Arvids Kolumne feat. Uwe: Biblia Pauperum

Wenn die BILD mit der Bibel – ein schönes Paar?

Auf der Banderolle steht´s: Die Volksbibel. Fehlt sie, dann bleibt ?Die Bibel? übrig. Kein BILDlogo ziert dann das edel wirkende dunkelrote Kunstleder. Ein Hauch von Boulevardblatt umweht das Buch der Bücher. Die kalkulierte Aura aus Missionsgedanke und Auflagenerhöhung lässt sich nicht abstreiten. Vielleicht auch wegen des Preises nicht.

Der dürfte trotz der bezaubernden Aufmachung nicht die Rolle spielen, denn die Bibel besitzt bereits ihren weltweiten Status. Im Ausklang des Jahres wirkt die Aktion des katholischen Weltbild Verlags und der BILD mit ihrem ebenso konfessionell gebundenen Chefredakteur Kai Diekmann als eine verspätete Nachwehe des Jahrs der Bibel von 2003. Im adventlichen Nachrichtengetümmel heißt es dann: ?Die BILD-Bibel bringt die langersehnte Erlösung?, so Caren Miosgas am 29. November in ihrer NDR-KlassikClub-Kolumne im Hinblick auf den weihnachtlichen Konsumrausch. Vor lauter Erleuchtung kniet sie vor BILD und ihrem Chefredakteur nieder und bekennt inbrünstig: ?Es wäre auch in diesem Jahr wieder zum Verzweifeln, hätte uns nicht diesmal der Himmel eine Gabe geschickt, die sowohl der christlichen Lehre frönt, als auch ein famoses zeitgemäßes Geschenk ist: Eine Bibel, jawohl, eine Volksbibel, von keinem geringeren Mann herausgegeben als von dem Chefredakteur der größten deutschen Tageszeitung höchstpersönlich.“
Kardinal Karl Lehmann und Bischof Dr. Wolfgang Huber  haben mit Diekmann das Vorwort verfasst: ?Es ist kein gewöhnliches Buch! Als »Buch der Bücher« gilt es uns, denn es ist eigentlich eine ganze Bibliothek (…) – die Bibel beinhaltet den ganzen Schatz und auch den Abgrund menschlicher Erfahrung.?

Reingeschaut

So neu ist die sogenannte ?Volksbibel? gar nicht. Sie ist die 1980 erstmals herausgegebene, ?Einheitsübersetzung?. Auf diesem Werk, an dessen Ausarbeitung auch evangelische Theologen beratend mitwirkten basiert der heutige katholische Gottesdienst. Anders als die traditionelle ?Vulgata? des Kirchenvaters Hieronymus ist ihre Übersetzung der hebräischen und griechischen Quellen wortgetreuer, zudem dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und liest sich damit leichter. Eigennamen sind mehr den Urtexten orthographisch nachempfunden. Anstelle von Sulamith heißt es jetzt Schulammit.
Positiv sind zudem die kurzen Einleitungen zu den einzelnen alt- und neutestamentlichen Texten, so dass eine Erklärung zu Entstehungszeit und Intention geliefert wird. Dies ist besonders für die Schriften interessant, die in der Lutherbibel als ?Apokryphen? (?Verborgene?) ausgewiesen werden. Bücher wie z.B. ?Judit? oder ?Tobias (Tobit)? stehen im Kanon des Alten Testaments.
Markante Formulierungen, die man langläufig aus der Lutherbibel kennt, finden sich in der Einheitsübersetzung nicht. Deshalb sollte die Überraschung zum Heiligabend nicht allzu groß sein, wenn beispielsweise das vertraute ?Es begab aber sich zu der Zeit …? in der Weihnachtsgeschichte sich im zweiten Kapitel des Lukasevangeliums nicht findet.
Einen wesentlichen Akzent setzen in dieser Ausgabe die 24 Farbabbildungen mit Werken Alter Meiser. Die Entscheidung für Grünewalds ?Isenheimer Altar? für die Kreuzigung und Auferstehung Jesu ist keine Überraschung.
Diese Akzentsetzung wird auch in der weiteren Bildauswahl deutlich. Mit ihrer Entstehungszeit gehen die Bilder nicht über das 18. Jh. hinaus. Gerhard Richters ?Verkündigung nach Tizian? hätte beispielsweise vorzüglich in den meisterlichen Zyklus gepasst. Die süßlich-barocke ?Mondsichelmadonna? von Bartolomé E. Murillo hätte man locker durch William Blakes Umsetzung dieses Motivs ersetzen können. Das wäre eine gute Vorwegnahme der Moderne gewesen.
Modern ist die Rolle der BILD in dieser fast rein kirchlichen Trias. Nach der Privataudienz im Vatikan heißt es ganz selbstverständlich: ?BILD ist die größte Zeitung Europas. Mit über zwölf Millionen Lesern täglich ist uns auch die Verbreitung der christlichen Glaubensbotschaft ein besonderes Anliegen. Wir sind überaus dankbar, dass der Heilige Vater seine Anerkennung für unsere Bemühungen so unmittelbar und deutlich mit einer Einladung zum Ausdruck gebracht hat?, so Diekmann. Die ?Volksbibel? ist begehrt. Ein Neudruck ist erst für 2005 geplant. Bis dahin müssen die 250.000 Exemplare fürs Volk reichen, denn die Druckerei ist im Zuge des Weihnachtsgeschäfts überlastet. In der seltsamen Ehe zwischen BILD und Kirche profitieren letztendlich beide. Sogar ganz massenwirksam.

Geschrieben von Arvid Hansmann, Uwe Roßner

Kartenspiele für Studenten

Eine Chip-Karte als Alleskönner

Wir leben in einer Gesellschaft der Multifunktionalität. Es gibt Handys mit eingebauter Kamera und MP3-Player und Computer, mit denen man gleichzeitig Radio hören, Fernsehen gucken und Briefe schreiben kann. Nun hat es auch unsere Ernst-Moritz-Arndt Universität getroffen. Sie sagt dem Kartendurcheinander im studentischen Portemonnaie den Kampf an. Statt verschiedener Karten für Mensa, Bibliothek und Kopierer soll es in Zukunft nur noch eine einzige so genannte ?SmartCard? geben.

?Wir wollen den Verwaltungsaufwand verringern und die Servicequalität erhöhen?, erklärt Michael Barsch die Ziele, die hinter der Einführung der Karte stehen. Barsch ist Mitarbeiter des Rechenzentrums und erarbeitet seit Anfang 2004 einen Antrag für die Finanzierung des Alleskönners. ?Erst wenn Kostenplanung und Finanzierung feststehen, kann eine deutschlandweite Ausschreibung erfolgen.? Das größte Problem: Die Kosten des Projekts sind schwer kalkulierbar.
Neben der Herstellung der Plastikkarten sollen auch Terminals aufgestellt werden, an denen sich die Studierenden dann mit ihrer smarten Karte zum Semesteranfang zurückmelden können. Die Bezahlung soll dann bequem bargeldlos erfolgen. Doch das Aufstellen dieser Terminals kostet erstmal viel Geld. Geld, das die Universität zurzeit nicht hat. ?Ich selbst bin für die Einführung der Karte?, erklärt Kanzler Thomas Behrens, ?allerdings kann ich mir aufgrund der Kosten nicht vorstellen, dass es damit im Jahr 2005 klappt.? Er selbst tippe da eher auf 2006, obwohl den neu immatrikulierte Studenten die SmartCard bereits bei der Einschreibung angekündigt worden war. Sogar ein Passbild mussten sie bereits abliefern, dass auch schon eingescannt wurde. Ein Vorgang, bei dem sich viele fragen, ob das mit den geltenden Datenschutzbestimmungen übereinstimmt.
Überhaupt gibt es einige Vorbehalte gegenüber der Karte. So könne sie auch als Zugangsberechtigung zu Uni-Gebäuden benutzt werden, wie dies zurzeit bereits im Computer-Pool des Rechenzentrums der Fall ist. Dies sei zwar prinzipiell zu begrüßen, doch könne dadurch ein genaues Bewegungsprofil eines jeden Studenten erstellt werden, so die Kritiker. Ein weiteres Problem stellt aus ihrer Sicht der MIFARE Chip dar, auf dem die Informationen gespeichert werden sollen. Dieser soll auch aus der Ferne abfragbar sein, was bei einigen Erinnerungen an George Orwells Big-Brother-Gesellschaft wachruft. Bedenken, die Michael Barsch nicht teilt. ?Der Chip wird zwar berührungslos abgefragt, aber dies kann nur im Zentimeter-Bereich geschehen.?
Ortswechsel. An der Uni Potsdam gibt es die SmartCard, die hier ?PUCK? (Potsdamer UniversitätChipKarte) heißt, bereits seit dem Sommersemester 2004. ?Bei uns gab es ein Hickhack um die Funktionen der Karte?, ist dort aus dem AStA zu erfahren. ?Zugangskontrollen, Geldbörse und Prüfungsanmeldungen halten wir für bedenklich.? Außer dem Namen und Vornamen, werden hier das Geburtsdatum, die Matrikel- sowie eine PIN-Nummer auf der Karte gespeichert. Alles Daten, die einer datenschutzrechtlichen Prüfung standhielten. Ein Potsdamer Student muss einmalig zehn Euro Pfand für seine Allround-Karte bezahlen, die er mit dem Semesterbeitrag entrichtet. Alternativ kann er die Karte für ebenfalls zehn Euro erwerben und hält dann seine Rückmeldung, das Semesterticket, seinen Bibliotheksausweis sowie eine Kopierkarte in Händen. Darüber hinaus kann er mit Hilfe der Karte seine Prüfungsergebnisse abrufen.
Was in Potsdam bereits Realität ist, ist in Greifswald noch Zukunftsmusik. ?Wir werden die Karte nur einführen, wenn alle in einem Boot sitzen?, erklärt Kanzler Behrens. ?Schließlich müssen die Studierenden die Karte akzeptieren.? Bis es also tatsächlich soweit ist, wird noch eine Menge Wasser den Ryck hinunter fließen und die Kartenspiele in den studentischen Portemonnaies weitergehen.

Geschrieben von Katarina Sass, Kai Doering

serie: die greifzelmännchen

Bitte lächeln!

Sie hat Jahre ihres Lebens in der Dunkelkammer verbracht, hat seit etlichen Dekaden den gleichen Arbeitsplatz und erlebt doch immer wieder Neues und Spannendes.
Die Rede ist von Sabine Haase, unserem Dezember-Greifzelmännchen. Frau Haase ist 62 Jahre alt und arbeitet seit 1960 in der Photostelle der Pressestelle der Universität, die zu DDR-Zeiten noch Hochschul-Film-und Bildstelle hieß.

Ihre Aufgabe zusammen mit 13 weiteren Angestellten war die Photodokumentation aller wichtigen  Uni-Events und der involvierten Personen. Außerdem wurden früher alle Promotionen und Habitilationen Photographisch hergestellt. In ihrer Arbeitszeit hat sie etliche Studenten vom Studium bis zur Professur begleitet, und hatte somit sehr persönlichen Kontakt zu den Rektoren und vielen Professoren. Auch Nationalpreisträger, sämtliche Bundespräsidenten ihrer Karriere und auch das Schwedische Königspaar hatte sie schon vor der Linse. Zudem war sie noch für die Erstellung von Wissenschaftlichen Filmen verantwortlich und hat somit den einen oder anderen 16mm Film im OP gedreht oder vorlesungsbegleitende Medien erstellt.
Seit 1993 ist ihre Stelle die einzige, die in diesem Bereich erhalten blieb. Da Einer nicht die Aufgaben von Dreizehn übernehmen kann wurde der Einsatzbereich auf die Dokumentation und Archivierung der großen und kleinen Unihöhepunkte beschränkt. Obwohl sie im Januar in Rente geht, will sie beim Uni-Jubiläum unbedingt dabei sein.
Außerdem möchte sie bei der Digitalisierung ihres 100.000 Negative umfassenden Archivs helfen. ?Das sind 40 Jahre Uni-Geschichte, die unbedingt erhalten bleiben müssen.”
Ihre Freizeit nutzt Frau Haase zum Lesen oder für ehrenamtliches Engagement in ihrer Kirchengemeinde, wo sie sich nach ihrer Pensionierung noch stärker einbringen möchte.

Verrankt

Wieder mal erregt ein Uni-Ranking die Gemüter

?Politik-Elite studiert in Greifswald? – so titelte die Ostseezeitung am 23. November in ihrem Lokalteil. Ausgangspunkt ist das neueste Hochschulranking, diesmal durchgeführt vom SPIEGEL, bei dem die Politikwissenschaftler aus Greifswald den vierten Platz von 43 Universitäten belegten. Für die Verantwortlichen in Institut und Universität sicher erfreulich, für viele jedoch auch eher fragwürdig.

Wie kam das Ergebnis eigentlich zustande? DER SPIEGEL hatte in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen McKinsey, sowie des Internet-Dienstleisters AOL zwischen April und Juli deutschlandweit über 50 000 Studenten via Internet befragt. Das Neue im Vergleich zu anderen Rankings: Nicht die Leistungsfähigkeit der Hochschulen wurde gemessen und bewertet, sondern die Studierenden standen im Mittelpunkt. Es ging um ihre Werdegänge, ihre Erfahrung bei Praktika sowie um Qualifikationen, die sie sich als studentische Hilfskräfte oder im Ausland angeeignet haben. Ziel war es, herauszufinden, an welchen Universitäten die Besten studieren. Die erfreulichen Ergebnisse aus Greifswalder Sicht: Die Politikwissenschaft belegt, wie erwähnt, den vierten von 43 Plätzen, die Biologie den 12. von 43 und die Medizin landet mit dem 16. Platz von 35 Universitäten immerhin im oberen Mittelfeld.
Die Studie verfolgte den Ansatz, die Diskussion um Elitehochschulen, die Anfang des Jahres hoch kochte und um die es in den letzten Monaten ruhig geworden ist, mit einem Fokus auf die Studierenden zu beleuchten. Die vorgelegten Zahlen zeigen allerdings, dass die Unterschiede in der Qualität der Studierenden zwischen den deutschen Universitäten nicht sonderlich groß sind. So liegen in der Chemie beispielsweise zwischen dem achten und dem 30. Platz gerade mal drei Punkte. Es ist also fraglich, ob dieser Ansatz, wie er von SPIEGEL und Co. gewählt wurde, in Anbetracht der gleichmacherischen Zugangsverhältnisse an deutschen Hochschulen heute bereits Ergebnisse zeigen kann. Solange die Universitäten ihre Studierenden noch nicht selbst aussuchen dürfen, werden die Unterschiede in der Qualität der Studenten in den einzelnen Fachbereichen gering bleiben. Da ist es doch auch zu verkraften, dass die EMAU in der Gesamtwertung, in die alle Hochschulen mit einbezogen wurden, an denen mindestens acht der 15 untersuchten Fächer gelehrt werden, gar nicht erst auftaucht.

Geschrieben von Kai Doering

neue serie: die sammlungen der universität

diesmal: die medizingeschichtliche sammlung

Die Sammlungen der Universität Greifswald

Laserchirurgie, satellitengestützte Kartographie, ambulanter Kaiserschnitt – in der Wissenschaft und Praxis hat man es ständig mit neuen Entwicklungen und Techniken zu tun, die das Leben und Arbeiten einfacher machen sollen. Der letzte Schrei ist heute gerade gut genug und morgen schon wieder von gestern.
An die neuen, angenehmen Methoden von heute gewöhnt man sich so schnell, dass man sich schon bald ein Leben ohne die eine bestimmte Technik gar nicht mehr vorstellen kann. Dass es vorher auch ohne ging ist klar, aber wie ist die Frage.
Auf der Suche nach Antworten kann ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit sehr nützlich und interessant sein. Engagierte Menschen an unserer Uni, die sich das auch dachten, haben in großer Sorgfalt Sammlungen historischer Gegenstände und Akten aus den Bereichen Medizin, Kartographie, Geburtshilfe und Kunst zusammengetragen, die in unterschiedlichem Umfang der Öffentlichkeit zum Betrachten und Studieren zugänglich sind. Für die Zukunft plant die Universität ein Schaumuseum, in dem alles zentral und attraktiv arrangiert ausgestellt werden kann. Momentan befinden sich die Sammlungen allerdings noch in den jeweiligen Instituten, in Lageräumen und Kellergewölben, wo sie auf so engem Raum leider weder vollständig noch im optimalen Licht ausgestellt werden können.
moritz hat sich auf die nicht ganz einfache Suche nach den versteckten Relikten der Wissenschaft gemacht und wird euch in einer neuen Serie die Sammlungen der Universität vorstellen.

Zeitreise in die Achtziger

Eine der Kandidatinnen mit akutem Platzproblem ist die medizingeschichtliche Ausstellung. Seit 1994 geführt und zu den Unitagen 2003 eröffnet, befindet sich diese zurzeit im Keller eines Plattenbaus in der Walther-Rathenau-Straße.

medizinisches Equipment aus dem vergangenen Jahrhundert

Wer bei dem Wort geschichtlich gleich an mittelalterlichen Hokuspokus oder Aderlass denkt, wird von dem nicht weniger interessanten Sortiment an medizinischen, hauptsächlich aus der DDR stammenden, Gegenständen überrascht sein. Auf etwa 60qm hat Kathrin Pscheidel, Historikerin und gelernte Krankenschwester, medizinisches Equipment des letzten Jahrhunderts zur Präsentation aufgebaut und szenentypisch ein Krankenhauszimmer und eine Arztpraxis eingerichtet.
Beim Betrachten der Ausstellungsstücke im ersten Raum wird bewusst, dass selbst Ausstattung aus den 80ern, mit der man selbst noch in Berührung gekommen sein könnte, schon der Geschichte angehören. So sind sicher einige von uns im heute völlig veralteten, in dezenten Brauntönen gehaltenen 80s-Inkubator (Brutkasten) aus Budapest ausgebrütet worden. Ein Gerät, das durch sein kantiges Design durchaus den modischen Geschmack seiner Zeit vertritt. Optisch wie technisch fügen sich noch einige andere Geräte in die 70er und 80er Jahre: zum Beispiel der, die oder das Elektrodermatom, seiner Zeit in Rumänien gefertigt. Bei Verbrennungen verwendete man ihn, um dünne Hautschichten abzutragen, eine Aufgabe, die heute wohl mit größter Wahrscheinlichkeit ein Präzisionslaser übernehmen würde. Oder der Narkoseautomat aus einer Zeit, als man sich noch mit Stickstoffmonoxid in den Operationsschlaf lachte. Das Schmuckstück der Gerätesammlung ist jedoch der mintgrün-metallige Otlaphari, eine HNO-Untersuchungsstation im Retrolook, mit der in den 70ern die oberen Körperöffnungen untersucht wurden. Sehr stylisch!
Im ?Krankenhauszimmer” fällt unter anderem. der Schieberständer ins Auge, in dem etwa acht der weiß-blau emaillierten Nachttoiletten morgens abgestellt wurden, um dann von Hand gereinigt zu werden. Natürlich ohne Handschuhe, denn die brauchte man damals für solche banalen Tätigkeiten nicht. Dass aber früher nicht alles schlechter war, sieht man zum Beispiel am speziellen Lichtbogen, mit dem die Betten für frisch operierte Patienten angewärmt wurden. Etwas, wofür heute bestimmt keine Zeit bleibt.

Stumpfe Spritzen tun halt weh
 
Im Praxisraum gibt es einen großen Arztschreibtisch, eine ungepolsterte Holzliege und wenig Vertrauen erweckende Arzneimittel der letzten 50 Jahre zu sehen. Alte Spritzen und Nadeln, die noch vom Arzt selbst sterilisiert wurden, zeigen wie gut wir es doch heute eigentlich haben. Interessant vor allem zu wissen, dass die Verschleißerscheinungen an den Spritzen meistens Widerhaken an den Nadelspitzen oder Stumpfheit waren. Es tat eben alles etwas doller weh….
Ein großer Teil der bislang nur bruchstückhaft ausgestellten Sammlung, unter anderem Krankenakten aus den 20er Jahren, befindet sich leider eingemottet im Lager und wartet darauf, im Schaumuseum wieder das Tageslicht zu erblicken.
Bis es soweit ist, kann man sich aber nach kurzer telefonischer Rücksprache jederzeit die bereits bestehende Ausstellung ansehen. Je nach Interessenlage kann man sich von der Ausstellungsbetreuerin alles, von Aufgaben einer Krankenschwester, die in grauer Vorzeit z.B. auch Nähen und Bügeln umfassten, bis hin zu Flammenphotometern oder antiquierten Fitnessfahrrädern, persönlich erklären lassen. Dabei gibt es zweifellos viel zu bestaunen und trotz der Gewissheit, nie mit einer überdimensional großen, im Do-it-yourself-Verfahren sterilisierten Kanüle ein für heutige Verhältnisse schlechtdosiertes Medikament verabreicht zu bekommen, verirrt sich schon der eine oder andere Schauer über den Rücken des Betrachters.

Geschrieben von Juliane Hesse, Anne Schuldt