"Sag mir wo du stehst" – Stadt zerbricht am WVG-Streit

Ausschnitt aus der OZ vom 7.8.

Offenbar geht es längst nicht mehr um ein politisches Ziel oder  geschicktes Kalkül. Jetzt wird der Ton nochmals verschärft. Beim Streit um den Verkauf der WVG geht es offenbar längst um persönliche Befindlichkeiten. Kein Wunder, geht es doch um 60 Millionen Euro, die Zukunft der Stadt Greifswald, eine große soziale Frage und den weit auseinander liegenden politischen Positionen, die keinen Kompromiss zulassen.

Die politische Debatte war bereits letzte Woche tief zerrüttet

und wird heute durch weitere Vorwürfe der Stadt zugespitzt. In der  Ostsee-Zeitung lehnt Senator Reinhard Arenskrieger es nicht nur ab, sich für die Äußerungen von Jörg Hochheim (Stadtverwaltung) zu entschuldigen, sondern er legt noch nach: Helmut Wolf (berät die klagenden Bürgerschaftsmitglieder im gerichtlichen Verfahren) habe die Äußerungen selbst provoziert. Zudem spricht Arenskrieger Wolf juristische Fähigkeiten und jegliche zulässige Argumente per se ab:

„Er sei verwundert, dass Herr Wolf die Wirksamkeit des Vertrages in Frage stelle, obwohl die Rechtslage klar sei. Wolf, den er als langjährigen Verwaltungs- und Verfassungsrichter achte, vertrete damit eine offensichtlich falsche Rechtsauffassung und maße sich Kompetenzen an, die ihm nicht zustünden. Arenskrieger wörtlich: „Damit hat Herr Wolf der Stadt schweren Schaden zugefügt“.“

Auch die Ostsee-Zeitung scheint o-pro-tag/“ target=“_self“>zunehmend einseitig. Weder räumt der heutige Artikel eine Stellungnahme von Wolf ein, noch lässt der Artikel erkennen, dass man überhaupt versucht hätte Wolf zu erreichen. Dies ist besonders bezeichnend, weil Wolf bereits letzte Woche in der OZ massiv angegriffen wurde. Die Überschrift des Artikels ist zudem im besten Falle einseitig, kann aber auch als Zustimmung der OZ zur Position der Stadt empfunden werden.

Anstatt sich mit den Vorwürfen und Argumenten der klagenden Bürgerschaftsmitgliedern zu beschäftigen, wird der angesehene ehemalige Richter durch diese Art der Berichterstattung geradezu zu einem „Beschuldigten“, der sich plötzlich verteidigen muss.

Wer die Gegenseite hören will, muss schon diesem Link folgen. Zu sehen ist ein kurzes Interview mit Wolf auf Greifswald TV (ab Minute 2:42). Das Interview wird von der OZ weder erwähnt noch zitiert.  Darin äußert sich Wolf zum gerichtlichen Verfahren und auch zu den Vorwürfen der letzten Woche. Die neuen Anschuldigungen von heute sind freilich noch nicht kommentiert. Kritische Töne sind auch im aktuellen Heft des Stadtmagazins „Stadtgespräch“ zu finden.

Meine Meinung:
Am Ende zeigt der Streit auch, dass es hier bei den Verkäufern um „alles“ geht. Schon allein die Möglichkeit, dass dieses Projekt jetzt vor Gericht gestoppt werden könnte, führt zu einem selten erreichten Niveau an Emotionen. Ebenso emotional und überzeugt von ihrer Position sind aber auch die Verkaufs-Ablehner. Wer auch immer den Streit gewinnt – die Entscheidung wird nachhaltige Spuren hinterlassen. Zwischen allen Beteiligten.

Alle Hintergrundinfos zum WVG-Verkauf in unserem „WVG-Report„.

(Dieser Artikel wurde um 13.15 Uhr verändert.)

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CDU feuert zurück: 3 Leserbriefe in fünf Minuten

Nachdem heute ein Leserbrief von Dr. Ulrich Rose, dem unterlegenen Bürgermeisterkandidaten der Grünen, in der OZ abgedruckt wurde (Thema WVG-Streit – mehr dazu hier), indem er sich über Beleidigungen der CDU beschwert, schießt diese nun mit drei Leserbriefen – koordiniert

– zurück.

Zunächst >Axel Hochschild um 11.02 Uhr (Vorsitzender der CDU-Fraktion), dann Sandro Martens um 11.04 Uhr (Mitglied des CDU Kreisvorstandes) und schließlich Dirk Bauer um 11.07 Uhr (CDU Kreisgeschäftsführer). Offenbar hatte man bei der CDU nicht bedacht, dass die Briefe sofort sind und mit einem Zeitcode versehen werden (ähnlich wie Kommentare auf dieser Seite).

Nun sind koordinierte Leserbriefaktionen an sich nichts Ungewöhnliches. Häufig rufen gerade linke Bürgerbündnisse zum gezielten Leserbriefschreiben auf. Trotzdem hinterlässt das Einstellen der drei Briefe direkt hintereinander ein seltsames Bild.

(Danke an die Tippgeber aus den Kommentaren!)

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WVG-Drama: Jetzt wird es wild

Wir alle wissen es: Die Stadt verkaufte vor knapp einem Monat 49,9 Prozent der kommunalen Wohnungsgesellschaft „WVG“ an die Aktiengesellschaft KWG – für den stolzen Preis von 60 Millionen Euro. Doch die KWG kündige vor einigen Tagen an, dass sie die Summe vorerst nicht zahlen will. Denn noch, so sagt die KWG, läuft eine Klage von vier Bürgerschaftsmitgliedern gegen diesen Verkaufsbeschluss. Nach Meinung der der vier Kläger nach ist der Beschluss in der Bürgerschaftssitzung nicht rechtmäßig zustande gekommen und daher nichtig (mehr dazu hier).

Doch wer hat nun Schuld am Zahlungsverzug?

Der CDU und der Stadtverwaltung fallen da sofort die WVG-Verkaufsgegner ein. Immerhin zogen die vor Gericht und „verunsicherten“ damit die KWG.

Konsequenterweise

griffen sie zusammen am Samstag in der Ostseezeitung die klagenden Bürgerschaftsmitglieder und deren Anwalt, den renomierten Landesverfassungsrichter Helmut Wolf, massiv an. Jörg Hochheim (CDU), Leiter des Greifswalder Amtes für Wirtschaft und Finanzen, wirft dem Anwalt der Kläger vor, ein „starrsinniger Querulant“ zu sein, „der sich auch als Rentner noch gern in der Richterrobe sehe“. Die CDU nutzt in ihrer Presseerklärung ähnliche Begriffe.

Ein anonymer Kommentar auf dem webmoritz kritisiert daran:

„[Hier wird ein] angesehenen Jurist [kritisiert], der […] Vizepräsident des Oberverwaltungsgericht und Landesverfassungsgerichtes

war und sich sein ganzes berufliches Leben […] der Wahrung des Rechtsstaates und dem Schutz der Bürger vor staatlicher/behördlicher Willkür eingesetzt hat. Das Eintreten für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie endet eben nicht mit dem Erreichen der Pensionsgrenze und ist auch nicht abhängig von der Zugehörigkeit zu einer Partei.“

Zudem schrieben die Kläger einen Brief (hier lesen) an die KWG, indem sie auf das laufende Verfahren vor Gericht hinwiesen. Die Stadt hält das Verfahren hingegen für irrelevant, da das Innenministerium bereits das den Vertrag genehmigt habe. Die KWG jedoch ist lieber vorsichtig und will offenbar erst das Gerichtsurteil abwarten. Konsequenz: Vorerst keine 60 Millionen Euro. Entsprechend sauer sind die Äußerungen und entsprechend ruppig die Seitenhiebe.

So ruppig, dass nun die Grünen sich auf den Schlips getreten fühlen. „Diffamierend“, heißt es in der Pressemitteilung der Grünen, seien die Kommentare und unwahren Behauptungen. Jetzt möchte man eine Entschuldigung:

„Als skandalös müsse die Reaktion der Stadtverwaltung bezeichnet werden, so Gregor Kochhan vom Kreisvorstand. So wird der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller als „starrsinniger Querulant“ bezeichnet. Zudem wird unterstellt, Wolf habe in Richtung des KWG-Vorstandes mit Gefängnis oder einer Millionen-Strafzahlung gedroht.“ Eine derartige Drohung ist in dem Schreiben schlicht nicht enthalten und daher völlig aus der Luft gegriffen. […]

Da der Stadt das Schreiben Wolfs vorlag, ist von einer vorsätzlichen Fehlinformation der Öffentlichkeit auszugehen, die Konsequenzen an der Spitze der Stadtverwaltung haben müsse, so der Kreisvorstand der Grünen.“

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Stadt will bis zu 7000 Euro pro Tag

Die KWG will die 60 Millionen Euro Kaufpreis für die Kommunale Wohnungsgesellschaft WVG bis zur Klärung der Klage der Bürgerschaftsmitglieder vor den Gerichten wohl nicht überweisen (wir berichteten). Wie in der heutigen Ausgabe der OZ zu lesen ist, will die Stadt deshalb jetzt Verzugszinsen bis zu 7000 Euro pro Tag verlangen – also über 200.000 Euro pro Monat. Damit gerät das ganze Verfahren ins Wanken. Außerdem wurde bekannt, dass die Kläger nicht nur die fehlende Öffentlichkeit bemängeln, sondern auch die Kurzfristigkeit der Entscheidung als Ganzes (Vergleiche webmoritz WVG-Report).

Der Ostsee-Zeitungs-Blog kritisiert derweil die Greifswalder OZ-Redaktion für ihren KWG/WVG-Artikel von gestern:

OZ: „Zu „verdanken“ ist die Nichtzahlung [der 60 Mio

Euro der KWG] der Klage der vier Bürgerschaftsmitglieder Marion Heinrich und Dr. Gerhard Bartels (beide Linke), Jost Aé (SPD) und Michael Steiger (o.k.) beim Verwaltungsgericht Greifswald.“

OZ-Blog: „…Schon wieder diese Querulanten! Es hilft nicht, das „verdanken“ in noch so viele Anführungsstriche zu setzen. Es ist niederträchtig, diesen Leuten quasi durch die kalte Küche anzuhängen, sie seien verantwortlich, dass Greifswald weiterhin Schulden hat.
Und wenn sonstwer den Anteilsverkauf genehmigt hat [gemeint ist das Innenminiterium, das bereits grünes Licht zum Verkauf erteilte, obwohl das Gericht noch bat die Entscheidung des Gerichtes abzuwarten], heißt es nicht, dass er rechtmäßig ist. Entschieden die staatlichen Stellen immer richtig, gäbe es keine Verwaltungsgerichte.

Durch solche Artikel macht die OZ solche Gerichte überflüssig und sich selbst auch. Denn machten alle alles richtig, gäbe es also keinen Grund zur Klage, gäbe es ja nur noch Jubelartikel und Festberichterstattung in der

Zeitung.“

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KWG zahlt nicht – Greifswald wartet auf 60 Millionen

Eine der wichtigsten Entscheidungen der Stadtgeschichte, der Teilverkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft WVG, der

letzten 10 Jahre bleibt weiter in der Schwebe:

Gestern vermeldete die Presseabteilung der Stadt recht kühl: „Die KWG Kommunale Wohnen AG Bremerhaven hat den für gestern erwarteten Kaufpreis für den Minderheitsanteil an der WVG Greifswald mbH in Höhe von 60,1 Mio. EUR noch nicht gezahlt“. Begründung durch den KWG-Chef Stavros Efrimidis: Man sei durch das das von vier Bürgerschaftsmitgliedern angestrengte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht „verunsichert“. Die KWG prüfe deshalb die Fälligkeit des Kaufpreises. In Anhängigkeit vom Ergebnis werde dann der Kaufpreis gezahlt. Diese Prüfung soll laut Efrimidis bis spätestens Mitte kommender Woche abgeschlossen sein.

Im Gegensatz zur KWG ist die Stadt der Auffassung, dass d

ie vorgebrachten Bedenken der Bürgerschaftsmitglieder unbegründet sind. Die klagenden Bürgerschaftsmitglieder bezweifeln, dass der Bürgerschaftsbeschluss rechtmäßig und damit wirksam ist.

Grund für die Klage war, dass die Sitzung auf der der Verkauf der VWG beschlossen wurde, erst während der Sitzung für öffentlich erklärt wurde (wir berichteten). Damit eine Sitzung wirklich öffentlich ist, muss jedoch die Öffentlichkeit im Vorfeld rechtzeitig und ordentlich eingeladen werden. Mitglieder der Linkspartei und der Grünen hatten daher nach dem Beschluss zur Öffentlichkeit beantragt die Sitzung zu verschieben, um diese Einladung zu ermöglichen. Dies wurde jedoch von der Mehrheit der Bürgerschaft abgelehnt.

Trotz der Klage hat das CDU-geführte Innenministerium den Bürgerschaftsbeschluss zum WVG Verkauf bereits vor zwei Wochen als rechtmäßig anerkannt und bestätigt. Damit hätte die KWG bis gestern, dem 31. Juli, eigentlich die 60,1 Millionen Euro überweisen müssen.

Sollte die sich die KWG entscheiden erst das Urteil des Gerichtes abzuwarten, könnten verschiedene Dinge passieren. Zum einen könnte die Stadt lange auf ihr Geld warten, denn ein Urteil in der Sache könnte unter Umständen lange dauern – zumal die Kläger auch in Revision gehen könnten. Die Stadt könnte den Deal aber auch als „geplatzt“ erklären (wegen fehlender Zahlungsbereitschaft). Der WVG-Verkauf bleibt also in der Schwebe.

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