von Archiv | 12.12.2005
Jedes, aber auch jedes Jahr nehme ich es mir von Neuem vor: Dieses Mal werde ich alle, wirklich alle Geschenke bis spätestens Ende Oktober gekauft und verpackt haben, sodass ich allem Stress entkomme und die Vorweihnachtszeit so richtig genießen kann.
Aber erstens kommt alles anders, und zweitens anders als man denkt. Soll heißen, ab Mitte November beginnt die große Panik: Oh Gott, es ist praktisch schon Weihnachten und ich habe noch keine Geschenke und auch keine Ahnung, was sich wer wünscht. Also wird der übliche Weihnachtsschlachtplan in Gang gesetzt.
Phase 1: Hektisches, stundenlanges Herumtelefonieren nach Weihnachtswünschen von Groß und Klein, wonach man nicht wirklich schlauer ist. Standardantwort: „Ach, ich weiß nicht, dir fällt schon was ein.“ Zumindest der Telekom hat man schon mal ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk zukommen lassen.
Dem folgt der Übergang zu Phase 2: Shopping extrem: man stürzt sich, idealerweise Samstag vormittags, in der stilvoll mit Kunsttannenzweigen und Lichterkettchen dekorierten Innenstadt in den Weihnachtseinkaufstrubel, auch Schlachtfeld genannt. Hier darf man sich dann mit Hunderten anderer Leute unter „Last Christmas“–Dauerbeschallung in Weihnachtskaufstimmung versetzen lassen.
Das ganze Spektakel ist definitiv nichts für Leute mit Platzangst und spätestens nach dem zweiten Laden bekommt Internetshopping einen ganz neuen Reiz. Einige Auseinandersetzungen mit freundlichem Verkaufspersonal später spaziere ich um viele Nerven und einiges Geld ärmer – hat schon mal jemand über die Einführung eines Weihnachtsgeldes für Studenten nachgedacht? – dann doch mit den ersten Einkäufen aus dem letzten Laden, nur um mich direkt in das nächste Chaos zu stürzen.
Phase 3: Geschenke verpacken und verschicken. Da bei vielen der kleinen Menschen, die ich zu Weihnachten zu beschenken habe, die Ausrede „Der Weihnachtsmann hat das Geschenk für dich bei mir abgeben, deshalb bekommst du es etwas später“ nicht zählt, mache ich auch der Post zu Weihnachten eine Freude, indem ich, nach stundenlangem Schlangestehen, exorbitante Beträge dafür hinblättere, Kinderschokolade nach Übersee und Barbieklamotten nach Belgien zu verschiffen.
Habe ich den ganzen Stress hinter mir und tatsächlich alle Geschenke beisammen, beginne ich regelmäßig ernsthaft darüber nachzudenken, den Glauben zu wechseln, um im nächsten Jahr dem Chaos zu entkommen. Aber, so verrät mir ein kurzer Blick ins Lexikon, auch andere Religionen haben Feste, zu denen man sich Dinge schenken muss.
Also tröste ich mich damit, dass Weihnachten ja nur ein Mal im Jahr ist und dass ich nächstes Jahr ganz bestimmt früher mit dem Geschenkekaufen anfangen werde.
Geschrieben von Sarah Riesner
von Archiv | 12.12.2005
Neuauflage eines fröhlich-kritischen Besuchs
Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.
Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.
Schon seit geraumer Zeit freute ich mich dermaßen darauf, dass ich die schlaksige Tanne, die bereits am Mittwoch vor der feierlichen Eröffnung des Spektakels durch den Weihnachtsmann aufgestellt worden war, ganze zwei Tage lang übersah. Vielleicht, weil man vor lauter Platz den Baum nicht sah? Oder doch wegen des frühwinterlich trüben Wetters?
Dieses ist jedenfalls am ersten Adventssamstag wieder versöhnt und zeigt sich von seiner schönsten Seite: Ein blauer Himmel mit einer strahlenden, im Untergehen begriffenen Sonne spannt sich über Menschenmassen, die mit Fotoapparaten, Einkäufen und Kindern in zu kurzen Schneeanzügen zum Ort des Geschehens strömen.
Die Uhr zeigt 15.20, also noch 10 Minuten bis zur offiziellen Eröffnung durch den leibhaftigen Weihnachtsmann. Ich versuche, mich in Position zu begeben, die geliehene Kamera im Anschlag bahne ich mir den Weg durch Massen gedichtaufsagwilliger Kinder. Um 15.25 Uhr kann ich endlich eine rote Gestalt wahrnehmen, sie schneidet feierlich den sechs Meter langen Stollen an und durch. Zu spät für historische Pixelaufnahmen. Für den Weihnachtsmann ist Zeit eben eine belanglose Dimension.
Macht nichts. Es gibt ja noch so viele andere Dinge, die man ansehen kann. Die Glühweinbuden scheinen in gehabter Zahl wieder angetreten, in bunter Reihe mit den bekannten kulinarischen Angeboten, im Volksmund leicht abwertend „Fressbuden“ genannt.
Die zeitliche Nähe des ersten Advents gestattet das beherzte Zugreifen, und man befindet sich noch dazu in liebreizender Gesellschaft diverser Mitmenschen, die Glühwein auf Bistrotischen ver- beziehungsweise in ihre Luftröhre hineingießen. Auf den folgenden kräftezehrenden Hustenanfall muss man dann erstmal etwas essen. Da bieten sich wie eh‘ und je Schwenkgegrilltes, Fernöstliches, Crêpes, Mutzen und Süßigkeiten. Jahrmarktssüßigkeiten! Ein Traum aus Kindheitstagen, den wohl kaum einer abgelegt hat.
Doch ein bisschen anders kann einem schon werden, wenn man die diesjährigen Preise betrachtet. Es scheint sich ein Kartell aus Mandel- und Lebkuchenherzverkäufern gebildet zu haben. Das ist vermutlich nichts Untypisches für Märkte wie diesen, aber 2,50 Euro für 100 Gramm gebrannte Mandeln ist bei aller vorweihnachtlicher Sanftmut ein dreister Nepp, und eine Preissteigerung um gefühlte 25 Prozent noch dazu.
Ein Gutes haben die Preise allerdings – Fahrten in den Fahrgeschäften können neuerdings in Mandeltüten ausgedrückt werden. Dadurch werden Budgetkalkulationen erheblich leichter. Beispiel: „Ich habe heute eigentlich nicht vor, mehr als drei Mandeltüten auszugeben. Soll ich sie aufessen oder doch lieber verfahren?“
Entscheidet man sich für Letzteres, muss man entsetzt feststellen, dass eine der beliebtesten Attraktionen des letzten Jahres, die alles überstrahlende Geisterbahn, dieses Jahr leider fehlt. Bleibt also nur die Wahl zwischen Breakdancer, Autoscooter und Kinderkarussells.
Diejenigen unter uns, die mit einer etwas zarteren Konstitution bedacht sind, können ihr Geld natürlich auch wieder in nicht-verderblichen Gütern anlegen. Handwerksstände und solche mit praktischen wochenmarktähnlichen Waren stehen dafür zur Auswahl. Eine klare Einordnung ist jedoch nicht überall möglich, da einige Händler in ihrer Auslage einen etwas eigenwilligen Übergang von Kochgeschirr über pseudonützliche Kunst aus Holz zu orientalischen Dessous vollziehen, die mir aus dem letzten Jahr verdächtig bekannt erscheinen.
Bei den Handwerksbüdchen muss man hingegen einen deutlichen Niveauzuwachs verzeichnen, den ich hier vollkommen unironisch anerkennen möchte. Nicht nur wird diesmal echte Erzgebirgskunst statt überteuerten Imitaten feilgeboten, es gibt sogar einen Stand mit Fair-Trade-Produkten aus dem Weltladen.
Balsam auf konsumgeschundene Akademikerseelen war am Eröffnungswochenende zudem der niedliche Weihnachtsmarkt vor dem Landesmuseum, wo es stilvolle Kunst und leckere Nahrungsmittel zu kaufen gab, die vor allem aus Greifswalder Bildungseinrichtungen und der Region stammten. Hier flanierte es sich frei und ungestört.
Diesen Niveauausgleich konnte man allerdings nur am ersten Adventswochenende erfahren. Das Erlebnis der Volksbespaßung auf dem Markt wird ihn also verschütten, wenn man nicht bewusst und verbissen davon zehrt. Aber auch das wäre nicht schlimm. Schließlich können wir dann bei Altvertrautem bleiben. In dem Sinne werden meine einzigen Souvenirs auch 2005 wieder eine halblegal angeeignete Glühweintasse sein und die Faszination, wie innerhalb eines Monats aus Sommernostalgie mit Cafétischen überall auf dem Markt der alljährliche Weihnachtswahnsinn werden konnte.
Geschrieben von Katja Staack
von Archiv | 12.12.2005
Die Festzelte sind noch gar nicht richtig abgebaut und die Luftmatratzen für die Besucher noch nicht fertig eingerollt, da sind die Mitglieder des GrIStuF e.V. auch schon wieder fleißig am Arbeiten.
Nach dem Erfolg des Students Festivals 2005 findet auch im nächsten Jahr, dann bereits zum dritten Mal, wieder ein Festival statt. Nur diesmal wird nicht die ganze Welt, sondern Europa im Mittelpunkt stehen.
Rund 200 Teilnehmer aus ganz Europa sind eingeladen, sich vom 27. Mai bis zum 4. Juni 2006 miteinander über Europa und dessen Zukunft auszutauschen und zu diskutieren. Gemäß des Festivalmottos: „Project Europe: utopia or reality?“ werden die Teilnehmer wichtige Aspekte des Zusammenlebens und -arbeitens in Europa betrachten und konstruktive Beiträge erarbeiten. Zum Einen halten hierfür Experten aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen öffentliche Vorträge und führen Debatten mit anderen Referenten. Zum anderen können die Teilnehmer dann in Workshops zu den Themenbereichen „Informieren“, „Darstellen“, „Lernen“ und „Verbinden“ die Erkenntnisse aus den jeweiligen Veranstaltungen vertiefen und den eigenen Meinungen Ausdruck verleihen.
Und auch die Kultur soll in dieser Woche nicht zu kurz kommen. Neben Bühnenveranstaltungen, einem Kleinkunstmarkt und einer großen „U-Rope“-Abschlussparty findet traditionsgemäß auch wieder ein „Running Dinner“ statt.
Es gibt also noch eine Menge zu organisieren und es sind nicht einmal mehr 180 Tage bis zum großen Ereignis. Aus diesem Grund arbeitet das GrIStuF-Team auch eifrig daran, Anträge von Workshopbewerbern zu bearbeiten, Referenten einzuladen und Sponsoren zu finden.
Helfende Hände können dabei immer gut gebraucht werden. Wer gerne einmal hinter die Kulissen des Students Festivals schauen und selber mitwirken möchte, ist beim GrIStuF immer willkommen.
Weitere Infos über den GrIStuF e.V., das Students Festival oder die Möglichkeiten einer Mitarbeit erhaltet ihr unter www.gristuf.org
Geschrieben von Susanne Wächter
von Archiv | 12.12.2005
Die Tour d´Europe in Aveiro, Trento und Novi Sad
Um Mitternacht endlich in Aveiro angekommen, das ca. 100 km nördlich von Lissabon und direkt am Atlantik liegt. Der nächste Tag beschert uns warmes Wetter und Sonnenschein – Schadenfreude versüßt mir den frühen Morgen bei dem Gedanken an das Herbstwetter in Deutschland.
Der Zeitpunkt ist genau richtig, als wir die „Universidade de Aveiro“ mit ihren Departements besuchen. Denn es ist die erste Woche der „Freshmen“. Das entspricht ungefähr unserer Erstsemesterwoche, mit dem Unterschied, dass die Erstis einen ganzen Monat lang von älteren Semestern getriezt und schikaniert und damit in das Studentenleben eingeführt werden. „Das sei Tradition“, lasse ich mir sagen und beobachte gerade, wie die Erstis mit roten Zahlen auf der Stirn gemeinsam im Chor brüllen müssen. Max aus Frankreich erzählt mir, dass solche Traditionen an seiner Uni verboten seien, seit der Aktion, eine Frau mit gelber Farbe und ein Mann mit blauer Farbe anzustreichen, beide in einen Raum zu sperren und sie erst dann wieder heraus zu lassen, wenn beide grün sind. Farbenlehre einmal anders, denke ich. Nach dem Frühstück in der Caféteria, hören wir uns den Vortrag von Tiago aus Portugal an, der Campus Europae den „Freshmen“ vorstellt. Anschließend postieren wir uns an den Ständen und präsentieren unsere Uni, wobei unser dürftiges Infomaterial Asbach uralt ist.
Der Campus entspricht übrigens allen Klischees. Palmen, wo man hinsieht, braungebrannte, stoppelbärtige Männer, Steppenlandschaft und selbst das Essen in der Mensa. Zu Parolen der „Freshmen“ im Hintergrund, essen wir Garnelen, Fisch (Haifisch?) und Muscheln mit Reis. Was sonst? Anschließend machen wir eine Fahrradtour quer durch Aveiro. 26 Fahrräder auf einem Haufen, das sieht stark nach Klassenfahrt aus und fühlt sich auch genauso an.
Nach dem Empfang im Rathaus und dem Lunch in der Mensa, gehen wir abends in einen Club – nur aus Recherchegründen, versteht sich. Die Luft ist mild, die Leute gut gelaunt und überhaupt scheint in dieser Nacht ganz Aveiro auf den Beinen zu sein. An diesem Abend ruft Zach zum ersten Mal das legendäre „Kissingtime“ und meint damit, dass jeder jeden auf die Wange küssen muss. Das erfordert Überwindung, den Rest erledigt der Gruppenzwang. Ich glaube, damit können so einige ihren Drang nach Intimität ausleben. Kurze Zeit später haben wir auch schon das erste Liebespaar.
Die Reise geht weiter
Nach drei bis vier Stunden Schlaf, müssen wir uns von Aveiro verabschieden. Das bedeutet eigentlich nur, dass eine Gruppe von Zombies sehnsüchtig aus dem Fenster guckt, als wir zum Flughafen nach Porto fahren. Der Flug geht bis nach London, wo wir umsteigen müssen, was mit einigen Komplikationen verbunden ist. Die freundlichen Beamten bei der Passkontrolle, zögern bei den Visa der Leute, die nicht aus der EU kommen. Das frustriert und wir bemerken zum ersten Mal, wie problemlos das Reisen für EU- Bürger ist. London Stanstead ist nicht der einzige Flughafen, an dem die beiden Natasas aus Serbien und Alina und Katya aus Weißrussland Einreiseprobleme haben.
Trotzdem geht alles gut und wir landen in Venedig Treviso in Italien und fahren nach einem kurzen Aufenthalt bei MC Donald´s mit dem Zug weiter nach Trento. Wir beziehen unser Lager diesmal in einem Hotel direkt am Marktplatz, von wo aus man nur einige 100 Meter entfernt die letzten Ausläufer der Alpen sehen kann. Einfach nur fantastisch. Und endlich hat das Reisen an diesem Tag ein Ende und wir fallen totmüde in die Betten.
Sonne, blauer Himmel, Temperaturen über 20 Grad – was will man mehr? So beginnt der siebte Tag der Tour. Nach italienischer Mentalität schlendern wir ganz entspannt zur Philosophischen Fakultät und werden dann im „Rettorato“ der „Universita degli studie di Trento“ empfangen.
Danach haben wir bis zum Dinner Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens. Sprich Shoppen, italienischen Macchiato trinken und sich die Sonne auf den Pelz scheinen lassen.
Max aus Frankreich erzählt mir von einem deutschen Punksong aus seiner Schulzeit, der mit den Worten beginnt: „Mein Name ist Günther, ich liebe meine Mutter. Der Käse ist zu stinken, ich will eine Dusche nehmen, ich bin neidisch auf den Käse, weil ich in einem Kühlschrank wohnen möchte.“ 20 Minuten später ist auch mein Lachkrampf vorbei. Nachts gehen nur die Hartgesottenen in die „beer factory“, doch selbst unser irischer Bierliebhaber Paul (“Kiss me I’m Irish“) geht früh schlafen.
Mit 17 Stunden Zugfahrt durch Slowenien, Kroatien und Bosnien- Herzegowina nach Novi Sad in Serbien-Montenegro und nur einer Mahlzeit soll der nächste Tag nämlich der abenteuerlichste werden. Die Passkontrollen in Kroatien werden fast zur Schikane, als die Pässe und Visa von den beiden Natasas zehnmal hin und her gewendet, die Fotos verglichen und Funkgespräche geführt werden. Wir trösten uns mit „Kissingtime“. Unsere multikulturelle Gruppe wird zur Attraktion für die Kontrolleure, von denen einige klischeeentsprechend Alkohol intus haben. Kurz vor Mitternacht haben wir es tatsächlich geschafft und wir quartieren uns im „Domestere“ in Novi Sad ein und die Gruppe ist wieder ein Stückchen mehr zusammengewachsen.
Trinkkultur in Novi Sad
Nach einer eiskalten Nacht auf harten Betten, besichtigen wir zwei „Monastries“. Das Wetter lässt uns leider im Stich und so haben wir nur halb soviel Spaß. Um uns wenigstens innerlich aufzuwärmen, fahren wir zu einer Weinverköstigung nach Svenski Karlovci mitten auf dem Lande. Fotoapparate werden gezückt bei dem Anblick vorbeifahrender Ladas, Moskwitsche und Wartburgs. Für mich als Kind der DDR kein besonderer Anblick. Die Vororte von Novi Sad vermitteln das Gleiche wie die alten Autos. Hier hat sich seit 30 Jahren nichts geändert.
Die Weinverköstigung auf dem Hinterhof eines unscheinbaren Einfamilienhauses beglückt uns umso mehr. Und wir stoßen so lange mit „Bermet“ und „Gourmet“ an, bis wir keinen Trinkspruch mehr kennen.
Leicht angetrunken laufen wir zum Restaurant, wo es als Vorspeise „Fischkopf in Suppe“ gibt.
An die Fischaugen traut sich dann doch niemand ran…Anschließend führen uns die beiden Natasas durch das multikulturelle und moderne Novi Sad.
Müde kommen wir im „Domestere“ wieder an und gönnen uns ein Nickerchen für 45 Minuten. Danach geht‘s weiter in die „beerfactory“.
Helle Halogenlichter, verspiegelte Wände und verchromte Industrieprodukte stehen im Kontrast zu dem Bauernbetrieb der Weinproduktion. Dafür sponsert uns die Firma hinterher ein Abendessen mit Freibier. Der Tag ist hart, aber noch lange nicht zu Ende.
Wie man in Novi Sad feiert, warum die Angst im Zug nach Budapest mit uns fährt und wie nun eine Saunaparty in Riga aussieht, das erfahrt ihr im nächsten moritz.
Geschrieben von Katarina Sass
von Archiv | 12.12.2005
Ein Besuch in der größten Küche Greifswalds
Zischend winden sich die gehackten Zwiebeln in der riesigen Pfanne und ihr Duft füllt den Raum. René Otto wischt sich die tränenden Augen. An manche Dinge wird man sich auch als Azubi in der Mensa-Küche nicht gewöhnen. Seit einer halben Stunde sind er und seine fünf Kollegen dabei, das Essen für die hungrigen Studenten vorzubereiten. Es ist sieben Uhr.
Seine Chefin Evelin Sieg wirft ihm einen prüfenden Blick über die Schulter. Als Bereichsleiterin der Mensen und Cafeterien in Greifswald trägt sie die Verantwortung, dass Tag für Tag 2.500 Essen gekocht werden. „Ich plane immer ein wenig mehr ein“, verrät sie ihr Geheimnis, damit kein Gast hungrig in die Vorlesung gehen muss.
Heute steht unter anderem Seelachs auf der Speisekarte. Wolfgang Weber schneidet die Säcke auf, in denen die bereits geschälten Kartoffeln angeliefert wurden. „80 Kilo werden erstmal reichen“, meint er mit einem erfahrenen Blick und schiebt die Kartoffeln in den „Combi Dämpfer“, einen Schrank, in dem das Essen bei hoher Temperatur gegart wird. An diesem Tag werden noch 120 weitere Kilo folgen.
Um acht Uhr ist Frühstückspause. Evelin Sieg, Wolfgang Weber und René Otto sitzen gemeinsam mit den beiden Köchinnen und dem Koch sowie einem Praktikanten zusammen. Sie essen ihr Brötchen und erzählen über das Wochenende. Eine Kerze verbreitet ein wenig Adventsstimmung.
Als sie eine halbe Stunde später in die Küche zurückkommen, ist es dort schon voll. Die Küchenfrauen sind gekommen und man begrüßt sich herzlich, ehe jeder wieder an seine Arbeit geht. Während Brigitte Kurth und Brunhilde Thoms im Nebenraum den Salat vorbereiten, steht Evelin Sieg am Kochtopf und schmeckt ab. „Für mich muss alles so sein als würde ich es für mich selbst kochen“, sagt sie. Auf dem Weg in ihr kleines Büro, wo die Bestellungen für den nächsten Tag auf sie warten, dreht sie im Vorbeigehen noch einen Wasserhahn zu. Beinahe wäre der Topf übergelaufen.
Inzwischen liegt der Duft von gebratenem Fleisch in der Luft. Es ist halb zehn und die Auslagen müssen vorbereitet werden. Brigitte Kurth gießt heißes Wasser in die Halterungen, in denen später die Essenswannen Platz finden werden. „Meine Studenten sollen schließlich kein kaltes Essen kriegen“, lacht sie. Der erste Flyer-Verteiler ist da und legt seine Zettel auf den Mensatischen aus. Sie werben für eine Party im TV-Club.
Nun wird es auch höchste Zeit, die Desserts in die Kühlschränke zu stellen. Verschie-dene Quarkspeisen in rot, gelb und weiß, verziert mit einem Sahnehäubchen, füllen die kleinen Schälchen. „Immer mit den Augen des Gastes sehen!“ steht mahnend auf einem Zettel. Die Mitarbeiter halten sich daran.
Eine Stunde bevor sich die Türen der Mensa öffnen, ist es ruhig geworden in der Küche. Das meiste ist vorbereitet und jeder kann erstmal durchatmen. In der großen Pfanne brutzeln Bratwürste, die stets ganz frisch gebraten werden. „À la minute“, sagt Evelin Sieg dazu. Bevor es richtig losgeht, können nun die Köche selbst erst einmal zugreifen. Zwischen elf und zwei wird es zum Mittagessen zu stressig werden.
Die ersten Gäste kommen schon um dreiviertel elf. Mit hungrigem Blick ziehen sie an den leeren Auslagen vorbei und setzen sich an einen Tisch im großen Saal. Fünf Minuten später sind Brigitte Kurth und ihre Kolleginnen von der Ausgabe umgezogen und stehen mit blauer Schirmmütze und „Studentenwerk“-T-Shirt hinter dem Tresen.
Wolfgang Weber schleppt eine Wanne Pommes Frites heran. Er versenkt sie direkt neben dem Gyros. Die hungrige Meute auf der anderen Seite ist inzwischen auf ein gutes Dutzend angewachsen, doch noch sind fünf Minuten Zeit. Mit einem Thermometer misst Brigitte Kurth die Temperatur des Essens. Zwei Stunden später wird sie dies ein weiteres Mal tun. Alles wird in einer Liste vermerkt. Evelin Sieg schaut sich die Ausgaben ein letztes Mal an und um Punkt elf Uhr fällt der Startschuss. „Mahlzeit! Möchten Sie Pommes zum Gyros?“ Der Gast möchte und zieht mit zufriedenem Gesicht zur Kasse.
Während er sein Essen genießt, steht Brunhilde Thoms schon an der Spülmaschine und wartet auf das schmutzige Geschirr. Ein Magnet zieht das Besteck nach oben, der Teller fährt in die Maschine und taucht wenig später sauber wieder auf. Er wird diese Reise heute noch mehrere Male machen, ehe dann um zwei Uhr wieder Ruhe einkehrt und er auf seinen nächsten Einsatztag wartet. Für das Küchenpersonal wird es schon früher wieder losgehen. Morgen müssen sie ab halb sieben Tortellini und Gulasch kochen.
Geschrieben von Kai Doering