Ein Kommentar

Zum Beginn der neuen Legislatur fahren die Mitglieder des Studierendenparlaments (StuPa) traditionell zu einem vorbereitenden Wochenende. In diesem Jahr wurde dies kurzfristig nach Halle verlegt, damit einige von ihnen gleichzeitig einem Treffen des „freien zusammenschluss von studierendenschaften“ (fzs) beiwohnen konnten. Herausgekommen ist bei dieser fzs-Veranstaltung eine Resolution zum „Bildungsstreik 2014“. Doch statt darin mehrheitlich anerkannte und sinnvolle Forderungen zu bündeln, verbauen zahlreiche linksideologische Wünsche die Aussichten auf Erfolg.  

Geschafft hat es das Papier gerade einmal auf Facebook (und den webMoritz), auf der Homepage des fzs sucht man es vergebens. Es trägt die Handschrift linker Geisteswissenschaftler, die Meinungen quer durch die Universität dürfte es dagegen kaum repräsentieren. Vielmehr liest es sich, als hätten die Autoren im letzten Semester ein Seminar zur „Frankfurter Schule“ besucht. Von „kritischer Wissenschaft“ ist hier die Rede – als wäre dies ein allgemein anerkannter Anspruch. Als Sündenböcke werden das „ungerecht“ verteilte Vermögen in Deutschland ausgemacht, genau wie die „Marktmechanismen“ die vorsätzlich eingebracht „kritische Wissenschaft“ unterbänden. Wer in wenigen Absätzen solche Behauptungen aufstellt und glaubt, sie leuchten jedem ein,  muss weit weg sein von Hörsälen und Mensen, in denen sich die Studenten tummeln, die er damit zu vertreten meint.

Ohne Frage: die Resolution beinhaltet sinnvolle Forderungen, für die es sich lohnt, auf die Straße zu gehen. Die zunehmende Unterfinanzierung der Hochschulen muss ein Ende haben. Ebenso gehört das Kooperationsverbot abgeschafft, und dass besonders wissenschaftliche Mitarbeiter von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind, ist ein genauso unhaltbarer Zustand – zu diesen Punkten finden sich gerade mal halbherzige Phrasen im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung.

Andere Forderungen entstammen offensichtlich dem linken Flügel der sowieso schon eher linken Studentenvertretungen und dürften in den Studierendenschaften eher umstritten sein: die geforderte Anhebung der Steuersätze ist so ein Punkt, genau wie eine BAföG-Förderung nach skandinavischem Modell.

Aussichtslose Forderungen lenken ab

Völlig aussichtslos ist dagegen die Forderung, die Schuldenbremse abzuschaffen. Mit Ausnahme der Linkspartei wird kaum ein ernstzunehmender Politiker diesen Punkt unterstützen. Ob die Argumente besser sind oder nicht – dass die Schuldenbremse in absehbarer Zeit aus dem Grundgesetz gestrichen wird ist so unwahrscheinlich, dass es eigentlich schon absurd wirkt derartiges zu fordern. Vielmehr verbaut es den Blick auf näherliegende, tatsächlich sinnvolle Anliegen.

„Wenn man alles auf einmal auf seine Wunschliste schreibt, bekommt man gar nichts vom Weihnachtsmann“, kommentierte ein User namens „PoebelPaule“ die Resolution auf dem webMoritz. Das mag polemisch klingen,  wahres ist aber dran: in der Resolution wird von „hierarchiefrei gestalteten Kindertagesstätten“ bis zur „Demokratisierung aller Lebensbereiche“ ziemlich viel angeführt, das mit dem Kernanliegen nichts zu tun hat. Man ist gegen den „Abbau des Sozialstaats“ und den „Konkurrenzföderalismus“.

Der “Bildungsstreik” bleibt eine wichtige Initiative. Dass aber mit einer wirklichkeitsfernen Resolution, die mehr will, als sie überhaupt erreichen kann, ein Umdenken bei den Entscheidungsträger in der Politik bewirkt wird, wage ich zu bezweifeln. Solange man sich nicht  pragmatisch auf die wirklich drängenden Probleme konzentriert, werden die Proteste in Greifswald einmal mehr kaum über den Historischen Campus hinaus wahrgenommen werden.

Foto: Erik Lohmann, 2011