von Archiv | 15.06.2007
?Ein kurzer Film über das Töten? von Krystof Kieslowski
Auge um Auge. Zahn um Zahn. Der junge Jacek (Miroslas Baka) ermordet grundlos den Taxifahrer Waldemar (Jan Tesarz). Als Verteidiger vor Gericht steht ihm der frischgebackene Strafverteidiger Piotr (Krysztof Globisz) zur Seite. Der Sachverhalt ist eindeutig: Jacek wird zum Tode verurteilt. Zwei Menschen leben nicht mehr: Opfer und Täter eines Gewaltverbrechens. Piotr zweifelt von nun am Sinn des Strafsystems und stellt seine eigenen Bemühungen als Verteidiger in Frage: Habe ich wirklich genug unternommen?
Erstmals in Deutschland ist jetzt Krysztof Kieslowskis Film „Ein kurzer Film über das Töten“ auf DVD erschienen. Dies ist zum einen wunderbar, weil endlich ein weiteres Werk des polnischen Ausnahmeregisseurs – neben seiner Drei-Farben-Trilogie – bekannter wird. Zum anderen ist dieses Drama Teil eines größeren filmischen Komplexes: Dekalog. Die biblischen Zehn Geboten sind das Ausgangsmaterial für die jeweils eigenständigen Filme. Mit dem Filmzyklus zog der Pole internationale Resonanz auf sich und erhielt 1988 für dieses auf das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ basierende Kinostück den Spezialpreis der Jury beim Filmfestival in Cannes.
Besonders die realistische, fast dokumentarische und extrem detailierte Darstellung der Tötung des Taxifahrers zu Beginn und die Hinrichtung des Mörders am Ende quält die Zuschauer. Für die Augen ist die Bildqualität genauso anstrengend. Ein dunkler Schleier schränkt den Blick auf die sehr guten Aufnahmen des Kameramanns Slawmir Idziak ein. Diesen Mangel kann aber das sehr lange Interview mit dem Filmschaffenden ausgleichen.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 15.06.2007
Morning Rain gewinnt den Vita Cola Band-Contest 2007
Die Greifswalder Band Morning Rain setzt mit ihrer Musik einen neuen Akzent in ihrer Bandgeschichte. Beim Vita Cola Wettbewerb diesen Jahres sagten Musikbegeisterte „ja“ zur Band und platzierten sie mit ihrem Song „Get away“ mittels einem Internetvoting auf den Soundtrack des Films „Meer is nich“, der in diesem Sommer in die Kinos kommt.
Gitarrenlastiger Rock
Stephan, Kathi und Robert – allesamt Studenten in Greifswald und Rostock – entschieden sich, aus ihrer Liebe zu Oasis heraus, 2002 eine Band zu gründen. Die Musik spielen zu können, „die wir selber gerne hören“ war ihr Ziel. Im Jahr 2004 kam der Bassist Matti hinzu. Aus den anfänglichen Oasis-Covern formierte sich bald ihr eigener Musikstil, gitarrenlastiger Rock, wie sie ihn heute bezeichnen, mit selbstverfassten Texten, hauptsächlich vom Sänger und Gitarristen Stephan geschrieben.
Zu den ersten Auftritten der Band zählte die dreimalige Teilnahme am Kontakt-Wettbewerb in Greifswald. Zuvor war die Gruppe in ihrer so genannten „Findungsphase“. „Wir mussten erst mal ranklotzen, um auf ein Niveau zu kommen, was nach außen hin vorzeigbar war und ein eigenes Programm zusammenstellen“, berichtet Stephan. Obwohl Morning Rain nie über die Vorrunde beim Kontaktfestival hinauskam, bewarb sich die Band durch die Initiative der „recht hartnäckigen“ Kathi beim „Landesrockfestival 2004“. Wider allen Erwartungen wurde die Gruppe zum Gewinner dieser Veranstaltung und durfte daraufhin Mecklenburg-Vorpommern beim bundesweiten Contest „local heroes“ in Magdeburg vertreten. Auch hier sind sie „noch mal für uns überraschenderweise zweiter geworden“, erzählt Kathi.
Über ihren diesjährigen Sieg gegen neun weitere ostdeutsche Newcomerbands beim Vita Cola Bandcontest ist Morning Rain ebenfalls stolz. Ein noch ausgebliebender Traum der Band ist ein zukünftiger Vertrag bei einem kleinen Label, um die Finanzierung neuer Alben (erstes Album „Fourteen ways to get away“ 2006) und eine Clubtour durch Deutschland zu ermöglichen. Demnächst stehen Morning Rain beim „Fête de la musique“ und der Filmpremiere zu „Meer is nich“ auf der Bühne.
Geschrieben von Cornelia Bengsch
von Archiv | 15.06.2007
Pommersches Landesmuseum thematisiert Lyonel Feininger
Fast jeden Sommer reiste Lyonel Feininger (1871 – 1956) zwischen 1891 und 1935 an die Ostsee. Hier suchte und fand der Maler der Klassischen Moderne die Motive für seine Kompositionen im Atelier: Dünen, Schiffe, Wolken, das weite Meer und backsteinerne Kirchen.
Die Wahl erfolgte sorgfältig, denn Feininger liebte seine Motive, die ihn bis ins hohe Alter begleiteten. Ausgehend von der spontanen Naturnotiz über Aquarelle bis hin zu den im Atelier entstandenen kristallinen Gemälden zeichnet die Ausstellung „Lyonel Feininger. Vom Sujet zum Bild“ den Schaffensprozess des in New York geborenen nach. Erstmals werden dabei die in der Region entstandenen Kompositionen ab dem 19. August im Pommerschen Landesmueseum gezeigt. „Wir haben unseren Bestand seiner Werke noch nicht gezeigt, wollten dies allerdings nicht mit einer Kabinettausstellung tun“, sagt Kuratorin Birte Frenssen. Die ersten Überlegungen zur diesjährigen Ausstellung gab es bereits vor zwei Jahren.
Weltweite Leihgaben
Für die umfangreiche Schau stellten Privatbesitzer sowie inter- und nationale Sammlungen Leihgaben zur Verfügung. Dazu zählen beispielsweise das Museum of Modern Art, das Brooklyn Museum of Art, das Sprengel Museum Hannover und die Kunsthalle in Basel. „Jede Leihgabe bedeutete einen unheimlichen Aufwand“, berichtet Frenssen. Den Grundstein für den Greifswalder Bestand legte eine Schenkung des Sohnes Max Feininger. „Es geht uns mit der Ausstellung nicht allein um Feininger an der Ostsee“, gibt Frenssen zu bedenken. „Die Frage ist auch, warum ein Amerikaner damals bis nach Pommern kam.“
Die ungebrochene Beliebtheit Feiningers verwundert die Kuratorin nicht. „Er hat immer einen Gegenstand bewusst ausgewählt und ihn nie ganz aufgelöst“, erklärt Birte Frenssen. „Dieser Schwebezustand ist faszinierend.“ So bliebe Feininger als moderner Künstler mit seinem individuellen Stil einem breiten Publikum bis heute zugänglich.
Intime Atmosphäre
Die elf Bildserien vereinen Landschaften und Architekturen, deren Bildmaterial in Mecklenburg, Vorpommern und im ehemaligen Westpommern, heute Polen, zu finden sind.
Und die Kuratorin macht einen Aspekt für ihr Haus geltend: „Feiningers Formate passen wunderbar in unsere Räume und schaffen eine intime Atmosphäre“. Vor allem spricht die Motivmetamorphose dafür. „In gehängten Reihen kann dies schöner heraus gearbeitet werden.“
Geschrieben von Uwe Roßner
von Archiv | 15.06.2007
?Scoop – Der Knüller? von Woody Allen
Der zweite von Woody Allen nicht in seinem angestammten Revier New York gedrehte Film „Scoop – Der Knüller“ besitzt einige Gemeinsamkeiten gegenüber „Match Point“, Allens vorherigem Meisterstück. London ist der Schauplatz, Scarlett Johansson ist als weibliche Hauptdarstellerin besetzt und hinter der Fassade der englischen High Society verbergen sich düstere Seiten.
Zur Höchstform schafft es der Klarinettenspieler dieses Mal aber nicht, auch wenn das Werk durch seine schauspielerische Anwesenheit bereichert wird. Allen spielt eh weniger. Er besetzt sich als sich selbst. Die Drehbücher stammen aus seiner Feder und den Regiesessel verlässt der Amerikaner ebenfalls nicht. Mit der Produktion ist neben anderen Produzenten auch ein Familienmitglied betraut. So lassen sich die Herstellungskosten senken.
Die Kosten seiner Filme, besser deren Relation zu den Einnahmen, waren der Grund der Migration des Oscar-Gewinners. England als Heim auf Zeit bot die sprachliche Nähe und Unterstützung durch europäische Geldgeber. Als Verstandsmensch darf sich Allen seit zwei Filmen von der Alten Welt hofiert fühlen.
Weniger spannend als die Hintergründe der neuen Lebens- und Drehorte ist die Handlung. Woody Allen ist Sid Waterman ist Woody Allen. Das schnelle Aussprechen wahrgenommener Assoziationen der ihm Gegenüberstehenden und sich Erinnern an Vergangenes, aber nicht immer Geschehenes, sind die Markenzeichen des drittklassigen Magiers. Während einer Zaubershow macht Allen/Waterman die Bekanntschaft mit der blonden, schüchternen amerikanischen Journalistin in Ausbildung Sondra Pransky (Johansson). Hineingezogen in eine auflagensteigernde Geschichte über den als Serienmörder verdächtigen Sohn (Hugh Jackman) eines Lords, darf der Zauberer seine Tricks einem gutbetuchten Publikum vorführen. Währenddessen versucht Pransky, dem Suspekten auf die Schliche zu kommen. Problematisch ist nur ihre emotionale Einfachheit. Dass hinter der friedlichen Fassade ein cleverer Rabauke steckt, wird zum Filmende deutlich.
Einerseits ist der Handlungsaufbau wenig überraschend und nur im Fallenlassen der Hüllen darf der Australier Jackman den minimalen Hauch von schauspielerischen Können zeigen. Zum anderen darf „Match Point“ als Ausnahme und „Scoop“ als die Regel in der Reihe der letzen Werke Allens zu sehen sein. Wünschenswert ist eine Steigerung des Stadtneurotikers: Zum dritten Mal in London („Cassandra´s Dreams“, 2007), aber ohne Johansson und zum dritten Mal mit Johansson („Woody Allen Spanish Project“, 2008), aber nicht in London, sondern in Barcelona, filmt Allen hoffentlich bald wieder einen Knüller.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 15.06.2007
?Big Bang Live, Juvenile A? von Takeshi Miike
Über den japanischen Tausendsassa Takeshi Miike muss nicht mehr viel gesagt werden. Sein Output an Filmen summiert sich zu einem der abwechlungsreichsten Gesamtwerke eines lebenden Regisseurs.
Kein Film gleicht dem anderen, in so unterschiedlichen Genres ist der Filmemacher zu Hause – manche Streifen sind nicht einmal in eine einzige Kategorie einzuordnen – und zwischen der absoluten Brutalität („Ichi the Killer“, 1999), der scheinbaren Normalität („Audition“, 1999) und Skurilität („The Happiness of the Katakuris, 2001) verblüfft Miike den Zuschauer. Auch in „Big Bang Love, Juvenile A“ fällt die Genreeinteilung schwer.
Ein Jugendgefängnis – die Darsteller der Insassen gehen trotz ihres Alters als fortpflanzungsfähige Straftäter durch – ist der Schauplatz eines Tötungsdelikts. Jun (Masanobu Ando) wird bei der Leiche von Shiro (Ryuhei Matsuda) gefunden. Scheinbar der Täter, doch erst im Verlauf des 90 Minuten langen Films wird ihre Beziehung verständlich. Genauso interessant wie die Figuren sind die Bildkompositionen: Von Nahaufnahmen bis zur Totale sind die Menschen nur im Kontext ihrer Umwelt zu verstehen.
Ein aufregendes Kulturgut reizt die Sinne und fordert den Geist. Das auf der DVD als Bonus enthaltene Interview mit dem 46jährigen Filmemacher ergänzt dessen famose Konstruktion sehr. Nur wenige Regisseure bieten in ihren Werken solch eine Bandbreite an Möglichkeiten an. Lohnenswert.
Geschrieben von Björn Buß