von Gabriel Kords | 16.11.2009
Am Dienstag, dem 17. November, tagt das Studierendenparlament (StuPa) der Universität Greifswald. Die Sitzung beginnt wie üblich um 20 Uhr und findet entgegen erster Ankündigungen im Konferenzsaal des Uni-Hauptgebäudes statt.
Auf die Mandatsträger wartet auch in der dritten Sitzung des Semesters erneut eine enorme vorläufige Tagesordnung. Neben den vertagten Punkten aus der letzten Sitzung sind zahlreiche weitere Anträge sowie zwei Finanzanträge eingegangen und es liegen auch weitere Bewerbungen um AStA-Referate vor.
Die vorläufige Tagesordnung sieht folgende Punkte vor:
TOP 1 Berichte – Die üblichen Rechenschaftsberichte aus dem AStA, den moritz-Medien und weiteren Gremien nehmen in der Regel zwischen 60 und 90 Minuten ein.
TOP 2 Formalia – Hier wird die Tagesordnung beraten und verabschiedet sowie das Protokoll der vorigen Sitzung genehmigt. Dieser Tagesordnungspunkt ist bei den letzten Sitzungen meistens relativ zügig abgehandelt worden, die Protokollkontrolle kann aber schon mal ein bisschen dauern.
TOP 3 Finanzanträge (mehr …)
von Carsten Schönebeck | 13.11.2009
Seit Montag besetzen Studenten der Universität Greifswald, als Protest gegen Bildungsmissstände, den Hörsaal 4 des Auditorium Maximum (Audimax) in der Rubenowstraße. Heute wollen die Studenten den Streik beenden.
Die Sachen sind gepackt...
Nachdem es am Mittwoch, auf Vermittlung des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), zu einer Einigung mit dem Rektorat kam, wollen die Studenten den Hörsaal am frühen Nachmittag wieder freigeben. Die Uni-Leitung stellt der Protestgruppe ein Jahr lang jeden Abend zwei Räume in der Slavistik zur freien Verfügung. In der Pressemitteilung der Besetzer heißt es:
„Dort wird die inhaltliche Arbeit fortgesetzt. Zusammen mit der Studentischen Selbstverwaltung und der Universitätsleitung sollen bestehende Probleme angegangen werden. Außerdem ist es ein zentrales Moment, einen möglichst breiten Dialog unter den Studierenden und SchülerInnen über ihre jeweiligen Ansprüche an Bildung, Wissenschaft und Gesellschaft zu befördern.“ (mehr …)
von Carsten Schönebeck | 12.11.2009
Seit Montag ist der Hörsaal 4 des Greifswalder Audimax in der Rubenowstraße nun schon besetzt, die Universitätsleitung tolerierte die Protestaktion, die sich gegen bildungspolitische Missstände richtet, bisher. Am gestrigen Abend haben Besetzer und Rektorat gemeinsam mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) einen Kompromiss erarbeitet. Der sieht vor, dass die Besetzung bis Freitagvormittag weiterhin geduldet wird. Die Universitätsleitung stellt dem Protestbündnis zudem einen Raum zur Verfügung der ein Jahr lang jeden Abend für Treffen, Diskussionen und Veranstaltungen genutzt werden kann.
Ab Freitag wird der Wachdienst das Audimax wieder verschließen.
Die Aktion hat in den vergangenen Tagen zwar durchaus öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, doch nur wenige Kommilitonen ließen sich überzeugen an der eigentlichen Besetzung teilzunehmen. Hatten am gestrigen Plenum noch rund siebzig Personen teilgenommen hatten die Nacht über nur noch sechs Studenten im Hörsaal ausgeharrt. Am heutigen Vormittag war die Zahl der Besetzer teilweise bis auf drei geschrumpft.
Am heutigen Donnerstag soll gegen 16 Uhr noch einmal ein Plenum stattfinden, ab 20 Uhr ist ein Abendessen und Hörsaalkino geplant. Am Freitag will das Aktionsbündnis die Besetzung mit einem Brunch und einem kleinen Straßenfest vor dem Auditorium Maximum ausklingen lassen. Details dazu sind derzeit noch nicht bekannt. Unter den Streikenden hofft man darauf, mit dem Abschluss der Aktion noch einmal möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen. (mehr …)
von Carsten Schönebeck | 11.11.2009
Seit Montagnachmittag halten Studierende der Greifswalder Universität einzelne Hörsäle im Auditorium Maximum besetzt. Die Uni-Leitung toleriert die Protestaktion für bessere Studienbedingungen weiterhin. Am Dienstagabend hatte Herr Naujock (Leiter des Referats für Allgemeine Angelegenheiten der Universität) noch angekündigt, dass es am Mittwoch möglicherweise zur Räumung kommen könne. Als heute morgen seitens der Verwaltung einige Stellwände der Besetzer aus dem Foyer geräumt wurden, sah man dies als erste Zeichen eines Protestendes.
Die Besetzer sehen sich in guter Tradition.
Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass der Eingangsbereich für eine Brandschutzübung geräumt wurde, die die Universität seit Monaten geplant hatte. Die Übung war für die sicherheitstechnische Abnahme des vor Kurzem sanierten Gebäudes notwendig. Nach Abschluss der Übung haben die Besetzer den Hörsaal 4 wieder in Beschlag genommen. Die Universitätsleitung ließ mitteilen, der Protest würde vorerst weiter geduldet.
Die Zustimmung der Universität zur Hörsaalbesetzung mag in Teilen mit den Zielen des Streiks zusammenhängen, denn das Forderungspapier der Studenten weist einige Punkte auf, die das Rektorat ähnlich sehen dürfte. Mehr Geld und eine bessere personelle wie strukturelle Ausstattung der Universität – dagegen wird sich kaum jemand aussprechen. Zudem wird der Uni-Leitung nicht entgangen sein, dass die Streikenden sich, verglichen mit anderen besetzten Universitäten, betont kooperativ verhalten. Mehrfach wurde geäußert, es gehe um das politische Signal, man wolle niemanden am Studieren hindern. Ein alternativer Raumplan wurde von den Streikenden aufgestellt um Ausweichmöglichkeit für Vorlesungen anzubieten. Am Mittwoch fand, mangels freier Räume, eine Vorlesung im besetzten Hörsaal statt. (mehr …)
von Oliver Wunder | 09.11.2009
webMoritz-Autor Oliver Wunder schrieb direkt aus dem Audimax für den webMoritz.
19:40
Nach Hörsälen und Instituten in den deutschen Städten Münster, Heidelberg, München und Potsdam, sowie Wien und vielen anderen Städten in Österreich gibt es nun auch in Greisfwald eine Gruppierung, die einen Hörsaal des Audimax in der Rubenow-Straße besetzt hat. So hiess es zumindest bei Twitter in der digitalen Welt. Von Besetzung wollte im Audimax aber noch niemand offiziell sprechen. Richtig sicher waren sich die Organisatoren nicht.
Für 16 Uhr hatte es einen über Mundpropaganda verteilten Aufruf für eine Besetzung gegeben – die offensichtlich ihren Weg an die Öffentlichkeit gefunden hatte. Und das, obwohl auf die Mobilisierung über das Internet also die einschlägigen Greifswalder Blogs oder Twitter explizit verzichtet bzw. die Verbreitung sogar verboten wurde. Dabei zeigte sich vor wenigen Wochen die Mobilisierungskraft über Twitter an Hand des NPD-Infostandes am Fischmarkt. Es waren dann aber nicht nur Vertreter der studentischen Presse anwesend, sondern auch Redakteur und Fotograf von der Ostsee-Zeitung, ein Redakteur von Greifswald TV, Uni-Pressesprecher Meßerschmidt und Kanzler Flieger.
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von moritz.magazin | 09.11.2009
Der webMoritz veröffentlicht diesen gekürzten Artikel zum heutigen Jahrestag des Mauerfalls vorab. Der vollständige Artikel ist in der neuen Ausgabe des moritz-Magazins zu lesen, die in den nächsten Tagen erscheint.
von Christine Fratzke
2009 ist das Jahr der Jubiläen. Im Herbst wird zwanzig Jahre Mauerfall zelebriert. Es sind die Bilder von der Mauer am Brandenburger Tor. Von Montagdemonstrationen. Von fahrenden Trabis, die Richtung Westen drängen. Es sind die bekannten Bilder aus Berlin, Leipzig. Doch lohnt es sich, Wende-Ereignisse auch vor der eigenen Greifswalder Haustür zu suchen. Man wird nämlich fündig.
Domeinweihung – Mit hohem Besuch
Nach Ereignissen zur Wendezeit in Greifswald hat Dirk Mellies, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut gesucht: „Der Norden ist in der Wendezeit sehr spät dran mit Protestbewegungen. Aber Greifswald ist witzigerweise eine der ersten Städte im Norden, wo sich etwas regte.“ Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1989 kochte die Unzufriedenheit der Greifswalder auf. Die Kommunalwahlen im Mai waren gefälscht.
Friedensgebet im Dom
Am 11. Juni gab es Besuch von oben, anlässlich der Einweihung des renovierten Doms. SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender Erich Honecker kam zu Besuch – und ging dabei die Strecke vom Rathaus bis zum Dom. „Das Ganze war ein Witz. Während die Altstadt zunehmend verfiel, wurden die Fassaden auf dem Weg dahin notdürftig gestrichen“, erläutert Mellies. Auch für den damaligen Theologiestudenten Hagen Kühne, unscheinbar gekleidet, sympathisch, hat viel zu erzählen, war das Ereignis eine Farce. Der heute 44-jährige Pastor stellt dar, dass das Bauprojekt zwar notwendig war, aber die Inszenierung der Eröffnung stieß ihm auf. „Die Vertreter der DDR-Kirche waren nicht einmal eingeladen“, sagt er kopfschüttelnd.
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Revolutionärer Herbst
Es wurde Herbst. In Leipzig fand am 4. September die erste Montagsdemonstration statt. Wenige Tage später wurden das „Neue Forum“ und „Demokratie-Jetzt“ in Berlin gegründet. Ungarn öffnete seine Westgrenze – tausende DDR-Bürger flohen. Im Herbst 1989 beschloss Theologiestudent Hagen Kühne, sich zu regen. Er musste an einem ZV-Lager, Zivilverteidigung, teilnehmen. „Dort erlebte ich alle möglichen Repressionen. Da dachte ich mir: Das kann ich nicht mehr. Das System muss weg“, sagt Kühne heute. Dabei ging es ihm nicht darum, die DDR zu reformieren. Der Ansatz des Kommunismus und das damit einhergehende Menschenbild sei falsch. „Ich wollte die Wiedervereinigung von Anfang an“, betont der Pastor. Deswegen engagierte er sich nicht beim „Neuen Forum“, sondern, wie Angela Merkel, beim Demokratischen Aufbruch. Am 7. Oktober feierte die DDR den 40. Jahrestag ihrer Gründung.
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Demonstrationen – auch in Greifswald
Menschenkette an der Fleischerstraße
Im Oktober wurde die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die SDP, in Greifswald gegründet. In der privaten Wohnung des Studentenpfarrers Arndt Noack – mit vierzig Teilnehmern. Zwei Tage später folgte ein einschneidender Tag, der 18. Oktober. Es ist der Tag, an dem Honecker als Staatsratsvorsitzender von allen seinen Ämtern zurücktritt – Egon Krenz wurde sein Nachfolger. Es ist aber auch der Tag, an dem in Greifswald das erste Friedensgebet im Dom und die erste spontane Demonstration stattfanden.
Im Dom kamen mehrere hundert Teilnehmer zusammen. Das scheint angesichts der 70.000 Teilnehmer an der Montagsdemonstration in Leipzig ein paar Tage zuvor nicht sonderlich viel zu sein. Bis zum Jahresende gab es zehn Friedensgebete im Dom, mit anschließenden Demonstrationszügen. Bereits am 25. Oktober nahmen 2.500 am Gebet teil, am 1. November waren es etwa 7.000 bis 8.000. „Die Friedensgebete waren wie normale Gebete im Gottesdienst. Über 1.000 Kerzen wurden aufgestellt. Es wurden Zeugnisse der Betroffenheit dargestellt, über gesellschaftliche Verhältnisse wurde geklagt“, beschreibt Hagen Kühne. „Und auf einmal war alles ganz politisch.“ Das schlägt sich auch in den im Dom besprochenen Themen nieder: Es wurden beispielsweise Forderungen nach einem zivilen Wehrersatzdienst an Stelle des Wehrdiensts in der NVA, Dialog in der DDR, Freien Wahlen, Volksentscheiden, laut.
Demonstration in Greifswald
Parallel zu den Friedensgebeten im Dom fanden regelmäßig Mensagespräche statt, das erste am 19. Oktober. Etwa 1.000 Teilnehmer zählte der „Runde Tisch“, darunter der SED-Oberbürgermeister Udo Wellner mit seinem Stellvertreter Dr. Achim Jonas. Auch Studenten nahmen an den Gesprächen teil. Es wurde über die aktuelle Situation in der DDR diskutiert. „Das war typisch für Greifswald“; resümiert Dirk Mellies, „dass die Opposition und die Führung der Stadt sehr früh in Kontakt kamen. Das Ganze geschah friedlich und recht konfliktfrei.“
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Das ausgehende Jahr 1989
Besetzung der Kreisdienststelle
Bis zum Ende des Jahres 1989 gab es noch weitere Friedensgebete und Demonstrationen. Während das Politbüro, inklusive Egon Krenz am 3. Dezember zurücktrat, verlief durch die DDR eine Lichterkette. An dieser beteiligten sich tausende Greifswalder und Stralsunder Bürger. Ein weiteres wichtiges Ereignis, wie Historiker Dirk Mellies betont, war der 4. Dezember. Es kam zur Besetzung der Kreisdienststeller des Amtes für Nationale Sicherheit in der Domstraße – Aktenschränke wurden versiegelt und gesichert.
„Greifswald war eine der ersten Städte, die die Akten sicherten“, sagt Mellies. Nicht alle hielten die Wiedervereinigung für eine optimale Lösung, Beispielsweise demonstrierte der SSB, der Sozialistische Studentenbund, Mitte Dezember gegen die Wiedervereinigung.
Das neue moritz-Magazin (80) erscheint in diesen Tagen.
Hagen Kühne ist Zeuge der Wende in Greifswald geworden. „Es ist unglaublich. Alles änderte sich relativ schnell. In eine Richtung, die man sich erträumt hat“, erläutert der Pastor, der heute in der Nähe von Bernau bei Berlin arbeitet, nachdenklich. Bisher gab es allerdings weder Abschlussarbeiten noch Veröffentlichungen zu dem Thema. Dirk Mellies und Dr. Frank Möller, ebenfalls vom Historischen Institut, bringen im Dezember ein Buch heraus, das 25 Zeitzeugen der Greifswalder Wendezeit näher darstellt. Etwa 18 Studenten haben mitgeholfen, ihre Geschichte zu verschriftlichen. Denn wer sucht, der findet. Auch in Greifswald.
Weitere Themen im neuen moritz-Magazin:
- Was steckt hinter dem Wechsel der Psychologie in die mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät?
- Rückblick auf die Erstsemesterwoche
- Das Riemser Virenforschungszentrum
- Das CD-Release „klein stadt GROSS“
- Reisebericht aus Syrien
Bilder: Historische Bilder (Copyright bei den Urherbern, nicht CC-lizenziert): Menschenkette: Thomas Lange, alle anderen: Puttkamer.