Fehlende Akkreditierungen: “Keine Nachteile zu befürchten”

Nach einem Artikel über nicht akkreditierte Studiengänge an der Universität Greifswald gab es zahlreiche Kommentare auf dem webMoritz, die sich erbost über die Universität äußerten. webMoritz-Autor Florian Bonn traf sich deshalb mit dem Prorektor für Lehre und Studium, Herrn Professor Michael Herbst und Kristina Kühn vom Projekt „Integrierte Qualitätssicherung“ zu einem Gespräch.

Webmoritz: Bei zahlreichen Kommilitonen führte unser Artikel zu einem bösen Erwachen, da sie davon ausgegangen sind, dass ihr Studiengang akkreditiert sei, von der Nicht-Akkreditierung überrascht wurden und auch nicht über die Konsequenzen informiert waren…
Prof. Herbst: Für den einzelnen Studierenden spielen die Konsequenzen der Nicht-Akkreditierung keine Rolle. Es handelt sich trotzdem um gültige und vom Land zugelassene Studiengänge, deren Abschlüsse mit denen akkreditierter Studiengänge gleichzusetzen sind. Auf dem Arbeitsmarkt haben die Studierenden keine Nachteile zu befürchten.

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Prodekan Prof. Michael Herbst

Webmoritz: Der Akkreditierungsrat schreibt in seinen “FAQ”, dass es bei PhD-Programmen im Ausland zu Problemen kommen kann, wenn der besuchte Studiengang nicht akkreditiert war. (mehr …)

“Science Express”: Im Interesse von Wissenschaft oder Wirtschaft?

Seit heute Morgen, 9 Uhr, steht der Science Express auf dem Greifswalder Bahnhof und wird dort bis Samstag 17 Uhr bleiben, um anschließend nach Stralsund weiterzufahren. In zwölf Waggons mit verschiedenen Themenschwerpunkten wird Wissenschaft vermittelt und Zukunftstechnologien vorgestellt (siehe Ankündigung).

Die Expedition Zukunft wurde von einem Team der Max-Planck-Gesellschaft in München und der Agentur ArchiMeDes in Berlin konzipiert und umgesetzt. Neben öffentlicher Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Forschungskonsortien wie der Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sind auch kommerzielle Förderer dabei wie Bayer, Siemens und Volkswagen. Die Partner nutzen die Gelegenheit, sich in bestem Licht zu präsentieren, weit in die Zukunft reichende Ideen vorzustellen und vor allem Neugier und Wissensdurst bei den Besuchern zu wecken. Im Wissenschaftsjahr 2009 wird so in 62 deutschen Städten Wissenschaft kostenlos und zum Anfassen präsentiert.

Bei der Eröffnungsveranstaltung betonten alle Redner, darunter Prorektor Professor Michael Herbst und Oberbürgermeister Dr. Arthur König, wie wichtig Wissenschaft für unsere Zukunft und Greifswald als Wissenschaftsstandort sei.

Der Kreisverband Greifswald-Uecker-Peene von Bündnis 90/Die Grünen stellte sich dem Projekt heute sehr kritisch gegenüber. Im Beitrag “Zug verpaßt” wird der Ausstellung ein falsches und anachronistisches Verständnis von Wissenschaft als Fortschrittsgläubigkeit und Festigung industrieller Vorherrschaft vorgeworfen. Vorwürfe, die ebenso von anderer Seite erhoben werden, wie z.B. von Biologe Tobias Maier in einem Scienceblogs-Beitrag vor einigen Monaten, als es um die Zulassung von Genmais ging:

Landwirtschaft ist eine Industrie mit allem was dazu gehört. Bauernhöfe sind landwirtschaftliche Unternehmen, die Geld verdienen müssen. Im konventionellen Anbau genauso wie in der ökologischen Landwirtschaft. Wer das nicht begreift und verinnerlicht hat, hängt einem heillos romantischen Bild nach, das so wohl seit der Erfindung des Mineraldüngers nicht mehr existiert. Landwirte kaufen ihr Saatgut. Sie wollen möglichst viel Geld für das, was sie mit möglichst wenig Aufwand und möglichst wenig Ernteausfall anbauen. Subventionen mit eingerechnet. Wenn der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sich finanziell nicht lohnen würde, würden sie nicht angebaut.

Wer also den Zug besucht, möge im Hinterkopf behalten, dass er kräftig gesponsert wurde. Andererseits sollte man sich davon nicht abhalten lassen, die ausführlichen und informativen Texte zu lesen und seinen Wissensdurst zu stillen.

Update 16.10.2009, 12:30 Uhr

Die Grüne Bürgerschaftsabgeordnete und Stupistin Anne Klatt beschäftigt sich auf dem Blog der Grünen Hochschulgruppe ebenfalls äußerst kritisch mit dem Zug.

Bilder: Textautorin

Bologna: Eigentlich sind sich alle einig

Es hätte eine feurige Diskussion werden können. Das zumindest hätte man vermuten können, wenn man die unzufriedenen Äußerungen diverser Experten, Hochschullehrer und Studierenden der letzten Jahre und das Schimpfen auf das Bachelor-System betrachtet.

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Die Diskussionsteilnehmer

Stattdessen erwartete die etwa 50 Anwesenden am vergangenen Mittwoch im Konferenzsaal des Universitätshauptgebäudes ein gut vorbereitetes, solides und größtenteils interessantes Podiumsgespräch. Vier Experten beantworteten die Fragen, zunächst von den Moderatoren Katja Krohn (AStA – Co-Referentin für Studierendenaustausch und Internationalisierung) und Jens Pickenhan (Co-Referent für politische Bildung), später dann vom Publikum. Prorektor Professor Herbst stellte am Ende des Gesprächs amüsiert fest: „Das Langweilige an der Podiumsdiskussion ist gerade, dass es keinen Streit gibt.”

Doch zurück zum Beginn. Anfangs stellte Co-Referent Jens die theoretische Grundlage, gut recherchiert und ansprechend aufbereitet, dar: Von den Ursprüngen des Bologna-Prozesses, über die Ziele bis zu den Inhalten, wie einen vergleichbaren Hochschulabschluss und zu fördernde Mobilität, referierte er. „Im Wintersemester 2008/2009 sind bereits 75 Prozent aller Studiengänge an deutschen Hochschulen umgestellt”, schloss er seine Ausführungen. (mehr …)

Michael Herbst ist neuer Prorektor

herbst-200Der Senat der Universtität hat in seiner heutigen Sitzung Professor Michael Herbst (Theologische Fakultät) zum neuen Prorektor gewählt. Er steht damit in Zukunft zusammen mit Professor Michael North (Historisches Institut) dem Rektor zur Seite. Herbst wurde einstimmig mit 31 Stimmen gewählt

Der Wahl vorausgegangen waren längere Eskapaden, weil der ursprünglich vom Rektorat für die Position in Stellung gebrachte Kandidat Professor Jan-Peter Hildebrandt im Senat keine Mehrheit gefunden hatte (webMoritz berichtete). Die Abstimmung verlief damals wie heute geheim.

Mit Professor Herbst konnten sich Rektorat und Senat nun auf einen Kandidaten einigen. Herbst hatte sich unmittelbar vor der Wahl einer öffentlichen Fragerunde gestellt, an der ungefähr 20 Studenten teilnahmen. Im letzten moritz-Magazin ist er ebenfalls vorgestellt worden.

In den letzten Tagen war auf webMoritz.de eine Debatte über Herbsts Position zur Ordination homosexueller Pfarrer/innen in der Landeskirche entbrannt. Allerdings handelte es sich in Teilen lediglich um Mutmaßungen, die nicht bestätigt werden konnten. Herbst selbst hatte außerdem klargestellt, dass für bei seinen Prüfungen die sexuelle Orientierung der Prüflinge keine Rolle spiele und darauf verwiesen, dass es sich bei der Frage nach der Ordination um eine Frage der Landeskirche und keine der Universität handle. Auch Korbinian-Geiger, Queer-Refernt im AStA, hatte Herbst in Schutz genommen.

Foto: Fabian Mederacke via Pressestelle des Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung

Prorektor-Wahl: Herbst stellt sich dem Senat *update*

herbst-200In der vorletzten Sitzung scheiterte Prof. Jan-Peter Hildebrandt an der Wahl zum Prorektor der Universität  (webMoritz berichtete). Wahrscheinlich stimmten vor allem die Studenten und die Mitarbeiter gegen ihn. Diese Woche wählt der Senat erneut.

Diesmal stellt sich der Dekan der Theologie, Prof. Michael Herbst, der Wahl zu dem verantwortungsvollen Amt. Unsere Kollegen vom Moritz Magazin haben bereits mit Michael Herbst gesprochen und ihn hier ausführlich vorgestellt. Seine Wahl gilt als vergleichsweise sicher, wurde er doch sowohl vom Rektorat als auch von den Senatoren vorgeschlagen.

Trotzdem stellt sich der Dekan in einer öffentlichen Fragerunde am Mittwoch um 13 Uhr im Hauptgebäude der Universität einer öffentlichen Fragerunde. Genau wie Professor Hildebrandt könnet sich auch Professor Herbst dort mit unangenehmen Fragen zu seiner Vergangenheit konfrontiert sehen.

Michael Herbst soll einer Kommission der Evangelischen Landeskirche vorgestanden haben, die sich gegen Ordination von schwulen und lesbischen Studenten ausgesprochen hat. Dies zumindest sagte 2007 der damalige AStA-Referent für Gender und Gleichstellung Patrick Leithold gegenüber Moritz TV. Michael Herbst wollte damals kein Interview zu dem Thema geben.

Konkret heißt das, dass Theologie-Studenten in Mecklenburg Vorpommern auf Grund Ihrer sexuellen Ausrichtung kein zweites Staatsexamen machen können. Dazu haben wir für Euch den Moritz TV Spezial-Beitrag von 2007 rausgesucht. Das Thema Kirche & Homosexualität wird ab Minute zwölf angesprochen:

Foto: Fabian Mederacke via Pressestelle der Theologie

*Update:*

15.2. – 10.17 Uhr

Auf unsere Fragen antwortet Herr Herbst mit folgender Stellungnahme:

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Bild-Quelle: Ulf Harder, Moritz Magazin

“Die sexuelle Orientierung spielt bei allen unseren Lehrveranstaltungen und Prüfungen keine Rolle; alles andere wäre m.E. unethisch. Ein zweites Staatsexamen für Theologen gibt es nicht; für alle kirchlichen Examen liegt die Hoheit bei der Landeskirche und nicht beim Staat, weshalb auch unsere Stellung dazu unerheblich ist. Es geht m.E. auch nicht um die Prüfungen bei der Landeskirche, sondern die folgende Übernahme in den kirchlichen Dienst, die wiederum ausschließlich eine kirchliche Angelegenheit ist. Das Examen allein ist keine Berechtigung zur Übernahme in den kirchlichen Dienst. Die Ergebnisse der Kommission zeigen die nicht aufgelöste Spannung zwischen verschiedenen Positionen zum Thema und nehmen nicht endgültig Stellung. Die Studie kann bei der Landeskirche angefordert werden.”

*Update 16.2. um 0.26 Uhr*

Inzwischen konnten wir weitere Stellungnahme einsammeln. Hier der jetzige AStA-Referent für queer und Gleichstellung, Korbinian Geiger (RCDS):

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Bild: Marco Herzog

“Das war auch Thema in meinem Referat, als ich diesbezüglichen Gerüchten nachging.

Ich bin mir nach inzwischen zahlreichen Gesprächen sicher, daß es an der TheolFak keine Diskriminierung Homosexueller gibt, auch (bzw. erst recht) nicht bei Prüfungen. Im übrigen sollte die “sexuelle Identität” keine Rolle spielen. Wer aber seine Sexualität aus dem Bereich des (intimen) Privatlebens, wo sie hingehört, hervorholt und vor sich herträgt, muß auch mit zwischenmenschlich hervortretendem Mißfallen rechnen; dies ist aber orientierungsunabhängig an der ganzen Universität der Fall und betrifft meist den Umgang der Studenten untereinander.

Zur Übernahme in den kirchlichen Dienst: Es wird von der Pommerschen Evangelischen Kirche nicht überprüft, ob ein Kandidat homosexuell ist oder nicht. Übrigens kam es auch bei Patrick Leithold (Anm. der Redaktion: Der frühere AStA-Referent, der im Moritz TV-Beitrag die Vorwürfe erhebt) nicht zu einer Ablehnung der Ordination wegen seiner Homosexualität.

Ansonsten ist die Pommersche Evangelische Kirche wohl leider bald Geschichte (aus Einspargründen, obwohl keine Stellen gespart werden sollen…).”

Und auch Tony Große, AG-Leiter der Gender-Trouble Arbeistgemeinschaft des StuPa bezieht zu dem Thema Stellung:

“Ich habe darüber schon einiges von Patrick Leithold gehört. Ich kenne noch weitere Studenten, die homosexuell sind und Theologie studieren. Daher denke ich mir, dass durch die Aussage von Prof. Herbst und die veraltete Meinung vieler Geistlicher und der pommerschen Landeskirche noch weitere Studenten sich entweder nicht trauen, sich ihrer eigenen Persönlichkeit klar zu werden oder weitere einfach nicht bereit sind, ihren Studienwunsch hier zu erfüllen, obwohl sie es möchten.

Allein nur aus der Angst heraus, ich darf eh nicht zum Examen, obwohl ich nichts verbrochen habe. Ich finde es beschämend, dass ein intelligenter Mensch immer noch so eine abweisende Meinung gegenüber Homosexuelle hat. Obwohl diese auch nur einfache Menschen sind, die keinem Rechenschaft schuldig sind, was ihre sexuellen Vorlieben angeht, als sich selbst. Denn wir Homosexuelle sind auch “normal” und haben die gleichen Rechte, wie jeder andere!

Ich, ebenfalls schwul, als AG-Leiter der Gender-Trouble Arbeistgemeinschaft des Stupa der EMAU heiße dies nicht gut und finde dies zu teifs diskriminierend!”

Patrick Leithold selbst schreibt zu unserer Anfrage:

patrick-leithold“Ich werde mich zu dem Artikel und der Stellungnahme von Prof. Herbst nicht äußern.

Ich kann nur sagen, dass der nominierte Kandidat meine Stimme nicht hat! Es liegt in den Händen des AStA/StuPas hier dem Kandidaten auf den Zahn zufühlen und sich für die Minderheiten in den Reihen der Studierenden, welche auch heute noch von Diskriminierung betroffen sind, einzusetzen.

Diese Arbeit ist in letzter Zeit zu kurz gekommen. Die bevorstehende Wahl von Prof. Herbst würde hier gute Ansatzpunkte bieten.”

Der Vollständigkeit halber wollen wir ergänzen, dass

wir auch noch einmal Professor Herbst folgende zwei Fragen schickten:

a) Welche Position vertraten Sie persönlich zur Ordination von Schwulen und Lesben in dieser Kommission?

b) Ist ein Studium der Theologie nicht vergleichsweise unbefriedigend, wenn der Student danach nicht in den Kirche übernommen werden darf?

In seiner längeren Antwort, die er jedoch leider nicht veröffentlicht wissen möchte, weist Herbst am Ende noch einmal auf sein bereits veröffentlichtes Statement (siehe oben) hin und macht deutlich, dass kein Student wegen seiner sexuellen Ausrichtung Nachteile befürchten müsse.

*Update 18.2.*

Professor Herbst wurde wie erwartet vom Senat zum Prorektor gewählt.

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