Eine Chip-Karte als Alleskönner

Wir leben in einer Gesellschaft der Multifunktionalität. Es gibt Handys mit eingebauter Kamera und MP3-Player und Computer, mit denen man gleichzeitig Radio hören, Fernsehen gucken und Briefe schreiben kann. Nun hat es auch unsere Ernst-Moritz-Arndt Universität getroffen. Sie sagt dem Kartendurcheinander im studentischen Portemonnaie den Kampf an. Statt verschiedener Karten für Mensa, Bibliothek und Kopierer soll es in Zukunft nur noch eine einzige so genannte ?SmartCard? geben.

?Wir wollen den Verwaltungsaufwand verringern und die Servicequalität erhöhen?, erklärt Michael Barsch die Ziele, die hinter der Einführung der Karte stehen. Barsch ist Mitarbeiter des Rechenzentrums und erarbeitet seit Anfang 2004 einen Antrag für die Finanzierung des Alleskönners. ?Erst wenn Kostenplanung und Finanzierung feststehen, kann eine deutschlandweite Ausschreibung erfolgen.? Das größte Problem: Die Kosten des Projekts sind schwer kalkulierbar.
Neben der Herstellung der Plastikkarten sollen auch Terminals aufgestellt werden, an denen sich die Studierenden dann mit ihrer smarten Karte zum Semesteranfang zurückmelden können. Die Bezahlung soll dann bequem bargeldlos erfolgen. Doch das Aufstellen dieser Terminals kostet erstmal viel Geld. Geld, das die Universität zurzeit nicht hat. ?Ich selbst bin für die Einführung der Karte?, erklärt Kanzler Thomas Behrens, ?allerdings kann ich mir aufgrund der Kosten nicht vorstellen, dass es damit im Jahr 2005 klappt.? Er selbst tippe da eher auf 2006, obwohl den neu immatrikulierte Studenten die SmartCard bereits bei der Einschreibung angekündigt worden war. Sogar ein Passbild mussten sie bereits abliefern, dass auch schon eingescannt wurde. Ein Vorgang, bei dem sich viele fragen, ob das mit den geltenden Datenschutzbestimmungen übereinstimmt.
Überhaupt gibt es einige Vorbehalte gegenüber der Karte. So könne sie auch als Zugangsberechtigung zu Uni-Gebäuden benutzt werden, wie dies zurzeit bereits im Computer-Pool des Rechenzentrums der Fall ist. Dies sei zwar prinzipiell zu begrüßen, doch könne dadurch ein genaues Bewegungsprofil eines jeden Studenten erstellt werden, so die Kritiker. Ein weiteres Problem stellt aus ihrer Sicht der MIFARE Chip dar, auf dem die Informationen gespeichert werden sollen. Dieser soll auch aus der Ferne abfragbar sein, was bei einigen Erinnerungen an George Orwells Big-Brother-Gesellschaft wachruft. Bedenken, die Michael Barsch nicht teilt. ?Der Chip wird zwar berührungslos abgefragt, aber dies kann nur im Zentimeter-Bereich geschehen.?
Ortswechsel. An der Uni Potsdam gibt es die SmartCard, die hier ?PUCK? (Potsdamer UniversitätChipKarte) heißt, bereits seit dem Sommersemester 2004. ?Bei uns gab es ein Hickhack um die Funktionen der Karte?, ist dort aus dem AStA zu erfahren. ?Zugangskontrollen, Geldbörse und Prüfungsanmeldungen halten wir für bedenklich.? Außer dem Namen und Vornamen, werden hier das Geburtsdatum, die Matrikel- sowie eine PIN-Nummer auf der Karte gespeichert. Alles Daten, die einer datenschutzrechtlichen Prüfung standhielten. Ein Potsdamer Student muss einmalig zehn Euro Pfand für seine Allround-Karte bezahlen, die er mit dem Semesterbeitrag entrichtet. Alternativ kann er die Karte für ebenfalls zehn Euro erwerben und hält dann seine Rückmeldung, das Semesterticket, seinen Bibliotheksausweis sowie eine Kopierkarte in Händen. Darüber hinaus kann er mit Hilfe der Karte seine Prüfungsergebnisse abrufen.
Was in Potsdam bereits Realität ist, ist in Greifswald noch Zukunftsmusik. ?Wir werden die Karte nur einführen, wenn alle in einem Boot sitzen?, erklärt Kanzler Behrens. ?Schließlich müssen die Studierenden die Karte akzeptieren.? Bis es also tatsächlich soweit ist, wird noch eine Menge Wasser den Ryck hinunter fließen und die Kartenspiele in den studentischen Portemonnaies weitergehen.

Geschrieben von Katarina Sass, Kai Doering