6 Prozent beträgt der Atomstrom-Anteil in Greifswald.

Bündnis 90/ Die Grünen wollen in die nächste Bürgerschaftssitzung eine Beschlussvorlage einbringen, nach der die Stadtwerke Greifswald statt der bisherigen 6% Atomstrom überhaupt keinen Strom aus Kernkraftwerken mehr vertreiben sollen. Dies teilte die Fraktion der Greifswalder Bürgerschaft in einer Pressemitteilung mit.

Laut Frauke Fassbinder, Geschäftsführerin des Kreisverbands Greifswald – Uecker – Peene, geht die Vorlage zunächst durch die verschiedenen Ausschüsse, bis über sie am 16. Mai in der Bürgerschaftssitzung abgestimmt wird.

Wird der Beschluss positiv beschieden, bedeutet dies, dass der Oberbürgermeister Greifswalds, Dr. Arthur König, ihn als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke umsetzt. „Ein Problem ist hierbei natürlich, dass die Stadtwerke noch verschiedene, auch langfristige Verträge haben. Bis wir also wirklich keinen Atomstrom mehr beziehen, kann es also durchaus noch zwei bis drei Jahre dauern“, so Fassbinder weiter.

Steffi Borkmann, Sprecherin der Stadtwerke, bestätigt, dass es eine gewisse Übergangsphase geben wird. „Allerdings prüfen wir noch, ob es überhaupt möglich ist, Greifswald komplett ohne Kernenergie – die immerhin 11,4 Gigawattstunden ausmacht – zu versorgen. Insbesondere nach den Vorfällen in Japan ist die Nachfrage nach „grünem“ Strom enorm angestiegen. Auch eine etwaige Strompreisänderung lässt sich derzeit nur schwer beziffern“.

Ulrike Berger, welche den Beschluss verfasst hat, meinte: „Wir können zwar noch nicht abschätzen, ob die Vorlage wirklich durchkommt, aber auch bei einem unsicheren Ausgang muss man für eine Sache kämpfen.“ Die sechs Prozent Atomstrom, die Greifswald derzeit beziehe, seien sechs Prozent zu viel, zumal der Aufwand, komplett auf kernenergiefreien Strom umzustellen, unerheblich sei. Auch eine signifikante Verteuerung von Strom schloss Berger aus. „Vorbild für uns ist Rostock. Hier bieten die Stadtwerke den billigsten Stromtarif an – und 40 Prozent des Stroms werden in Gaskraftwerken mit Wärmekopplung erzeugt, die einen Wirkungsgrad von 85 Prozent haben, die restlichen 60 Prozent stammen aus Wasserkraftwerken in Skandinavien“. Auch in Greifswald solle der Atomstrom durch Energie aus solchen Quellen ersetzt werden. Das würde auch dafür sorgen, dass diejenigen, die derzeit eben weil sie keine Kernenergie nutzen möchten, einen anderen Anbieter als die Stadtwerke haben, wieder zu diesen wechseln könnten – und damit Zuschussprojekte wie den Nahverkehr und das Freizeitbad unterstützen.

Die Möglichkeit, den Atomstrom zu ersetzen, sieht Berger unkritisch: „Derzeit nutzt nur ein Prozent der Weltbevölkerung Ökostromtarife, aber 17 Prozent werden eingespeist. Zudem hat die Bürgerschaft beschlossen, sich an einem Windkraftwerk zu beteiligen – paradox ist aber, dass der hier erzeugte Strom in andere Gebiete geführt wird und wir weiter Atomstrom beziehen“.

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