Alle Jahre wieder: Unser Weihnachtsmarkt

„Frohes Fest“: Wer in diesen Tagen durch die Lange Straße schlendert, dem wird bereits durch diesen tannengrün verzierten Schriftzug vermittelt, dass der Weihnachtsmarkt wieder da ist.

 Doch wen schert es? Glaubt man den Stimmen zahlreicher Bewohner, so ist das hiesige Arrangement eh nur ein niveauarmer Abklatsch „echter“ Weihnachtsmärkte, die in den Großstädten dieser Welt – und damit wohl außerhalb Greifswalds – festlichen Glanz versprühen.

Und tatsächlich: Blickt man tagsüber auf die Ansammlung von tristen Fahrgeschäften, Losbuden und Imbissständen, so offenbart sich dem Betrachter jenes klischeehafte Bild, das unserem Weihnachtsmarkt alle Jahre wieder stempelartig aufgedrückt wird. Auf dem mäßig besuchten Gelände warten die Besitzer von Kindereisenbahn, Autoskooter sowie der „Funstreet“ auf wenigstens eine Hand voll Besucher.

Zur Verzierung des Marktes dient eine LKW-Ladung an Tannen, die mehr oder weniger geschickt auf dem Platz verteilt wurden – häufig weniger. An Zäune gelehnt, in Ecken gequetscht, geben sie nicht immer ein idyllisches Bild ab. Ein kleiner Trost: In der Mitte gibt es eine große Pyramide und einen noch größeren Weihnachtsbaum zu bestaunen. Eigentlich ein Wunder, wo doch Weihnachten ist.

Und wenn es mit Einbruch der Dunkelheit dann Abend wird, schauen tatsächlich immer mehr Besucher vorbei und lassen den Duft von frisch gebrannten Mandeln, Zuckerwatte sowie einem deftigen Schwein am Spieß in ihre Nasen dringen.

Die weihnachtliche Stimmung steigt, woran auch immer dies liegen mag. Vielleicht an der festlichen Beleuchtung. Vielleicht an den leidlich weihnachtlichen Klängen von der Tonspur. Vielleicht aber auch schlicht und einfach an der leise eintretenden Wirkung von Glühwein und Feuerzangenbowle.

Wie auch immer: Irgendwie haben wir unseren Weihnachtsmarkt letztlich doch ein bisschen lieb. Ein leerer Markt wäre jedenfalls keine Alternative. In diesem Sinne: Ein frohes Fest!

Geschrieben von Sebastian Schult

Verena Lilge

Aufgabenbereich: Recherche, Feuilleton

aktiv beim moritz.magazin: 2006 bis 2008
studierte an der Universität Greifswald: 2003 bis 2009 (Magister Politik, Kommunikation & Deutsche Sprache)

Weihnachtsmarkt, die Zweite

Neuauflage eines fröhlich-kritischen Besuchs

Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.

Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.

Schon seit geraumer Zeit freute ich mich dermaßen darauf, dass ich die schlaksige Tanne, die bereits am Mittwoch vor der feierlichen Eröffnung des Spektakels durch den Weihnachtsmann aufgestellt worden war, ganze zwei Tage lang übersah. Vielleicht, weil man vor lauter Platz den Baum nicht sah? Oder doch wegen des frühwinterlich trüben Wetters?

Dieses ist jedenfalls am ersten Adventssamstag wieder versöhnt und zeigt sich von seiner schönsten Seite: Ein blauer Himmel mit einer strahlenden, im Untergehen begriffenen Sonne spannt sich über Menschenmassen, die mit Fotoapparaten, Einkäufen und Kindern in zu kurzen Schneeanzügen zum Ort des Geschehens strömen.

Die Uhr zeigt 15.20, also noch 10 Minuten bis zur offiziellen Eröffnung durch den leibhaftigen Weihnachtsmann. Ich versuche, mich in Position zu begeben, die geliehene Kamera im Anschlag bahne ich mir den Weg durch Massen gedichtaufsagwilliger Kinder. Um 15.25 Uhr kann ich endlich eine rote Gestalt wahrnehmen, sie schneidet feierlich den sechs Meter langen Stollen an und durch. Zu spät für historische Pixelaufnahmen. Für den Weihnachtsmann ist Zeit eben eine belanglose Dimension.

Macht nichts. Es gibt ja noch so viele andere Dinge, die man ansehen kann. Die Glühweinbuden scheinen in gehabter Zahl wieder angetreten, in bunter Reihe mit den bekannten kulinarischen Angeboten, im Volksmund leicht abwertend „Fressbuden“ genannt.

Die zeitliche Nähe des ersten Advents gestattet das beherzte Zugreifen, und man befindet sich noch dazu in liebreizender Gesellschaft diverser Mitmenschen, die Glühwein auf Bistrotischen ver- beziehungsweise in ihre Luftröhre hineingießen. Auf den folgenden kräftezehrenden Hustenanfall muss man dann erstmal etwas essen. Da bieten sich wie eh‘ und je Schwenkgegrilltes, Fernöstliches, Crêpes, Mutzen und Süßigkeiten. Jahrmarktssüßigkeiten! Ein Traum aus Kindheitstagen, den wohl kaum einer abgelegt hat.

Doch ein bisschen anders kann einem schon werden, wenn man die diesjährigen Preise betrachtet. Es scheint sich ein Kartell aus Mandel- und Lebkuchenherzverkäufern gebildet zu haben. Das ist vermutlich nichts Untypisches für Märkte wie diesen, aber 2,50 Euro für 100 Gramm gebrannte Mandeln ist bei aller vorweihnachtlicher Sanftmut ein dreister Nepp, und eine Preissteigerung um gefühlte 25 Prozent noch dazu.

Ein Gutes haben die Preise allerdings – Fahrten in den Fahrgeschäften können neuerdings in Mandeltüten ausgedrückt werden. Dadurch werden Budgetkalkulationen erheblich leichter. Beispiel: „Ich habe heute eigentlich nicht vor, mehr als drei Mandeltüten auszugeben. Soll ich sie aufessen oder doch lieber verfahren?“

Entscheidet man sich für Letzteres, muss man entsetzt feststellen, dass eine der beliebtesten Attraktionen des letzten Jahres, die alles überstrahlende Geisterbahn, dieses Jahr leider fehlt. Bleibt also nur die Wahl zwischen Breakdancer, Autoscooter und Kinderkarussells.

Diejenigen unter uns, die mit einer etwas zarteren Konstitution bedacht sind, können ihr Geld natürlich auch wieder in nicht-verderblichen Gütern anlegen. Handwerksstände und solche mit praktischen wochenmarktähnlichen Waren stehen dafür zur Auswahl. Eine klare Einordnung ist jedoch nicht überall möglich, da einige Händler in ihrer Auslage einen etwas eigenwilligen Übergang von Kochgeschirr über pseudonützliche Kunst aus Holz zu orientalischen Dessous vollziehen, die mir aus dem letzten Jahr verdächtig bekannt erscheinen.

Bei den Handwerksbüdchen muss man hingegen einen deutlichen Niveauzuwachs verzeichnen, den ich hier vollkommen unironisch anerkennen möchte. Nicht nur wird diesmal echte Erzgebirgskunst statt überteuerten Imitaten feilgeboten, es gibt sogar einen Stand mit Fair-Trade-Produkten aus dem Weltladen.

Balsam auf konsumgeschundene Akademikerseelen war am Eröffnungswochenende zudem der niedliche Weihnachtsmarkt vor dem Landesmuseum, wo es stilvolle Kunst und leckere Nahrungsmittel zu kaufen gab, die vor allem aus Greifswalder Bildungseinrichtungen und der Region stammten. Hier flanierte es sich frei und ungestört.

Diesen Niveauausgleich konnte man allerdings nur am ersten Adventswochenende erfahren. Das Erlebnis der Volksbespaßung auf dem Markt wird ihn also verschütten, wenn man nicht bewusst und verbissen davon zehrt. Aber auch das wäre nicht schlimm. Schließlich können wir dann bei Altvertrautem bleiben. In dem Sinne werden meine einzigen Souvenirs auch 2005 wieder eine halblegal angeeignete Glühweintasse sein und die Faszination, wie innerhalb eines Monats aus Sommernostalgie mit Cafétischen überall auf dem Markt der alljährliche Weihnachtswahnsinn werden konnte.

Geschrieben von Katja Staack

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Katarina Sass (kats)

Lebenslauf:
– geb. als Kind der Küste in Rostock, dort 13 Jahre zur Schule gegangen, mein Abi gemacht, mich im Oktober 2004 nach einigem Hin und Her in Greifswald für Germanistik auf B.A. eingeschrieben, seit dem 3.Semester studiere ich noch zusätzlich Geschichte.

Beim moritz seit:
– Oktober ´04, seit dem ersten Semester

Arbeitsbereich: (Feuilleton, HoPo, Universum):
– mal hier, mal dort, aber meistens wohl Universum

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Was ich später mal werden möchte: Freie Journalistin bei einer Zeitung oder für eine Presseagentur arbeiten.