Kentern und Verstehen am Tag der Wissenschaft

Kentern und Verstehen am Tag der Wissenschaft

Grafik: Jakob PallusNach zwei Jahren Abstinenz kommt Feine Sahne Fischfilet unter dem Motto „Kentern und Verstehen“ wieder nach Greifswald. Alleine werden sie jedoch nicht sein: Torsun Burkhardt von Egotronic liest am 11. Oktober um 21 Uhr im IKuWo aus seinem Buch „Raven wegen Deutschland“. Eine Stunde zuvor veranstaltet die Band, die Manfred Dachner (SPD) definitiv nicht in sein Wohnzimmer zum Kaffee einladen würde, einen gepflegten Sektempfang. (mehr …)

Alles neu: 2.100 Erstsemester in der Stadt

Alles neu: 2.100 Erstsemester in der Stadt

ErstibegrüßungWS2013_Eingang-svEtwa 2.100 Studierende beginnen mit diesem Wintersemester ein Studium an der Universität Greifswald. Nicht alle, aber sicher mehr als die Hälfte von ihnen kamen gestern Nachmittag an der Mensa am Schießwall zur traditionellen Begrüßung durch den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) zusammen. Dort trafen sie womöglich ein erstes Mal auf ihre neuen Kommilitonen, mit denen es anschließend auf Erkundungstour durch die Stadt ging. (mehr …)

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mm107_universum_18_interStudies_lauraIm Studium wird man mit zahlreichen Problemen konfrontiert: sei es die erste Hausarbeit und die Frage nach dem „Wie geht das?“ oder Schwierigkeiten bei der Studieneingangsphase selbst. Das Programm interStudies bietet allen Studierenden bedarfsorientierte Lösungswege an. moritz sprach mit Adrienne van Wickevoort Crommelin und Brian Carlsson über die verschiedenen Projekte.

Können Sie Sich kurz vorstellen und erläutern, welche Funktionen Sie übernehmen?

Crommelin: Ich bin Adrienne van Wickevoort Crommelin. Ich bin zuständig für die Förderung des forschenden Lernens und Lehrens an der philosophischen Fakultät, also für die geistlich-, sozialwissenschaftlichen und auch kulturwissenschaftlichen Fächer. An der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ist meine Kollegin Swenja Dirwelis für die Förderung des Forschenden Lernens und Lehrens zuständig. Für Lehrende machen wir Beratungs- und Workshopangebote, die sie dabei unterstützen, ihre Lehre forschungsnah zu gestalten. Für Studierende bieten wir Tutorenprogramme an wie z.B. interFokoS. Studierende können sich aber auch direkt an uns wenden, wenn sie z.B. Fragen zur Gestaltungeines Kolloquiums oder zur Finanzierung eines studentischen Forschungsprojekts. Wir haben dazu jetzt auch eine zentrale Internetseite mit Informationen für Lehrende und Studierende erstellt (www.uni-greifswald.de/forschenimstudium) Außerdem haben wir Sprechstunden.

Brian Carlsson: Ich arbeite zusammen mit meiner Kollegin Birke Sander im Maßnahmenfeld „Erleichterung der Studieneingangsphase“ im Projekt interStudies. Um dem Ziel des erleichterten Studieneinstiegs für StudienanfänerInnen gerecht zu werden, habe ich und meine Kollegin einen Initiativenverbund konzipiert, der sich aus den Initiativen Studiumforte (Workshops für StudienanfängerInnen), Tutoriumforte und StudenCoaching-Lounge zusammensetzt. In dem Interview ging es schwerpunktmäßig um die TutorInnen-Qualifizierung Tutoriumforte.

Stellvertretend führe ich das Gespräch für meine Kollegen aus der mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät Michael Mach und Swenja Dirwelis, sowie Vanessa Gieseler aus der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät, die Tutorien, wie auch computerbasierte Trainingsprogramme zur Aufbesserung von Grundlagenwissen (z.B. Mathematik) konzipieren. Meine Kollegen greifen gerne auf die Möglichkeit zurück, ihre TutorInnen bei Tutoriumforte qualifizieren zu lassen.

Wie sind die Projekte entstanden?

Carlsson: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat einen Gesamtetat von 20 Milliarden Euro freigegeben, „Qualitätspakt Lehre“ wird das auch gerne genannt. Universitäten und Fachhochschulen konnten sich mit einem Projektantrag darum bewerben, Gelder zu bekommen und die Universität Greifswald hat für ihren Antrag, konzipiert von der IQS und Studiendekanen, 2,5 Millionen Euro für das Projekt „interStudies“ bekommen. Dieses Projekt hat fünf Maßnahmefelder, die mit diesem Geld gefördert werden: Förderung des forschenden Lehrens und Lernens, Erleichterung der Studieneingangsphase, Institutionelle Qualitätsentwicklung, Modularisierung des Lehramts und Verbesserung der Studierbarkeit in den Bachelorstudiengängen.

Crommelin: Vielleicht mal eine Vergleichszahl: Göttingen hat auch ein ähnliches Projekt beantragt. Die haben einen Etat von 17 Millionen Euro, also Greifswald hat vergleichsweise weniger bekommen. Konkret hat die Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit dem Rektorat und Studiendekanen den Antrag gestellt. Man hat im Vorfeld Studierende und Absolventenbefragt. Dabei wurde unter anderem angegeben, dass die Studierenden im Laufe ihres Studiums gerne mehr Kontakt zur Wissenschaft und mehr Einblicke zur Forschung gehabt hätten. Dies war der Hintergrund des Antrages, wobei wir viel Spielraum bei der Ausgestaltung haben. Das BMBF hatte zwar Rahmenvorgaben, aber wir konnten uns ein Semester lang einer genauen Bestandsaufnahme widmen. Lehrende und Studierende konnten dann angeben, wo genau der Bedarf liegt, sodass die Ausgestaltung des Projekts mit den Beteiligten zusammen gemacht wurde.

Wie werden Studierende in den Prozess involviert?

Carlsson: Unglaublich stark, weil wir versuchen in allen drei Angeboten bedarfsorientiert zu sein. Bei der Studieneingangsphase fragen wir auch die Fachschaften an und haben auf der Fachschaftsrätekonferenz die Teilnehmenden schriftlich befragt, was sie glauben, was Studierende zu Beginn ihres Studiums brauchen. Solche Befragungen nutzen wir nicht nur, um Workshops für Studiumforte zu konzipieren, sondern eben auch für Tutoriumforte. Es u.a. auch darum, was man dem Tutor vermitteln müsste, damit er die Studienanfänger bedarfsgerecht begleitet. Dabei sind die Fachschaften und der AStA mit involviert.

Wie gestaltet sich der Ablauf, wenn Studierende eines der Angebote wahrnehmen möchten?

Crommelin: Zum Beispiel könnte man das Tutorenprogramm interFokoS nehmen. Wir haben Flyermaterial und zum Wintersemester sieben Tutoren. Dazu haben wir eine Sammel-E-Mail-Adresse: interfokos@uni-greifswald.de. Darüber kann man direkt mit den Tutoren in Kontakt kommen und sich bei Schreibprozessen oder bei Präsentationen beraten lassen. Es kommt natürlich immer darauf an, welche Frage die Studierenden haben. Alle Angehörigen der Philosophischen Fakultät, egal welchem Studiengang sie angehören, können gerne zu uns kommen. Die Tutoren bieten auch Sprechstunden an, die auf der Website einsehbar sind. Man kann uns aber auch informell auf Facebook finden. Uns ist wichtig, dass Studierende ein eigenes Problem bzw. eine eigene Frage mitbringen. Wir docken dann da an, wo die Leute an ihren eigenen Arbeiten dran sind.

Carlsson: Wer demnächst Tutor oder Tutorin wird, meldet sich einfach unter studiumforte@uni-greifswald.de an. Die Teilnehmenden erhalten dann eine didaktisch-methodische Tutorenschulung. Anmelden darf man sich natürlich gerne auch, wenn man anstrebt, mal als Tutor oder Tutorin tätig werden zu wollen.

Wie sind Sie zu Ihren Tutoren gekommen?

Crommelin: Wir haben die Stellen ausgeschrieben. Zum Teil kamen die Tutorinnen und Tutoren über Empfehlungen von Lehrenden, aber wir haben die Stellen auch auf ryckwaerts.de platziert. Danach habe ich dann zusammen mit dem Studiendekan eine Vorauswahl getroffen. Der Notenspiegel war ein Kriterium, damit wir auch sehen, dass die Leute auch fachlich versiert sind. Sie sollten darlegen, dass sie Interesse an Vermittlungstätigkeiten haben und wir bilden sie dann natürlich auch weiter. Sie sollten nicht nur fachlich, sondern auch beratungskompetent sein. Es soll eben nicht nur ein zusätzliches Frontalunterricht-Angebot sein.

Carlsson: Die Tutoren, die bei Tutoriumforte letztlich gelangen, sind meistens angeworben. Meistens sind es Professoren bzw. die Kollegen der mathematisch-naturwissenschaftlichen oder rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät, die auf uns zukommen und sagen, dass sie einen Tutor hätten und gerne möchten, dass wir diesen qualifizieren. Hier geht es dann weniger um fachspezifische, sondern eher um didaktisch-methodische Kompetenzen, die die Tutoren erwerben können.

Wie lange dauerte eine Tutorenausbildung?

Crommelin: Ein Tutor hat pro Monat ungefähr zehn Stunden und ich habe mit den Tutorenzwei Kompaktschulungen gemacht, die zur Arbeitszeit gehörten. Ich habe sie geschult in projektförmigem Arbeiten und Gesprächs- und Beratungstechniken bezogen auf Lern- und Schreibprozesse. Dies zusammen waren dann zwei halbtägige Schulungen und zusätzlich haben wir jeweils mehrere Reflexionstreffen in der Gruppe und Einzelgespräche. Zwei meiner Tutoren haben auch die Eingangsphase mit tutoriumforte wahrgenommen. Das war optional, aber sie haben davon durchaus profitiert.

Carlsson: Bei Tutoriumforte läuft es ganz ähnlich ab. Wir haben hier drei Module: ein didaktisches, ein fachliches und ein Praxismodul. Es ist möglich diese innerhalb eines Semesters zu absolvieren. Man könnte sich als engagierter Student natürlich auch überlegen ein eigenes Tutorium zu gründen. Man kann sich dann qualifizieren lassen, arbeitet ehrenamtlich, erwirbt damit auch Führungskompetenzen und zeigt, dass man auch schon in der universitären Lehre tätig war.

Können Sie sich erklären, warum gerade Beratungen zum Schreiben von Hausarbeiten oft genutzt werden? Meistens wird dieses Thema ja auch im Studium selbst behandelt.

Crommelin: Man hat, glaube ich, die Normen und Ideale. Diese bekommt man in Form von papers und hand outs, daran orientieren sich auch unsere Tutoren, aber damit hat man noch lange kein Handlungswissen. Das Ideal ist „Du darfst nicht plagiieren, Du sollst Deine  eigene Position markieren, Du sollst systematisch zusammenfassen, Du sollst passende Argumente finden!“. Damit weiß man aber eigentlich noch nicht, was man denn genau tun muss, um einen wissenschaftlichen Text zu produzieren. Und der eigentliche Teil des Schreibens macht ja einen großen Teil aus in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern. Die Studierenden trauen sich manchmal auch nicht den Prüfer mit jeder Frage zu konfrontieren. Beispielsweise haben sie Fachliteratur in einem Katalog gesehen, aber wissen nicht genau wie sie nun direkt an das Buch herankommen. Wir bieten dafür begleitende Übungen und Beratungssprechstunden an, wo die Lehrenden uns im Vorfeld sagen können, welche Probleme in ihren Kursen am meisten auftauchen. Wir mit den Lehrenden zusammen und wollen sie entlasten. Von den Lehrenden lernen Studierende oft nicht, wie sie zu ihren Schreibergebnissen gekommen sind. Man sieht den fertigen Text, aber nicht den Schreibprozess. Wir wollen die Studierenden dabei unterstützen die Schwelle vom nicht-wissenschaftlichen zum akademischen zu erfassen.

Gibt es bei der Zusammenarbeit mit Lehrenden auch immer wieder auftretende Schwerpunkte?

Crommelin: Ja, auch dort geht es bei einem Großteil um Schreibprozesse und Recherchetätigkeiten. Man bemerkt schnell, wenn nicht nur mit Monographien gearbeitet wurde, sondern vielleicht auch mal Fachzeitschriften zur Hand genommen wurden. Es geht auch darum, dass bei Seminaren Ergebnisse gut aufbereitet werden und nicht zu viele Informationen verloren gehen. Ein großer Baustein an unserer Fakultät ist das projektförmige Arbeiten, gerade da, wo es auch konkret stattfindet, z.B. beim Zusammenarbeiten mit externen Partnern. Unsere Tutoren können dort Angebote machen, indem sie diese Gruppen unterstützen und Weichenstellungen übernehmen.

Carlsson: Bei uns ist das Interessante, wenn wir solche Befragungen machen, dann sagen Fachschaften und Lehrende grundsätzlich das Gleiche: die Studierenden sind zu Beginn des Studiums nicht orientiert. Meistens mangelt es auch an der sprachlichen Kompetenz, vor allem beim beherrschen der deutschen Sprache. Gerade die Fachschaften geben an, dass es dort mangelt. Es mangelt jedoch auch am Präsentationsvermögen und an der Forschungs- und Schreibroutine. Und da bieten sich dann die Tutorien an, um gerade auf Augenhöhe etwas zu lernen, indem die Tutoren Tipps geben, welche Techniken sie verwenden, wenn sie z.B. selbst Präsentationen halten.

Wie werden die Projekte von den Studierenden angenommen?

Carlsson: Studiumforte beispielsweise läuft jetzt schon seit dem Wintersemester 2012/13 und wir feiern demnächst den 100. Teilnehmer. Das ist, betrachte man der die Workshopmenge, die wir zahlenmäßig anbieten, doch schon eine recht große Zahl. Und für die Tutorienschulung Tutoriumforte waren es im letzten Semester neun Studierende, die sich zum Tutor bzw. zur Tutorin qualifizieren lassen wollten. Ich glaube, dass diese Zahl auch noch steigen wird, je mehr sich das etabliert.

Crommelin: Bei interFokoS läuft das mehr über Face-to-face-Kontakt. Da kann man sagen, dass es um individuelle Einzelbetreuung geht. Im Semester wird unser Angebot sehr gut nachgefragt. Ich glaube aber, dass die Leute noch nicht klar im Bewusstsein haben, dass unsere Tutoren auch in der vorlesungsfreien Zeit da sind. Der Unterschied zu den klassischen Fachtutorien, die häufig mit einem frontalen input operieren, ist die Begleitung der Leute in ihren eigenen Fragestellungen und mit ihnen das prozessorientiere Arbeiten zu üben und, dass dies eben auch in den vorlesungsfreien Zeit stattfinden kann.

Vom Antrag bis zum fertigen Projekt: Wie lange hat es gedauert?

Crommelin: Den Antrag haben die Studiendekane damals mitentschieden. Es waren generell Gelder für Tutorenarbeit vorgesehen. Es gibt nochmal interstudies-Mittel, wo Lehrprojekte gefördert werden und Tutorenarbeit, die ca. 10.000 Euro für das über ein Jahr laufende Projekt interFokoShaben wirselbst beantragen müssen. Herr Donges, der Studiendekan, hat das sehr unterstützt.

Carlsson: Bei der Studieneingangsphase ist es so, dass die Gelder für die Tutoren, die sie für ihre Arbeiten in den Tutorien leisten, aus den einzelnen Fakultäten kommen. Wir müssen also nicht versuchen selbst Geld zu bekommen, um unsere Tutoren zu bezahlen, sondern sie werden schon bezahlt und melden sich dann bei uns an. Da ist die Struktur dann schon etwas anders.

Ich bin seit Juli 2012 im Dienst und die ersten Tutorenschulungen hatten wir dann bereits im Wintersemester 2012/13. Das Format stand also relativ schnell und dann erfolgte die Feinsteuerung. Was gut läuft bleibt und was optimiert werden kann, wird optimiert.

Wie sehen Ihre Pläne zum Wintersemester aus?

Crommelin: Es gibt nach wie vor Einzelberatung und die Gespräche mit den Lehrenden zur Begleitung der Studierenden. Wir richten zum Wintersemester 2013/14 zusätzliche Schreibgruppen ein, die idealerweise fünf bis sechs Leute umfassen, um sich gegenseitig zu beraten.

Carlsson: Wir sind derzeit in der Terminplanung für die Schulungen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Crommelin: Wir haben jetzt über Tutoren auch Wege gefunden stärker die Lehrenden zu erreichen. Ich würde mir wünschen, dass das Projekt zum einen noch weiter inhaltlich bei Studierenden und Lehrenden angekommen ist, zum anderen auch, dass die Leute bei Fragestellungen wissen, wo genau sie hingehen müssen und an wen sie sich wenden können. Und natürlich auch, dass sich die Leute beteiligen und sich bewusst werden, dass sie mitmachen und was ändern können. Ein bisschen mehr Kritik wäre auch wünschenswert.

Carlsson: Ich wünsche mir, dass alle Akteure der Uni die größte Ressource im Blick haben: die Studierenden. Ohne Studierenden keine Universität! Viele Studierende sollen sich hier wohlfühlen, ankommen und ein zu Hause finden. Sie sollen einen maximalen Studienerfolg haben, vor allem auch durch Angebote, die ihnen helfen besser durch das Studium zu kommen.

Ein Interview von Laura-Ann Schröder.

TITEL: Ganz einfach nebenbei

mm107_Greifswelt_26_Grafik2Ob Umweltschützer, Rettungsschwimmer oder Konsumkreislaufdurchbrecher, alles ist erlaubt, sobald es sich um das Thema Engagement dreht. Wie man dabei noch das Studium und seinen Freizeitaktivitäten meistern kann, zeigen drei hilfsbereite, junge Menschen aus Greifswald.

Vorlesungen, Seminare, Übungen, Tutorien, Lernen – Studieren kann sehr zeitintensiv sein. Wenn man dann mal Freizeit hat, versucht man sich dazu aufzuraffen, etwas Sport zu treiben, liegt auf der Couch rum und schaut ein bisschen Fern, liest ein Buch, fährt wieder in die Heimat oder geht feiern. Was für andere tun, sich engagieren, etwas auf die Beine stellen, da hat doch niemand Zeit für neben dem Studium. Oder doch? Tatsächlich gibt es eine Menge Möglichkeiten, sich neben dem Studium zu engagieren, und auch viele Studierende, die genau das tun. Eine von ihnen ist Nadja. Sie studiert Biodiversität und Ökologie und auch in ihrer Freizeit setzt sie sich als Mitglied der BUND-Jugend (Bund für Umwelt und Naturschutz) Greifswald für Umwelt- und Naturschutz ein. Angefangen hat ihr Engagement schon vor dem Studium, als sie ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvierte, wie sie erzählt. Als sie dann vor vier Jahren nach Greifswald kam, schloss sie sich der damals neu gegründeten Ortsgruppe der BUND-Jugend an. Inzwischen hat die Gruppe sich etabliert, es seien nette Leute dabei und das Engagement mache einfach Spaß. Ob nun ein konsumkritischer Stadtrundgang, die Organisation des Ryckjump, die Pflege von Orchideenwiesen auf Rügen oder vegane Plätzchen backen zu Weihnachten, jede Aktion macht Sinn und Freude.

Ganz wichtig ist Nadja dabei, keinen moralischen Zeigefinger zu erheben: „Die Leute werden aufgeklärt, informiert, aber was sie dann aus dem Wissen machen, ist ihre Sache.“ Letztendlich geht es ihr nicht um Anerkennung oder ein gutes Gewissen, sondern einfach darum, aktiv zu sein für die Umwelt und dabei auch Spaß zu haben. Im Gegensatz zu einigen anderen Hobbies ist das Engagement in der BUND-Jugend sehr kostengünstig, es gibt Kostenerstattungen für vieles und eine BUND-Mitgliedschaft ist zumindest zu Beginn nicht notwendig, zählt Nadja auf. Auch der Zeitaufwand halte sich in Grenzen, je nach Lust und Laune könne man sich mehr oder weniger einbringen und beim Organisieren helfen. „Wenn du gerade Klausuren hast, oder eine Hausarbeit abgeben musst, verstehen das alle.“ Hinterher könne man sich ja wieder mehr einbringen und sowohl was für die Umwelt, als auch das eigene Organisationsgeschick tun.

Begleiten auf der Schatzsuchemm107_Greifswelt_26_Grafik1

Auch für Johanna ist wichtig, dass sie, wenn sie viel für die Uni zu tun hat, auch mal eine oder zwei Wochen frei nehmen kann von ihrem Engagement. Die Nachhaltigkeitsgeographin ist Mitglied in dem Verein, der den Umsonstladen in der Wolgaster Straße betreibt. Ihre wöchentliche „Arbeitszeit“ beträgt nur wenig mehr als drei Stunden, in denen sie im Laden hinter dem Tresen steht und die Besucher auf ihrer „Schatzsuche“ begleitet.

Von dem Moment an, als Johanna das erste Mal den Umsonstladen besucht hatte, war sie begeistert von dessen Konzept: Der Laden bietet die Möglichkeit alte, aber noch nutzbare Kleidungsstücke oder Haushaltsgegenstände abzugeben, statt sie wegzuwerfen, damit jemand anders sie einer weiteren Verwendung zuführen kann. Gerade für Studenten ist dies eine gute Möglichkeit, ein paar Teller für die WG-Küche zusammenzusammeln. Meist ist einiges los, und Johanna hat alle Hände voll, den Kunden bei der Suche zu helfen, neue Artikel entgegen zu nehmen oder einzusortieren. Dennoch macht es ihr viel Spaß, und auf die Frage, ob sie ihre Zeit nicht lieber für einen Nebenjob investieren würde, antwortet sie: „Man verdient in Greifswald eh ziemlich wenig in der Stunde, da kann man sich auch für eine gute Sache engagieren und muss nicht so viel Zeit reinstecken.“ Der Umsonstladen finanziert sich übrigens komplett durch Spenden. In dem Moment, in dem nicht mehr genug Spenden da wären, um die Miete zu zahlen, würde der Verein aufgelöst und der Laden geschlossen werden, erklärt Johanna. Es solle halt niemand Geld reinstecken müssen, das er oder sie nicht habe, sondern nur sich engagieren und mithelfen.

Engagieren und Mithelfen

Rund ums Helfen dreht sich auch alles bei Kai, der neben seinem Medizinstudium beim DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.) Greifswald Referatsleiter ist. Ihm obliegt die Organisation der medizinischen Aus- und Weiterbildung der Mitglieder. Außerdem leitet er Einsätze bei Wassersportveranstaltungen und ähnlichem. Begonnen habe alles mit einem Rettungsschwimmerkurs daheim, erinnert sich Kai. Eins kam zum anderen, er wurde Mitglied im örtlichen DLRG und blieb auch nach dem Studienbeginn in Greifswald dabei, obwohl es teilweise schwierig ist, beides unter einen Hut zu kriegen. „Aber ich hab den Vorteil, dass mein Ehrenamt relativ Saisonal ist, also Hochwasser ist in der Regel im Frühjahr und die Marktsaison ist im Sommer. Und gerade in der Klinik, also im Medizinstudium, ist der Hauptteil im Wintersemester. Im Sommersemester ist es nicht ganz so zeitaufwendig“, fährt er fort.

Überhaupt scheint das Studium Segen und Fluch für den hiesigen DLRG zu sein. Auf der einen Seite sind viele junge, motivierte und auch teilweise schon gut ausgebildete Mitglieder dabei, während auf der anderen Seite eben diese Mitglieder meist nur relativ kurze Zeit in der Stadt sind und dann wieder wegziehen, weshalb es schwer ist, etwas Nachhaltiges aufzubauen. Die meisten Studenten wollen oder müssen nach dem Studium Greifswald leider verlassen.

Je nach Lust und Laune

Trotzdem empfiehlt Kai, allen Interessierten, einfach mal vorbei zu schauen. Neben der teils lebensrettenden Arbeit sei auch immer Zeit für einen Plausch, einen netten Kneipenabend oder Ausflug. Das Kais Engagement lebensrettend sein kann, steht außer Frage. So half er zum Beispiel in diesem Jahr beim Inselschwimmen in Schabrol dabei, einen relativ schwer verletzten Schwimmer zu versorgen.

Aber auch wenn ihr nicht Leben retten, die Umwelt schützen oder gegen die Wegwerfgesellschaft kämpfen wollt, gibt es eine Menge Möglichkeiten, sich in Greifswald zu engagieren. Der Weltladen sucht immer ehrenamtliche Mitarbeiter und der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V.) kann helfende Hände gebrauchen. Oder helft euren Nachbarn beim Umzug oder Einkauf, nehmt euch auf Spaziergängen einen kleinen Müllbeutel mit und sammelt ein bisschen Müll auf oder bringt einfach ein paar alte Klamotten, die ihr nicht mehr braucht, in den Umsonstladen oder die Altkleidersammlung. Engagement hat viele Gesichter und jedes hilft.

Ein Feature von Erik Lohmann

TITEL: Im Namen der Studierendenschaft

mm107_hopo_8_Grafik1 Heutzutage gibt es die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Vereine. Nicht nur in der Kultur kann man sich engagieren. Auch in der Politik, genauer in der Hochschulpolitik, kann man sich ehrenamtlich betätigen. moritz macht sich auf den Weg die Studenten zu finden, die sich für ihre Universität einsetzen.

Immer wieder kreuzen große Slogans mit noch größeren Plakaten meine Wege. Slogans, die von mir verlangen ein Teil des Ganzen zu werden, sich zu engagieren oder einfach nur fragen: „Und Du?“. Aber kann man sich heute noch im modularisierten Studiengang engagieren? Und dann auch noch politisch? Kann ich mich irgendwie einsetzen für meine Universität, mein Institut?  Ich mache mich auf den Weg um das heraus zu finden.

Als ich Jan Mävers kennen lerne, sitzt er fünf Meter vor mir. Wir befinden uns in einem alten Hörsaal in der Botanik. Die Tische und Stühle sehen so aus als hätten sie schon ihre Blütezeit lange hinter sich – aber in vielen Gebäuden der Universität ist das ja der Fall.  Wir sind aber nicht hierhergekommen, um über altes Inventar der Uni zu diskutieren. Wir besprechen unsere Ziele und Wünsche. Nicht etwa die eigenen persönlichen Angelegenheiten, sondern unsere Wünsche und Ziele an die Arbeitsgemeinschaft (AG) Ökologie. Am 16. April 2013 berufte das Studierendenparlament (StuPa) die AG Ökologie ein. In dieser AG soll das ökologische Bewusstsein der Studierendenschaft geschult werden, indem Veranstaltungen organisiert und geplant werden.

Gemeinschaft der StudierendenZusammen geht alles leichter

Jan wirkt an diesem Abend selbstsicher, was wohl an seinen vielen unterschiedlichen Tätigkeiten liegt, wie seine Mitgliedschaft des Wahlausschuss für die  StuPa-Wahl. Seit 2011 ist er ehrenamtlich in der Greifswalder Hochschulpolitik tätig. Neben seinem Engagement in der AG sitzt er auch noch im Fachschaftsrat der Wirtschaftswissenschaften. „Im Fachschafstrat (FSR) bin ich Referent für Hochschulpolitik und Vernetzung, das passt ganz gut, weil ich durch die Arbeit in der AG Ökologie viel Kontakt zum StuPa und zum Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) habe“, erklärt mir Jan. Seine Arbeit in den Gremien macht ihm Spaß, gerade das Zusammenarbeiten mit den verschiedensten Menschen, sei es Studenten, Dozenten oder Außenstehende. Es sei ein tolles Gefühl, wenn die Arbeit plötzlich leichter von der Hand geht, weswegen Jan sich auch gerne engagiert. „Ich glaube aber auch, dass wir als Gemeinschaft der Studierenden eine wichtige Stimme haben, aber diese Stimme nicht automatisch da ist, sondern erst gefunden werden muss. Dafür braucht es viele Studierende, die sich einbringen.“ Nach zwei Stunden ist die konstituierende Sitzung der AG Ökologie vorbei mit der Entscheidung, dass wir eine Nachhaltigkeitswoche organisieren. Jeder der 15 anwesenden Studenten kommt aus den unterschiedlichsten Fachbereichen. Ich sitze hier neben Politikstudenten auf der einen Seite und Juristen auf der anderen. Vor allem Umweltwissenschaftler interessiert das Thema, sie füllen die Lücken des Raumes auf. Jeder der Anwesenden übernimmt eine Aufgabe, zum Beispiel  andere Initaitven anschreiben oder Veranstaltungsorte suchen. Allen Beiteiligten ist klar, dass sie in den nächsten Wochen viel Zeit für die Nachhaltigkeitswoche aufbringen müssen. Für den 24-jährigen Betriebswissenschaft-Student Jan ist das aber kein Problem. In wenigen Monaten wird er sein Studium der Betriebwirtschaftslehre beenden. „Ich hatte also keinen Druck, irgendwelche Leistungen im Studium zu bringen.“

Ehrenamt auf dem Neuen Campus

Immer wieder höre ich die Klischees der anderen Studenten. Nur die Studenten an der Philosophischen Fakultät und der Rechts-und Staatswissenschaftlichen Fakultät würden sich engagieren., Gerade die Studiengänge der Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät hätten alles was sie wollen. Sie bräuchten sich nicht zu engagieren. Ich bin gegenüber dieser Aussage skeptisch. Auf dem neuen Campus sehen zwar die Gebäude moderner aus und sie erinnern mich gar nicht an die Botanik. Aber auch hier sind Studenten dabei, sich für ihre Kommilitonen einzusetzen. Annekatrin Sill ist eine von ihnen. Sie wurde Anfang Januar von den Studenten der Biochemie und der Umweltwissenschaften in den FSR gewählt. „Es macht mir Spaß mich für Studenten  einzusetzen und wenn ich dann damit noch etwas bewegen kann, ist das umso besser“, erzählt Anne.  Ihre Aufgaben im FSR sind die Finanzen der Fachschaften zu verwalten. Sie erstellt den Haushaltsplan der Fachschaft und plant die internen Veranstaltungen. Neben den Finanzangelegenheiten hilft sie dabei, Laborkittel zu verkaufen. In erster Linie ist sie aber Ansprechpartner für die Studenten, die Probleme während des Studiums haben. Bei all der vielen Arbeit ist sie häufiger in der Stadt und im Institut unterwegs, um sich für die Belange der Studenten einzusetzen.

Neben dem Studium und ihrer Arbeit im FSR engagiert sich Anne auch noch bei der Freiwilligen Feuerwehr in ihrem Heimatort und ist Mitglied der Junior GBM. Die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie organisiert Tagungen und Vorträge. Bei so viel Ehrenamt ist es manchmal schwer das Studium noch mit unter den Hut zu bekommen. Gerade in der Prüfungszeit sei es schwer Klausuren zu schreiben und nebenbei noch die Arbeit zu absolvieren. „Ein guter Zeitplan ist alles!“, verrät mir die 26-jährige Biochemikerin im sechsten Semester.

Engagement ist etwas Selbstverständlichesmm107_hopo_8_Grafik2

Als ich die Alte Augenklinik betrete um meine Hausarbeit abzugeben, fällt mir ein Flyer auf, der auf den Treppenstufen liegt. Der AStA sucht nach Referenten und Praktikanten, die sich für die Studierendenschaft einsetzen sollen. Da wird es mir klar. Das erste hochschulpolitische Engagement, welches ich in Greifswald gesehen habe, war dass des AStA: nämlich die Erstsemesterwoche.

Im AStA-Büro ist in der vorlesungsfreien Zeit wieder einiges zu tun. Vor allem die neue Erstsemesterwoche nimmt viel Arbeit und Hilfe Hände von vielen fleißigen Studenten in Anspruch. Aber auch andere Themen müssen behandelt werden, wie die Petition „Bildung braucht…“. Hierfür ist neben dem AStA-Referenten für Hochschulpolitik auch seine Co-Referentin für Hochschulpolitik, politische Bildung und Antirassismus verantwortlich. Marie Bonkowski hatte sich Anfang März dafür entschieden, ein Praktikum beim AStA zu machen. Die Chance mit einem engagierten Team zu arbeiten und dabei die unterschiedlichsten Leute kennen zu lernen, waren die Argumente, die sie veranlasst haben, das Co-Referat für Hochschulpolitik Anfang Juli zu übernehmen. „Die Aufgaben, die ich momentan habe, mache ich unglaublich gerne“, erklärt Marie. Sie ist neben der Unterstützung des Hauptreferenten auch für die Organisation der Gremienwahlen und der Vollversammlung zuständig. Ebenfalls plant sie eigene Veranstaltungen zum Thema Antirassismus und politische Bildung. Viel Zeit für die Universität hat die Studentin des Öffentlichen Rechts neben ihrem Ehrenamt nicht. „Meistens lässt es sich aber ganz gut kombinieren, dafür verringert sich dann aber die Freizeit teilweise recht stark.“ Trotz des Stresses und der wenigen Freizeit würde Marie das Ehrenamt nicht aufgeben. „Politisches und soziales Engagement sind für mich etwas völlig Sselbstverständliches, da man wirklich etwas bewirken kann“, schwärmt sie. Weitere Initiativen zu besuchen, ist neben ihrer Arbeit nicht möglich. „Durch mein Referat habe ich allerdings die Möglichkeit, projektbezogen, mit verschiedenen Initiativen zusammenzuarbeiten.“

Neben ihrer Arbeit beim AStA ist die 23-Jjährige seit September auch noch Tutor für die Erstsemester des Studienkollegs. Hierbei hilft sie den Studienkollegiaten bei  Problemen mit Behörden und ist Ansprechpartner für die neuen Studierenden. Sie zeigt ihnen  zum Beispiel die Stadt und die universitären Einrichtungen. Marie ist begeistert, dass sie bei der Arbeit viele Menschen in den unterschiedlichsten Kulturen kennenlernen kann, was sonst kaum gehe

„Es gibt so viele tolle Möglichkeiten sich in Greifswald zu engagieren, dass ich es schade finde, dass Studenten nicht die Zeit für weitere Aktivitäten haben.“

Nachdem ich die halbe Stadt durchquert habe, stehe ich am Ende wieder vor den Plakaten mit dem Aufruf zum Engagement. Dieses Mal weiß ich aber, „ja ich kann mich neben meinem Studium politisch engagieren“. Und neben bei weiß ich, dass nicht nur Politikstudenten diejenigen sind, die sich für die Belange ihrer Studiengänge oder der Studierendenschaft einsetzen.

Ein Feature von Corinna Schlun.

Die Masse macht’s

mm107_Hopo_12_Wohnsitzprämie_Reagenzglas_KatrinIm letzten Wintersemester hat die Universität Greifswald 44 000 Euro durch die Wohnsitzprämie erhalten. Wo kommt das Geld her, was wird damit gemacht und was ist die Wohnsitzprämie überhaupt? moritz hat für euch nachgeforscht.

Im Sommer 2011 startete das Pilotprojekt „Wohnsitzprämie“ an der Universität Greifswald. Es wurde auf einen Erlass des Bildungsministeriums Mecklenburg-Vorpommern (MV) durchgesetzt. Dieser besagt, dass ab einer Grenze von 50 Prozent aller Neuimmatrikulierten in einem Fach, die ihr Abitur außerhalb von MV gemacht und ihren Erstwohnsitz nach Greifswald verlegt haben, die Universität für jeden weiteren Umgemeldeten 1 000 Euro vom Land erhält.

Die Medizin zum Beispiel hatte im letzten Wintersemester 150 neuimmatrikulierte Studenten, die aus einem anderen Bundesland kamen. Um die 50 Prozent-Grenze zu schaffen, hätten sich mindestens 75 Studenten ummelden müssen. Tatsächlich wurden 85 Personen Greifswalder. Das bedeutet, dass die Universität für jeden weiteren Studenten über den 75 Umgemeldeten 1 000 Euro bekam. Insgesamt waren das 10 000 Euro allein für die Mediziner. Dadurch wurden sie  die Gewinner im internen Ranking der Wohnsitzprämie. Von den 36 gelisteten Studiengängen schafften aber nur zehn den Sprung über die 50 Prozent-Hürde.

Der Grundstein der Wohnsitzprämie wurde im Winter 2010/2011 gelegt, als man sich im Ministerium die Frage stellte, wie man eine gute und wettbewerbsfähige Hochschulbildung finanzieren kann ohne Studiengebühren zu erheben, wie es in anderen Ländern üblich war. Die Lösung bestand natürlich aus mehr Geld. Dieses komme aus dem Länderfinanzausgleich, aus dem MV für jeden umgemeldeten Einwohner 2 400 Euro erhalte, so in einer Rektoratsvorlage aus dem Dezernat für Planung und Technik. Das Land gibt nun 1 000 Euro davon für die Verbesserung von Studium und Lehre an die Universität ab.

Konkurrenzfähige Uni ohne Studiengebühren

Warum gerade unsere Universität für dieses Projekt ausgewählt wurde, erklärt Erik von Malottki,  Mitglied des Studierendenparlaments, studentischer Senator und Vorsitzender der Arbeitsguppe (AG) Wohnsitzprämie, damit, dass „in Greifswald 2/3 der Studenten aus anderen Bundesländern kommen“, während Rostock mehr eine Landeskinderuniversität sei. Diesen Fakt musste man sich zunutzen machen und sowohl die Universität als auch die Stadt anreizen, die Studenten zu motivieren, Greifswalder zu werden. Denn nicht nur die Universität profitiert vom Geldfluss aus Schwerin. Die Stadt erhält pro umgemeldeten Bürger circa 320 Euro, von denen sie dieses Jahr wieder 100 Euro als Willkommensprämie an jeden neuen Einwohner abgibt. Dazu erhält jeder ein Bonusheft, das aus der Kooperation zwischen der Studierendenschaft, der Stadt und der Universität entstanden ist. Das restliche Geld „soll wiederverwendet werden, um die Greifswalder Kulturlandschaft aufrecht zu erhalten“, so Anja Mirasch, Mitarbeiterin in der Abteilung Wirtschaft und Tourismus der Stadt.

Da die Universitätsleitung es versäumte, die Wohnsitzprämie hinreichend publik zu machen und diese zu bewerben, haben nun die Studenten das Zepter an sich gerissen und setzen sich dafür ein. „Erst durch unsere Bemühung haben wir angestoßen, dass die Universitätsleitung langsam erkennt, wie wichtig dieses Thema betreffend der Unterfinanzierung der Universität sein kann“, so Erik, „im Moment ist die Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung sehr gut, aber ohne unser Engagement wäre da wenig passiert.“ Gerade der Allgemeine Studierendenaussschuss (AStA) und einzelne hochschulpolitisch Aktive haben sich in der letzten Zeit besonders für das Projekt engagiert. Zum Semesterbeginn erwartet die Erstsemester eine Fülle an Werbematerialien wie Flyer, Plakate, Lesezeichen und Beutel. Diese Anregungen für diese Produkte wurden in einer neueingerichteten AG Wohnsitzprämie gesammelt, zu der alle Fachschaften eingeladen wurden. Bei der Umsetzung halfen die Stadt und die Universität sowohl finanziell als auch mit Ideen mit. „Das Projekt ist deutlich größer geworden als wir es geplant haben“, erzählt der Pressesprecher der Universität Jan Meßerschmidt. In der AG wurden aber nicht nur Werbemaßnahmen geplant, sondern auch Vorschläge gesammelt, wie man die Studierendenschaft an der Verteilung der Gelder beteiligen kann und was mit den Geldern gemacht werden soll.

Studenten fordern Vorschlagsrecht

So fordert die AG ein Vorschlagsrecht für die Fachschaftsräte und die Vollversammlung der Studierendenschaft, an das sich die Institute und die Universitätsleitung halten müssen. In der Philosophischen Fakultät wurde dies schon vom Dekan abgesegnet und auch die Rektorin empfiehlt den Dekanen, dies so zu handhaben.

Die 44  000 Euro vom letzten Jahr gilt es nun aufzuteilen und auszugeben, denn diese müssen bis Ende des Jahres aufgebraucht sein. An die Verwaltung gehen zehn Prozent der Einnahmen, also im letzten Jahr 4 400 Euro. Die einzelnen Institute bekommen 67,5 Prozent ihrer facheigenen Einnahmen. Rückgreifend auf das Beispiel der Medizin sind das 6 750 Euro. Diese werden für die fachspezifischen Bedürfnisse eingesetzt. Das Vorschlagsrecht liegt jetzt schon in vielen Instituten bei den Fachschaftsräten. So plant die Anglistik zum Beispiel, ihre Literaturbestände aufzubessern. Die restlichen 22,5 Prozent sollen für die Verbesserung der allgemeinen Studienbedingungen ausgegeben werden, das sind aus dem letzten Jahr rund 9 900 Euro. Auf der Vollversammlung im Sommer 2013 wurde über die Verwendung des Geldes abgestimmt. Ein Teil soll für neue Bücher in den Bibliotheken und der andere für Exkursionen verbraucht werden. Laut dem Vorsitzenden der AG Wohnsitzprämie ist „der Dekan der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät mit diesem Verfahren nicht einverstanden.“ Denn Professor Klaus Fesser meint, dass das Geld anteilmäßig auf die einzelnen Fakultäten verteilt werden soll und „für die Fakultätsanteile sollten nur die Fachschaften der Fakultät sich äußern.“ Da in Greifswald der Modellversuch läuft, wird das Projekt vielleicht anhand der Greifswalder Verbesserungen und Umsetzungen in ganz MV eingeführt. Verbesserungsvorschläge gibt es schon. Der Erlass vom Ministerium an die Universität soll angeglichen und flexibilisiert werden. Zum ersten „spricht der Erlass überhaupt nicht von den Studenten“ und zum zweiten „ist es extrem problematisch das Geld in einem Jahr auszugeben“, kritisiert Erik, denn zur Zeit ist es festgeschrieben, dass das eingenommene Geld innerhalb eines Jahres verbraucht werden muss. Des Weiteren muss der Erlass bezüglich der förderungswürdigen Projekte angepasst werden. Viele Fachschaften wünschen sich, ihre Exkursionen mit dem Geld zu finanzieren. Doch es gibt eine Exkursionsrichtlinie an der Universität, nach der keine Übernachtungen übernommen werden dürfen. Als Letztes bemängelt Erik, dass „wir im Moment kein demokratisches Verfahren haben, in dem die Fachschaften beteiligt werden.“ Der komplette Prozess wie er in letzter Zeit abgelaufen ist, war so nicht vom Ministerium geplant und deshalb auch vom Gutwillen der Universitäts- und der einzelnen Institutsleitungen abhängig. Meßerschmidt kontert, dass „in den Gesprächen über die Wohnsitzprämie nie daran gezweifelt wurde, dass die Studenten bei der Verteilung der Mittel einbezogen werden.“ Man müsse sich aber an bestimmte Regeln halten.

Wichtiges Mittel gegen Unterfinanzierung

Im letzten Jahr war die Wohnsitzprämie zum ersten Mal erfolgreich. Doch die 44  000 Euro sind den Engagierten nicht genug. Ihr Ziel für dieses Jahr sind 100  000 Euro. Hinsichtlich der Unterfinanzierung der Universität ist jede neue Einnahmequelle eine Hilfe, deshalb verwundert es umso mehr, dass das Projekt nur mangelhaft mit fünf iPads von der Universitätsleitung im letzten Jahr beworben wurde. Falls der Kampagne dieses Jahr mehr Studenten folgen, ist es wichtig, dass die Studierendenschaft, die Universität und das Land vorher die rechtlichen Angelegenheiten klären und den Erlass anpassen. Sonst haben die Studenten keinen Anspruch auf das Geld oder was damit gemacht wird, obwohl es ihrem Engagement geschuldet ist.

Ein Bericht von Anne Sammler.