Unruhen in Greifswald

Vor gut neunzig Jahren, kurz vor dem Ende des ersten Weltkrieges, begann mit dem Matrosenaufstand das Ende der konstitutionellen Monarchie in Deutschland. Der revolutionäre Funken sprang von Wilhelmshaven in die größeren Küstenstädte und über sie hinaus, zum Beispiel nach Frankfurt am Main, München oder Stuttgart. (mehr …)

TITEL Wird Greifswald zu klein für unsere Uni? Die Zahl der Studenten mag wachsen – die Stadt tut es kaum

Studieren in Greifswald könnte so schön sein: den Strand vor der Tür, die ganze Stadt ein großer Campus, bezahlbares Bier in den Studentenclubs. Keine Studiengebühren und moderatere Zulassungsbedingungen für viele Studiengänge als an anderen deutschen Unis. Die große Ernüchterung kommt spätestens, wenn es nicht mal mehr in der Platte, in die man ja eigentlich sowieso nie ziehen wollte, eine freie Wohnung gibt. Denn die Zahl der Studenten mag wachsen – die Stadt tut es kaum. Im Ostseeviertel und in Schönwalde werden im Rahmen des „Stadtumbau Ost“ sogar ganze Etagen und Blöcke zurückgebaut.

Wohnraum in Greifswald ist knapp. Die Studierendenzahl wächst mit jedem Semester, nur noch ein knappes Drittel der Erstsemester kommt aus Mecklenburg-Vorpommern. Jeder vierte Student zieht sogar aus den alten Bundesländern an die Ostsee. Die Wohnungsbau-Genossenschaft Greifswald (WGG), deren Mieter zu zwanzig Prozent Studenten sind, freut sich über fünf Bewerber auf jede freie Wohnung und einen Leerstand von unter ein Prozent. Von solchen Zahlen können Genossenschaften in Berlin nur träumen, drei Prozent ist dort ein guter Wert. Früh muss sich kümmern, wer ein bezahlbares Zimmer finden will. Zehn mal mehr Anfragen als Betten hatte das private Wohnheim der ILG, Anfang September war es voll. Auch das Studentenwerk vergibt die Zimmer in diesem Zeitraum und nur bei persönlichem Erscheinen. Wer von weiter weg kommt und es sich nicht leisten kann, für diesen einen Termin anzureisen, hat Pech gehabt. Mal abgesehen von all jenen Erstsemestern, die erst Mitte September überhaupt eine Zulassung von der Uni erhalten haben. Eine Alternative sind Jugendherbergen für den Anfang oder das Gästehaus in Schönwalde, in dem man für 240 Euro im Monat ein möbliertes Zimmer mieten kann – Küche und Bad werden geputzt. Manch einer verbringt gleich sein ganzes Studium dort. Wer es sich leisten kann, dem bleibt ein Zimmer in der Hunnenstraße oder im ehemaligen „Preußischen Hof“ in der Baderstraße bei der DF Objektverwaltungsgesellschaft mbH (DFO) zu mieten. Sagenhafte 380 Euro kostet ein 15 qm großes Zimmer in einer Vierer-WG. Ohne Putzdienst. Und für mindestens ein Jahr, denn mit Unterschreiben des Mietvertrags verzichtet der verzweifelte Student für drei Jahre auf sein gesetzliches Kündigungsrecht und kann nur noch einmal im Jahr zum Beginn des Wintersemesters ausziehen. Die DFO hat erkannt, dass die meisten Wohnungssuchenden angesichts des kalten Oktobers bereit sind, für ein Zimmer in der Greifswalder Innenstadt soviel zu bezahlen, wie andernorts eine Dreiraumwohnung kostet. Erstsemester Sven Finke meint: „Sobald ich kann, werde ich hier wieder ausziehen. Als ich kam, gab es aber nichts anderes mehr. Die Miete ist wirklich sehr hoch, einigen Fragen bezüglich der Nebenkosten sind immer noch unbeantwortet. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Mitbewohner, die schon länger hier wohnen.“ (mehr …)

HanseYachts: „Wir gehören einfach zu Greifswald“

Die weltweite Finanzkrise, die nach und nach immer mehr Unternehmen erfasst, macht auch vor Greifswald nicht halt. HanseYachts – nach Universität  und Klinikum einer der größten Arbeitgeber der Hansestadt – kündigte in der letzten Woche an, 110 Mitarbeiter zu entlassen. WebMoritz traf sich mit Vorstandsmitglied Udo Potthast, um über die derzeitigen Probleme, aber auch über die Erfolge der Werft zu sprechen.

HanseCup Greifswald - Quelle: Pressefoto HanseYachts

Potthast erzählt, dass der heutige Vorstandsvorsitzende Michael Schmidt die Bauform für die künftige „Hanse 291“ 1993 kaufte. Gemeinsam mit den ersten Mitarbeitern begann er in der lange brach liegenden Werft mit der Konstruktion: „Seitdem ist das Unternehmen jährlich um etwa 40 Prozent gewachsen. Selbst wenn wir die Auswirkungen der Finanzkrise miteinbeziehen, haben wir auch im letzten Jahr unterm Strich zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen“, so Potthast.

Heute ist HanseYachts der drittgrößte Serienhersteller von Segelyachten weltweit und hat sich mit der Übernahme des skandinavischen Motorbootherstellers Fjord und der englischen Traditionsmarke Moody zwei zusätzliche Standbeine zugelegt. Dennoch ist der Bezug zur Heimatstadt nach wie vor stark: „Wir gehören einfach zu Greifswald. Hier sind unsere Wurzeln und hier bleiben wir“.

Das Erfolgskonzept von Hanseyachts beinhaltete von Beginn an eine gewisse Bodenständigkeit und Kundennähe. „Wir wollen möglichst vielen Menschen die Möglichkeit geben, den Traum von einem eigenen Boot zu ermöglichen“, erläutert Potthast. (mehr …)

Kurzmeldung: Stürmische Zeiten für HanseYachts

Kaum ein Greifswalder, dem HanseYachts kein Begriff ist. 1993 erweckte Geschäftsführer Michael Schmidt die Traditionswerft mit einem neuen Konzept und dem Model „HANSE 291“ zu neuem Leben. Seitdem hat sich das Unternehmen zum weltweit drittgrößten Serienhersteller von Segelyachten gemausert und bietet knapp 600 Menschen einen Arbeitsplatz. Noch…

Die frisch modernisierte Werkshalle der HanseYachts am Ryck - Pressefoto HanseYachts

Denn am Dienstag, dem 28. Oktober gab das Unternehmen bekannt 110 Mitarbeiter zu entlassen. „Von der Arbeitsplatzreduzierung sind überwiegend befristete Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse in der Probezeit betroffen.“, so die Pressemeldung. Für die verbliebene Belegschaft sei Kurzarbeit beantragt worden. Der Umsatz der Werft ist zwar in den vergangenen 12 Monaten um knapp 30% auf 135 Mio. Euro gestiegen, doch hohe Investitionen im gleichen Zeitraum haben den Gewinn zeitgleich um knapp 10% sinken lassen. Zudem macht dem Unternehmen die Finanzkrise schwer zu schaffen. Laut Pressemitteilungen liegen die Auftragszahlen deutlich unter den Vorjahreswerten. Vor allem die wichtigen Absatzmärkte im europäischen Ausland brechen derzeit ein (HanseYachts exportiert laut dem heute erschienenen Geschäftsbericht 85% der fertigen Produkte ins Ausland).

Dass schwere Zeiten auf das Greifswalder Aushängeschild zukommen, ließ sich auch an der Frankfurter Börse ablesen: In den vergangenen 12 Monaten ist die Aktie der HanseYachts AG um 80% auf nur noch 4,50 Euro gefallen.

300 Greifswalder gehen gegen Kohlekraftwerk auf die Straße

Gestern begannen am Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) in Greifswald die Erörterungen zum Genehmigungsverfahren des geplanten Steinkohlekraftwerkes Lubmin. 9.000 Einwendungen von Kraftwerksgegnern liegen vor und müssen nun durch die Behörde geprüft werden. 13 Verhandlungstage hat die Behörde bis Mitte November angesetzt, um diese Enwendungen zu klären. Den Beamten, Vetretern von DONG Energy sowie den Gegnern steht also ein harter Verhandlungsmarathon bevor. Wegen dem erwarteten öffentlichen Interesse hat das StAUN im Gewerbegebiet Ziegelhof extra ein großes Zelt mit bis zu 1.700 Plätzen aufbauen lassen.

Vor dem Beginn der Erörterungen fand in Greifswald eine Demonstration gegen das Kraftwerk statt. Der Demonstrationszug zog dabei vom Fischmarkt bis direkt vor das Zelt. Dort blieben dann auch die meisten der Teilnehmenden, um an den Anhörungen teilzunehmen. Insgesamt nahmen zwischen 200 (MVregio) und 500 (MZ) Personen an der Demonstration teil. Diese wurde von einem großen Team an Pressevertretern begleitet. Auch die Tagesschau berichtete ausführlich über die Demo.

Derweil ist während der Anhörung ein Schreiben des Sozialministeriums Mecklenburg-Vorpommerns überraschend öffentlich geworden. Demnach könnte durch die geplante Kühlwassereinleitung die Vermehrung eines gefährliches Bakteriums gefördert werden. Lubmin würde somit seinen Status als Seebad verlieren. Dies hätte auch zur Folge, dass dem Land MV durch die Verschlechterung der Badewasserqualität ein Bußgeld in Höhe von bis zu 329 Millionen Euro jährlich drohen könnte.

Moritz TV wird sich in seiner nächsten Sendung, die hier hier auf dem webMoritz ab dem 9. November sehen könnt, dem Thema ausführlich widmen. Dabei werden auch Bilder der Demo gezeigt.

Bildquelle: Moritz TV