mehr als doppelt so viele Stimmenanteile (zirka 12 Prozent) holte. An den vergangenen Bürgerschaftswahlen beteiligte sich die rechtsextremistische Partei nicht.
Foto: Torsten Heil (Udo Pastörs, Aufmacher), Erik Jalowy/ jugendfotos.de (Schweriner Schloss)
von David Vössing | 17.03.2011
Anlässlich der bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt (20. März), Rheinland-Pfalz und Baden-Würtemberg (beide 27. März) lädt der AStA an beiden Sonntagen alle Studierenden und Interessenten jeweils ab 17 Uhr ins Campo Allegre, Lange Straße 8, ein. Dort kann dem jeweiligen Wahlergebnis entgegen gefiebert werden. Wahlsiege können gefeiert und Wahlniederlagen analysiert werden.
SPD dürfte in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt an der Regierung bleiben
In Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Würtemberg haben am 20. bzw. 27. März die Wähler das Wort.
In Sachsen-Anhalt tritt Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nicht mehr an. So entscheidet sich dann das Rennen zwischen Reiner Hasselhoff (CDU) und Jens Bullerjahn(SPD) und Wulf Gallert (Die Linke.). Aktuelle Umfragen sehen die CDU bei über 30 Prozent, SPD und Linkspartei mit ihrem Spitzenkandidaten bei jeweils etwa 25 Prozent. In neun von elf durchgeführten Umfragen lag die Partei Die Linke. zum Teil bis zu neun Prozentpunkte vor der SPD. FDP und Grüne müssen ebenso wie die NPD um den Einzug in den Landtag zittern, während die CDU allen Umfragen zu Folge stärkste Partei werden wird.
Die SPD wird wohl weiterhin an der Regierung beteiligt sein. Je nachdem, ob die Linkspartei stärker wird als die Sozialdemokraten, kann es im Anschluss ein rot-rotes Bündnis oder eine Fortsetzung der Großen Koalition geben. Spitzenkandidat Jens Bullerjahn (SPD) kündigte an, keine Regierungskoalition mit der Partei Die Linke. eingehen zu wollen, solange jene Partei mehr Stimmen bei der Landtagswahl erhält, als die SPD. Da im Falle eines Einzuges der Grünen der Stimmenanteil aller Voraussicht nach nicht für eine Rot-Grüne Mehrheit reichen würde, wäre eine Fortsetzung der großen Koalition am wahrscheinlichsten.
Auch in Rheinland-Pfalz dürfte die SPD mit einer Fortsetzung als Regierungspartei rechnen. Deutschland dienstältester Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) tritt gegen Julia Klöckler (CDU) an und liegt in den Umfragen vorne. Für eine Verteidigung der absoluten Mehrheit wird es für die SPD nicht reichen, aber Rot-Grün (ca. 50 Prozent), hat eine deutliche Mehrheit vor Schwarz-Gelb (ca. 40 Prozent). Ob die FDP wie auch die Linkspartei in den Landtag kommen, wird knapp, denn beide liegen um die Fünfprozenthürde herum.
Knappes Rennen in Baden-Würtemberg erwartet
Während in Rheinland-Pfalz die Lage klar zu sein scheint, wird es in Baden-Würtemberg spannend. Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) will die schwarz-gelbe Koalition fortsetzen. Die Umfragen sagen ein knappes Rennen voraus: Die CDU liegt um die 40 Prozent, die SPD mit Nils Schmid über 20, die Grünen (Winfried Kretschmann) um 20 Prozent und die FDP über fünf Prozent. Die Linkspartei liegt in den meistern Umfragen unter der Fünfprozenthürde, könnte aber doch in den Landtag einziehen. Folglich ist erst einmal spannend, ob Schwarz-Gelb oder Rot-Grün vorne liegen und ob sie eine eigene Mehrheit haben werden.
Im Flyer des AStA heißt es: „Kuschelwahlkampf, Stuttgart 21 und„König Kurt“…
Noch beherrschen die Schlagzeilen zu drei Landtagswahlen in Deutschland die Inlandspresse nicht. Dabei folgen derer im innenpolitischen„Superwahljahr“ 2011 nach Hamburggleich drei.
Zwar überschatten bisher die Vorgänge inM erkels Kabinett und im Nahen Osten fast alle mediale Aufmerksamkeit den Wahlen gegenüber – dabei wird aber oft auch die bundesdeutsche Relevanz solcher weit entfernt wirkenden Wahlen vergessen:
Es geht nicht nur um ein Barometer für diekommenden Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern, sondern genauso um Sitze im Bundesrat und der Bundesversammlung.
Und wer von uns kann letztendlich ausschließen, nicht schon vor Ende der kommenden Legislaturen im betreffenden Bundesland zu studieren oder zu arbeiten?
Schließlich gibt es in jedem der drei Länder eine vielzahl an Universitäten und Arbeitsstellen….was könnte dabei also besser sein als sich die Ausgänge der Wahlen bei ein oder zwei Drinks im überparteilichen Kreise live anzusehen, zu analysieren, mit zufiebern, zu feiernoder vielleicht auch das ein oder andere Mal den Verlierern zu zuprosten?
Daher möchte euch der AStA herzlich einladen.Getränke und Knabbereien wird es vor Ort geben, einer Anmeldung bedarf es natürlich nicht.Wir würden uns freuen, möglichst viele von euch begrüßen zu dürfen!
Euer AStA
P.S.: Bildet Banden, bringt Bekannte mit!“
Fotos: Archiv, Wahlzettel ausfüllen: sebastian2 via jugendfotos.de, Wahlliste: ridcully via flickr
von Christine Fratzke | 14.03.2011
Die Ereignisse in Japan hinterlassen ihre Spuren, die Reaktorvorfälle in den Atomkraftwerken geben nicht nur der Bundesregierung zu denken. Die Anti-Atom-Bewegung erhält einen neuen Schub und auch die Bürger äußeren ihren Unmut. So versammelten sich am 14. März in über 450 deutschen Städten Menschen an Mahnwachen, um ihrer Ablehnung Atomkraft unter dem Motto „Fukushima ist überall“ gegenüber Ausdruck zu verleihen. Bundesweit waren es laut Veranstalter über 110.000. Auch in Greifswald fand am frühen Abend eine Mahnwache statt, ebenso in anderen Städten in Mecklenburg-Vorpommern, unter anderem in Stralsund, Neubrandenburg, Rostock und Schwerin.
Greifswalder verteilen Kerzen vor dem Banner.
Über 150 Greifswalder versammelten sich auf dem Marktplatz der Universitäts- und Hansestadt: Familien mit Kindern, Studierende, politisch Aktive und einige Gesichter aus der Hochschulpolitik, wie die AStA-Referentin für Ökologie Stefanie Pfeiffer, waren gekommen. Sie legten ihre Kerzen am neongelben Transparent, auf dem „Strahlen kennen keine Grenzen“ steht, nieder.
Für die kommende Zeit sind weitere Demonstrationen geplant: Am 26. März werde es laut Veranstalter des Anti-Atom-Bündnisses in Berlin, Hamburg und Köln Großdemonstrationen geben. Auch für den 25. Jahrestag des Tschernobyl-Unglücks am 25. April sind Aktionen geplant, an 13 Atomkraftwerken und Atommüll-Standorten soll für die sofortige Stilllegung protestiert werden.
Fotos: Christine Fratzke
von Torsten Heil | 14.03.2011
Wer hat wielviel Geld in der Hansestadt erhalten?
Die SPD-Greifswald möchte die Förderpraxis der Hansestadt Greifswald durchleuchten. Danach soll die Stadtverwaltung alle Subventionen der Stadt an Dritte ab 1.000 Euro auflisten. „Wir wollen als SPD-Fraktion Transparenz und Gerechtigkeit herstellen“, begründet der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Andreas Kerath den Antrag seiner Fraktion.
Es gebe im Greifswalder Haushalt für jeden erkennbare Subventionen. Diese seien offen ausgewiesen. „Wenn wir Spardebatten haben, denken leider nicht wenige zuerst auch an diese Zuschüsse an Dritte“, bedauert Kerath. Nicht erkennbar seien aber vielfältige mittelbare Förderungen durch die Stadt. „Wenn ein Mieter weniger oder keine Nebenkosten zahlt, städtische Räume verbilligt anmietet oder ein Umbau nur für die Zwecke eines Vereins erfolgt, sind das natürlich auch Zuschüsse“, so der SPD-Fraktionschef, „Man erkennt sie nur nicht.“ Genau das wolle die SPD mit ihrer Vorlage ändern. Diese ermögliche auch erstmals zu prüfen, warum dem einen ein Vorteil gewährt werde, dem anderen aber nicht.
Hohe Belastung für Verwaltung
Die CDU-Fraktion beschäftigt sich derzeit mit der Vorlage und könne noch nichts Konkretes dazu sagen, so der Fraktionsgeschäftsführer der CDU, Christian Weller auf Anfrage des webMoritzs. Nur der Greifswalder Jungen Union-Chef und Bürgerschaftsmitglied Franz-Robert Liskow (CDU) wollte sich äußern: „Obwohl man einen Großteil der Subventionen aus dem Haushaltsplan entnehmen kann, ist die Idee einer solchen Auflistung zum Teil begrüßenswert. Dennoch ist der Zeitpunkt unangemessen und hält die Stadtverwaltung von ihren essentiellen Aufgaben, wie der Umsetzung der aufgezwungenen Kreisgebietsreform und der Einführung der Doppik, ab.“ Durch die bevorstehende Kreisreform sei es unklar und zweifelhaft, ob die derzeitigen Subventionen in Zukunft noch gewährt werden können. „Deshalb macht es Sinn, den Subventionsbericht erst für das Jahr 2012 anstatt für das Jahr 2010 anzuregen. Die Bürgerschaftsvorlage in ihrer jetzigen Form erweckt den Anschein, dass die SPD-Fraktion die Verwaltung mit zusätzlichen Aufgaben stärker belasten will“, so Liskow weiter.
Keine Vergleichbarkeit aufgrund der Umstellung im Rechnungswesen
„Politik heißt Steuerung, die gelingt uns als ehrenamtlichen Bürgerschaftsmitgliedern aber erst, wenn wir auch alle Fakten kennen“, begründet der SPD-Fraktionschef die Vorlage. Dafür müssten die mittelbaren Zuschüsse, die im Haushalt nicht offen ausgewiesen würden, erst bekannt sein. „Erst dann können wir fragen und prüfen, warum der eine etwas versteckt bekommt, der andere aber nicht“, so Andreas Kerath.
„Problematisch an der Vorlage ist, dass das sicher gut gemeinte Ziel schon allein deshalb nicht erreicht werden kann, weil durch die Umstellung auf ein neues Rechnungswesen, von der Kameralistik zur kommunalen Doppik, zum 01. Januar 2012, die Haushaltspläne nicht mehr miteinander vergleichbar sein werden“, sagt der Dezernent für Bauwesen und Umwelt und stellvertretende Oberbürgermeister Jörg Hochheim (CDU). Dafür bietet gerade das neue Rechnungswesen zukünftig die Möglichkeit, die gewünschten Informationen ohne großen Mehraufwand zu erhalten, so Hochheim. Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung darum gebeten, die Vorlage zu überdenken und auf einen Bericht für 2010 und 2011 zu verzichten.
Fotos: Rathaus (Aufmacher/Archiv), Geld (Archiv)
von Susanne Grosse | 09.03.2011
100 Jahren gilt der 8. März als „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frauen und den Weltfrieden“ oder kurz: Internationaler Frauentag. An diesem Tag setzen sich vor allem Frauenbewegungen weltweit für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein.
Clara Zetkin schlägt 1910 internationalen Frauentag vor
Die sozialistische Frauenrechtlerin Clara Zetkin.
Obwohl 1958 in den Römischen Verträgen im Artikel 119 festgelegt wurde, dass in der EU Frauen für gleichwertige Arbeit nicht schlechter bezahlt werden dürfen als Männer, verdienen in der Bundesrepublik Deutschland Frauen in vielen Berufen auch heute noch bei gleichwertiger Arbeit pro Stunde bis zu 23% weniger als ihre männlichen Kollegen. Daher ist der Weltfrauentag auch heute noch von großer Bedeutung um auf die Rolle der Frau hinzuweisen.
Deutsche Frauen spielten in der Entwicklung des Weltfrauentages eine entscheidende Rolle: 1910 schlug die deutsche Sozialistin Clara Zetkin auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen erstmals die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Inspiriert wurde sie dabei von den Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas die einen internationalen Kampftag für das Stimmrecht der Frau einführten. Damals war die primäre Motivation für diesen Tag noch die Einführung des Frauenwahlrechts. Nachdem dieses Ziel erreicht wurde, nutze die Frauenbewegung diesen Tag stets um auf ihre aktuellen Forderungen hinzuweisen wie etwa Senkung der Lebensmittelpreise oder einen legalen Schwangerschaftsabbruch.
Grüne und SDS mit Aktionen zum Frauentag
Durch das Aufkommen der Frauenbewegung in den 60er Jahren gewann der internationale Frauentag in der Bundesrepuplik und in anderen Ländern an Bedeutung. Schließlich wurde 1977 der 8.März von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum offiziellen Feiertag erklärt.
Heute fanden nicht zuletzt aufgrund des hundertjährigen Jubiläums verschiedene Veranstaltungen rund um den Internationalen Frauentag statt. So verteilten die Jusos Greifswald an Passantinnen Rosen und gratulierten ihnen zum Frauentag. Im Pommerschen Landesmuseum fand ein Festakt, zu dem unter anderem Ministerpräsident Erwin Sellering anwesend war, statt. Die Grüne Jugend machte um 17 Uhr vor dem Pommerschen Landesmuseum mit einer Aktion darauf aufmerksam, dass der Frauenanteil in Führungspositionen Deutscher Unternehmen immer noch sehr gering ist. 2010 nahmen Frauen nach Angaben der Pressemitteilung der Grünen Jugend lediglich drei Prozent der Vorstandssitze der größten 200 Firmen Deutschlands ein. Die Grüne Jugend baute für diese Aktion einen Tisch und Stuhl auf, dazu ein Schild mit der Aufschrift „Ich will keine Rosen, ich will eine Führungsposition“. Im Folgenden konnte sich jede Frau, entweder mit einem Schild „Chefin“, oder „Professorin“ bestückt, in den Chefsessel setzen und auf einem Blatt Papier aufschreiben, wo sie noch Nachholbedarf in Sachen Gleichstellung sehen.
Claudia Sprengel (SDS) als Rosa Luxemburg vor der Greifswalder Mensa.
In die Geschichte tauchte die Greifswalder Ortsgruppe von Die Linke.SDS/ linksjugend [’solid] ein. Um 13 Uhr stellte sich Rosa Luxemburg, dargestellt von Claudia Sprengel, Sprecherin der Hochschul- und Jugendgruppe, vor die Mensa und hielt eine Rede der sozialistischen Frauenrechtlerin. Schwerpunkt der Rede war das Frauenwahlrecht. Darüber hinaus verteilten Mitglieder der Gruppe Flugblätter an Vorbeigehende, auf denen über die Geschichte der Frauenbewegung, auf das bisher Erreichte, sowie ein Ausblick in die Zukunft gegeben wurde.
webMoritz-Umfrage zum Frauentag
Anlässlich des internationalen Frauentages machte sich der webMoritz auf den Weg und befragte 100 Passanten in der Greifswalder Innenstadt zum Thema Gleichstellung, Frauenquote und die Rolle der Frau in der modernen Gesellschaft. 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Männer und Frauen auch im 21. Jahrhundert in der Bundesrepublik noch nicht vollständig gleich gestellt sind. Besonders an den immer noch ungleichen Löhnen in vielen Berufen zeige sich dies deutlich. Allerdings fiel deutlich auf, dass die männlichen Befragten eher der Auffassung sind, in Deutschland seien Männer und Frauen gleichwertig.
Bezüglich der Lohnunterschiede sind sich alle Greifswalder Bürger einig: Ausnahmslos alle Befragten stimmten der Aussage vollkommen zu, dass Männer und Frauen für gleichwertige Arbeit denselben Lohn erhalten sollten. „Wir sind ja schließlich alle gleich“, denkt ein Rentner zu diesem Thema. Wer gleiches leistet solle daher auch gleich entlohnt werden, unabhängig vom Geschlecht.
Meinungen zur Frauenquote gespalten
Bei der Einführung einer gesetzlich festgelegten Frauenquote gehen die Meinungen jedoch auseinander. Die knappe Mehrheit hält es für sinnvoll, den Frauenanteil in Führungspositionen gesetzlich festschreiben zu lassen. Überraschenderweise sind mehr Männer als Frauen für die Einführung der Quote. „Ich denke nicht, dass die Frauenquote Sinn macht,“ erzählte uns eine Passantin. „Arbeitsplätze, insbesondere Führungspositionen sollten nach Qualität der Bewerber vergeben werden. Wenn ein Mann aufgrund seiner Fähigkeiten besser geeignet ist, dann soll er den Job auch bekommen.“
„Eine festgesetzte Zahl ist nicht repräsentativ für die Qualität der weiblichen Berufstätigen“, meinte eine andere Greifswalder Bürgerin.
Mehrheit war überrascht zu hören, dass Frauentag ist
Zwar gaben 80 Prozent der Befragten an, der Frauentag sei wichtig um an die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu erinnern, jedoch war die Mehrheit der Greifswalder überrascht zu hören, dass am 8. März der internationale Frauentag gefeiert wird. Die meisten Frauen wurden erst auf „ihren Tag“ aufmerksam, als ihnen von der Jugendorganisation der SPD (Jusos) oder Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering eine Rose in die Hand gedrückt wurde.
„Der internationale Frauentag ist nach wie vor ein Kampftag“, so Sellering. Männer und Frauen seien auch 2011 in der Bundesrepublik noch lange nicht gleich gestellt. Besonders was das Berufsleben angeht herrschen große Defizite auf Seiten der Frauen. „Es ist Aufgabe der Politik, dies zu ändern und für eine verbesserte Stellung der Frau in der Gesellschaft zu sorgen“. Sellerings Meinung nach könne dies jedoch nicht durch eine gesetzlich festgeschriebene Frauenquote erreicht werden. Vielmehr müssen Politiker wie er selbst sich dafür einsetzen, dass die Löhne angepasst werden und Frauen für gleichwertige Arbeit genauso entlohnt werden, wie ihre männlichen Kollegen.
Im großen und ganzen zeigte unsere Umfrage, dass die Greifswalder Bürger zwar der Gleichstellung der Geschlechter überwiegend positiv gegenüberstehen, der internationalen Frauentag den meisten aber relativ unbekannt ist.
Fotos: Marco Wagner (Claudia Sprengel), Gilbert Badia/ wikipedia.de (Clara Zetkin), unbekannter Autor (Plakat Frauenrechtsbewegung)
Anmerkung der Redaktion: Unter dem Abschnitt Grüne und SDS mit Aktionen zum Frauentag wurden inhaltliche Korrekturen vorgenommen.
von Marco Wagner | 04.03.2011
Eine Reportage
Wenn Manuel Bauer von seinem zwölfjährigen Leben als glühender Neonazi erzählt, scheint es, als erzähle er von seiner Kindergartenzeit. Und gerade dieser Erzählstil ist es, der die 50 Besucherinnen und Besucher des St. Spiritus, die seinen Worten lauschten, in den Bann zieht. Für vermutlich die meisten Anwesenden ist es unfassbar, wie man es fast als Selbstverständlichkeit sehen kann, dass man, um das sogenannte „Ausländerproblem“ zu beseitigen, bei „den kleinen Ratten“, bei dem Verprügeln indischer Kinder anfangen müsse.
„Ich hab eine Familie malträtiert.“
Manuel Bauer berichtet sehr anschaulich von seinem Lebensabschnitt in einer Kameradschaft
„Ich hab eine Familie malträtiert“, resümiert er nachdenklich über die nächtliche Prügelei mit der indischen Familie auf dem Bahnsteig und in seinen Worten schwingt Reue mit. Der ständige Wechsel von Erinnerung und gegenwärtiger Bewertung derselben ist es, was seinen Vortrag außerordentlich spannend und anschaulich macht.
Er erzählt davon, wie er zunächst Jungpionier und Thälmannpionier in der DDR war. „Danach nichts mehr. Und wenn ich meine Eltern sah, sahen sie aus wie ein Häufchen Elend“, erinnert sich Manuel Bauer an die Zeit nach 1990. Damals war „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ ein weit verbreitetes Motto an Schulen in und um das sächsische Torgau, strahlte doch die Losung im Kontext der damaligen sozialen und wirtschaftlichen Lage, so Bauer, durchaus Faszination aus. Schließlich wanderten nach 1990 zunehmend Ausländer in die neuen Bundesländer ein, die zudem an den Schulen häufig bevorzugt wurden. DVU und NPD plakatierten damals großflächig – nicht nur – in Sachsen und taten somit ihr übriges.
Kameradschaft bekam Waffen aus Polen
Das Besingen sozialer Probleme in den Liedtexten rechtsextremer Rockbands brachte Manuel Bauer schließlich vollends in die Fänge der rechtsextremen Szene. Während er von seinem Leben vor dem Ausstieg aus dem Nähkästchen plaudert, wird immer deutlicher, dass die Kameradschaftsszene nicht nur lokal oder regional, sondern auch international vernetzt ist.
Der ehemalige Neonazi berichtet von Ausbildungslagern in der Tschechischen Republik, wo sie auf Gewalt getrimmt wurden. Zugleich strahlten die Lager aber auch Ferienlagerfeeling aus. Durch Polen sind Bauer und seine Kameraden damals auch an Waffen gekommen. „Verbotene Früchte schmecken immer besonders gut“, wirft der Aussteiger aus der Neonaziszene immer wieder zwischendurch ein, um zu begründen, warum er all das damals so faszinierend fand. Er erzählt von Ausbildungslagern in Namibia, ständigen Prügeleien in Diskotheken und räuberischer Erpressung.
„Dieser neue Lebensstil war einfach nur geil!“
„Ich fand Regeln immer blöd. Dieser neue Lebensstil war einfach nur geil!“, lässt Manuel Bauer seine Erinnerungen aus der Vergangenheit wieder aufleben, macht aber immer wieder deutlich, dass er mit dieser Zeit abgeschlossen hat. „Früher habe ich Sie, wie Sie hier sitzen, alle für Zivilversager gehalten. Heute meine ich, dass ich damals ein Zivilversager war“, erzählt er nachdenklich.
Entscheidend für seinen Ausstieg aus der Szene waren zahlreiche Schlüsselereignisse. Betrug und Diebstahl unter den Kameraden ließen ihn immer wieder daran zweifeln, dass allein in der Kameradschaft die wahre Freundschaft zu finden sei. „Solange du machst, was sie wollen, bist du ihr Freund. Sobald du aber dein eigenes Ding machst, wirst du fallen gelassen und bist Verräter der Szene“, resümiert Bauer. Im Gefängnis folgte dann eine Reihe von Enttäuschungen. Er war Mitglied einer neonazistischen Rechtshilfegesellschaft, der „Hilfsgemeinschaft für Nationale Gefangene“, die politische Häftlinge unterstützte. Und Bauer galt nach neonazistischer Vorstellung als politischer Häftling. Er bekam keine Unterstützung.
Vom „Helden“ zum Verräter
Rund 60 Menschen besuchten die von den Jusos und Endstation Rechts organisierte Veranstaltung.
Auch von Kameraden kamen keine Briefe, keine Besuche. Als er einige inhaftierte Kameraden daran hindern wollte, mit Joints zu dealen, kam es zu einer Schlägerei zwischen ihnen. Und Bauer bekam Hilfe „vom Feind“, von türkischen Inhaftierten. Von da an war er im Gefängnis der Verräter der Szene, einer, der türkische Freunde hat. Als die Neonazi- Aussteigerorganisation Exit auf ihn aufmerksam wurde und ihn beim Ausstieg half, sammelte sie Informationen über den einstigen Neonazi. Er war in der Szene inzwischen als Verräter verschrien. Auf ihn ist bis heute ein Kopfgeld in Höhe von 5.000 Euro ausgesetzt.
Im Anschluss der Veranstaltung zeigt Manuel Bauer dem webMoritz noch zahlreiche Fotos aus seinem vergangenen Leben, zeigt uns Argumentationshilfen für NPD-Mitglieder. Diese Argumentationshilfen werden angefertigt, um es Betreuenden von NPD-Ständen leichter zu machen, durch geschickte Wortverdrehung die eigenen Ziele zu verschleiern. So heißt es darin unter anderem: „Wir sind keine ausländerfeindliche Partei. Wir sind nur eine einwanderungsfeindliche Partei.“ Solcherlei Verdrehungen gibt es in dem weit über zehn Seiten umfassenden Manuskript noch viel mehr.
RAF, islamistischer Terrorismus und Wehrsportgruppe Hoffmann als politisches Vorbild
Mitglied der NPD war der damalige Rechtsextremist zu keinem Zeitpunkt. „Für mich waren die von der NPD auch bloß Politiker, die man nicht ernst nehmen konnte“, erzählte er dem Publikum und verwies auf seine politischen Vorbilder aus der Jugendzeit: den islamistischen Terroristen, der Roten Armee Fraktion (RAF) sowie die Wehrsportgruppe Hoffmann aus den 70iger Jahren der Bundesrepublik.
Ob er, wenn er heute mitbekommen würde, dass Neonazis Ausländer überfallen wollen, dazwischen gehen würde? „Auf jeden Fall. Ich würde laut schreien, zum Telefon greifen und die Polizei anrufen“, antwortete er. Für den Verfassungsschutz hat Manuel Bauer, so wie einige andere Aussteiger, jedoch nicht gearbeitet. „Das kam für mich nie in Frage. Ich habe zu keinem Zeitpunkt so eine Liebe zum Staat entwickelt, dass ich mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeiten würde.“ Seit 2006 hat er sich offiziell von der Neonaziszene verabschiedet, inoffiziell bereits seit 2003.
„Wenn Sie heute an diese Zeit zurückdenken, an das, was Sie damals taten, empfinden Sie Reue?“, fragt eine Teilnehmerin aus dem Publikum. „Auf jeden Fall empfinde ich Reue für das, was ich damals tat“, antwortete er und hebt hervor, dass er mit seinen Vorträgen wenigstens ein bisschen von dem wieder gut machen wolle, wessen er sich damals schuldig machte. Heute arbeitet Manuel Bauer als Künstler. Er hat eine kleine Firma, die Auftragswerke, Wandmalereien und Lichtinstallationen herstellt. „Früher war ich eine Marionette, heute fange ich an zu leben!“
Fotos: Marco Wagner