Geglückter Quereinstieg in die Opernwelt

Seit August 2012 ist Linda van Coppenhagen im Theater Vorpommern zu bewundern. Rund 14 000 Kilometer von ihrer Heimatstadt Johannesburg entfernt, sang sie unter anderem bereits die Königin der Nacht in Mozarts Zauberflöte.

Mit einem Bachelor in Psychologie im Gepäck und der Sonne Afrikas im Herzen kam Linda van Coppenhagen im Januar 2010 nach Deutschland. Und traf neben einer fremden Kultur und einer noch schwierigeren Sprache vor allem auf Kälte. Unterkriegen ließ sie sich davon jedoch nicht. Ihre Liebe zur klassischen Musik führte sie schließlich nach Greifswald, wo sie nun für zwei Jahre als Solistin zu sehen und – viel wichtiger – zu hören sein wird. Van Coppenhagens Weg auf die Bühne war kein typischer: Entdeckt bei einem Vorsingen für ein Amateurmusical, dachte sie zunächst keineswegs an eine große Gesangskarriere. Was nütze es ihr, wenn sie nie so singen könne wie Celine Dion oder Whitney Houston, sagte sie sich und schloss erst einmal ihr Studium ab. Doch die Worte, die ihr damals mit auf dem Weg gegeben wurden, ließen sie nicht los: „Mein Gott, warum bist du nicht Sängerin?“ und so nahm sie 2007 ihre erste Gesangsstunde. Gleichzeitig arbeitete sie Vollzeit als Englischlehrerin an einem Gymnasium.

Bereits in ihrer Kindheit besaß van Coppenhagen eine Leidenschaft für klassische Musik. Operngesang fand sie allerdings furchtbar. Ob es an den schlechten Aufnahmen von damals lag, könne sie nicht sagen, jedenfalls wollte sie von Opern nichts wissen. Erst als sie selbst im Chor einer Opernproduktion mitwirkte, wusste sie, sie werde alles im Leben aufgeben, damit sie diesem Beruf nachstreben könne. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits Mitte 20 und musste mit jüngeren Sängerinnen „konkurrieren“, ein Wort, das die heute 30-jährige überhaupt nicht mag. Glücklicherweise gelang es ihr, diesen Rückstand aufzuholen.

Den Ratschlag ihres Gesangslehrers befolgend entschloss sie sich nach Deutschland zu kommen. Ihre erste Hürde bestand nun darin, sich in einer fremden Kultur zurechtzufinden. Sich der deutschen Mentalität anzupassen, war eine große Herausforderung für sie. Hier leben mehr Menschen auf engerem Raum, ein Zustand, der mehr gegenseitige Rücksichtnahme erfordere als im weiträumigen Südafrika. „Hier musste ich alles irgendwie einschränken, ich musste mich anpassen. Es war für mich nicht leicht und ich bin einfach, wie ich bin. Ich kann meine Seele nicht so einschränken.“ Ihre größte Umstellung war allerdings das Klima. Im Januar 2010 kam sie nach München, vom südafrikanischen Sommer in den deutschen Winter. Mittlerweile hat sie sich aber recht gut an die Kälte gewöhnt und schmunzelt über Freunde in ihrer Heimat, die sich über fünf Grad Celsius im Januar beschweren.

Auch das Problem der Sprache hat Linda van Coppenhagen, deren Muttersprache Afrikaans ist, inzwischen erfolgreich gemeistert. „Ich musste schon ziemlich viel investieren, meine Zeit und überhaupt meinen Geist“, so die Sängerin, die in sechs Sprachen singen kann. „Man muss es wollen! Sonst kann man es nicht lernen, dann wird es 20 Jahre dauern, bevor man Deutsch spricht.“

Doch trotz aller Schwierigkeiten hat Linda van Coppenhagen viele Aspekte ihres neuen Zuhauses entdeckt, die sie inzwischen lieb gewonnen hat. Hierzu gehören die Menschen, deren Wärme und Ehrlichkeit sie sehr schätzt. Daraus erklärt sich für sie auch, „warum Musik, Kunst und Kultur in Deutschland so phantastisch sind. Und ich werde hier bleiben, so lange ich darf und kann.“

In der Mentalität ihrer Landsleute stellt die Südafrikanerin vor allem Unterschiede zwischen Arm und Reich fest: „Die Südafrikaner, die fast nichts haben, sind oft so strahlend wie die Sonne, das vermisse ich. In Südafrika gibt es nicht so viel Arbeit, wir tanken nicht selber, sondern es gibt Leute, die für uns tanken und nebenbei die Scheiben sauber machen. Und wie sie singen, sie sind so fröhlich. “

In einem Gespräch mit der Künstlerin wird schnell deutlich, welchen großen Stellenwert die Natur für sie besitzt. So vermisst sie zum einen die Wildnis und die Sonne Afrikas, die unbeschreiblichen und zugleich unheimlichen Gewitter. Ebenso den Geruch der Buschfeuer, den man selbst in den Städten wahrnehmen kann. Andererseits habe sie sich aber auch in Norddeutschland dank der Natur sehr schnell wohl gefühlt. „Ich wohne ganz nah am Hafen in Stralsund. Drei Minuten, dann habe ich Platz, ich sehe das Wasser, ich sehe den Himmel. Und hallo, Ostsee! Wie viel schöner kann man es denn haben? Diese Gegend ist einer der schönsten Orte Deutschlands.“

Linda van Coppenhagen als Zerlina in Don Giovanni

Einen weiteren, überaus wichtigen Unterschied zu ihrer Heimat erkennt die Sängerin an der ihr in Deutschland gewährten Freiheit: „Musikalisch und in einer bestimmten Art, die ich noch nicht ganz beschreiben kann, fühle ich mich in Deutschland freier als in Südafrika.“ Ein Grund hierfür sei die hohe Kriminalität in Südafrika, insbesondere Johannesburg. Hier habe sie stets Pfefferspray bei sich getragen. Deutschland sei dagegen ein sicheres Land. Hier traue sie sich auch nachts alleine auf die Straße und vergesse sogar gelegentlich, Türen oder Fenster ihrer Wohnung zu schließen. Freiheit habe sie aber auch musikalisch inspiriert: „Ich kam nach Deutschland und hatte die Gelegenheit, mich in der Musik auszudrücken. Eine Gelegenheit, die ich nicht unbedingt so stark in Südafrika hatte.“

Für die Zukunft hat die aufstrebende Sopranistin große Pläne. Sie habe viele Traumrollen, die sie gerne auch an großen Häusern spielen würde. Eine dieser Traumrollen hat sie im Theater Vorpommern bereits bekommen: Ab kommenden März wird sie Gilda in Verdis Rigoletto verkörpern. „Das ist für meine Stimme im Moment die beste Rolle, die es gibt. Das geht nicht nur über die Musik, sondern auch über diesen Charakter. Dieses junge Mädchen ist wahnsinnig mutig, ehrlich und unschuldig. Es wird für mich eine Ehre sein, diese Rolle zu spielen.“

Trotz Quereinstieg bereut Linda van Coppenhagen nichts. Schließlich könne man im Leben nicht alles planen und die richtigen Dinge passieren manchmal, wenn man es gar nicht erwartet. „Alles, was ich hier zu lernen habe und was ich erfahren darf, will ich komplett genießen! Ich habe hart gearbeitet und lange gewartet, um einen festen Job in einem Theater zu bekommen.“

Ein Portrait von Preciosa Alberto, Anne-Marie Martin & Katharina Stegelmann; Fotos: Preciosa Alberto (Portrait) & privat (Theaterszene)

moritz 102 – Dezember 2012 – Unsicheres Spiel?

moritz 102 – Dezember 2012 – Unsicheres Spiel?

Besinnlichkeit

Lieber moritz-Leser, liebe moritz-Leserin,

der erste Frost liegt auf den Dächern, wenn man morgens die Augen öffnet und hinaus schaut. Dieser und der kühle Nordwind laden ein, bei Kerzenschein, Tee und den ersten selbstgebackenen Plätzchen in den eigenen vier Wänden Einkehr zu halten. Man bereitet sich ganz vorbildlich auf die Prüfungen im Februar vor oder kämpft mit dem inneren Schweinehund. Es sollte aber auch nicht zu verübeln sein, wenn man sich bei Graupelschauer und schnell einkehrender Dunkelheit lieber die warme Decke über den Kopf ziehen möchte und in alten Märchenbüchern oder Schaudergeschichten verkriecht.

Traut man sich dann doch vor die Tür, erwartet einen am Marktplatz nicht ein romantisch altertümlicher Weihnachtsmarkt, sondern ein kunterbuntes Jahrmarktstreiben. Dieses ist mit Freunden und einem kräftigen Glühwein zu genießen, denn der lässt bekanntlich die Stimmung steigen.

Ist man in der Bibliothek unterwegs, entzückt der Baum mit seinem typischen Tannengeruch und den süß bemalten Christbaumkugeln. Bei guten Sichtmöglichkeiten in den Pausen erblickt man am Himmel ein paar Gänse, die schnatternd über einen hinweg fliegen. Bei diesem Bild kommt der allseits prägnante Gedanke auf: „Oh, ich will auch Richtung Süden.“ Aber was ist mit den Studenten, die nach Greifswald gekommen sind? moritz zeigt, wieso es Studenten von überall her nach Greifswald verschlägt. Diejenigen, die dennoch jedes Jahr aufs Neue vor dem vorweihnachtlichen Wahnsinn flüchten möchten und denen aber immer das nötige Kleingeld fehlt, können sich von den skurilen Studentenjobs anderer inspirieren lassen. Droht noch vor den eigentlichen Feiertagen ein stürmischer Schneefall, sollte man nicht verzagen und sich ein Beispiel an dem outdoor-adventure-spezialisierten Entdeckern des Naturkindergartens in Eldena nehmen. Diese haben dem moritz verraten, dass sie nur auf den Schnee warten, damit sie sich neue Abenteuer ausdenken können, die sie dann gemeinsam meistern. Wenn wir uns also gemeinsam dem Abenteuer Studium stellen, werden wir den inneren Schweinehund besiegen. Ich für meinen Teil freue mich jetzt schon auf meine Familie und auf das leckere Essen, das mich erwartet. Ich wünsche allen ein Frohes Fest und einen grandiosen Rutsch ins Jahr 2013, sofern die Welt nicht wieder einmal aufs Neue untergeht.

Ulrike Günther

Das komplette Heft als pdf gibt es hier, einzelne Artikel können wie immer auch online gelesen und kommentiert werden.

Es muss nicht immer kellnern sein

Im Beruf hat man Geld, aber keine Zeit – im Studium Zeit, aber kein Geld. Um die Kasse aufzubessern, verbringen viele ihre Abende im Callcenter. moritz hat drei Studierende getroffen, die stattdessen ihr Hobby zum Nebenjob gemacht haben.

Tim-Ole Jöhnk studiert im fünften Fachsemester Politik- und Kommunikationswissenschaft. Jeden Freitagnachmittag setzt er sich ins Auto und tauscht den Greifswalder Hörsaal gegen einen Proberaum in Kiel. Seit fünf Jahren ist er Sänger und Gesellschafter der A-capella-Gruppe „nur wir“.  Die Bandkollegen sind vier Freunde aus Kiel, die sich durch den Schulchor kennenlernten und Lust auf ihr eigenes Ding hatten. Richtig losgelegt haben sie 2007, damals noch in ganz kleinem Rahmen. Einmal die Woche zur Probe und ab und an ein Auftritt vor 20 Leuten für einen Kasten Bier und ein bisschen Spritgeld, so war der Plan. Über die Jahre wurde dann immer mehr daraus. Inzwischen hat das Quintett etwa 30 Konzerte pro Jahr vor jeweils 80 bis 120 Zuhörern. „Und die Gagen werden auch nicht mehr in Bier vergütet“, erzählt Tim-Ole lachend.

Der Spagat zwischen Uni und Job ist recht gut zu schaffen, da die meisten Auftritte am Wochenende stattfinden. Ein weiteres Plus ist natürlich, dass die Jungs ihre Zeitplanung komplett selbst in der Hand haben. Den nervigen Chef sucht man hier vergebens. „Am meisten Spaß machen aber eigentlich immer die gemeinsamen Autofahrten zu den Konzerten,“ sagt Tim-Ole, „wenn man schon mit Halsschmerzen am Auftrittsort ankommt, weil man im Auto so viel Mist gelabert und gelacht hat.“

Heute Norddeutschland, morgen die Welt

Und auch sonst hält dieser ungewöhnliche Nebenjob einige aufregende Momente bereit. Da gab es zum Beispiel das erste Konzert vor über 1 000 Leuten, an das Tim-Ole sich erinnert; ein toller Moment auf der großen Bühne. Dann der Tag, als „nur wir“ ihre erste eigene CD in den Händen hielten. Oder die erste Konzertreise nach Estland. „Plötzlich ist man verreist um da zu singen und es kommen auch noch fremde Leute, die zuhören wollen –verrückt!“

Tim-Ole gefällt sein zum Beruf gemachtes Hobby so gut, dass er große Lust hat, die Sache auch nach dem Bachelor

‘nur wir’ beim Kieler Bootshafensommer 2012

weiterzuverfolgen. 2013 beginnt er die Arbeit mit einer anderen Gruppe. Er hat dann zwar (hoffentlich) seinen Bachlor, wird aber sein Geld als Sänger verdienen. Mit allem was dazugehört: 120 Konzerte pro Jahr, davon etwa 60 Prozent in Deutschland und der Rest im Ausland. Ein Leben „on tour“ quasi.

Nicht immer muss man so weit reisen, um einen spannenden Nebenjob zu finden. Auch an der Uni Greifswald gibt es interessante Stellen. So zum Beispiel an der Kustodie, der kunsthistorischen Verwaltungs- und Forschungseinrichtung. Sie ist zuständig für die Akademische Kunstsammlung und die historischen Räume der Universität, durch die im Sommer mehrmals täglich Studenten verschiedenster Fächer Führungen anbieten.

Ines Glaubitz ist eine von ihnen. Am Rubenow-Denkmal wartet sie gut erkennbar durch den roten Talar, ihrem Arbeitsgewand. Von hier aus führt sie unter anderem durch die barocke Aula und den Studentenkarzer. Das nötige Wissen hat sie durch spezielle Broschüren erlernt. Außerdem war die ersten Male noch ein „alter Hase“ dabei, um im Notfall auszuhelfen, erinnert sich Ines.

 So eine Stadtführung ist kein Spaziergang

Gerade im Wintersemester werden oft Führungen von Schulklassen, Reisegruppen und früheren Studenten gebucht. „Die Ehemaligen liefern sich oft Wettstreite mit uns darum, wer mehr weiß“, erzählt sie lachend.

Zur Arbeit gehört auch eine gewisse Sprachbegeisterung. Derzeit besonders gefragt sind Schwedisch und Polnisch. Ines führt in Deutsch und Englisch durch die Sammlung.

„Hier zu arbeiten ist unheimlich gut für die Selbstbestätigung.“ Schnelles und meist positives Feedback, zum Teil in Form von Trinkgeld, gehört dazu. „Das hebt meine Laune. Manchmal ist es auch anstrengend, wenn man erst 23 Uhr heim kommt und am nächsten Morgen früh raus muss.“ Probleme mit ihrem Stundenplan hat Ines aber fast nie. Wenn es mal nicht passt, kann sie ihre Kollegen um Hilfe bitten. Allzu viel verdient sie in dem roten Gewand nicht, es ist eher ein Saisongeschäft. Für Studenten, die auf ein Zusatzeinkommen angewiesen sind, fällt die Touristenführer-Nummer flach. Wer sich aber in dem Beruf ausprobieren möchte und Spaß daran hat, wird auf seine Kosten kommen. Neue Leute sucht die Kustodie über Aushänge. So fand auch Ines ihren Weg zum Job. Sie absolvierte zunächst ein Praktikum im Rahmen ihres Kunstgeschichtsstudiums und bewarb sich später auf die Stelle. Wenn möglich, möchte Ines das Ganze bis zum Bachelor weiterführen. „Meine Zukunftspläne ziehen mich an andere Unis. Dort würde ich aber gerne wieder etwas Ähnliches machen.“

Kunigunde Baldauf leitet Seminare und Workshops in ganz Deutschland

Nicht nur Nebenberuf, sondern Ehrenamt

Einen ganz anderen Weg hat Kunigunde Baldauf eingeschlagen. Die 24-jährige Masterstudentin im Fach Nachhaltigkeitsgeografie und Regionalentwicklung gelangte über einen Auslandsaufenthalt an ihren derzeitigen Job. Während ihrer Bachelorzeit reiste Kunigunde mit weltwärts für zwei Monate nach Thailand. Weltwärts, das ist der entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Er unterstützt junge Menschen finanziell bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit in Entwicklungsländern. Für Kunigunde war es damit jedoch nicht getan. Seit ihrer Rückkehr engagiert sie sich in der pädagogischen Betreuung anderer Teilnehmer und deren Vorbereitung durch Workshops und Seminare. Dazu kommt seit Kurzem auch die Ausbildung neuer Seminarleiter. Die Veranstaltungsorte sind in ganz Deutschland verstreut. Da muss schon mal der eine oder andere Dozent auf Kunigunde verzichten, was in der Regel jedoch kein Thema ist. „Die Kurse sind relativ klein, da kennt man die Profs ja meist persönlich. Und die freuen sich eigentlich immer, wenn man sich für eine Sache engagiert.“

Ihre Anfahrten bekommt die 24-jährige erstattet, zusätzlich gibt es eine Aufwandsentschädigung. Leben kann man davon nicht, aber das ist ja auch nicht die Idee hinter gemeinnütziger Arbeit. Für Kunigunde bedeutet ihr Job vor allem Spaß. „Das Schönste ist, wenn man die Leute bei ihrem Vorhaben begleiten kann“, sagt sie, „wenn man sie vorher und nachher trifft und sieht, wie sie selbst daran gewachsen sind.“ Als Hauptberuf kommt die Arbeit bei weltwärts aber vorerst nicht infrage, „da steht zu viel Öffentlichkeitsarbeit an, das ist nicht so mein Ding.“ Nebenbei will Kunigunde ihre Tätigkeit jedoch gerne so lange wie möglich weiterführen. „Ehrenamtliches Engagement lässt leider nach, obwohl es so wichtig ist“, beklagt sie. Damit anzufangen, sei doch eigentlich nicht schwer.

Ob nun Sänger, Tourguide oder Projektbetreuer – eines haben unsere drei Befragten gemeinsam: den Spaß an ihrer Arbeit. So ein Job, der wirklich interessiert, ist doch eigentlich der größte Wunsch aller zukünftig Berufstätigen – abgesehen von Lottogewinn und Sofortrente vielleicht. Und ob das Studium dafür nun die Wissensgrundlage oder einfach nur den Zeitrahmen bietet, das kann jeder Student für sich entscheiden.

Ein Bericht von Laura Hassinger & Lisa Sprenger; Fotos von Lisa Sprenger (Titelbild) und privat (Portrait Kunigunde Baldauf und Auftritt ‘nur wir’)

Lohmanns Lunch #2 – Kokossuppe

Die Laune sinkt proportional zur Temperatur, die Erkältungsquote schießt in die Höhe und der Teeverbrauch steuert einem neuen Allzeithoch entgegen. Höchste Zeit, dem Winterblues entgegen zu wirken und etwas Sommer aufzukochen!

‚Was schreibt der denn für nen Blödsinn? Sommer aufkochen?!‘, denkt ihr euch wohl. Nix Blödsinn! Man nehme Kokosmilch, die steht für Sonne, Limetten für die Frische, Zucker für die Süße und Tomaten für die Wärme. Das ganze hört auf den Namen „Kokossuppe“ und schmeckt scharf, süß-sauer und salzig zu gleich, erfrischt und hebt die Laune.

Als erstes bringt ihr die Kokosmilch mit Ingwer, Zitronengras und Schalotten zum Kochen. Dann gebt ihr das klein geschnittene Fleisch hinzu und gart es  fünf Minuten. Mit Zucker und Fischsauce würzen, eine Prise Pfeffer kann auch nicht schaden. Die Champignons in Scheiben schneiden, die Tomaten halbieren und ab in die Suppe damit. Drei Minuten köcheln lassen und dann die Limettenblätter, die Chillischoten und den Limettensaft hinzugeben. Schnell noch mit Koriander garnieren und sofort servieren.

Wenn ihr es lieber vegetarisch haben wollt, ersetzt die Fischsauce durch vier Esslöffel dünne Sojasauce und das Geflügel durch eingelegten Tofu oder Pilze. Dazu passt wunderbar ein Glas Mangosaft, den ihr auch zu einem Tequila Sunrise aufrüsten könnt.

Insgesamt dürftet ihr knapp zehn Euro in diese Sommer-Kur investieren.

 

    Macht vier satt:

1l Kokosmilch

5cm Ingwer, klein gehackt

2 Stängel Zitronengras, klein gehackt

4 Schalotten, geschält und zerdrückt

2 EL Fischsauce oder 4 EL dünne Sojasauce

1 EL Zucker

200g Geflügelfilet oder eingelegter Tofu

200g Champignons

100g Cocktailtomaten

2 Chillischoten

Drei Kafirlimettenblätter

 Saft von 1 Limette

Korianderblätter zum Garnieren

Von und mit Erik Lohmann, Bilder von Milan Salje

TITEL Vergänglichkeit als Kunstform

„Analoge Fotografie ist dichter an dem Original. In dem Moment, wo du den Auslöser drückst, ist die Entscheidung getroffen“, meint Heiko Krause. Seine Ausstellung „russemblage“ ist bis zum 16. Dezember im Alfried-Krupp-Kolleg zu sehen.

Bei der Eröffnung von Heiko Krauses Ausstellung „russemblage“ am 15. Oktober im Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg ist der Vortragssaal überfüllt. Die Arbeiten des Greifswalder Fotografen und Kunstdozenten am Caspar David Friedrich Institut werden gelobt und gefeiert. Die Objekte im Fokus seiner Kamera sind Bilder des Vergehens eines ganzen Zeitalters, eines gefürchteten Staatsapparats, von dem heute nichts weiter übrig ist als farbige Wände und kaputte Aktenschränke.

Zimmer in der Liegenschaft Wünsdorf im Jahr 2008

Fotografien, die aussehen als wären sie Gemälde, zeigen Raumsituationen in verlassenen Liegenschaften der sowjetischen Armee auf dem ehemaligen DDR-Gebiet. Die sogenannten Militärstädte wurden im August 1994 endgültig geräumt. Seitdem blieb die Zeit, nicht aber der Zerfall in den abgeschiedenen Baukomplexen mitten im Wald, wo niemals ein DDR-Bürger Zutritt  hatte, stehen. „Die Tatsache, dass ich nach 10 bis 15 Jahren in diese Liegenschaften hinein gehen konnte, war ganz bizarr“, erzählt der Fotograf und Doktorant, „Ein Wachmann  öffnet dir ein Tor, man fährt hinein, sieht da sofort ein Lenin-Denkmal und beinahe 40 Jahre sowjetischer Lebenswirklichkeit. So war man fünf Minuten später in einer absoluten Parallelwelt.“ Professor Michael Astroh schreibt in seiner Einführung ins gleichnamige Fotoband „russemblage“: „Überreste, so wertlos, wie ihre Beseitigung teuer ist.“

Trotz des unmittelbar politischen Kontextes ist kaum eine direkte Symbolik in den Bildern der damaligen Zeit zu bemerken. Es ist viel eher ein sarkastisches Augenzwinkern, mit dem die alten Sowjet-Botschaften, wenn überhaupt, präsentiert werden. „Das ist eigentlich die Dimension, die in den Bildern steckt, dass man nicht mehr sieht, wer dort mal gelebt hat. Nur durch bestimmte Farbcodes ist ein Anklang des Russischen oder eher Sowjetischen vorhanden“, sagt Krause.

Der Künstler, der geboren in Templin wurde, hatte schon immer ein Interesse an der sowjetischen Kultur, denn seine Großeltern wohnten unmittelbar neben einer sowjetischen Militärstadt. Außerdem habe er schon in frühster Kindheit angefangen, Russisch zu lernen: Die kulturellen Einflüsse, Filme und Trickfilme seien einfach omnipräsent gewesen. In diesem Sinne kann man bei seinen Arbeiten nur begrenzt von Voyeurismus sprechen, denn Krause ist jemand, der mit der sowjetischen Kultur auf eine ganz besondere Art und Weise verbunden ist.

Forst Zinna im Jahr 2008

„Ich bin nicht jemand, der sich in diese Zeit zurücksehnt, aber ich versuche, die Bedeutung solcher Prozesse zu begreifen“, erklärt er. „Es gab da eine Situation kurz vor meiner Examensarbeit: Ich habe auf dem Balkon meiner Großmutter gestanden und von dort aus den Abriss der ehemaligen Garnison verfolgt. Da stellte sich die Frage, was denn mit diesem Teil der Geschichte, der Architektur passiert, was bleiben würde, was vergehen?“ Die Aufarbeitung der Geschichte sei seiner Meinung nach in erster Linie recht einseitig geschehen, schablonenhaft und wenig differenziert. „Aber es gab natürlich auch Zwischentöne und das hat mich interessiert, das wollte ich wissen.“

Für seine Doktorarbeit über die Architektur der sowjetischen Militärstädte hat Krause Zutritts- und Fotogenehmigungen beantragt und innerhalb von zwei Jahren zahlreiche Liegenschaften besichtigt. Dabei sind neben den dokumentarischen Fotografien die künstlerisch intendierten Aufnahmen der Serie „russemblage“ entstanden.

Ein Bericht von Anastasia Statsenko mit Bildern von Heiko Krause