Nächster Halt: 49-Euro-Ticket. Für Informationen und genauere Details bitte in Fahrtrichtung links aussteigen

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Ab diesem Mai wird das neue Deutschlandticket für einen Preis von 49 Euro pro Monat eingeführt. Es soll das Reisen im Nahverkehr auf nationaler Ebene ermöglichen und schließt somit an das 9-Euro-Ticket von letztem Jahr an. Alle Details zum Ticket wie auch zu bereits geplanten Vergünstigungen werdet ihr im weiteren Verlauf dieses Artikels finden.

Erste Station: Wie kam das 49-Euro-Ticket zustande?

Für nur 9 Euro deutschlandweit mit allen Verkehrsmitteln des öffentlichen Nahverkehrs reisen können – die Rede ist natürlich vom 9-Euro-Ticket, welches letztes Jahr für den Zeitraum von Anfang Juni bis Ende August das Reisen für wenig Geld ermöglichte. Das 9-Euro-Ticket wurde damals als eine Initiative der Bundesregierung zur Entlastung der Bürger*innen aufgrund stark gestiegener Lebenshaltungskosten eingeführt. Das Ticket sorgte für viel Aufmerksamkeit und eine ebenso große Nutzung. Selbstredend gab es sehr viel Zustimmung von den Bürger*innen, das Ticket zu verlängern oder mindestens wieder zurückzubringen. Die Diskussionen um einen potentiellen Nachfolger haben auch nicht lange auf sich warten lassen. Nach mehreren Monaten Planung und Besprechung hat die Deutsche Bahn nun das sogenannte Deutschlandticket, auch 49-Euro-Ticket, angekündigt. Ab dem 1. Mai soll das Ticket in Kraft treten. Das Deutschlandticket wird dann im Rahmen des dritten Entlastungspakets des Bundes als dauerhaftes Zeitkartenangebot eingeführt.

Zweite Station: Vergünstigungen sind geplant.

Das 49-Euro-Ticket in seiner Ursprungsform ist nicht übertragbar, ermöglicht keine Mitnahme von weiteren Personen, Fahrrädern oder Tieren und soll als Monatsticket 49 Euro kosten. Zudem soll es nur als digitales Ticket für das Handy oder als Chipkarte verfügbar sein. Wer noch weitere Fragen zur Fahrkarte hat, kann auf der Website der Deutschen Bahn vorbeischauen und sich dort die häufig gestellten Fragen nochmal anschauen. Wem die 49 Euro monatlich zu teuer sind, braucht nun aber noch nicht zu verzagen. Da das Thema Nahverkehr Ländersache ist, wird jedes Bundesland diesbezüglich wahrscheinlich eigene Regelungen und Vergünstigungen durchsetzen. So soll ab Sommer beispielsweise eine vergünstigte Variante des 49-Euro-Tickets für alle Senior*innen in MV angeboten werden. Es ist ein Nachlass von knapp 20 Euro geplant. Des Weiteren sind auch Vergünstigungen für andere Nachfragegruppen vorgesehen. Der Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zufolge soll das Ticket mit dem bereits existierenden Azubi-Ticket kombiniert werden. Auszubildende, Berufsschüler*innen, Freiwilligendienstleistende und Beamtenanwärter*innen sollen so für gerade einmal 29 Euro monatlich durch ganz Deutschland fahren können.

Das Land zahlt die Differenz – und gibt jungen Menschen bei uns in MV die Chance auf preiswerte und nachhaltige Mobilität.

Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Dritte Station: Was ist mit den Studierenden?

Für die Studierenden sind jedoch erstmal keine Ermäßigungen von den Ländern geplant gewesen. Die Universitäten scheinen aber nun selber Reaktionen diesbezüglich zu zeigen. In den meisten Bundesländern erhalten die Studierenden ein Semesterticket, welches das Reisen im lokalen Raum ermöglicht, ab Anfang des Semesters gilt und dann abgerechnet wird. Da das Deutschlandticket jedoch erst ab dem 01. Mai erhältlich ist, haben manche Studierende nicht wirklich etwas davon. Ein Umtausch des bereits benutzten Semestertickets gegen das 49-Euro-Ticket ist keine Möglichkeit, da die Verkehrsbetriebe dies mit zu viel bürokratischem Aufwand begründen. Also haben die meisten Studierenden erst ab kommendem Semester was von dem Deutschlandticket. Vergünstigungen sind dafür in Bundesländern wie Bayern schon in Form eines Solidarmodells angedacht, welches das Ticket für nur 29 Euro zur Verfügung stellt. Auch in Mecklenburg-Vorpommern haben Standorte wie Rostock bereits Pläne zur Einbindung des 49-Euro-Tickets. So soll es ab dem 01. Mai möglich sein, für einen Aufpreis von 28,40 Euro auf den Semesterbeitrag das Semesterticket zu einem Deutschlandticket aufzustocken. So können Studierende der Uni Rostock nicht mehr nur noch in Rostock und Umgebung reisen, sondern durchs ganze Land. Jedoch ist dies noch weit entfernt von einer Einführung eines vergünstigten Ticktes in allen Bereichen Mecklenburg-Vorpommerns und erst recht nicht in ganz Deutschland. Auf die Frage, ob Studierende ebenfalls eine vergünstigte Variante des 49-Euro-Tickets haben sollten, antwortet unser AStA-Vorsitz Robert K. Gebauer Folgendes:

Hier lautet meine Antwort ganz klar: JA! Laut dem Statistischen Bundesamt lebt jede*r dritte Student*in unterhalb der Armutsgrenze. Es wäre aus meiner Sicht nur logisch, die Studierenden in MV finanziell zu entlasten und sie somit nicht von der Mobilitätswende auszuschließen. Wir sehen bereits, dass in einigen Bundesländern die jeweiligen Landesregierungen genau an diese Argumentation anknüpfen und auch für Studierende eine vergünstigte Version anbieten.

Robert K. Gebauer, AStA-Vorsitz Universität Greifswald

Zu den unterschiedlich fortgeschrittenen Diskussionen und Beschlüssen in den verschiedenen Bundesländern fügt er hinzu:

Dass sich das Wissenschaftsministerium noch nicht zu diesem Vorhaben geäußert hat, schafft eine Ungerechtigkeit zwischen den einzelnen Bundesländern. Am Ende sind es wieder einmal die 40.000 Studierenden in MV, die vergessen wurden. Wir werden als Studierendenvertretung, in Zusammenarbeit mit der LKS, weiter darauf hinarbeiten, dass das vergünstigte Ticket auch in MV erhältlich sein wird.

Robert K. Gebauer, AStA-Vorsitz Universität Greifswald

Die ersten Schritte wurden auch schon in der letzten StuPa-Sitzung getätigt, in der sich das Parlament für die Legislatur 2023/2024 konstituierte. Denn dort wurde bereits einstimmig dafür gestimmt, dass der AStA sich für die Einführung des Deutschlandtickets zu vergünstigten Konditionen in Mecklenburg-Vorpommern einsetzt.

Endstation: Ein Semesterticket in Greifswald?

Die Universitäten werden also nach und nach aktiv beim Thema Deutschlandticket. Es ist jedoch zumindest fragwürdig, warum Studierende nicht von Anfang an von den Ländern in die Planung hinsichtlich Vergünstigungen einbezogen wurden. Das Thema 49-Euro-Ticket ist aber wahrscheinlich sowieso noch nicht komplett abgehandelt. Es werden in Zukunft mit Sicherheit noch weitere Änderungen folgen. Was bestimmt auch interessant zu wissen sein wird, ist, ob auch andere Universitäten, die zur Zeit keine Form von Semesterticket besitzen, von dem für Studis vergünstigten Ticket Gebrauch machen werden und dieses auf Kosten eines erhöhten Semesterbeitrags einführen werden. Dies kann abhängig vom Standort mit Sicherheit Vorteile wie auch Nachteile mit sich bringen. Ob so ein Vorhaben in Greifswald Erfolg versprechen würde, ist noch sehr fraglich. Robert K. Gebauer äußerte sich dazu so:

Ich denke, wir sind erst einmal sehr froh, wenn das 29-Euro-Ticket in MV kommt! Eine Einarbeitung in den Semesterbeitrag ist meines Erachtens nicht zielführend. Es sollte jedem*jeder selbst obliegen, zu entscheiden, ob das Ticket benötigt wird. Da viele Studierende von außerhalb kommen, fahren sie zum Beispiel auch mit Fernzügen. Dies würde dann finanziell noch zusätzlich Kosten verursachen und die Studierenden belasten, da der Fernverkehr nicht im 49-/29-Euro-Ticket mit inbegriffen ist. Da wir erst einen Anstieg des Semesterbeitrages erlebt haben, scheint mir eine weitere Erhöhung nicht angemessen, da sich die Studierendenschaft bereits gegen die vorherige Anhebung ausgesprochen hat.

Robert K. Gebauer, AStA-Vorsitz Universität Greifswald

Er fügte zudem noch hinzu, dass eine weitere Erhöhung des Semesterbeitrages die Attraktivität von Greifswald als Studierendenstandort mindern könnte. Greifswald profitierte bisher immer von seinen vergleichsweise geringen Semesterbeiträgen und weitere Kostensteigerungen könnten der Universität langfristig mit Sicherheit schaden. Es muss also eine andere Lösung her, um den Studierenden das Deutschlandticket günstiger zur Verfügung stellen zu können. Eine bundesweite Einbindung der Studierenden in den Kreis der Privilegierten, die bereits Gebrauch machen können von den Vergünstigungen, wäre wohl der direkteste Schritt. Es bleibt aber noch abzuwarten, was der nächste Stopp des Bundes und der Länder auf der Fahrt in Richtung eines potentiellen 29-Euro-Tickets ist.

Beitragsbild: Christian Lue auf Unsplash

FiSH-Festival

FiSH-Festival

Endlich ist es soweit! Pünktlich zum Auftakt der Festivalsaison lädt das Norddeutsche Äquivalent der Filmfestspiele in Cannes wieder zu einem der Jahreshighlights eines jeden Bewegtbildenthusiasten ein. Vom 28.04 bis 01.05. wird aus dem idyllischen Stadthafen von Rostock zum 19. Mal eine Bühne des Schauspiels für Filmschaffende wie für Filmfreunde.

Auch dieses Jahr findet wieder traditionell das Filmfestival im Stadthafen, oder auch einfach FiSH-Festival genannt, statt. Hierbei kommen Jung und Alt, Groß und Klein auf ihre Kosten, wenn wieder Filmvorstellungen, Events und Filmgespräche in zahlreichen Locations rund um den Stadthafen geplant sind. Dabei könnt ihr auch Regisseur*innen aus Ländern in ganz Europa, wie beispielsweise Norwegen, Dänemark, Estland und viele mehr antreffen.

Auf der dazugehörigen Website findet ihr das aktuelle Programmheft, sowie eine Übersicht über die Tickets mit den jeweiligen Preisen. Auch der festivaleigene Podcast (Clickbait) wird vertreten sein, bei dem sich auch junge Medienschaffende beteiligen können. In diesem geht es unter anderem um Themen wie Nachhaltigkeit beim Filmdreh, Auswirkungen von Corona auf die Filmbranche oder Einfluss der Streamingplattformen auf die Kinowelt geht.

Doch falls ihr dachtet, das war es schon mit den Neuigkeiten für euch. Falsch gedacht! Ihr habt hier die Chance fünf Mal eine Freikarte für das Festival inklusive Zugticket zu gewinnen. Was ihr dazu machen müsst, erfahrt ihr dann in der kommenden Woche über unseren Instagram-Channel.

Das wichtigste im Überblick:
Wann: 28.04 bis 01.05.
Wo: im Stadthafen Rostock
Ticket: gibt es hier!

und hier findet ihr das Gewinnspiel
!

Beitragsbild: FiSH-Festival

Studentische Prorektor*innen? Ein Interview mit Titus Wiesner aus Rostock

Studentische Prorektor*innen? Ein Interview mit Titus Wiesner aus Rostock

Diesen Oktober wählt der Senat unserer Uni eine*n neue*n Rektor*in. Mit dem Ausscheiden unserer jetzigen Rektorin Frau Prof. Dr. Weber Ende März 2021 muss das Amt neu besetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Prorektor*innen neu gewählt. Im Laufe der Gespräche mit den Bewerber*innen hat sich ergeben, dass auch ein studentisches Prorektorat eingeführt werden könnte. In Deutschland gibt es insgesamt nur vier Hochschulen, die eine*n studentische*n Prorektor*in (oder eine*n studentische*n Vizepräsident*in) mit Stimmberechtigung haben: die Universität Rostock und die Zeppelin Universität sowie die Hochschulen Potsdam und Eberswalde.

Das Rektorat (oder Präsidium, dafür gibt es unterschiedliche Benennungen) einer Hochschule ist für die rechtliche Außenvertretung und somit für alle organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Aufgaben der Hochschule, aber auch für die Außenrepräsentation und die strategische Steuerung von Studium, Forschung und Lehre verantwortlich. Das Rektorat wird geleitet von der Rektorin. Für die Verwaltung ist der Kanzler (bei uns Herr Dr. Frank Schütte) zuständig. Zudem sind weitere Prorektor*innen Mitglieder des Rektorates und übernehmen verschiedene Ressorts bzw. Geschäftsbereiche. Diese Aufgaben werden momentan von Frau Prof. Riedel im Bereich Forschung und Transfer sowie internationale Angelegenheiten und Gleichstellung und Herrn Prof. Fleßa im Bereich Studium, Lehre und Weiterbildung wahrgenommen.

Seit der Novellierung des Landeshochschulgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern gibt es die Möglichkeit, dass neben dem*der Hochschulleiter*in, dem*der Kanzler*in und zwei hauptamtlichen Professor*innen bis zu zwei weitere Mitglieder der Hochschule Teil des Rektorats sein können (§ 82 (2)). Die Grundordnung unserer Universität sieht nur eine*n hauptamtliche*n Professor*in und ein Mitglied der Hochschule vor, dieses kann nach § 3 (1) allerdings auch aus der Studierendenschaft kommen. In diesem Sinne gab es im Jahr 2011 bereits Anträge aus der Greifswalder Studierendenschaft, ein studentisches Prorektorat fest in die Grundordnung mit aufzunehmen. Wie ihr hier im webmoritz. nachlesen könnt, war der damalige Antrag nicht erfolgreich.

Um einen kleinen Einblick in dieses noch recht seltene Amt zu geben, haben wir mit dem studentischen Prorektor aus Rostock, Titus Wiesner, gesprochen. Er ist bereits in seiner zweiten Amtszeit, als Interessenvertretung und Stimme der Studierenden im Rektorat beteiligt und wirkt darüber hinaus an der Kommunikation zwischen den einzelnen Akteur*innen der Universität mit.

Hallo Titus! Warum hast du Dich damals auf das Amt beworben?
Das ist ja jetzt schon meine zweite Amtszeit, also ich hatte mich schon Ende 2018 quasi dafür entschieden zu kandidieren. Da war ich noch gar nicht lange in der Hochschulpolitik aktiv. Ich war da ein Dreivierteljahr bei der Juso-Hochschulgruppe und auch bei uns im StuRa [Studierendenrat, wie unser StuPa] gewähltes Mitglied und habe dann über einen Bekannten von dem Amt erfahren. Das hat mich sehr gereizt, weil es irgendwie was war, was ich gar nicht so kannte und was es auch an vielen Hochschulstandorten gar nicht gibt. Also war es dieses sehr Besondere, diese Herausforderung. Das Amt wird auch viel mit Verantwortung assoziiert, das ist was, was einen indirekt vielleicht auch reizt, aber eigentlich diese Herausforderung und diese Vision, da auch was zu bewegen.

Du bist ja jetzt in deiner zweiten Amtszeit. Was würdest du sagen, wo konntest du von deiner studentischen Seite ausgehend bisher mitwirken?
Wir hatten vor ein paar Monaten unter anderem die Diskussionen zu prüfungsfreien Zeiträumen. Die entstand so ein bisschen aus der Lehramtsrichtung, um eine Möglichkeit für die Pflichtpraktika in den vorlesungsfreien Zeiten zu schaffen, wo definitiv keine Prüfungen stattfinden und dann außen rum zwei Prüfungskorridore liegen. Das war natürlich schwierig, weil da verschiedene Positionen zu bestehen oder bestanden, die das kritisiert haben. Aber ich glaube, dass ich auch in der Kommunikation mit dem StuRa dazu beigetragen habe, eine Kompromisslösung oder eine gute Lösung für alle Seiten zu finden, sodass auch die Studierenden damit größtenteils zufrieden waren und wir das über die Verwaltung umgesetzt bekommen haben.
Das wäre jetzt so ein praktisches Beispiel, letztendlich ist es immer so, dass ich auf den meisten Sitzungen der Studierendenschaft auch anwesend bin. Das heißt, wenn da Fragen sind oder Klärungsbedarf ist, ich auch direkt angesprochen werden kann und ich das dann auch versuche zu lösen und somit ein kurzer Rat vorhanden ist. Das ist in meinen Augen auch die Kernaufgabe, da diese Mittlerposition zu haben.
Ansonsten kann man sich ja auch eigene Projekte aussuchen. Da hatte ich mir beispielsweise vorgenommen, die Erste-Hilfe-Situation an unserer Universität zu verbessern. Wir haben dann unter anderem die Ausstattung mit Defibrillatoren verbessert und ich bin gerade dabei, kostenlose Erste-Hilfe-Kurse für Studierende zu schaffen. Das sollte man natürlich mit dem Rektorat absprechen, aber wenn man eigene Ideen mitbringt, hat man da recht „freie Hand“. Mein Vorgänger hat sich beispielsweise für das Thema Studieren mit Kind(ern) weiter stark gemacht.

Ist dir etwas Besonderes im Kopf geblieben, was du durch deine Position im Rektorat mitbekommen hast?
Ja gut, das letzte Semester war natürlich sehr besonders, ich glaube, das muss ich dir und allen anderen nicht erzählen. Das ist dann natürlich schon so, dass man etwas mehr mitbekommt, was im Hintergrund abläuft.
Was mich abseits von dem eigentlichen Amt sehr erfreut hat, ist, dass der Bereich der Digitalisierung der Lehre so einen Schub nahm. Das ist interessant, weil ich bei meinem ersten Amtsantritt gesagt habe, ich würde gerne die Digitalisierung von Lehrveranstaltungen vorantreiben. Und das wurde mir jetzt quasi so ein bisschen abgenommen durch die Pandemie, und da fand ich interessant, wie die Leute vorher teilweise sehr verschlossen gegenüber diesem Thema waren und das jetzt mit einem Mal — weil es halt sein musste — dann irgendwie doch geht. Das zeigt mir, dass man manchmal nicht aufgeben sollte, nur weil jemand sagt „Oh das geht vielleicht nicht“, sondern dass man da dann noch zwei, drei Mal nachhaken sollte, warum es denn nicht geht.

Das ist doch ein schöner Übergang zu der nächsten Frage: Warum ist das Amt in deinen Augen sinnvoll und wie konntest du insbesondere bei der Corona-Pandemie feststellen, dass du als Studierender dort mitwirken konntest?
Also grundsätzlich glaube ich, dass es einfach immer wichtig ist, dass bei Entscheidungen, die eine Hochschule trifft — und die werden nun mal vor allem in der Hochschulleitung getroffen und natürlich auch im Senat und Konzil (bei euch im erweiterten Senat) — immer eine studentische Perspektive mit drin sein sollte. Die Hauptgruppe innerhalb einer Hochschule sind nun mal die Studierenden und da halte ich es für besonders wichtig, dass diese Position auch immer mit einfließt.
Das sehe ich auch abseits von der Hochschulleitung so: Auch in anderen akademischen Gremien ist es enorm wichtig, eine studentische Perspektive einzubringen, weil das nun mal die Personengruppe ist, um die sich in meinen Augen auch viel dreht. Es ist natürlich nicht so, dass alle Entscheidungen, die im Rektorat getroffen werden, direkt die Studierenden betreffen, aber ich glaube schon, dass alles indirekt damit zu tun hat. Wenn es dann Entscheidungen sind, die die Studierenden betreffen, ist es dann nochmal besonders wichtig, so eine Position mit drin zu haben und dann auch die Stimmberechtigung zu haben.
Es gibt auch verschiedene Konzepte an manch anderen Hochschulen, wo es dann eine beratende Funktion gibt. Das ist auch gut; das ist schonmal besser, als wenn gar keine Verbindung zu der Hochschulleitung besteht. Aber ich glaube, gerade auch diese Stimmberechtigung trägt dazu bei, dass eine gemeinsame Entscheidung vernünftig getroffen werden kann.

Ihr hattet ja den Fall mit dem studentischen Prorektor Heiko Marski, der damals aus Versicherungsproblemen gegen die Uni geklagt hatte. Wie ist dein Status jetzt?
Das ist bewusst keine „Arbeit“. Ich habe auch nicht wie die anderen Prorektoren einen offiziellen Schreibtisch oder so, also ich nutze unter anderem das AStA-Büro mit. Es ist auch nicht so, dass das ein Lohn ist und ich feste Aufgabenbereiche habe, um quasi genau dieses Problem, was damals in der Rechtsstreitigkeit bestand, nicht wieder hervorzuholen. Wobei man dazu auch sagen muss, das ist glaube ich auch wichtig anzumerken, dass das damals von dieser bestimmten Person ausging. Seitdem gab es auch nicht mehr solche „Ausreißer“ und die Lösung ist glaube ich eine sehr gute.

Was genau meinst du mit der Lösung?
Dass man quasi eine Aufwandsentschädigung bekommt für diese Arbeit, die aber nicht genauer definiert ist, sondern halt wirklich nur dieses Amt benennt.

Was für Schwierigkeiten oder Hürden hattest du denn sonst in deiner Amtszeit oder hast du bei anderen mitbekommen?
Naja, es ist schon häufig so, dass man ein bisschen zwischen den Stühlen steht, weil man ja auch weiterhin Studierender ist und das Studium geht natürlich vor. Andererseits ist man Teil der Hochschulleitung und hat dann die Beschlüsse, die diese fasst, mit nach außen zu tragen. Das kann natürlich manchmal zu inneren Konflikten führen, die man mit sich selbst vereinbaren muss. Was aber häufig auch gut klappt, weil die Beschlüsse, die man im Rektorat fasst, auch gute Konsenslösungen sind.
Und es wird auch hingehört, das ist auch bei allen anderen Rektoratsmitgliedern so, wenn irgendjemand Bedenken an irgendeiner Vorlage hat. Dann wird versucht, einen Konsens herbeizuführen, und so ist es ebenfalls, wenn ich Bedenken äußern würde. Ich glaube, das trägt dazu bei, dass wir da meistens recht gute Lösungen finden. Manchmal auch nicht, das wird dann von manch anderen anders gesehen, aber das muss man aushalten. Das gehört vielleicht auch dazu, dass man Kritik aushalten muss.

Wurde dir schon mal von studentischer Seite vorgeworfen, dass du gerade mehr im Sinne des Rektorats sprichst, denkst oder handelst?
Nein, direkt vorgeworfen wurde mir das nicht. Das kann natürlich sein, dass ich dann manchmal schon mehr als der „aus der Hochschulleitung“ gesehen werde und irgendwie da verantwortlich gemacht werde, aber das ist ja auch nicht meine alleinige Verantwortung. Es ist halt eher so, dass das dann kritisiert wird und das ist teilweise auch zu Recht und dann muss man dort schauen, wie man eine Lösung findet. Und dafür bin ich dann ja auch offen. Ich sage ja nicht, dass ich die 100-Prozent-Lösung weiß und immer richtig entscheide, deswegen versuche ich auch möglichst viel mit den studentischen Gremien abzustimmen und da nicht mein eigenes Ding zu fahren. Darum geht es mir auch nicht, es geht mir darum, eine große breite Masse zu repräsentieren oder eine Perspektive einzubringen und nicht nur meine.

Inwiefern kannst du es denn mit deinem Studium vereinbaren, zu all den Sitzungen zu gehen und deine Freizeit dafür aufzugeben?
Man muss schon sagen, dass es zeitlich ein recht großer Aufwand sein kann. Es ist viel Sitzungszeit, das stimmt. Es ist so, dass man halt bei ganz vielen Gremien auch einfach beratend tätig ist und teilnehmen sollte, aber es auch nicht muss. Also wenn man jetzt mal keine Zeit hat, dann ist es auch nicht dramatisch. Es ist natürlich zu empfehlen, überall dabei zu sein, aber das Wichtigste ist, irgendwie im Geschehen mit drin zu sein oder es mitzubekommen.
Und natürlich ist es wichtig, dass auch die Dozierenden — das ist jetzt in meinem Fall Zahnmedizin — da Verständnis für aufbringen, wenn man mal bei einem Kurs fehlt oder einen anderen Termin ausmacht.
Man muss auch viel von seiner Freizeit investieren, man muss es schon als Hobby betreiben. Aber ich glaube, das ist auch bei jeder Arbeit in der Hochschulpolitik so, das ist im AStA nichts anderes.

Wie hast du dich gefühlt, insbesondere zum Beginn deiner Amtszeit, als studentisches Mitglied mit am Tisch zu sitzen?
Am Anfang war es natürlich aufregend. Die Sitzungen finden ja im Büro des Rektors statt und da war ich vorher nur ein Mal, als ich mich vorgestellt habe. Da setzt man sich dann an diesen großen Tisch. Ich wusste natürlich erstmal nicht, wo ich mich jetzt hinsetze, aber da haben mich dann auch die anderen Rektoratsmitglieder sehr nett empfangen und ein bisschen an die Hand genommen. In den ersten Sitzungen ist man dann schon mal ein bisschen ruhiger und hört sich das einfach an, aber ich habe mich dann schon schnell zurechtgefunden und auch dank der anderen im Rektorat, Herrn Schareck und seiner Referentin, recht schnell einarbeiten können. Und mein Vorgänger stand mir da natürlich auch zur Seite und das ist glaube ich auch wichtig, dass man so eine Wissensweitergabe seitens der Vorgänger*innen hat.

Was für übergreifende Erfahrungen kannst du daraus mitnehmen?
Eine Erfahrung ist, dass es nie die 100-Prozent-Lösung gibt. Dass man nie allen gerecht werden kann und man immer versuchen muss, einen Kompromiss zu finden. Das hört sich irgendwie doof an, aber das ist einfach fast immer so. Dabei ist es dann wichtig, einen Kompromiss zu finden, an dem alle beteiligt sind und sich nicht eine Gruppe mehr beteiligt fühlt als die andere. Das ist glaube ich mehr die Herausforderung, denn dass man alle von der einen Lösung überzeugen kann, ist meist utopisch. Das habe ich auch gelernt in den letzten anderthalb Jahren, dass das auch gar nicht der Anspruch sein muss.

Was ist deine Einschätzung, warum es an so vielen Hochschulen kein studentisches Prorektorat gibt?
Ich glaube, bei vielen ist es erstmal so, dass sie auch nicht unbedingt die Möglichkeit haben, weil das Landeshochschulgesetz oder die jeweiligen Gesetze in den Ländern das nicht zulassen oder das nicht vorsehen. Und dass in den Ländern, in denen das möglich wäre, wie jetzt beispielsweise in M-V, viele Bedenken haben, das einzuführen, weil es irgendwie neu ist. Weil es etwas ist, was mit sehr viel Verantwortung verbunden ist, wo man irgendwie Befürchtungen hat, dass man überhaupt jemanden findet und ob das dann auch so funktioniert, wie man sich das seitens der studentischen Seite vorstellt. Da ist vielleicht auch das Problem, dass man sich innerhalb der Studierendenschaft gar nicht darüber einig ist, ob das jetzt so gut oder schlecht ist.
Ich habe auch schon mit Leuten aus Greifswald und Stralsund darüber gesprochen. Ich sage denen auch immer: Ihr müsst euch in der Studierendenschaft erstmal einig sein. Haltet ihr das für sinnvoll? Seht ihr die Vorteile darin wirklich? Und wenn ihr euch darin einig seid, dann könnt ihr das natürlich weiter vorantreiben, aber wenn in der Studierendenschaft schon Bedenken bestehen, dann ist es schwierig. Ich glaube da können auch diejenigen, die gerade studentische Prorektor*innen sind, dazu beitragen diese Angst zu nehmen oder die Studierendenschaften besser aufzuklären. Und deswegen finde ich es auch wichtig, dass ich da immer mit Leuten darüber spreche und auch das StuPa in Stralsund beispielsweise mal besucht habe und die mir Fragen stellen konnten. Weil das einfach was Neues ist und man dann ja erstmal ein bisschen skeptisch ist, was ja auch verständlich ist und legitim. Und dadurch, dass es ja auch nur so wenige gibt, spricht sich das ja natürlich nicht so schnell rum. In M-V ist es jetzt aber glaube ich bekannt, dass es die Möglichkeit dafür gibt.

Was sagst du, sollte Greifswald auch eine*n studentische*n Prorektor*in haben?
Ich glaube, dass Greifswald sich damit sehr positiv weiterentwickeln würde, gerade in Hinblick auf die Kommunikation zwischen der Studierendenschaft, den studentischen Gremien und der restlichen Hochschulgemeinde und der Hochschulleitung explizit.
Ich glaube, dass es auch sehr förderlich wäre, um konstruktiver zu arbeiten. Ich will gar nicht sagen, dass in Greifswald nicht konstruktiv gearbeitet wird, aber dass viele Konflikte, die eventuell jetzt noch bestehen, durch so ein Amt gelöst werden könnten. Ich kann da wirklich nur raten, das voranzutreiben und sich diese Möglichkeit zu suchen.

Möchtest du abschließend noch etwas loswerden?
Ja, was ich vorhin schon gesagt habe, ist wirklich wichtig: Dass man sich innerhalb der Studierendenschaft darüber klar ist, ob man das will oder nicht und wenn man es will, es dann auch umsetzt. Und natürlich hängt das auch stark von anderen Statusgruppen und dem Rektor oder der Rektorin ab, aber wenn man als Studierendenschaft eine starke und einheitliche Stimme hat, dann ist es umso leichter, das voranzutreiben. Das sollte man auf jeden Fall versuchen, dazu will ich nur ermutigen.

Dann ein großes Dankeschön von meiner Seite für die Zeit, die du dir genommen hast, das war wirklich sehr interessant!
Ja, sehr gerne.

Das Interview wurde am 21.09.2020 von Annica Brommann über Jitsi geführt.

Was ist Eure Meinung zu studentischen Prorektor*innen (in Greifswald)? Schreibt es uns doch in die Kommentare, wir sind gespannt!

Beitragsbild:  Jochen Schaft from Pixabay 

retro.kolumne: Fußball in den 90ern

retro.kolumne: Fußball in den 90ern

Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern stammen sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des einen oder anderen.

Oben genanntes Thema ist ein Musterbeispiel für eine kontroverse Diskussion. Fußball in den 90ern – das ist der Sieg der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft im Jahr 1996, Kaiserslautern wird als Aufsteiger Meister, Borussia Dortmund gewinnt die Champions League. Wir hatten noch ganz andere Spielertypen, ganz andere Atmosphäre in den Stadien. Irgendwo bin ich froh, dass ich noch etwas davon mitbekommen habe. Und das kam so…

Zwei Faktoren waren dafür verantwortlich, dass ich in den 90ern schon zum Fußball fahren konnte. Zum einen gehörte ich zu denen, die noch von ihrem Vater mit ins Stadion genommen wurden. Bei den vielen zerrütteten Elternhäusern und veränderten Interessen ist das heute sicherlich nicht mehr die Norm. Zum anderen hatte der Wiederaufstieg von Hansa Rostock im Jahr 1995 in die erste Bundesliga einen wesentlichen Anteil daran. Der einzige Profiverein im Osten kam aus Rostock. Nicht einmal die Hertha aus Berlin spielte im Oberhaus. Das waren Zeiten! Freitag nach der Schule wurde fix ein kleines Versorgungspaket geschnürt und schon war man auf der Landstraße nach Rostock, denn die A20 gab es damals noch nicht. An die Stimmung im Stadion kann ich mich kaum mehr erinnern. Einer stimmte was an, der Rest machte mit. An die Ultras war damals noch nicht zu denken. Die Wolgastä-Fahne und „Märtyrer“ hingen schon damals wie ein Fels in der Brandung. Auf dem Platz war es fast immer interessanter. Oft konnte ich von den Leuten neben mir hören, dass auf dem Platz der Kalte Krieg, Ost gegen West, weiter geht. Jedes nicht geahndete Foul war ein Schlag des Westens gegen den armen Osten, was ja auch im Prinzip bis heute anhält. Die Konzerne sitzen alle im Westen, und der Osten hat kaum Struktur. Der Sport leidet aktuell ziemlich heftig darunter. Jedenfalls waren wir zur Wiederholung der Freitagssendung von „ran“ auf „Sat 1“ dann wieder in den heimischen vier Wänden. Das hieß damals noch Platte! Diese hatten in dieser Zeit noch nicht so einen negativen Touch wie heute. Da wohnten die Chefärzt*innen neben den Hausmeister*innen. Über den Bildschirm flimmerten die Spielszenen von Charakteren wie Mario Basler, Lothar Matthäus, Oliver Kahn und vielen anderen Spielern, die sich irgendwie von den heutigen Schwiegersohntypen in der Bundesliga unterscheiden. Nicht glatt, sondern eckig, schroff und nicht einfach nur Nummern.

Hertha stieg 1997 auf, Hansa kassierte eine 2:5-Klatsche in der Hauptstadt. Fünfmal dudelte die Toreinspielung „Hertha, wieder Hertha, erste Liga, jetzt sind wir da!“. Das war auch mein einziges Spiel im Olympiastadion in dieser Saison.

Dann kam die Saison, die mit „Bochum“ zusammengefasst werden kann. Die letzte Sekunde der Saison 98/99 brachte die Entscheidung darüber, ob Hansa in der ersten Liga bleiben darf. Slawomir Majak erzielte das entscheidende Tor, während sein Kopf wegen einer Wunde verbunden war! Und wo war ich? Vom Schachverein aus spielten wir in Szczecin. Über das Ergebnis bekam ich nur durch das Autoradio mit. Ein Jubel im Auto! Handys waren noch Luxus.

Rostock reichte mir damals nicht. Ich stieß im Kicker-Sonderheft auf den FC Berlin, der als BFC Dynamo zehnmal Meister wurde. Außerdem war da ein 1. FC Union. Zuerst schnupperte ich mit Vater beim 1. FC Union vorbei. Sie spielten in Köpenick gegen den SV Babelsberg 03. Google Maps gab es damals noch nicht und somit keinen Stadtplan auf die Schnelle. Also fragten wir am S-Bahnhof nach dem Weg. Sogleich wurden wir angeraunzt: „Seit ihr etwa aus Babelsberg?“ Das Klima war rau, obwohl der Ketchup auf der Stadionwurst für 3,50 DM süß und klebrig zwar. So richtig bekam ich die wilde Zeit dann beim ersten Derby zwischen dem 1. FC Union und dem BFC Dynamo nach dem Fall der Mauer mit. Es war im Mai 1999. Die S-Bahn rollt in Köpenick ein. Man hört Dynamo-Gesänge. Plötzlich packt ein Glatzkopf einen anderen, die Polizei kommt, eine Glatze wird zu Boden gerissen und von der anderen Glatze verhaftet, ein Polizist in ziviler Kluft. Während des Spiels regnete es, die heute „legendäre“ Waldseite im Stadion an der alten Försterei war spärlich gefüllt. Ein paar Lappen hingen am Zaun. Die Fahne, die im Gedächtnis blieb, war die mit dem Spruch „Von der Wiege bis zur Bahre, wir bleiben treu“. Ich ärgere mich bis heute, dass ich fast nie etwas zum Knipsen mitnahm, denn auf der anderen Seite war es viel spannender. Dynamo führte mittlerweile mit 0:2. Ein dumpfes und extrem lautes „Dynamo, Dynamo“ fegte durch das marode Stadion. Dann begann der Gäste-Mob den Gästeblock auseinander zu nehmen. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Das war das wirre Klima nach der Wende. Da gab es Gelegenheiten, noch offene Rechnungen mit den Staatsdiener*innen von einst begleichen zu können, da Bautzen noch frisch im Gedächtnis war.

So war das damals.

Beitragsbilder: Michael Fritsche
Banner: Jonathan Dehn

How to: Unverpacktladen

How to: Unverpacktladen

Die Redakteur*innen der moritz.medien haben sich schon immer einen Kopf um unsere Umwelt gemacht und darüber berichtet. In unserer neuen Kolumne erzählen wir euch, was wir über das Thema Nachhaltigkeit denken und geben euch viele hilfreiche Tipps, um euer Leben (noch) nachhaltiger zu gestalten.

Ein großer Schritt in das Zero-Waste-Leben ist unverpackt einzukaufen. Aber wie kaufe ich unverpackt ein? Und wo ist der nächste Unverpacktladen? Das erkläre ich Euch hier und stelle Euch den Unverpacktladen Green Goldie aus Rostock vor, der sich noch in der Planung befindet.

Das Prinzip von Unverpackt ist eigentlich ganz einfach: es gibt einen Laden, der in großen Behältern Lebensmittel verkauft, die Du Dir dann daraus in Gläser oder Beutel abfüllen kannst.


Getreide, Mehl, Nudeln, Müsli – all sowas gibt es meist in den ganz großen Behältern, unter die jede*r Gläser oder Beutel halten und dann per Hebel die gewünschte Menge sozusagen „fallen lassen“ kann. Damit dabei nix neben das Glas fällt, gibt es oft auch Trichter, die in die Glasöffnung gesteckt werden können. Das ist dann vor Ort einfacher, als hier beschrieben.

Gewürze sind meistens in großen Gläsern abgefüllt, die sich jede*r mit großen Löffeln in die eigenen Behältnisse löffeln kann. Schokolade und andere Süßigkeiten kann sich so auch jede*r selbst portionieren.

Im Kosmetikbereich gibt es oft Seifen, die meist in einer Papierverpackung sind oder es gibt Seifensäckchen, in welche die Seifen gut reinpassen. Zahnpastatabs u.Ä. kann sich jede*r selbst abfüllen. Auch Waschmittel für die Waschmaschine oder Reinigungsmittel für den Haushalt gibt es oft in großen Kanistern zum Selbstabfüllen. Passend dazu hängen auch Naturschwämme und Bürsten meist nebenan.

Ihr merkt, in Unverpacktläden füllt sich jede*r Kunde*in die Lebensmittel selbst ab – ganz nach dem eigenem Bedarf. Das empfinde ich als sehr praktisch, da jede*r nur die Mengen an Lebensmitteln kaufen muss, die er oder sie wirklich braucht. So können sich die Lebensmittelabfälle gleich mit dem Plastik mit verringern.

Leider haben wir in Greifswald (noch) keinen Unverpacktladen, denn wie die Gründerinnen von Green Goldie aus Rostock richtig sagen: „Wenn man sich die Landkarte der Unverpacktläden anschaut, sieht man dass MV leider ein sehr leerer Fleck ist.“ Das hat die jungen Gründerinnen Janina und Nadja dazu bewegt, einfach selbst einen Unverpacktladen in Rostock zu eröffnen.

Beide versuchen so plastikfrei wie möglich zu leben und wollen das jedem so leicht wie möglich machen. Was es für Hürden dabei gibt, haben sie uns erzählt:

Was muss man bei einem Unverpacktladen besonders beachten?
“Die erste Frage, die wir uns stellten, war: Wo bekommen wir Lebensmittel in Großgebinden (25 kg Papiersack) her? Also haben wir uns Bio-Großhändler gesucht, die Großgebinde und/oder Pfandsysteme anbieten. Ganz ohne Verpackung geht es natürlich auch bei Unverpackt nicht – wir haben zum Glück schon Ideen, wie wir die großen Papiersäcke weiter verwerten können.

Außerdem ist Lebensmittelhygiene ein sehr wichtiges Thema. Wir müssen ein HACCP (Gefahrenanalyse kritischer Kontrollpunkte) erstellen. Dies beinhaltet z.B. die Einhaltung der Temperatur im Kühlschrank, den täglichen Reinigungsplan und den Spuckschutz für alle Lebensmittel im Verkaufsraum.

Vor Eröffnung mussten wir eine Schulung beim Gesundheitsamt/IHK ablegen, das ist in jedem Bundesland etwas anders. Die Bestimmungen sind, wenn man mal drüber nachdenkt, ziemlich logisch. Der Boden muss „wischbar“ sein, sowie die Küchenwände auch, da fällt einem dann aber auch auf, dass in keinem Supermarkt Teppichboden liegt.

Wir müssen viel umsetzen. Die meiste Zeit müssen wir wahrscheinlich putzen, aber schwer ist es nicht, solange wir unsere Reinigungspläne einhalten und sobald sich eine Routine entwickelt hat.

Für die Unterstützung und Planung, die bei jeder Gründung wichtig ist, haben wir einen Existenzgründerkurs und den Unverpacktworkshop bei Unverpackt Kiel mitgemacht.”

Das persönliche Ziel
“Was uns persönlich sehr wichtig ist, ist es einen Ort zu schaffen an dem sich alle austauschen können. Es soll eine Gemeinschaft geben, wo sich alle gut aufgehoben und verstanden fühlen. Oft setzen sich viele sehr unter Druck, wenn es um Müllvermeidung geht. Sie haben dieses Bild im Kopf, dass sie nur ein Glas voller Müll im Jahr produzieren dürfen. Da können wir nur sagen: macht Euch keinen Stress, wir haben auch klein angefangen, jeder Schritt wie klein er auch scheinen mag, ist eine Verbesserung.

Genau um diese Gemeinschaft zu fördern, wollen wir ein kleines Café im Laden haben, wo wir auch unsere Workshops anbieten werden.”

Wie funktioniert das mit den Gläsern?

“Unsere Kundschaft hat verschiedene Optionen:

1. eigenes Glas mitbringen
2. Pfandsystem nutzen
3. die von Kunden für Kunden Behälterkiste nutzen
4. ein Glas bei uns kaufen

Alle Kund*innen können so schauen, was am besten für sie ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sie ein eigenes Glas haben oder es aus der von Kunden für Kunden Kisten nehmen.

Wenn die Kund*innen ein Glas bei uns kaufen, haben sie den Vorteil, dass zu Hause im Regal alle Gläser gleich aussehen (wer es einheitlich mag). Und wir machen natürlich mehr Umsatz, da muss man sich nichts vormachen. Mit dem Idealismus in unserem Herzen ist es egal, wir möchten nur jeden dazu anregen unverpackt einzukaufen.

Bei den neuen Gläsern sollte die Klimabelastung bedacht werden. Aus Sicht des Umweltschutzes ist es also am besten, benutzte Gläser zu recyclen. Dafür wird es auch die von Kunden für Kunden Kiste geben, in der benutzte, ausgewaschene Gläser, abgegeben werden können.”

Wo, wann, wieviel?
“Am liebsten würden wir in die Kröpeliner-Tor-Vorstadt und haben da bereits eine Fläche in Aussicht. Falls das nicht klappen sollte, können wir uns auch vorstellen in die östliche Altstadt zu gehen.

Es sind schon Öffnungszeiten geplant (Montag bis Mittwoch 10-19, Donnerstag & Freitag 11-20, Samstag 10-15 Uhr), wir würden uns nach der Eröffnung im Herbst an die Kundenfrequenz anpassen.

Preislich werden wir uns bei Bio-Preisen ansiedeln, da wir überwiegend Bio-Produkte anbieten werden.”

Tierisch und Kosmetisch?
“Es wird keine tierischen Produkte geben, weil wir keine Kapazitäten für eine Kühlung haben werden. Außerdem wollen wir der Lebensmittelverschwendung entgegen wirken und tierische Produkte sind immer schnell verderblich. In Rostock ist jeden Tag Markt, wo Käse, Fleisch und Wurst (in eigenem Behälter) gekauft werden können.

Wir werden Naturkosmetik wie Deo, Seife, Zahnkreide und mehr anbieten. Dekorative Kosmetik wie Lippenstift wird es vorerst nicht geben. Ist aber für die Zukunft geplant.”

Wie können wir Euch unterstützen?
“Redet darüber! Erzählt vielen Menschen, dass wir im Herbst eröffnen werden. Im Juli startet unser Crowdfunding, da könnt Ihr natürlich mitmachen und auch wieder fleißig verbreiten. Und sobald wir anfangen zu renovieren, können wir immer helfende Hände gebrauchen oder super liebe Menschen, die ein paar vegane Snacks vorbeibringen.”

Unverpackt einkaufen, wird also zumindest in Rostock bald nicht mehr so schwer sein. Besucht die Webseite und haltet Euch auf dem Laufenden.
Nächste Woche geht es um nachhaltige Klamotten.

Beitragsbilder: Anne Frieda Müller
Banner: Jonathan Dehn